Frauenalltag

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krokotraene

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Morgens um sechs Uhr läutet der Wecker. Ich sprinte aus dem Bett. Auf dem Weg in die Küche laufe ich bei einem Spiegel vorbei und erschrecke. Die Haare stehen wirr zu Berge, Ringe unter den Augen betonen sie in einem eigenen Licht und der Blick ist noch irgendwo im Bettzeug hängen geblieben.

In der Küche starte ich die Kaffeemaschine, während ich auf einem Bein balancierend die Eier aus dem Kühlschrank fische. Gleichzeitig fingere ich unbeholfen nach dem Toastbrot in der alten Brotdose und versuche mit der Nase den Schalter des Toasters zu treffen. Ich stopfe das weiße Brot in den Toaster und suche nach der kleinen blauen Schale. Ich schlage fünf Eier hinein, öffne mit dem linken Knie die Bestecklade und suche nach dem Schneebesen. Meine rechte Hand tastet inzwischen den unteren Teil des Kästchens auf der Suche nach dem Salzstreuer ab.

Während der Toaster arbeitet, der Kaffee aus der Maschine läuft wecke ich unsere beiden Kinder. Klein-Sophie ist wie immer nicht aus dem Bett zu bekommen, während Hänschen sofort aus dem Bett stürmt und aufs Klo rennt. Sobald Klein-Sophie sich aus dem Bett rappelt wird wieder einmal das Gezeter losgehen. Sie muss aufs Klo, doch ihr Bruder wird den Sportteil der Zeitung gemütlich darin lesen und ich werde durch das Haus brüllen, dass die beiden frühstücken kommen sollen.

Mein lieber Mann hat sich inzwischen aus dem Bett geschält und sitzt teilnahmslos am Küchentisch, seine Nase steckt in der aktuellen Tageszeitung, die uns der Lieferant jeden Tag auf die Türmatte knallt. Er wird wie jeden Tag meckern, dass unser Sohn den Sportteil am Klo liest, wann denn endlich die Eierspeise fertig ist und warum der Toast nicht braun genug ist.

Inzwischen wird Hänschen das Klo verlassen haben und Klein-Sophie wie jeden Tag durchs Haus brüllen, dass ihr Bruder ein Trottel ist. In der Zwischenzeit werde ich in irgendwelche Klamotten gesprungen sein, die Jausenbrote der Kinder gestrichen und verpackt haben. Klein-Sophie wird wie jeden Tag noch einen zusätzlichen Schokoriegel einpacken und glauben, ich habe es nicht gesehen. Und Hänschen wird sich überlegen, wie viel er heute für sein Brot bekommen wird, da er es wieder an Peterle verkaufen wird.

Mein Mann hat inzwischen die Zeitung auf die Seite gelegt und steht mit stolz geschwellter Brust im Wohnzimmer. In seinen starken Armen hält er einen Expander, den ihn sein bescheuerter Freund voriges Jahr geschenkt hat. Zwei Züge wie alle Tage, dann wird er müde zusammensacken und das Ding mitten im Zimmer liegen lassen.

Während unsere Kinder nun endlich gefrühstückt haben und sich daran machen endlich die Schulklamotten überzuziehen und die Rucksäcke zu packen, räume ich das schmutzige Frühstücksgeschirr in den Geschirrspüler.

Mein Mann packt in der Zeit seinen Aktenkoffer. Ehe auch er in seinen Anzug und Krawatte schlüpft nimmt er seine neue Badehose und wird im Gartenpool noch ein paar Runden drehen. Immerhin ist es noch warm genug.

In der Zwischenzeit kommen endlich unsere Kinder, ich stopfe beide in mein Auto und ab zur Schule. Am halben Weg fällt Klein-Sophie ein, sie hat ihr Hausübungsheft vergessen, also wieder retour, ab ins Haus und wieder los. Wir sind kurz vor der Schule als mein Sohnemann drauf kommt, er hat seine Turnsachen im Vorzimmer liegen gelassen. Also wieder zurück, diesmal mit einer Geschwindigkeit, die jeden Polizisten die Schamesröte beim Verlesen der Strafgebühr ins Gesicht treibt. Kurz vor der Hauseinfahrt schreit Hänschen, er brauche die Sachen heute gar nicht, er hat ja heute keinen Sport.

Genervt und nervös mit einem Anflug von riesigen Bauchschmerzen wende ich den Wagen in einem waghalsigen Manöver und stehe in sekundenschnelle vor der Schule. Nicht einmal das Radar hätte mich erwischen können bei dem Tempo, das ich hatte. Die Schulglocke läutet gerade zum letzten mal.

Ab in den Supermarkt, die Einkaufsliste ist elend lang. Ich plage mich wie ein Schwerarbeiter mit dem Be- und zuhause dann dem Entladen des Wagens ab. Das bereits saubere Geschirr schnell verstaut, ehe es ans Kochen geht. Mein Mann ist Vegetarier, Klein-Sophie hat eine Eiweiß-Allergie und Hänschen steht derzeit ausschließlich auf Fischstäbchen mit Pommes. Also dann mal an die Arbeit.

Nachmittags die Kinder von der Schule abgeholt. Das Essen steht bereits vorbereitet in der Küche. Klein-Sophie hat viel Hausaufgabe, wo ich als brave Mutter natürlich dabei sein muss. Hänschen zieht es vor es seinem Vater gleich zu tun und stundenlang die neue Badehose im Pool zu testen. Ob er auch Hausaufgabe hat, kann ich nur erahnen.

Essenszeit. Hänschen steht plötzlich doch nicht mehr auf Fischstäbchen. Er hasst seit heute weißes Fleisch. Oder alles was halt nicht braun am Teller ist. Irgendein Dokumentarfilm in der Schule ist der Grund, dass alles weiße doof ist. Ich krame aus der Tiefkühltruhe noch ein Rindsschnitzel hervor. Ja, genau auf das hat er Lust. Na gott-sei- dank. Aber die weißen Teigwaren lehnt er mir erst nach dem Kochen ab. Zum Glück habe ich doch noch Vollkorn-
spiralen für meinem Mann auf Lager und daran kann sich auch Hänschen nun erfreuen. Klein-Sophie ist es wurscht, was sie ißt, auf alle Fälle darf es nicht viel sein, denn sie glaubt sie hat einen neuen Freund. Fein, die Lady ist gerade mal zehn! Als Mutter freut man sich doch darüber, oder?

Mein Mann zieht es vor unentschuldigt später zu kommen. Sein Essen bleibt im Kühlschrank. Ich bekomme die Reste meines Sohnes, denn eigentlich Rind ist auch nicht wirklich sein Geschmack. Zumindest nicht so wie ich es gekocht habe.

Die beiden Kleinen ziehen streitenderweise ins Wohnzimmer und ich lausche den heftigen Diskussionen über das Fernsehprogramm.

Irgendwann verziehen sie sich doch ins Bett und Klein-Sophie besteht auf die tägliche Gute-Nacht-Geschichte. Während Hänschen derzeit noch immer den Wunsch nach seiner Ruhe in seinem Zimmer hat und gott-sei-dank einfach nur Gute Nacht durchs Haus brüllt.

Es wird ruhig im Haus. Ich habe das letzte Geschirr gewaschen und verstaut, die Wäsche abgenommen und gebügelt und lasse mich endlich auf das Sofa im Wohnzimmer fallen. Es ist kurz vor Mitternacht. Da fällt mir auf, wo ist eigentlich mein Mann?

In diesem Moment öffnet sich die Haustür und er kommt quietsch vergnügt hereingeschneit. "Schatz es war so schön! Ein herrlich ruhiger Tag!", strahlt er mich an. Und während meine Augen bereits zugefallen sind und mein Körper auf Pause steht, höre ich noch wie aus einer fernen Welt: "Ja, und dann habe ich Susi getroffen. Sie hat mir von ihrem Bruder und dem Klavierkonzert vorgeschwärmt! Dann hat Sepp angerufen und wir haben eine super Skatpartie gehabt. Also ich kann dir sagen, es war so lustig und entspannend! Naja, und am Heimweg, da mußte ich noch...!"
Nachdem mir seine Bierfahne nicht entgangen war, erlaubte ich mir während der restlichen Schilderung einfach einzuschlafen, denn morgen um sechs Uhr läutet wieder der Wecker.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
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Nachdem ich tagelang, ach was sage ich, monatelang gefühlt vor mich hingewuselt hatte und der Dienstleister für alle gewesen war, wusste ich nur: Es muss sich etwas ändern! Etwas? ICH musste mich ändern.
Also meldete ich mich bei der Leselupe an. Natürlich vernachlässigte ich nicht meine Pflichten. Aber es zogen andere Zeiten ein. Wenn ich vom Einkaufen kam, schmiss ich die Backofenpommes rein, stellte irgendetwas in die Mikrowelle, das ich in der Kühltheke gefunden hatte und wartete am Bildschirm, bis sich der PC in eine grüne Hölle verwandelte. Dann las und schrieb ich gebannt, während sich die Kinder in der Küche gegenseitig mit Essen vollstopften und die mütterliche Abwesenheit genossen.
Hatten sie Fragen oder Probleme mit den Hausaufgaben, so unterbrach ich kurz meine Lieblingsbeschäftigung und im Zweifel stellte ich ihre Aufsätze als Artikel ein und erhielt brauchbare Verbesserungsvorschläge oder gar ganz neue Texte.

Abends räumte ich brav die Küche auf, indem ich das Backofenpapier der Pommes in den Mülleimer warf.
Danach saß ich natürlich vor dem PC. Mein Mann war schon lange ausgezogen, da er mich vor die Wahl gestellt hatte: LL oder er. Tja, er zog den Kürzeren.

Manchmal wasche ich ein paar Sachen. Manchmal!

So, jetzt muss ich aber den Backofen anwerfen.
;-)

LG Doc
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Danke für das "genial", aber da ist einfach nur satirisch überzogen, was ich schrieb. Manchmal habe ich das in Deinem Text vermisst. Der Pool hätte z.B. leer sein können, in dem der Mann immer schwimmt und die Prot hätte natürlich nicht todmüde vor dem TV gesessen, als der Göttergatte endlich nach Hause kam, sondern aufgekratzt mit Prosecco und einer blauen Freundin.
:)
Aber die sat. Ansätze waren in Deinem Text schon gut.

LG Doc
 



 
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