Don Quijote

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Herr H.

Mitglied
Er irrte durch die raue Wirklichkeit,
ganz seinem Wahn und Traume hingegeben
und fest entschlossen, durch ein edles Leben
nach Ritterart der Not und Dunkelheit

zu wehren. Niemals scheute er den Streit
in seinem unbedingten, reinen Streben
nach Ruhm und Ehre, trotzte jedem Beben
und blieb sich selber treu und seinem Eid.

Die Leute feixten über die bizarren,
verrückten Albernheiten dieses Narren.
Er aber trug Spott, Häme und Gewalt

geduldig als ihm auferlegte Bürde
und wahrte noch im Leide seine Würde
als Ritter von der traurigen Gestalt.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich finde das Sonett als gut gelungen.
Eine Frage stellt sich jedoch: "feixte" fällt stilistisch heraus.
Das ist zulässig und bildet in dem Sonett hierdurch eine Art Ankerpunkt.
Es stellt die Massen dar, die nur feixen können, grob gesprochen, den Pöpel, den so empfundenen.
 

Herr H.

Mitglied
Danke fürs Echo.

Ja, über den Ausdruck "feixten" habe ich auch länger nachgedacht. Er schien mir schließlich ausdrucksstärker und präziser als "lachten", weil er die Häme besser zum Ausdruck bringt.

LG von Herrn H.
 

anbas

Mitglied
Hallo,

auch mir gefällt dieses Sonett.

Was das "feixen" angeht, so ist es für mich machbar. Alternativ wäre sonst noch "höhnten" eine Möglichkeit.

Liebe Grüße

Andreas
 

Herr H.

Mitglied
Hallo Hermann,
wie sagt der Kölner? Man muss auch jönne könne ...

Hallo Andreas,
"höhnen" wäre gewiss eine Alternative. Aber ich lasse den Ausdruck "feixen" jetzt einfach stehen.

Euch beiden vielen Dank fürs positive Echo!

LG von
Herrn H.
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo Herr H.,

dein Sonett spricht mich auf eine intensive Weise an. Ich hatte da so eine Assoziation, die auf den ersten Blick vielleicht fragwürdig scheint, doch auf einer emotionalen Ebene konnte ich diese Assoziation nicht wegschieben: spürte eine Nähe zu Bonhoeffers Von guten Mächten wunderbar geborgen.

Den Schluss deines Gedichts finde ich grandios.

lg wüstenrose
 

Herr H.

Mitglied
Hallo wüstenrose,

Bonhoeffers Verse, Silvester 1944 nur wenige Monate vor seiner Hinrichtung verfasst, bedeuten mir in der Tat sehr viel. Aber inwiefern weckt das Gedicht über Don Quijote bei dir diese Assoziation? Das finde ich ja in der Tat spannend.

LG von
Herrn H.
 

wüstenrose

Mitglied
nun ja, bestimmte Worte / Passagen drängten plötzlich für mich in den Vordergrund, als wohne ihnen eine Art "Signalfunktion" inne:

Er irrte durch die raue Wirklichkeit,
[red]ganz[/red] seinem Wahn und Traume [red]hingegeben
und fest entschlossen[/red], durch ein edles Leben
nach Ritterart der [red]Not und Dunkelheit

zu wehren[/red]. Niemals scheute er den Streit
in seinem unbedingten, reinen Streben
nach Ruhm und Ehre, trotzte jedem Beben
und [red]blieb sich selber treu[/red] und seinem Eid.

Die Leute feixten über die bizarren,
verrückten Albernheiten dieses Narren.
Er aber [red]trug Spott, Häme und Gewalt

geduldig als ihm auferlegte Bürde
und wahrte noch im Leide seine Würde[/red]
als Ritter von der traurigen Gestalt.

Letztlich hat es mich genau auf dieser Ebene angesprochen:
Ein armseliger Tölpel, der in seiner Einfalt die Welt bereichert.
Ein Gescheiterter, der scheiternd Sinn stiftet, Orientierung bietet.
 

Herr H.

Mitglied
Du hast recht, Wüstenrose, da sind tatsächlich Parallelen zu Bonhoeffer - in der Treue zu sich selbst, im Erleiden von Willkür und Gewalt, im Unterliegen, das in einem tieferen Sinn ein Sieg gewesen ist. War mir so gar nicht bewusst. Danke für deine sensible Wahrnehmung.
LG von
Herrn H.
 
O

orlando

Gast
Er irrte durch die raue Wirklichkeit,
ganz seinem Wahn und Traume hingegeben
und fest entschlossen, durch ein edles Leben
nach Ritterart der Not und Dunkelheit

zu wehren. Niemals scheute er den Streit
in seinem unbedingten, reinen Streben
nach Ruhm und Ehre, trotzte jedem Beben
und blieb sich selber treu und seinem Eid.

Die Leute feixten über die bizarren,
verrückten Albernheiten dieses Narren.
[blue]Er aber trug Spott, Häme und Gewalt
[/blue]
geduldig als ihm auferlegte Bürde
und wahrte noch im Leide seine Würde
als Ritter von der traurigen Gestalt.
Hallo Herr H.,
da du dich ja einer konventionellen Sonettform bedienst, fallen mir ein zwei metrische Kleinigkeiten ins Auge (blau markiert). Hier stimmt der Rhythmus nicht und lässt sich m. E. noch nicht einmal schönlesen ...

Inhaltlich jedoch ohne Fehl und Tadel, wenngleich mir das "Beben" nicht recht munden will. Aber, reimtechnisch gesehen, gibt es wohl keine Alternative.

Freundliche Grüße
orlando
 

Herr H.

Mitglied
Er irrte durch die raue Wirklichkeit,
ganz seinem Wahn und Traume hingegeben
und fest entschlossen, durch ein edles Leben
nach Ritterart der Not und Dunkelheit

zu wehren. Niemals scheute er den Streit
in seinem unbedingten, reinen Streben
nach Ruhm und Ehre, trotzte jedem Beben
und blieb sich selber treu und seinem Eid.

Die Leute feixten über die bizarren,
verrückten Albernheiten dieses Narren.
Doch er trug Häme, Willkür und Gewalt

geduldig als ihm auferlegte Bürde
und wahrte noch im Leide seine Würde
als Ritter von der traurigen Gestalt.
 

Herr H.

Mitglied
Danke, orlando, für den Hinweis. Wie du siehst, habe ich den Rhythmus verändert.
Ja, der Ausdruck "Beben" ist ein wenig dem Reim geschuldet. Mir fiel keine bessere Lösung ein.

LG von
Herrn H
 



 
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