Eine Stunde Glück

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green-cat2

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Mit wenigen Mitteln versuchte Elisabeth weihnachtliche Stimmung im Haus zu verbreiten. Der Duft von herrlichen Plätzchen und Rosinenstollen lag in der Luft. Sie bastelte mit den Kindern Tom, Franziska und Anna Sterne und kleine Fensterbilder.
Normalerweise arbeitete sie den ganzen Tag, war selten zu Hause. Wahrscheinlich packte sie zur Adventszeit das schlechte Gewissen, sie nahm sich Zeit.
Der Vater hockte den ganzen Tag vor dem Fernseher. Er war arbeitslos. Störungen bei seiner liebsten Beschäftigung hasste er. Bier übte eine große Faszination auf ihn aus, sein bester Freund.

Am Heiligabend knisterte das Holz im Kamin. Elisabeth schmückte den kleinen Weihnachtsbaum. Das Wohnzimmer war dann für die Familie tabu. Die Bescherung fand erst am 1. Weihnachtstag statt. Eine Tradition, an der Franziskas Mutter eisern festhielt.
Neugierig auf die Geschenke. Natürlich. Kurz mal ein wenig durch das Schloss linsen. Leider verhangen. Schade. Das dauerte ewig für die Kinder.
Jedes Jahr besuchten sie die Christmette. Anschließend ins Bett. Leises flüstern, die Kinder leicht überdreht vor Spannung. Schwer einzuschlafen.

Die Mutter weckte sie am nächsten Morgen mit einem geheimnisvollen Lächeln. Zu der Zeit war Vater Jochen unterwegs. Kneipenbesuche.
Gemeinsames Frühstück. Elisabeth sang mit Anna, Tom und Franziska fröhlich einige Weihnachtslieder. Sie freute sich über die vorgetragenen Gedichte.
Dann ließ sie ein Glöckchen ertönen. Endlich! Eilig liefen die vier ins Wohnzimmer. Alles erstrahlte im weihnachtlichen Glanz. Die Kerzen am Baum leuchteten. Eine sinnliche Atmosphäre.
Franziska wunderte sich immer wieder, wie Mutter es schaffte, jedem Kind einen kleinen Herzenswunsch zu erfüllen. Arme Leute. Mit dem Geld mussten sie sparsam umgehen. Vater verpulverte es auf seinen Touren. Manchmal war kaum Essen im Haus.

Oh! Stiefel! Wenigstens keine kalten Füße mehr. Für jedes Kind.
Anna drückte die neue Puppe an ihr Herz, Tom spielte mit Legosteinen. In Franziskas Augen Tränen. Das tolle Buch. Sie war eine Leseratte.
Freude groß. Lautes Geplapper,kichern. Eine glückliche Mama.

Plötzlich polterte es vor der Haustüre. Nicht der Weihnachtsmann! Ein Schlüssel wurde umgedreht. Da stand er! Vater! Ironisch grinste er. Das Gesicht gerötet vom Alkohol, die Augen flackerten.
Schlagartig verstummte das Lachen. Kälte zog ins Haus. Elisabeth leichenblass. Schon schrie Johannes los. In wenigen Minuten zerstörte er das bisschen Glück. Der Tannenbaum fiel um, große Hektik und Angst. Das Weinen der Kinder deutlich zu hören.
So war es eigentlich jedes Jahr.
 



 
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