Ich liebe Deine Sorgfalt, Bernd,
und das ist ja nicht nebensächlich: diese sonettuntypischen Enjambements. Ich lese selbst eine Pause am betonten ("männlichen") Zeilenende. Allerdings lasse ich gerne die unterschiedliche Gewichtung der Daktylen- und Spondeen- bzw. Jambus-Köpfe so ausschwingen, daß die Untebonten nachtrippeln. Dadurch ergibt sich auch bei durchgängigem Lesen eine Pause, ein wienerischer Walzer-Swing, gerade mal zu gering für eine Synkope. Die Versanfänge dieses Liedes hier müssen regelmäßig mit Betonung auf der zweiten Vers-Silbe (iambisch) gelesen werden, also daß man nicht rumprobieren muß, ob der Vers anapästisch (mit Doppel-Auftakt) anfängt, das würde den Fluss störend verholpern.
Die Gruppe der drei "daktylischen Sonette" hat, wenn ich die drei nun nach zwei Jahren wieder lese, ein gemeinsames Thema: den Kommunikationsbruch zwischen den Medien und der Erfahrungswelt, z.B. zwischen dem Leitfaden der Erzählung in einem Film und der "tatsächlichen" Kausalitäts-Logik menschlicher Handlungen. In der Philosophie schlägt man sich mit der Vermeidung teleologischer, vom Zweck und Ziel her "verstandener" Kausalitäten rum, während Handlungen eigentlich nur vom Zweck und Ziel her verstanden werden können.
Alle drei haben die bedenkliche Auflösung der Erzählungs-Vermittlung in ihren Terzetten. Bei diesem hier wird am Ende noch das Wort "Philosophie" in den Dekompostierungs-Abgrund gerissen. War ein Versuch, dieses Triptychon, und ich kratz mich am Kopf.
Andererseits gehört Regelbruch zu dem Spiel, das wir Lyrik nennen. Wobei der Regelbruch interessant ist, der sich an strengen Regeln versucht. Im bloßen Chaos könnte nichts auffallen.
grusz, hansz