Hallo nochmal,
auch auf die Gefahr hin, dass wir gleich ins Lupanum verschoben werden, muss ich hier nochmal meinen Senf dazugeben zum Thema
ob man tatsächlich sagen kann, dass zwischen einem lyrischen Ich und dem autor wirklich strikt unterschieden werden kann.
- das finde ich nämlich auch immer wieder spannend
!
Es streitet ja keiner ab,
dass der autor via lyrischem Ich gerade seinen leser erreichen will
- nur wenige Autoren schreiben, glaube ich, kafkamäßig für die Schreibtischschublade, weil sie einfach nicht anders können.
Aber gerade um den Leser zu erreichen muss sich der Autor paradoxerweise von seinem Werk distanzieren; es von einer persönlichen zu einer allgemein-menschlichen - oder zumindest übereinzelmenschlichen - Empfindung führen; es loslassen, und dem Leser erlauben, es zu
seiner eigenen Erfahrung zu machen. Nur dann, wenn ein Text nicht mehr als Eigentum des Autors wahrgenommen wird, handelt es sich nicht mehr um einen potentiellen Tagebucheintrag, sondern um ein potentielles Stück Literatur.
Ich habe es selbst oft erlebt, wie deprimierend es ist, wenn ein Werk völlig anders ankommt, als es gemeint ist, z.B. lustig statt ernst. Aber gerade auf solche unerfreulichen Kommentare sollte man nicht beleidigt reagieren, sondern sie nutzen, um die Assoziationen der Leser in seinem eigenen Sinne zu manipulieren. Es gibt m.E. auch nichts schöneres, als wenn ein eigener Text quasi telepathische Wirkung zeigt; aber das gelingt nur ganz selten. Man muss sich da mit sehr viel Geduld und der richtigen Technik hinarbeiten. Dem Leser explizit die Authentizität des eigenen Fühlens vor Augen zu halten bringt hingegen nichts; diese wird weder angezweifelt, noch ist sie für die Interpretation eines Werks von geringstem Nutzen.
Ich glaube, keiner von den Großen wäre sonderlich begeistert, wenn er mitkriegte, wie seine Werke hundertfach verhunzt werden - ich sage nur "Erlkönig" - "Der Knabe lebt, das Pferd ist tot"
! Aber gerade die Tatsache, dass selbst Grundschüler ihren ganz eigenen Zugang zu solchen Werken finden, dass wohl die unterschiedlichsten Theaterströmungen Shakespeare vergewaltigten (das kann man größtenteils ja wirklich nicht anders sagen
), etc., zeigt, dass dies ewige Stücke Literatur sind.
Was die Art und Weise, Texte zu kommentieren, angeht, so muss ich zugeben, dass ich persönlich die Polemik liebe. Nimm's mir also bitte nicht übel
, nichts was ich schreibe ist gegen dich oder irgendjemanden sonst persönlich gerichtet - wie viele andere Lupaner habe ich einfach Spaß am Streiten und Witzeln, letzteres auch manchmal jenseits des politisch korrekten. Der Alltag ist doch schon ernst genug, Schweinigeln im Keller macht keinen Spaß und ich habe auch kein Problem damit, wenn andere Menschen mich komisch (in welchem Sinne auch immer) finden. Ich habe auch keinesfalls nahegelegt, dass du eine Selbsthilfegruppe bräuchtest - das war eine Metapher dahingehend, dass in einem Literaturforum nicht immer Rücksicht auf Gefühle des Autors erwartet werden kann (wie z.B. in einer Selbsthilfegruppe). Ich werde aber in Zukunft keine unsachlichen Kommentare mehr zu deinen Werken machen, versprochen
!
Lg presque