doppelte liebeserklärung (gelöscht)

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Julia,

sehr schön der Reimablauf

a
b
c
d

d
c
b
a

Wenn man es jetzt von Reimzeile zu Reimzeile liest, also aa, bb, usw. ergibt es auch noch einen Sinn. Probier das mal!

Wie schön, wenn man sich geborgen wissen kann sowohl mit seinen hellen, als auch mit seinen dunklen Seiten, wenn ein Kamin da ist, der aus der dunklen Seite etwas hervorzaubern kann und wenn das Schattengrün die überhitzten Träume ein wenig auf den Rasenteppich bringt.

Eine wunderbare Liebeserklärung, deren Tiefe den Adressaten sehr berühren müsste.



Mit großer Freude gelesen.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

presque_rien

Mitglied
Liebe Rhea,

vielen Dank!!! :)


Liebe Vera-Lena,

toll, dass dir dieses Reimschema gefällt! Ich liebe es - eins meiner absoluten Favoriten. Hab ich mir mal in der Lupe von jemandem abgeguckt. Ich find's cool, wie der Leser sich lange gedulden muss, bis der erste Reim erscheint - dann kommt die Befriedigung des Paarreims - und des umarmenden Reims (für mich der befriedigendste Reim überhaupt). Und dann verläuft sich der Reim wieder ein wenig und der Leser muss zum Anfang des Gedichts gehen, um ihn wieder einzufangen. *schwärm* Und du hast Recht, man könnte es auch paarreimweise lesen - cool!! :) Es freut mich so, dass dir dieses Gedicht Freude bereiten konnte! ... Leider hat es nicht wirklich einen Adressaten ;).


Lieber Herbert,

vielen Dank für die Vorschläge! Den ersten habe ich direkt umgesetzt - ich hatte von Anfang an an diese Variante gedacht, sie aber später aus für mich nicht mehr nachvollziehbaren Gründen fallengelassen. Jetzt also wieder mit 2 "'s". Das andere Problem ist nur die Spitze des Eisbergs - generell ist das Gedicht metrisch alles andere als harmonisch geworden. Siehe auch den Komm von gitano, den ich hier gleich einfügen werde. Ich werde dran arbeiten, jetzt wo ich endlich mal Zeit habe... Thank God it's Friday!


Vielen Dank für eure Kommentare!!! :)

Lg, presque
 

presque_rien

Mitglied
Hier ist ein Kommentar, den mir gitano per Mail zugeschickt hat - und den ich mit seinem Einverständnis veröffentliche, denn ich denke, detailierte handwerkliche Kritik und Arbeit hat in der Lupe auf jeden Fall einen Platz, und sollte gefördert werden! :)

Liebe Julia!

Dein Text „doppelte liebeserklärung“ ist sowohl inhaltlich als auch von der Poesie her ein außergewöhnlich schöner Text! Leider ist es in der LL nicht üblich auch auf handwerkliche Details oder Fragen einzugehen. Weil ich auch niemand mit meinen Fragen stören möchte, stelle ich meine Fragen direkt an Dich:

Zunächst erst einmal zum Metrischen ich lese so: v = unbetont/Senkung, - betont, Hebung,
// Zäsur, Einschnitt

doppelte liebeserklärung

mein dunkles bringst du heim, ans licht, verraucht
v-v-v-//v-//v- (10m)
an den kamin, dort glüht's und bröckelt's offen,
v-v-//v-(v) v-v(v)-v/ (11w)
frisst sich die weisheit schwarz aus greisen bäumen,
v-??/v-v-v-v-v/ (11w)
errötend und ergrauend galgenwitzt;
v-v v v-v – v – (10m)

mein hellstes jedoch birgst du überhitzt
v-v??/-v-v- (10m)
und roh aus seinen supernovaträumen,
v-/v-v-v-v-v/ (11w)
legst es ins schattengrün und lässt noch hoffen,
v(v)-/-(v)-v-v-v-v/ (11w)
es fände dort die kühle, die es braucht.
v-v-v-v/-v- (10m)


Zu S1 Z2:
eigentlich:
an den kamin, dort glüht es und bröckelt es offen
verkürzt:
dort glüht und bröckelt es offen
wäre von der Syntax her ok, Abostrophierungen sind meist metrische „Notkonstrukte“ die sowohl rhythmisch als auch klanglich nicht aufgehen, es sei den in Satire oder Ähnlichem.
Vorschlag:
an den kamin, dort glüht es, bröckelt offen
damit ist sowohl metrische als auch klanglich eine Lösung gefunden…
Zu S1 Z3:
Frisst sich…ist metrisch nicht so eindeutig…zwei fast gleichschwere Silben, frisst erscheint mir klanglich schwerer. Aber noch ok
Zu S1Z4
errötend und ergrauend galgenwitzt.
Hier stehen drei unbetonte (leichte Silben nebeneinander: end und er)
Vielleicht helfen hier Synonyme?
Adhoc habe ich leider keinen Vorschlag…vielleicht später noch.

S2 Z1:
mein hellstes jedoch birgst du überhitzt
„jedoch“ wird eher auf der zweiten Silbe betont gelesen, damit ergibt sich eine Folge von zwei: vv, „stes je“, je ist zwar klanglich lang –aber weniger akzentuiert als „doch“
Vorschlag:
mein hellstes aber birgst du überhitzt (metrisch eindeutig, klanglich leider weniger akzentuiert, es fehlt das „ch“ als Kehllaut)



S2 Z3:
legst es ins schattengrün und lässt noch hoffen
Hier erscheint mir „legst“ schwerer als „es“ weil:
le als Silbe lang ist und in Kombination mit : gst eigentlich mindesten drei, eigentlich 4, Laute klingen:
le g s t, die auch als schwer eingstuft sind, hingegen „es“ als ein Laut , wenn auch mit scharfem „s“ klingt…eine ähnlich Argumentaion findet man in der lateinischen Metrik.
Die Probe hierfür ist z:B. wenn du ein anderes verb in der 3.person Singular einsetzt und „es“ bleibt stärker als das verb –dann wäre ok, wenn nicht dann ist es nicht ok. Z. B. :
Ziehst es
Nimmst es
Rufst es
Schleifst es
In alles Beispielen bleibt „es“ meiner Meinung nach schwächer.

Für die Ausformulierung:
(du) legst das überhitzte hellste von mir in das schattengrün…
Wird sich bestimmt eine Formulierung finden.
Leider habe Adhoc nix parat. Aber dass kann ja noch kommen….

Meine Fragen:
Waren die metrischen Konstrukte so gewollt?
Sollten diese beiden Vierzeile mal ein Ansatz für ein Sonett werden?
Es spricht vieles dafür…(Versmaß, sprachliche Bilder, dein spezielles Reimschema…wie nanntes Du es doch gleich „quirks“..?

Ich würde mich freuen wenn, falls Dir meine Hinweise eine Hilfe sind, wenn nicht: verbrennen!

Ich selbst schreibe gerade an ein paar Texten in Troubadourmanier…noch nicht ganz fertig.

Wenn ich so ausführlich auf Deine Texte eingehe, ist es wohl am ehesten deshalb weil sie mich ansprechen,…es ist leichter und freudiger dann auch tiefer einzutauchen.
Liebe Grüße
gitano
Lieber gitano, nochmals einen Riesendank für deinen sehr interessanten Kommentar - und entschuldige, dass ich noch nicht geantwortet habe - ich werd's morgen nachholen... war eine anstrengende Woche in der Schule, mal wieder...

Lg, presque
 

presque_rien

Mitglied
Lieber gitano,

so, los geht's :)!

S1Z2

Hab ich (wieder) geändert - super Vorschlag - warum bin ich da selber nicht drauf gekommen? Du hast natürlich Recht, Apostrophe sind ein Unding... zwei parallele Apostrophe wären noch besser als einer (siehe Herberts Vorschlag), aber gar kein Apostroph ist ideal.

S1Z3

Mir fällt grade auf, dass ich "frisst" mit "ß" geschrieben habe - das kommt davon, dass ich bei meinen Schülern immer "ich heisse" und "Fussball" verbessere *lach*. Was hältst du von:
und frisst sich weisheit schwarz aus greisen bäumen
Das wäre klanglich besser, beißt sich aber mit dem "und" im nächsten Vers. "Es frisst" wäre auch noch möglich - vielleicht die beste Alternative? Ich mag übrigens das "sich" bei "frisst", weil es darauf hinweist, dass das "schwarz" möglicherweise gar nicht in den Bäumen selbst drin ist, sondern vom Lyri "herausgefressen" = "herausinterpretiert" wird. Das würde ich also auf jeden Fall behalten wollen.

S1Z4

Dieser Vers wurde ja auch schon von Herbert bemängelt - zurecht. Ich muss auf jeden Fall das "rot werden", "grau werden" und "galgenwitz(t)" behalten. Vielleicht so?
es frisst sich weisheit schwarz aus greisen bäumen,
wo es errötet, graut und galgenwitzt;
Hier hätten wir allerdings wieder das Problem mit dem Versanfang (drei unbetonte Silben). Man könnte auch sagen:
es frisst sich weisheit schwarz aus greisen bäumen,
errötet dort und graut / ergraut und galgenwitzt;
"dort" nimmt eher Betonung an als "und", würde ich sagen. Ist aber auch nicht ideal. Auf jeden Fall glaube ich, ohne die "-end"-Endungen wär's besser. Was sagst du?

S2Z1

Hmm, also ich finde, man kann "jedoch" auch auf der ersten Silbe betonen, wenn es mitten im Satz vorkommt (also nicht vor einem Doppelpunkt). Hab's grade im Konnektoren-Wörterbuch des Instituts für Deutsche Sprache nachgeschlagen, und sie geben dir Recht. Aber für mich persönlich hört sich dieser Vers nicht unnatürlich an, und beim "aber" fehlt die Akzentuierung, da hast du (mal wieder) Recht. Wie wär's mit:
jedoch mein hellstes birgst du überhitzt
Klanglich besser, dafür syntaktisch schlechter, und die Parallele zu "mein dunkles" am Anfang des ersten Vierzeilers entfällt. Aber ist eine betrachtenswerte Alternative... hmmm.... gefällt mir eigentlich!

S2Z2

Dazu hast du zwar nichts angemerkt, aber ich persönlich bin überhaupt nicht damit zufrieden, wie sich "supernova" in das Klangmuster fügt. Aber leider will ich ganz genau das sagen, deshalb bleibt es wohl.

S2Z3

Yep, erneut kann ich dir nur zustimmen. Mir fällt als Alternative gerade aber nur ein:
ins schattengrün es legst und lässt noch hoffen
Hier hätten wir als Vorteil die fühlbarere Wiederholung des "le"-Lauts. Dafür aber wieder Syntaxprobleme. Und irgendwie klingt's umständlich - wahrscheinlich, weil "s" auf "sch" stößt. .... Oh, mir fällt gerade was ein: Was, wenn man die Verse in eine syntaktische Struktur integriert?
jedoch mein hellstes birgst du überhitzt
und roh aus seinen supernovaträumen
im schattengrün, und lässt es -v hoffen,
Jetzt müsste ich mir nur noch ein Adjektiv überlegen.

Ich hatte mir tatsächlich mal überlegt, ein Sonett aus dem Thema zu machen, aber dann fand ich, dass die Grundidee hier sehr einfach ist ("dunkles wird erhellt, und helles abgedunkelt") und im Sonett nur unnötig ausgeleiert werden würde. Viele Gedichte sind einfach zu lang für die Idee, die sie erörtern. Ich mag deshalb Vier- und Achtzeiler. Die Metrik hier war allerdings - Asche auf mein Haupt - nicht gewollt holperig (wie bei den Farbenmärchen), sondern einfach nur schludrig. Ich ging von Idee und Reimschema aus, und der Rhytmus kam nur an dritter Stelle. Ich bin es auch nicht gewohnt, dass jemand in der Lupe so genau die metrische Lupe draufhält - *lach* - finde ich aber super, und werde mir ab jetzt auch mehr Mühe geben!!! :)

Ich freu mich übrigens schon auf deine Troubadour-Texte!

Ich habe jetzt also eine zweite Fassung eingestellt - da sie so anders ist, als das Original, lasse ich das Original drin... aber ja, ich finde die zweite Fassung jetzt besser! Also nochmals ganz großen Dank!

Lg, presque
 
G

gitano

Gast
Liebe presque_rien!
Mit Spannung habe ich Deine Gedanken und Änderungen gelesen.
Deine zweite Fassung hat ja schon zum großen Teil Deine Intensionen in Deinem Kommentar überholt...(was für ein Tempo!).

Im Einzelnen zur zweiten Fassung :)
S1 Z2 und Z3 fügen sich jetzt sehr schön zusammen und haben merklich an inhaltlicher und metrischer Präsenz gewonnen.
Mir persönlich gefällt Z3 so wie sie jetzt dort steht sehr gut. Ich mag die Vielschichtigkeit für ihre Deutung: gerade in Bezug auf Weißheit :D

S1 Z4:
...dass war ein echter "Grübler" für mich. Deine Idee ist weitaus passender als das was mir dazu bisher eingefallen ist....und sie fügt sich gut ein.

S2 Z1:
das "jedoch" an den Beginn der Zeile zu setzen ist geschickt, das "doch" setzt sich klanglich gut gegen das "mein" ab und deiner ursprünglich Idee dazu bleibt bei jetzt stimmiger Metrik erhalten.
Zu S2 Z2:
Natürlich sind mir die Supernovaträume aufgefallen...
und ich habe bemerkt, daß Dir dieses Wort sehr wichtig ist. Wörter die der Autorin eher emotional sehr wichtig sind, soll man sie antasten? Ich bin da unsicher...Eher aus Respekt für das Emotionale was darinnen ist (Identität, weniger aus rein sachlichen Erwägungen.
Es ist das längste Wort im Text. Und da es auch noch metrisch auf und ab schwingt und klanglich mehrere lange Silben hat, dehnt es sich sehr weit aus...nimmt viel Raum ein.
Das wolltest Du doch anscheinend...
Wenn man die Bedeutung einfach mal übersetzt: höchste neue Träume - das ist ungleich weniger energetisch als die astrophysikalische Bedeutung.
Ich persönlich bin der Meinung dass solche Aufmerksamkeitspunkte - die sich eher gegen das Dahinfliessen eines Textes richten - ihn lebendiger machen, wenn sie originell sind und dem Inhalt nicht widerstreben.
Das ist hier ganz eindeutig so...und so nebenbei bemerkt:
solch ein Wort hätte sich nur schwerlich ein Mann ausdenken können *zwinker*. Also spricht es auch aus dieser Sicht für ein weibliches LI.

S2 Z3:
das "immer" hier einzufügen - anstelle eines bisher nicht gefundenen Adjektives lese ich eher als "Übergangslösung", eine Art "Arbeitsfassung".
Ich lege Texte oft eine Weile beiseite, manchmal fällt mir dann mit etwas Abstand, eine bessere Lösung ein...Vielleicht machst Du es ja auch so und dann findet sich das passende Adjektiv. Das "immer" ist aber nicht so ein schlimmer Ersatz als daß man es nicht auch stehen lassen könnte - es paßt.
die Herausnahme des Verbes "legen" war sicher für diese Arbeitsfassung eine sehr dienliche Entscheidung.
S2Z4:
ist ja geblieben.

Du hast sehr schnell Lösungen für die Problemstellen gefunden.
Die Metrik in der zweiten Fassungen stimmt jetzt (nach meiner Lesart).
Klanglich haben sich die Störstellen gelöst.

Ein paar Details zu den Bilder sind weggefallen (S2Z3 > Legst ins Schattengrün..). Aber die Klarheit hat gewonnen. Diese Konsession erscheint mir dann wichtiger.
Sicher ist die zweite Version jetzt metrisch ausgeglichen. Vielleicht geht es Dir auch so, daß man eher innerlich sagt: sehr viel besser...aber ein, zwei Stellen könnten noch Ideen brauchen, die es erst mit etwas Abstand in der Zukunft geben wird.

Zum Schluß möchte ich noch sagen: Es hat mir wieder Spaß gemacht mit Dir an einer Idee zu arbeiten. Deine zweite Fassung ist nach meiner Meinung ein deutlicher Ausdruck dafür!
Pegasusflügelwinken zu Dir und auf bald!
gitano
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Julia,

obgleich Du nur Kleinigkeiten verändert hast, hat der Text dadurch an Klarheit gewonnen. Schön, dass gitano Dir in dieser Weise hilfreich war!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Presque,

mit 'graut' statt 'ergrauend' ist es doch besser :). Deine Lösung für S1Z4, neue Fassung ist jetzt sehr schön.

lG

Herbert
 

presque_rien

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

schön, dass du die Veränderungen gelungen findest! :) Ja, der Kommentar von gitano war extrem hilfreich - und auch Herberts Anmerkung - es ist so schön, so viel Unterstützung zu bekommen! :)

Lg,
Julia
 

presque_rien

Mitglied
Lieber Herbert,

ich hätte ja den Vers mit "dort" genommen - aber dann ist mir aufgefallen, dass ich "dort" schon in Vers 2 verwendet hatte. Grmpf. Und von dort bekomme ich das dort schlecht weg. ;) Aber schön, dass dir mein Kompromiss auch gut gefällt!

Lg presque
 



 
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