geburt

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zora feldman

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Die sinkende Sonne scheint durch den Höhleneingang, ihre Strahlen glitzern auf den perlmuttenen Schuppen des Drachen. Die schlanken Glieder ringeln sich um einen mächtigen Körper, der Kopf ruht träge auf den Tatzen, die Augen sind geschlossen. Der Drache scheint zu schlafen
Lange geschieht nichts. Die Sonne versinkt, der Drache verharrt regungslos.
Draußen ist es Nacht, doch in der Höhle fluoresziert das Gestein, vollgesogen mit dem Licht des Tages.
Der Drache hat den Kopf gehoben und blickt mit gelben Augen ins Leere. Er scheint in sich hineinzuhorchen, als warte er auf etwas. Plötzlich öffnet er seinen Rachen und ein tiefes, anhaltendes Summen entsteigt seiner Kehle. Seine Glieder strecken sich zu voller Länge und der ganze Körper wälzt sich träge zur Seite, um einen angeschwollenen, weißschimmernden Bauch freizulegen.
Etwas beginnt darin zu pulsieren. Zuerst sind die Bewegungen unregelmäßig und schwach; langsam schwillt der Gesang des Drachen an und die Regungen werden heftiger. Beulen bilden sich, etwas ringelt sich wie eine gefangene Schlange in einem Tuch. Obwohl die Bauchdecke des Drachen bereits fast zum Zerreissen gespannt ist, hält sie den suchenden Stößen stand und die gelben Augen blicken weiterhin regungslos ins Nichts.
Die Bewegungen werden zielstrebiger, die Beulen nehmen Konturen an. Spitze Krallen spannen die Haut, dringen aber noch nicht durch sie hindurch. Der Leib des Drachen wird gedehnt, während er weiter sein Lied singt. Bald ertönen gedämpfte Schreie aus dem Innern des Bauches, ungeduldiges Drängen zum Licht. Der Drache rührt sich nicht, hilft und hindert nicht.
Die Schreie werden lauter. Immer wieder kommen Klauen zum Vorschein, von innen an der Bauchdecke kratzend, rücksichtslos die Freiheit fordernd. Tatsächlich wird die Haut dünner, die Krallen stechen spitzer durch die helle, weiße Wand. Ein rotes Lodern flackert in dem trächtigen Leib auf, es erleuchtet das Innere so hell, daß deutlich Glieder zu erkennen sind, dazu blutige Striemen.
Das Summen des Drachen wird lauter und dröhnender; auf keine andere Weise nimmt er teil an dem, was in ihm geschieht. Endlich gibt die zitternde, bleich Haut nach, ein kleiner roter Riß entsteht, durch den gnadenlos eine scharfe Kralle fährt, es kommt eine ganze Tatze hervor. Von innen ergießt sich ein Schwall von Blut und Wasser, während die Tatze an den Hautfetzen zerrt. Eine weitere Tatze kommt heraus, gefolgt von einem langen, noch schmalen Schädel.
Gelbe Augen erforschen die neueroberte Welt. Die Haut muß noch weiter zerrissen werden, damit sich auch der Rest des kräftigen Körpers durch die glitschige Öffnung zwängen kann. Die Hintertatzen, schließlich der lange Schwanz entgleiten dem offenen Körper.
Unsicher steht der neue Drache im Blut des alten, brüllt und speit Feuer, um seiner Wut Luft zu machen. Der alte Drache ist verstummt in dem Moment, in dem der neue seinen Leib vollständig verlassen hat. Alte gelbe Augen begegnen neuen gelben Augen.
Der alte Drache streckt den Kopf vor, um den schleimigen Körper des neuen zu reinigen. Während das Blut aus ihm herausrinnt, beginnen seine Glieder schwer herabzufallen. Die ehemals glänzenden Schuppen verlieren ihren Schimmer.
Schließlich sinkt auch der mächtige Kopf zu Boden und wird zu Stein Aus dem neuentstandenen Felsen rinnt eine Quelle klaren Wassers; der neue Drache schnuppert daran und stillt seinen Durst, bevor er zurückkehrt in die Tiefen der Höhle.
 

Bonnie Darko

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Gute Idee!

Aber auch hier finde ich (noch stärker als in der Fabel), daß einem die zahlreichen Adjektive und Adverbien geradezu entgegenspringen (ist auch eines meiner größten Laster, aber selbst sieht man es ja nicht so deutlich).

Gruß,
Bonnie
 

zora feldman

Mitglied
vielen dank für deine kommentare, bonnie (grossartiger film btw). du hast recht, beim versuch, genau das vermitteln zu wollen, was ich im kopf habe, gehen die adjektive mit mir durch... man arbeitet an sich...
 



 
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