Was ich hier tue, ist vollkommen verrückt. Ohne Wasser werde ich nicht weit kommen, und ich habe keine Ahnung, in welcher Richtung die nächste menschliche Ansiedlung liegt oder wie weit es bis dorthin ist.
Purer Instinkt hat mich getrieben, als ich durch das Tor geschlüpft bin. Als der erste klare Gedanke in mein Hirn drang, war ich schon auf der anderen Seite. Das ist gerade mal ein paar Minuten her, und seitdem gehe ich immer weiter in die Wüste hinein. Nur weg, und immer geradeaus. Wenn ich rennen würde, käme ich schneller voran, doch etwas in mir hält mich davon ab. Bloß nicht anfangen zu rennen! Die Frage nach einer Begründung für diesen Befehl bleibt ohne Antwort, doch seine Autorität leidet nicht darunter. Ich versuche, so zügig wie möglich zu gehen, spitze meine Ohren, warte auf einen Alarm oder einen Schuss. Sie müssen mich doch sehen. Die wenigen Sträucher sind viel zu klein, um einen Schutz zu bieten, außerdem so gut wie kahl. Mich umzudrehen, traue ich mich nicht, bloß immer weiter, am besten gar nicht nachdenken!
Wenn es nur nicht so aussichtslos wäre! Das habe ich immer gesagt, wenn andere anfingen, von Flucht zu reden. Wie sollten wir das schaffen? Ihr wisst doch, wie skrupellos sie sind. Und wo sollten wir hin? Hier ist doch nichts.
Ausgerechnet ich bin nun abgehauen. Das kleine Tor auf der Rückseite war noch nie zuvor offen gewesen, ich hatte immer gedacht, es habe überhaupt keine Funktion. Hier ist keine Straße, hier ist nur Wüste, ich bin ein einfacher Fußgänger, und die Wachen haben Zielfernrohre. Ich komme an einen Hügel. Wenn ich den hinaufgehe, bin ich erst recht auf einem Präsentierteller, doch mir bleibt keine Wahl. Die Steigung lässt mich langsamer werden, ich spitze weiterhin die Ohren, aber da ist nichts zu hören. Alles ist unwirklich, nur mein Keuchen und die trockene Kehle sind real, aber ich habe nichts zu trinken dabei. Noch ein paar Schritte, dann ist die Anhöhe erreicht.
Ich bleibe einen Augenblick stehen und sehe, dass das Tor inzwischen wieder verschlossen ist. Alles scheint ruhig zu sein, kein Mensch ist zu sehen. Wenn ich den Hügel hinablaufe, bin ich zumindest außer Sichtweite. Darf ich jetzt rennen? Besser nicht, sonst komme ich am Ende noch ins Straucheln und knicke um. Warum soll ich jetzt noch rennen? Ein Spürhund würde meine Fährte auch morgen noch finden, also kommt es nicht mehr darauf an, Minuten zu gewinnen. Ich muss meine verbliebenen Kräfte einteilen und vor allem aufpassen, dass ich nicht die Orientierung verliere. Das soll in der Wüste ja leicht passieren, und dann geht man immer im Kreis, ohne es zu merken.
Wie lange ich schon unterwegs bin, als ich die Piste entdecke, kann ich nicht sagen. Wie viele Kilometer ich zurückgelegt habe, weiß ich erst recht nicht. Mein Talent als Spurenleser reicht nicht aus, um erkennen zu können, wann hier zuletzt ein Auto entlanggekommen ist. Vielleicht ist es Monate her. Die Armbanduhr taugt nur bedingt als Kompass, verrät mir aber immerhin, dass die Piste mehr oder weniger in Nord-Süd-Richtung zu verlaufen scheint. Wohin sie führt, kann ich natürlich nicht erkennen, doch wenn ich Richtung Süden gehe, ist es nicht auszuschließen, dass ich am Ende vor dem Haupttor unseres Zentrums stehe. Letztendlich weiß ich es nicht, entscheide mich aber für die Nordrichtung. Vielleicht erreiche ich irgendeine Ansiedlung, oder es kommt ein Auto. Am besten wäre, eine schattige Stelle zu finden, an der ich mich verbergen kann, um ein nahendes Fahrzeug frühzeitig zu erkennen, ohne selbst gleich gesehen zu werden. Der Blick in die Ferne lässt mich nicht gerade hoffen, innerhalb der nächsten Kilometer einen solchen Ort zu finden.
Die Piste entlangzulaufen ist nicht ohne Risiko. Vor allem entgegenkommende Fahrzeuge wären eine Gefahr, denn niemand könnte verstehen, dass ich nicht einsteigen wollte. Mir bleibt trotzdem keine Wahl, viel Kraft habe ich nicht mehr.
Auf einmal höre ich das Dröhnen eines Motors hinter mir. Es ist keine Sinnestäuschung, denn als ich mich umdrehe, sehe ich tatsächlich ein Auto. Ein ziemlich altes Modell, und das ist definitiv ein gutes Zeichen, denn wenn sie hinter mir her wären, würden sie bestimmt nicht mit einem solchen Gefährt nach mir suchen. Der Wagen ist noch endlos weit weg, kommt aber auf mich zu und wird bald hier sein.
Ich bleibe stehen und winke dem Fahrzeug entgegen. Einmal kurz den Arm heben und dann einfach warten. Mehr brauche ich nicht zu tun, und mehr sollte ich auch nicht tun. Bloß nicht panisch mit den Armen in der Luft rudern oder plötzlich in Richtung des Autos rennen. Der Kerl wird sowieso anhalten, wer immer er ist. Kein Mensch auf der ganzen Welt kann mitten in der Wüste weiterfahren ohne anzuhalten, wenn er auf einen Fußgänger trifft.
Der Wagen kommt näher.
Vielleicht haben sie ja noch gar nicht gemerkt, dass einer fehlt. Vielleicht gibt es noch keinen Alarm und keine Suchmeldung. Trotzdem muss ich damit rechnen, dass der Fahrer irgendwas mit ihnen zu tun hat, vielleicht etwas angeliefert oder einen Job auf dem Gelände verrichtet hat. Was gibt es sonst in dieser Gegend?
Ich muss es riskieren. Zu Fuß würde ich nicht mehr weit kommen, und selbst, wenn ich es bis zur nächsten Ansiedlung schaffen könnte, müsste ich immer noch damit rechnen, dass meine Flucht in jenem Augenblick zu Ende wäre.
Der Wagen wird langsamer. Ich meine einen älteren Mann mit einem breiten Hut hinter dem Steuer auszumachen, aber er ist noch zu weit weg, als dass ich ihn wirklich erkennen könnte. Ich gehe ihm ein paar Schritte entgegen und winke noch einmal, will ihn sehen lassen, dass ich nichts in den Händen habe.
Als er anhält, erkenne ich das Gewehr auf seinen Beinen.
„Wer sind Sie? Was machen Sie hier draußen?“
„Entschuldigen Sie, aber ich hatte eine Panne. Mein Wagen hat den Geist aufgegeben, und als nach Stunden immer noch niemand vorbeikam, wollte ich zu Fuß bis zum nächsten Ort. Scheint aber doch weiter zu sein, als ich dachte. Können Sie mich mitnehmen?“
„Was für ein Wagen? Ich habe keinen Wagen gesehen. Wo soll das denn passiert sein?“
„Auf der Hauptstraße. Die Stelle würde ich wiederfinden. Als ich diese Piste gesehen habe, dachte ich, dass sie vielleicht zu einem Ort führen würde, wo ich Hilfe finden könnte. Anscheinend habe ich mich geirrt. Bitte helfen Sie mir! Ich habe nichts mehr zu trinken.“
„Du bist ja vollkommen durchgeknallt. Kein Mensch geht hier draußen zu Fuß weiter, wenn sein Wagen schlappmacht. Hast du eine Ahnung, wie weit es noch ist bis zum nächsten Ort?“
Immerhin scheint es die erfundene Kreuzung wirklich zu geben. Ich übe mich weiterhin in Demut: „Nein, Sir, das weiß ich natürlich nicht. Ich bin ja nicht von hier. Ich bin Tourist aus Deutschland, mit einem Leihwagen unterwegs, und der wollte plötzlich nicht mehr weiter. Am Benzin lag es nicht, ganz bestimmt nicht, der Tank ist noch mehr als halb voll. Sicher war es ein Fehler, sich zu Fuß aufzumachen, aber ich dachte eben, dass ich es vielleicht bis zum nächsten Ort schaffen könnte. Zwischendurch dachte ich, dass diese Piste nirgendwo hinführt, aber ich war schon zu weit gegangen, um einfach umzukehren. Bitte helfen Sie mir! Ich kann Ihnen auch Geld dafür geben.“
Beim letzten Satz schüttelt er verächtlich den Kopf, lehnt das Gewehr neben seinen Sitz an die Fahrertür und lässt mich einsteigen.
„Wo steht denn der Wagen?“
„An der Hauptstraße. Ich habe es gerade noch geschafft, ihn auf den Seitenstreifen zu lenken, als der Motor aussetzte. Wir müssten zurück zur Kreuzung und dann links. Aber erst mal will ich nur in den nächsten Ort, denn ich brauche wohl einen Mechaniker, um die Karre wieder flott zu kriegen. Oder sind Sie zufällig einer?“
Schon wieder habe ich unverschämtes Glück, denn er schüttelt erneut den Kopf und scheint nicht aus der Richtung gekommen zu sein, die ich angegeben habe.
„Du hast Glück“, sagt er. „Bei uns gibt es einen Mechaniker, er heißt Larry und ist sogar ziemlich gut. Der hat bisher noch jeden Wagen wieder zum Fahren gebracht. Aber heute wird das wohl nichts mehr. Es ist ja schon ziemlich spät, und wir müssen auch noch ein ganzes Stück fahren, ehe wir da sind.“
„Das macht nichts, ich habe es nicht eilig. Gibt es bei Ihnen eine Pension oder ein Motel? Dann könnte ich dort übernachten. Vielleicht hat Ihr Freund morgen Zeit für mich, und wenn nicht, kann ich wenigstens telefonieren. Dann soll die Leihwagenfirma sich etwas einfallen lassen.“
Diesmal nickt er. Ein Motel gäbe es, und was ich sage, klingt in seinen Ohren anscheinend vernünftig. Sein Name sei Marc. Meine Anspannung lässt ein kleines Stück nach.
„Es war trotzdem verrückt von dir, dich zu Fuß auf den Weg zu machen. Nicht nur, weil wir hier in der Wüste sind. Du hast wahrscheinlich keine Ahnung, aber irgendwo da draußen haben sie so eine Anstalt hingesetzt, und die Jungs, die dort eingesperrt sind, müssen so ziemlich das Übelste sein, was es überhaupt gibt. Wahrlich keine gute Gegend für ausgedehnte Spaziergänge.“
Das Wort wirkt wie ein Hammer. In der letzten Zeit war diese Einrichtung tatsächlich zu einem Gefängnis und für manche zum Friedhof geworden, aber gebaut worden war sie einst als Forschungszentrum, und gekommen waren wir vor Jahren alle freiwillig. Ohne Ausnahme waren wir rechtschaffene Wissenschaftler, und dass wir keine Lösung gefunden hatten, machte uns nicht zu Verbrechern. Unser Auftrag unterlag vom ersten Augenblick an höchster Geheimhaltung, aber dass man der örtlichen Bevölkerung gesagt hat, unser Zentrum sei ein Straflager, bringt mich kurzzeitig um jede Fassung. Als ich wieder reden kann, frage ich: „Was denn für eine Anstalt?“
„Ein Gefängnis, ein Knast, was weiß ich. Man erzählt sich Dinge, genaues weiß niemand. Es ist alles streng geheim, und das soll auch so bleiben. Sonst haben wir hier irgendwann auch so einen Rummel wie in Guantánamo. Da unten hat doch heute jeder Terrorist drei oder vier Rechtsanwälte, und alle reden von Menschenrechtsverletzungen, wenn einer der Sträflinge mal nicht jeden Tag seine Lieblingsspeise serviert bekommt. Unsere Jungs wissen ja kaum noch, wie sie ihren Job machen sollen, wenn ihnen die ganze Welt auf die Finger guckt. Ich hoffe nur, dass es diese Weltverbesserer trifft, wenn die Terroristen das nächste Mal zuschlagen, und nicht wieder einen Haufen Unschuldige. Wenn es noch ein bisschen Gerechtigkeit gibt, sollte es so sein.“
Ich bin ziemlich konsterniert und versuche mir vorzustellen, was auf der Welt passiert sein mag, während ich in dem Zentrum war. Marc scheint meinen Gesichtsausdruck zu bemerken: „Guck nicht so besorgt: Bei uns ist bisher noch keiner rausgekommen, und so wird es auch bleiben!“
Die Piste endet an einer asphaltierten Straße. Marc stoppt den Wagen: „Wenn du es bis hierhin geschafft hättest … Das hättest du nie im Leben, aber nehmen wir es bloß einmal an: Wie hättest du dich entschieden? Rechts oder links?“
„Links“, sage ich, und Marc gibt Gas. „Alle Achtung, du bist ja ein richtiger Pfadfinder. Trotzdem solltest du nie vergessen, dass du nicht in deinem kleinen, engen Deutschland bist. Bei uns hast du zu Fuß keine Chance, und für morgen sage ich dir, dass noch ein Abzweig kommt, ehe wir die Stadt erreichen. Du musst also erst an der zweiten Kreuzung abbiegen. Verstanden?“
Ich nicke.
Es ist fast dunkel, als wir die Stadt erreichen. Sonderlich groß scheint sie nicht zu sein, vielleicht eher ein Dorf. Marc lässt es sich nicht nehmen, mich in das Motel zu begleiten und überall herumzuposaunen, was für einen Idioten er da mitten in der Wüste aufgegabelt habe. Er präsentiert mich wie eine Trophäe und fragt den Mann an der Rezeption nach Larry. Larry sei gar nicht in der Stadt, erfahre ich, er komme wahrscheinlich morgen zurück, aber heute wäre es ja eh zu spät. Ob ich was dagegen habe, die Nacht im Voraus zu bezahlen?
Warum sollte ich? Geht es mit Kreditkarte? Dann ist es kein Problem.
Das Ding funktioniert. Ich darf kein Erstaunen zeigen, denn es ist das Natürlichste auf der Welt, dass meine Kreditkarte funktioniert. Ich bin ein Tourist mit einem defekten Leihwagen und war so unvernünftig, zu Fuß weiterzulaufen, als der Wagen streikte. Warum sollte es deswegen Probleme mit meiner Kreditkarte geben? Zum Glück kam Marc vorbei, der mir noch einmal versichert, dass Larry morgen mit mir zu dem Auto fahren wird. Er werde Larry genau erklären, wo er mich aufgegabelt habe, nur für den Fall, dass ich Schwierigkeiten hätte, die Stelle wiederzufinden. Ich bin ihm zu großem Dank verpflichtet aber froh, als er endlich geht.
Das Steak schmeckt köstlich, die ersten Bissen regen meinen Magen an und erinnern mich daran, wie lange ich nichts mehr gegessen habe. Vielleicht lässt es mich ein bisschen zur Ruhe kommen, wenn ich endlich meinen Hunger stillen kann. Zur Ruhe kommen muss ich, denn ich brauche eine zündende Idee, um schleunigst aus diesem Kaff wegzukommen, und zwar noch heute Nacht. Bis jetzt hatte ich Glück, doch wenn Larry erst wieder da ist, fliegt alles auf.
Am Automaten im Supermarkt gab es vorhin sogar Bargeld, und ich habe so viel davon gezogen, wie eben möglich war. Eigentlich ein ziemlicher Anachronismus, dass sie uns irgendwann jeden Kontakt zur Außenwelt abgeschnitten, unsere Ausweise und Karten aber nicht einkassiert haben. Wahrscheinlich haben sie einfach nicht daran gedacht, denn in unserem Zentrum waren diese Dinge ohne Bedeutung. In der Kantine mussten wir vom ersten Tag an nichts bezahlen, und ansonsten gab es keine Möglichkeit, Geld auszugeben. Es war pure Gewohnheit, dass ich die Geldbörse trotzdem immer in die Hosentasche gesteckt habe, vielleicht eine Art Instinkt, denn auch den Pass habe ich stets am Körper getragen.
In einer anderen Stadt wäre ich mit diesen Utensilien ein solventer Tourist. Dort gäbe es keinen Marc, keinen Larry und keinen in der Wüste verreckten Leihwagen. Zuerst würde ich mir einen Koffer und ein paar Klamotten zulegen, denn ich brauche was zum Wechseln, und ein Tourist mit Gepäck erregt keinen Verdacht. Dann könnte ich einen Wagen mieten oder einen Bus nehmen, mich irgendwie zu einem internationalen Flughafen durchschlagen und dieses Land verlassen.
Eine Bushaltestelle brauche ich hier bestimmt nicht zu suchen, und wenn es einen Autoverleih gäbe, wäre dessen Büro doch bestimmt an der Hauptstraße. Die bin ich vorhin entlanggegangen, nachdem ich das Sixpack großer Wasserflaschen gekauft und die erste noch auf dem fast leeren Parkplatz vor dem Laden getrunken habe, aber da war nichts zu entdecken.
„Du musst der Fußgänger sein, den Marc heute aufgegabelt hat. Kannst echt von Glück reden, dass er dich gefunden hat. Sonst hättest du jetzt keinen Teller vor dir, sondern lägst selbst auf einem, und zwar auf dem der Geier.“
Er lacht über seinen Scherz, und ich kann nicht verhindern, dass er sich zu mir setzt. Anscheinend hat Marc es allen erzählt. Dann war es richtig, dass ich im Supermarkt nicht nach der Möglichkeit gefragt habe, einen Wagen in dieser Stadt zu mieten. Sein Name ist Dick, er lädt mich zu einem Bier ein, doch ich will keins, muss wach bleiben, und das fällt mir mittlerweile schwer genug. „Ist doch nicht der schlechteste Ort, um zu neuem Leben erweckt zu werden, oder?“
Der volle Mund hält mich vom Sprechen ab, ich nicke stumm und nehme den nächsten Bissen. „Du scheinst hungrig zu sein. Das kann ich gut verstehen. Wenn ich den ganzen Tag in der Wüste herumgeirrt wäre … Und hier bei Steven schmeckt es auch am Besten, seine Steaks sind nicht zu toppen. Warte ab, am Ende bleibst du einfach hier. Ich war damals auch nur auf der Durchreise, aber jetzt will ich hier gar nicht mehr weg. Vergiss deine Karre! Einen besseren Ort findest du nicht.“ Das neuerliche Lachen klingt auch nicht besser als das erste.
Durch das Fenster sehe ich einen Truck vorfahren. Der Fahrer verschwindet auf der Toilette. Mein Teller ist leer und ich habe es plötzlich ganz furchtbar eilig, will bezahlen und sage Dick, dass ich morgen vielleicht gesprächiger sei, aber jetzt nur noch schlafen wolle. Ich warte vor der Bar und sehe, wie der Fahrer wiederkommt und um die Zugmaschine geht, denke kurz an die Möglichkeit, ihn zu fragen, scheue das Risiko einer Ablehnung, klettere hinter die Schlafkabine und suche etwas zum Festhalten. Ich muss durchhalten, bis wir eine Stadt erreichen und der Fahrer an einer Ampel anhalten muss. Vermutlich wird es die ganze Nacht dauern. Es ist mir egal.
Purer Instinkt hat mich getrieben, als ich durch das Tor geschlüpft bin. Als der erste klare Gedanke in mein Hirn drang, war ich schon auf der anderen Seite. Das ist gerade mal ein paar Minuten her, und seitdem gehe ich immer weiter in die Wüste hinein. Nur weg, und immer geradeaus. Wenn ich rennen würde, käme ich schneller voran, doch etwas in mir hält mich davon ab. Bloß nicht anfangen zu rennen! Die Frage nach einer Begründung für diesen Befehl bleibt ohne Antwort, doch seine Autorität leidet nicht darunter. Ich versuche, so zügig wie möglich zu gehen, spitze meine Ohren, warte auf einen Alarm oder einen Schuss. Sie müssen mich doch sehen. Die wenigen Sträucher sind viel zu klein, um einen Schutz zu bieten, außerdem so gut wie kahl. Mich umzudrehen, traue ich mich nicht, bloß immer weiter, am besten gar nicht nachdenken!
Wenn es nur nicht so aussichtslos wäre! Das habe ich immer gesagt, wenn andere anfingen, von Flucht zu reden. Wie sollten wir das schaffen? Ihr wisst doch, wie skrupellos sie sind. Und wo sollten wir hin? Hier ist doch nichts.
Ausgerechnet ich bin nun abgehauen. Das kleine Tor auf der Rückseite war noch nie zuvor offen gewesen, ich hatte immer gedacht, es habe überhaupt keine Funktion. Hier ist keine Straße, hier ist nur Wüste, ich bin ein einfacher Fußgänger, und die Wachen haben Zielfernrohre. Ich komme an einen Hügel. Wenn ich den hinaufgehe, bin ich erst recht auf einem Präsentierteller, doch mir bleibt keine Wahl. Die Steigung lässt mich langsamer werden, ich spitze weiterhin die Ohren, aber da ist nichts zu hören. Alles ist unwirklich, nur mein Keuchen und die trockene Kehle sind real, aber ich habe nichts zu trinken dabei. Noch ein paar Schritte, dann ist die Anhöhe erreicht.
Ich bleibe einen Augenblick stehen und sehe, dass das Tor inzwischen wieder verschlossen ist. Alles scheint ruhig zu sein, kein Mensch ist zu sehen. Wenn ich den Hügel hinablaufe, bin ich zumindest außer Sichtweite. Darf ich jetzt rennen? Besser nicht, sonst komme ich am Ende noch ins Straucheln und knicke um. Warum soll ich jetzt noch rennen? Ein Spürhund würde meine Fährte auch morgen noch finden, also kommt es nicht mehr darauf an, Minuten zu gewinnen. Ich muss meine verbliebenen Kräfte einteilen und vor allem aufpassen, dass ich nicht die Orientierung verliere. Das soll in der Wüste ja leicht passieren, und dann geht man immer im Kreis, ohne es zu merken.
Wie lange ich schon unterwegs bin, als ich die Piste entdecke, kann ich nicht sagen. Wie viele Kilometer ich zurückgelegt habe, weiß ich erst recht nicht. Mein Talent als Spurenleser reicht nicht aus, um erkennen zu können, wann hier zuletzt ein Auto entlanggekommen ist. Vielleicht ist es Monate her. Die Armbanduhr taugt nur bedingt als Kompass, verrät mir aber immerhin, dass die Piste mehr oder weniger in Nord-Süd-Richtung zu verlaufen scheint. Wohin sie führt, kann ich natürlich nicht erkennen, doch wenn ich Richtung Süden gehe, ist es nicht auszuschließen, dass ich am Ende vor dem Haupttor unseres Zentrums stehe. Letztendlich weiß ich es nicht, entscheide mich aber für die Nordrichtung. Vielleicht erreiche ich irgendeine Ansiedlung, oder es kommt ein Auto. Am besten wäre, eine schattige Stelle zu finden, an der ich mich verbergen kann, um ein nahendes Fahrzeug frühzeitig zu erkennen, ohne selbst gleich gesehen zu werden. Der Blick in die Ferne lässt mich nicht gerade hoffen, innerhalb der nächsten Kilometer einen solchen Ort zu finden.
Die Piste entlangzulaufen ist nicht ohne Risiko. Vor allem entgegenkommende Fahrzeuge wären eine Gefahr, denn niemand könnte verstehen, dass ich nicht einsteigen wollte. Mir bleibt trotzdem keine Wahl, viel Kraft habe ich nicht mehr.
Auf einmal höre ich das Dröhnen eines Motors hinter mir. Es ist keine Sinnestäuschung, denn als ich mich umdrehe, sehe ich tatsächlich ein Auto. Ein ziemlich altes Modell, und das ist definitiv ein gutes Zeichen, denn wenn sie hinter mir her wären, würden sie bestimmt nicht mit einem solchen Gefährt nach mir suchen. Der Wagen ist noch endlos weit weg, kommt aber auf mich zu und wird bald hier sein.
Ich bleibe stehen und winke dem Fahrzeug entgegen. Einmal kurz den Arm heben und dann einfach warten. Mehr brauche ich nicht zu tun, und mehr sollte ich auch nicht tun. Bloß nicht panisch mit den Armen in der Luft rudern oder plötzlich in Richtung des Autos rennen. Der Kerl wird sowieso anhalten, wer immer er ist. Kein Mensch auf der ganzen Welt kann mitten in der Wüste weiterfahren ohne anzuhalten, wenn er auf einen Fußgänger trifft.
Der Wagen kommt näher.
Vielleicht haben sie ja noch gar nicht gemerkt, dass einer fehlt. Vielleicht gibt es noch keinen Alarm und keine Suchmeldung. Trotzdem muss ich damit rechnen, dass der Fahrer irgendwas mit ihnen zu tun hat, vielleicht etwas angeliefert oder einen Job auf dem Gelände verrichtet hat. Was gibt es sonst in dieser Gegend?
Ich muss es riskieren. Zu Fuß würde ich nicht mehr weit kommen, und selbst, wenn ich es bis zur nächsten Ansiedlung schaffen könnte, müsste ich immer noch damit rechnen, dass meine Flucht in jenem Augenblick zu Ende wäre.
Der Wagen wird langsamer. Ich meine einen älteren Mann mit einem breiten Hut hinter dem Steuer auszumachen, aber er ist noch zu weit weg, als dass ich ihn wirklich erkennen könnte. Ich gehe ihm ein paar Schritte entgegen und winke noch einmal, will ihn sehen lassen, dass ich nichts in den Händen habe.
Als er anhält, erkenne ich das Gewehr auf seinen Beinen.
„Wer sind Sie? Was machen Sie hier draußen?“
„Entschuldigen Sie, aber ich hatte eine Panne. Mein Wagen hat den Geist aufgegeben, und als nach Stunden immer noch niemand vorbeikam, wollte ich zu Fuß bis zum nächsten Ort. Scheint aber doch weiter zu sein, als ich dachte. Können Sie mich mitnehmen?“
„Was für ein Wagen? Ich habe keinen Wagen gesehen. Wo soll das denn passiert sein?“
„Auf der Hauptstraße. Die Stelle würde ich wiederfinden. Als ich diese Piste gesehen habe, dachte ich, dass sie vielleicht zu einem Ort führen würde, wo ich Hilfe finden könnte. Anscheinend habe ich mich geirrt. Bitte helfen Sie mir! Ich habe nichts mehr zu trinken.“
„Du bist ja vollkommen durchgeknallt. Kein Mensch geht hier draußen zu Fuß weiter, wenn sein Wagen schlappmacht. Hast du eine Ahnung, wie weit es noch ist bis zum nächsten Ort?“
Immerhin scheint es die erfundene Kreuzung wirklich zu geben. Ich übe mich weiterhin in Demut: „Nein, Sir, das weiß ich natürlich nicht. Ich bin ja nicht von hier. Ich bin Tourist aus Deutschland, mit einem Leihwagen unterwegs, und der wollte plötzlich nicht mehr weiter. Am Benzin lag es nicht, ganz bestimmt nicht, der Tank ist noch mehr als halb voll. Sicher war es ein Fehler, sich zu Fuß aufzumachen, aber ich dachte eben, dass ich es vielleicht bis zum nächsten Ort schaffen könnte. Zwischendurch dachte ich, dass diese Piste nirgendwo hinführt, aber ich war schon zu weit gegangen, um einfach umzukehren. Bitte helfen Sie mir! Ich kann Ihnen auch Geld dafür geben.“
Beim letzten Satz schüttelt er verächtlich den Kopf, lehnt das Gewehr neben seinen Sitz an die Fahrertür und lässt mich einsteigen.
„Wo steht denn der Wagen?“
„An der Hauptstraße. Ich habe es gerade noch geschafft, ihn auf den Seitenstreifen zu lenken, als der Motor aussetzte. Wir müssten zurück zur Kreuzung und dann links. Aber erst mal will ich nur in den nächsten Ort, denn ich brauche wohl einen Mechaniker, um die Karre wieder flott zu kriegen. Oder sind Sie zufällig einer?“
Schon wieder habe ich unverschämtes Glück, denn er schüttelt erneut den Kopf und scheint nicht aus der Richtung gekommen zu sein, die ich angegeben habe.
„Du hast Glück“, sagt er. „Bei uns gibt es einen Mechaniker, er heißt Larry und ist sogar ziemlich gut. Der hat bisher noch jeden Wagen wieder zum Fahren gebracht. Aber heute wird das wohl nichts mehr. Es ist ja schon ziemlich spät, und wir müssen auch noch ein ganzes Stück fahren, ehe wir da sind.“
„Das macht nichts, ich habe es nicht eilig. Gibt es bei Ihnen eine Pension oder ein Motel? Dann könnte ich dort übernachten. Vielleicht hat Ihr Freund morgen Zeit für mich, und wenn nicht, kann ich wenigstens telefonieren. Dann soll die Leihwagenfirma sich etwas einfallen lassen.“
Diesmal nickt er. Ein Motel gäbe es, und was ich sage, klingt in seinen Ohren anscheinend vernünftig. Sein Name sei Marc. Meine Anspannung lässt ein kleines Stück nach.
„Es war trotzdem verrückt von dir, dich zu Fuß auf den Weg zu machen. Nicht nur, weil wir hier in der Wüste sind. Du hast wahrscheinlich keine Ahnung, aber irgendwo da draußen haben sie so eine Anstalt hingesetzt, und die Jungs, die dort eingesperrt sind, müssen so ziemlich das Übelste sein, was es überhaupt gibt. Wahrlich keine gute Gegend für ausgedehnte Spaziergänge.“
Das Wort wirkt wie ein Hammer. In der letzten Zeit war diese Einrichtung tatsächlich zu einem Gefängnis und für manche zum Friedhof geworden, aber gebaut worden war sie einst als Forschungszentrum, und gekommen waren wir vor Jahren alle freiwillig. Ohne Ausnahme waren wir rechtschaffene Wissenschaftler, und dass wir keine Lösung gefunden hatten, machte uns nicht zu Verbrechern. Unser Auftrag unterlag vom ersten Augenblick an höchster Geheimhaltung, aber dass man der örtlichen Bevölkerung gesagt hat, unser Zentrum sei ein Straflager, bringt mich kurzzeitig um jede Fassung. Als ich wieder reden kann, frage ich: „Was denn für eine Anstalt?“
„Ein Gefängnis, ein Knast, was weiß ich. Man erzählt sich Dinge, genaues weiß niemand. Es ist alles streng geheim, und das soll auch so bleiben. Sonst haben wir hier irgendwann auch so einen Rummel wie in Guantánamo. Da unten hat doch heute jeder Terrorist drei oder vier Rechtsanwälte, und alle reden von Menschenrechtsverletzungen, wenn einer der Sträflinge mal nicht jeden Tag seine Lieblingsspeise serviert bekommt. Unsere Jungs wissen ja kaum noch, wie sie ihren Job machen sollen, wenn ihnen die ganze Welt auf die Finger guckt. Ich hoffe nur, dass es diese Weltverbesserer trifft, wenn die Terroristen das nächste Mal zuschlagen, und nicht wieder einen Haufen Unschuldige. Wenn es noch ein bisschen Gerechtigkeit gibt, sollte es so sein.“
Ich bin ziemlich konsterniert und versuche mir vorzustellen, was auf der Welt passiert sein mag, während ich in dem Zentrum war. Marc scheint meinen Gesichtsausdruck zu bemerken: „Guck nicht so besorgt: Bei uns ist bisher noch keiner rausgekommen, und so wird es auch bleiben!“
Die Piste endet an einer asphaltierten Straße. Marc stoppt den Wagen: „Wenn du es bis hierhin geschafft hättest … Das hättest du nie im Leben, aber nehmen wir es bloß einmal an: Wie hättest du dich entschieden? Rechts oder links?“
„Links“, sage ich, und Marc gibt Gas. „Alle Achtung, du bist ja ein richtiger Pfadfinder. Trotzdem solltest du nie vergessen, dass du nicht in deinem kleinen, engen Deutschland bist. Bei uns hast du zu Fuß keine Chance, und für morgen sage ich dir, dass noch ein Abzweig kommt, ehe wir die Stadt erreichen. Du musst also erst an der zweiten Kreuzung abbiegen. Verstanden?“
Ich nicke.
Es ist fast dunkel, als wir die Stadt erreichen. Sonderlich groß scheint sie nicht zu sein, vielleicht eher ein Dorf. Marc lässt es sich nicht nehmen, mich in das Motel zu begleiten und überall herumzuposaunen, was für einen Idioten er da mitten in der Wüste aufgegabelt habe. Er präsentiert mich wie eine Trophäe und fragt den Mann an der Rezeption nach Larry. Larry sei gar nicht in der Stadt, erfahre ich, er komme wahrscheinlich morgen zurück, aber heute wäre es ja eh zu spät. Ob ich was dagegen habe, die Nacht im Voraus zu bezahlen?
Warum sollte ich? Geht es mit Kreditkarte? Dann ist es kein Problem.
Das Ding funktioniert. Ich darf kein Erstaunen zeigen, denn es ist das Natürlichste auf der Welt, dass meine Kreditkarte funktioniert. Ich bin ein Tourist mit einem defekten Leihwagen und war so unvernünftig, zu Fuß weiterzulaufen, als der Wagen streikte. Warum sollte es deswegen Probleme mit meiner Kreditkarte geben? Zum Glück kam Marc vorbei, der mir noch einmal versichert, dass Larry morgen mit mir zu dem Auto fahren wird. Er werde Larry genau erklären, wo er mich aufgegabelt habe, nur für den Fall, dass ich Schwierigkeiten hätte, die Stelle wiederzufinden. Ich bin ihm zu großem Dank verpflichtet aber froh, als er endlich geht.
Das Steak schmeckt köstlich, die ersten Bissen regen meinen Magen an und erinnern mich daran, wie lange ich nichts mehr gegessen habe. Vielleicht lässt es mich ein bisschen zur Ruhe kommen, wenn ich endlich meinen Hunger stillen kann. Zur Ruhe kommen muss ich, denn ich brauche eine zündende Idee, um schleunigst aus diesem Kaff wegzukommen, und zwar noch heute Nacht. Bis jetzt hatte ich Glück, doch wenn Larry erst wieder da ist, fliegt alles auf.
Am Automaten im Supermarkt gab es vorhin sogar Bargeld, und ich habe so viel davon gezogen, wie eben möglich war. Eigentlich ein ziemlicher Anachronismus, dass sie uns irgendwann jeden Kontakt zur Außenwelt abgeschnitten, unsere Ausweise und Karten aber nicht einkassiert haben. Wahrscheinlich haben sie einfach nicht daran gedacht, denn in unserem Zentrum waren diese Dinge ohne Bedeutung. In der Kantine mussten wir vom ersten Tag an nichts bezahlen, und ansonsten gab es keine Möglichkeit, Geld auszugeben. Es war pure Gewohnheit, dass ich die Geldbörse trotzdem immer in die Hosentasche gesteckt habe, vielleicht eine Art Instinkt, denn auch den Pass habe ich stets am Körper getragen.
In einer anderen Stadt wäre ich mit diesen Utensilien ein solventer Tourist. Dort gäbe es keinen Marc, keinen Larry und keinen in der Wüste verreckten Leihwagen. Zuerst würde ich mir einen Koffer und ein paar Klamotten zulegen, denn ich brauche was zum Wechseln, und ein Tourist mit Gepäck erregt keinen Verdacht. Dann könnte ich einen Wagen mieten oder einen Bus nehmen, mich irgendwie zu einem internationalen Flughafen durchschlagen und dieses Land verlassen.
Eine Bushaltestelle brauche ich hier bestimmt nicht zu suchen, und wenn es einen Autoverleih gäbe, wäre dessen Büro doch bestimmt an der Hauptstraße. Die bin ich vorhin entlanggegangen, nachdem ich das Sixpack großer Wasserflaschen gekauft und die erste noch auf dem fast leeren Parkplatz vor dem Laden getrunken habe, aber da war nichts zu entdecken.
„Du musst der Fußgänger sein, den Marc heute aufgegabelt hat. Kannst echt von Glück reden, dass er dich gefunden hat. Sonst hättest du jetzt keinen Teller vor dir, sondern lägst selbst auf einem, und zwar auf dem der Geier.“
Er lacht über seinen Scherz, und ich kann nicht verhindern, dass er sich zu mir setzt. Anscheinend hat Marc es allen erzählt. Dann war es richtig, dass ich im Supermarkt nicht nach der Möglichkeit gefragt habe, einen Wagen in dieser Stadt zu mieten. Sein Name ist Dick, er lädt mich zu einem Bier ein, doch ich will keins, muss wach bleiben, und das fällt mir mittlerweile schwer genug. „Ist doch nicht der schlechteste Ort, um zu neuem Leben erweckt zu werden, oder?“
Der volle Mund hält mich vom Sprechen ab, ich nicke stumm und nehme den nächsten Bissen. „Du scheinst hungrig zu sein. Das kann ich gut verstehen. Wenn ich den ganzen Tag in der Wüste herumgeirrt wäre … Und hier bei Steven schmeckt es auch am Besten, seine Steaks sind nicht zu toppen. Warte ab, am Ende bleibst du einfach hier. Ich war damals auch nur auf der Durchreise, aber jetzt will ich hier gar nicht mehr weg. Vergiss deine Karre! Einen besseren Ort findest du nicht.“ Das neuerliche Lachen klingt auch nicht besser als das erste.
Durch das Fenster sehe ich einen Truck vorfahren. Der Fahrer verschwindet auf der Toilette. Mein Teller ist leer und ich habe es plötzlich ganz furchtbar eilig, will bezahlen und sage Dick, dass ich morgen vielleicht gesprächiger sei, aber jetzt nur noch schlafen wolle. Ich warte vor der Bar und sehe, wie der Fahrer wiederkommt und um die Zugmaschine geht, denke kurz an die Möglichkeit, ihn zu fragen, scheue das Risiko einer Ablehnung, klettere hinter die Schlafkabine und suche etwas zum Festhalten. Ich muss durchhalten, bis wir eine Stadt erreichen und der Fahrer an einer Ampel anhalten muss. Vermutlich wird es die ganze Nacht dauern. Es ist mir egal.