Die Vatersuche

namibia

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Vatersuche

Sie liebte diese alte Buche,
an deren Stamm sie endlos lehnte
nach ihrer langen Vatersuche -
er war's, den sie verunglückt wähnte.

Das Umfeld stumm und unerbittlich
verheimlichte manch Ungemach,
Verwandtschaft fand ihn gar nicht schicklich,
den Tag, als er in See flugs stach.

Er sei verschollen, längst verblichen,
erzählte man der jungen Maid,
er hätte seine Schuld beglichen
und bitter seine Tat bereut.

Doch irgendwo in ihrer Seele
da spürte sie die Zweifel pochen
und mitten in der Maienhöhle-
als hätte sie die Not gerochen -

da fand sie eine Lang-Epistel,
gestochen scharf ein jedes Wort
nebst Bild von einer kleinen Distel
und ihm auf See. Er traf an Bord

ganz offensichtlich eine Frau,
verschämt, doch glücklich wirkten sie,
er wollt mit ihr nach Curacao,
die Liebe leben wie noch nie!

Er wollte nicht mehr Kühe melken
und Weizen dreschen Tag für Tag
und neben seiner Frau verwelken,
die stumm im Bette bei ihm lag .

Er wollte Leidenschaft und Liebe,
mit Sinnlichkeit erfüllte Welt.
Stattdessen gab es Pflicht und Hiebe
in Wort und Tat, ihm war's vergällt!

Es waren viele Jahr vergangen,
als er als Witwer heimwärts kehrte,
er fühlte sich sofort gefangen,
als man ihm Tür und Tor verwehrte.

So ging er in die Maienhöhle
schrieb dort den Brief an seine Kleine,
erzählte ihr von seiner Seele
und wie sie häufig heftig weine

vor Sehnsucht nach dem großen Glück
auf Curacao mit jener Frau,
als plötzlich ihn mit viel Geschick
ein Messer traf. Ihm wurde flau

und er verstarb. Der Mörder floh,
ward nie gefunden. Es gab Gerüchte,
war es der Mann, der eitle Beau,

der niemals je ertragen konnte,
dass seine Frau ihn sitzen ließ,
auf Curacao im Glück sich sonnte
und er nur " der Gehörnte" hieß ?

Nun lehnt sie an der alten Buche,
die neben jener Höhle steht,
erkennt am Ende ihrer Suche
die Distel, die im Wind verweht.
 



 
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