Geisterhand

3,00 Stern(e) 2 Bewertungen
Es war wieder einer dieser wunderschönen Sonntage an denen es viele Familien und Pärchen in die Parks und Kaffees zog. Auch Lore war unterwegs zu ihrem Lieblingsplatz. Einer Parkbank im Birkenhain. Bevor ihr Vater starb, war sie mit ihm oft an diesem Ort gewesen. Dort fühlte sie sich ihm noch so nahe – fast als würde er noch leben. Manchmal hatte sie das Gefühl sie könnte ihn schemenhaft erkennen.
Endlich erreichte das Mädchen die gepflasterte Straße, die zum Birkenhain führte. Sie kramte in ihrem Rucksack und zog ein dickes Buch, mit dem Bild eines steinernen Tors auf dem Einbad hervor. Plötzlich stutzte Lore und sah nach unten. Sie hatte einen Widerstand an ihrem Fuß gespürt und bemerkte eine blaue Dunstwolke die ihren Knöchel empor kletterte. Vergeblich schüttelte sie ihren Fuß, um ihn zu befreien aber die Wolke wurde immer dichter. Hilfe suchend sah sie sich um, erkannte aber schnell an den verwunderten Blicken der Passanten, dass diese offenbar nichts bemerkten. Lore bückte sich, tat als würde sie ihren Schuh zubinden und versuchte das blauen Etwas zu fassen zu bekommen. Bei den ersten Malen glitten ihre Hände durch den Nebel aber beim dritten Mal, bekam sie etwas Weiches zu packen.
Wie aus dem Nichts erschien plötzlich ein junger, etwas durchsichtig wirkender Mann vor ihr und lächelte sie verlegen an. Lore verlor vor Schreck das Gleichgewicht und fiel auf den Grünstreifen am Straßenrand.
„Meine Verehrung, Gnädigste!“ sagte er und offenbarte seine durchscheinenden Zähne. „Ich hoffe, ich habe dir nicht wehgetan aber ich musste meine Chance einfach nutzen!“
„Chance nutzen?“ echote Lore, außerstande einen klaren Gedanken zu fassen.
„Ja, mich dir zu zeigen! Nur du kannst mich sehen. Du hast es sicher schon bemerkt, ich bin nicht mehr ganz da!“ Zur Demonstration griff der Mann durch sich selber durch. Lore wich erschrocken zurück „Mein Name ist Ferdinand Graumann. Ich wurde vor 14 Jahren ermordet und bin seitdem ein Geist. Alle 2 Jahre erhalte ich die Gelegenheit auf die Erde zurückzukommen. Ich muss jemanden finden, mit dem ich das Verbrechen an mir aufklären kann. Dann kann ich endlich in Frieden ruhen.“
Lore rutschte noch etwas weiter zurück. Sie hatte viele Geistergeschichten gehört, ihnen allerdings nie wirklich Beachtung geschenkt. Aber dieses Exemplar schien ganz anders zu sein. Es machte keine Anstalten ihr Angst einzujagen oder sie zu verletzen. Lore starrte Ferdinand mit großen Augen an und langsam gab ihr Verstand nach und räumte ein, dass sie sich das vielleicht doch nicht einbilden würde.
Her Graumann hatte scheinbar ihren ungläubigen Blick bemerkt und meinte „Ich kann mir denken, dass es nicht leicht für dich ist. Aber ich bin wirklich da, dass kannst du mir glauben.“ Er lächelte „ Ich setze großes Vertrauen in dich! Dein Vater hat mir per Telepathboten erzählt, dass du empfänglich bist für seine Botschaften aus dem Jenseits. Ich dachte mir es ist wohl sicherer es dir zu erzählen, als so einer sensiblen jungen Dame, die gleich schreiend wegrennt!“
„Du kennst meinen Vater?“ Langsam konnte Lore wieder klar denken und richtete sich auf. Sie atmete betont langsam, um ihr rasendes Herz zu beruhigen.
„Nein, nicht persönlich. Aber es gibt im Jenseits so etwas wie ein schwarzes Brett auf dem alle Geschichten und Namen von noch nicht erlösten Geistern stehen. Dein Vater bemerkte, dass ich an Plätze ganz in deiner Nähe gebunden bin. Dazu gehören diese Pflasterstraße, auf der ich umgebracht und das Bruchhaus unter dem ich verbuddelt wurde. Er sandte mir eine Botschaft per Telepath. Das ist eine Möglichkeit der Kommunikation zwischen Geisterwelt und dem Reich der Toten. Er meinte du würdest mir sicher helfen!“ Der Mann sah das Mädchen flehend an.
„Manchmal hatte ich schon das Gefühl, als würde ich ihn hören. Meine Klassenkameraden halten mich deshalb für durchgeknallt. Du meinst, mein Vater spricht wirklich mit mir?“ antwortete Lore argwöhnisch.
„Wenn ich es dir doch sage! Also hilfst du mir? Warte..!“ Ferdinand zog ein zerknittertes Papier aus seiner Jackentasche und reichte es Lore „Lies das!“
„Das Barbatusstor - Von Ferdinand Graumann!“ las das Mädchen die Überschrift des Zettels, der mit Notizen voll geschmiert war. „Aber `das Barbatusstor´ kam doch vor 9 Jahren von Hanno Zamtich heraus? Das ist zufällig mein Lieblingsbuch!“ Zur Demonstration hob sie ihr Buch mit dem Bild des Tores auf dem Einband. Gibt es da nicht auch einen Film zu?“
„Oh, schön zu wissen, dass es noch heute gelesen wird! Ja es wurde auch verfilmt. Zu deinem Einwand – Es kam tatsächlich unter seinem Namen heraus aber geschrieben habe ich es. Er hat mir die Manuskripte geklaut als es bereits bei einem kleinen Verlag veröffentlich worden war. Leider war mein Buch nicht sehr erfolgreich weil nicht genügend Werbung dafür gemacht wurde. Allerdings war ein Filmproduzent aufmerksam geworden und wollte die Vermarktungsrechte an meinem Buch kaufen. Es war schon alles ausgemacht und ich hätte den Vertrag, der mir sehr viel Geld eingebracht hätte, nur noch unterschreiben müssen.“ Ferdinand seufzte sehnsüchtig. „Aber Hanno bekam irgendwie Wind von der Sache, er lockte mich in einen Hinterhalt und sperrte mich ein. Anschließend ging er statt meiner zu der Vertragsunterzeichnung und behauptete ich hätte ihm die Idee geklaut. Ich weiß nicht wie er es anstellte aber sie glaubten ihm und als Hanno mich endlich wieder frei ließ, wurde ich des Plagiats angeklagt und keiner wollte mir mehr zu hören. Es war die Hölle, das kannst du mir glauben. Als ich ihn nach langer Suche endlich ausfindig machte und drohte, ich könnte mein Uhrheberrecht beweisen, brachte er mich eiskalt um. Zum Glück habe ich tatsächlich noch Zweitabschriften, die ich damals gut versteckte und vorher von einem Notar beglaubigen ließ! Als hätte ich es geahnt“ Der Geist steckte den Zettel, der scheinbar nur eine Erinnerungshilfe war, wieder ein.“ Meine Leiche wurde nie gefunden und so landetet mein Fall bei den Akten!“
„Du meinst du bist der Autor meines Lieblingsbuches und wurdest dafür umgebracht?“ Lore bekam sofort Mitleid mit Herrn Graumann und vergaß dabei, dass er nicht real war. „Ich denke ich werde versuchen dir zu helfen. Auch wenn mir alles noch sehr merkwürdig vorkommt!“ Sie lächelte „Was kann ich tun?“
„Wir müssen in das Bruchhaus! Kennst du das? Dort sind die Manuskripte versteckt. Wenn wir die haben und du sie einem Anwalt schickst wird sich alles klären. Mein damaliger Notar, Herr Platzer war der einzige der meine Originale gesehen hatte. Sie wurden 2 Jahre vor Hannos Veröffentlichung beglaubigt und das wäre dann doch ein sehr großer Zufall, wenn die Idee angeblich von ihm stammen würde!“
Lore schluckte „Das Bruchhaus? Aber da treiben sich üble Burschen herum. Außerdem darf man sich da wegen Einsturzgefahr nicht aufhalten. Das kann sehr gefährlich werden.“
„Dann müssen wir eben heute Nacht dorthin und sehr vorsichtig sein!“ Ferdinand sah das Mädchen verschwörerisch an.
„Du bist gut! Du bist ein Geist, dir kann nichts passieren. Mir schon!“ Sie seufzt „O.K. Um 22 Uhr vor dem Bruchhaus! Ich muss jetzt heim“
Lore verabschiedete sich von dem Geist und rannte nach Hause um nicht zu spät zum Abendbrot zu kommen.

Die Dunkelheit senkte sich über die Rosenallee und nur der Mond spendete sein fahles Licht. Lore näherte sich dem verfallenen Gebäude. Sie schlich um die Efeubewachsene Hausecke und drückte sich an der Wand entlang bis zur Haustür.
Plötzlich erschien ein Kopf in der Tür. Das Herz des Mädchens wäre fast stehen geblieben und sie fasste sich mit der Hand auf die Brust.
„Oh Entschuldigung! Habe ich dich erschreckt? Ich wollte nur sehen wo du bleibst!“ flüsterte eine vertraute Stimme.
„Nein!“ höhnte Lore, die sich schnell erholt hatte „Was ist schon erschreckend daran wenn jemand Körperlos durch Türen schaut!“ Sie musste grinsen „Lass uns weitergehen!“
Die Eingangshalle war finster und das Mädchen spürte einen eisigen Luftzug der sie frösteln ließ. Bei dem nächsten Schritt, streifte eine dicke Spinnenwebe ihr Gesicht. Sie wich erschrocken zurück und langte beim Abstützen mit der linken Hand, in etwas sehr Weiches, Glibberiges. Lore schrie auf und hielt sich gleich darauf die Hand vor den Mund.
„Ich will gar nicht wissen, was das war!“ flüsterte sie geschockt „O Mann, lass uns die Manuskripte holen und dann verschwinden!“ Schnell zog Lore eine Taschenlampe aus ihrem Mantel und leuchtete den Raum ab.
„Sie sind im Kaminsims im zweiten Stock. Aber gib Acht - die Treppe ist sehr morsch!“ Ferdinand zeigte mit dem Finger nach oben.
„Oh mein Gott! Worauf habe ich mich da eingelassen!“ Lore fing an die breite Treppe hinauf zu laufen und hielt sich krampfhaft am Geländer fest.
Bei der vorletzten Stufe war plötzlich ein Scheppern in der Einganshalle zu hören. Das Mädchen drehte sich um und blieb wie erstarrt auf einer Treppenstufe stehen. Sie leuchtete mit der Taschenlampe die Eingangshalle ab. Auf Anhieb konnte sie nichts finden und langsam wurde ihr die Situation doch etwas unheimlich.
Als sie den Raum verzweifelt ein zweites Mal ausleuchtete entdeckte sie, dass das Fenster neben der Tür nicht ganz geschlossen war und im Wind hin und her schwang. Lore atmete erleichtert aus aber plötzlich gab das Holz unter ihrem Gewicht nach und sie verschwand bis zur Hüfte in dem Loch. Ihre Taschenlampe schlug weit unten, auf hartem Boden auf. Mit letzter Kraft konnte sich das Mädchen am Geländer festhalten.
„Ferdinand! Wo bist du?“ verzweifelt sah sie sich nach dem Geist um und spürte wie ihre schweißnassen Hände an der Geländerstange herabrutschten.
„Ich bin hier Lore! Aber ich kann dir nicht helfen! Ich würde durch dich durchlangen! Sonst könnte ich die Manuskripte selber holen und zur Post bringen!“ Der junge Mann stand im Türrahmen des 2. Stockes und sah sie entsetzt an.
„Doch du kannst mir helfen! Im Park hast du mich auch festgehalten! Du musst nur daran glauben! Zieh mich rauf! Ich kann mich nicht mehr lange halten!“
Diese entschlossenen Worte stärkten das Selbstvertrauen des Geistes. Er griff mit beiden Händen zu und tatsächlich schaffte er es, das Mädchen aus dem Loch zu ziehen.
„Danke! Das war echt in letzter Minute!“ Lore klopfte sich den Staub von der Hose „Jetzt aber nichts wie weiter! Dieses Haus ist mir nicht geheuer!“
Die Manuskripte waren tatsächlich noch im Kaminsims. Das Mädchen nahm sich die Papiere und balancierte am Treppenrand die Stufen hinunter. Als sie die Haustür erreichte war hinter ihr ein rascheln zu hören. Lore rannte los, warf keinen Blick zurück und blieb erst vor ihrer Haustür wieder stehen.
Lore gab die Manuskripte als überraschenden Fund in einem Kamin aus und schickte sie zu einem Anwalt, wie der Geist es gesagt hatte. Aber so einfach wie Ferdinand sich das gedacht hatte war es leider nicht. Die notariell beglaubigten Originale von Herrn Graumann wurden anerkannt, da Hanno Zamtich nichts Vergleichbares aufweisen konnte. Jedoch sah das Gericht das Plagiat nicht als erwiesen an. Die Leiche von Herrn Graumann wurde ausgegraben und in der Gerichtsmedizin mehrmals untersucht. Leider blieb auch das Ergebnislos. Zwei Jahre lang, gab es über Ferdinands Fall täglich neue Artikel in der Zeitung. Schließlich wurden die Akten wieder geschlossen und kaum einer redete davon.
Lore saß noch oft auf ihrem Lieblingsplatz. Vorbeigehende Leute wunderten sich manchmal über ein Mädchen, das mit jemanden unsichtbaren zu reden schien.
 
Ursprünglich veröffentlicht von schwarzerpanther

hallo schwarzerpanther

Ich habe soeben deine Geschichte gelesen. Die Idee ist gut. Anzumerken habe ich, dass mir die Gefühle fehlen. Du könntest viel mehr rausholen, wenn du alles noch etwas genauer beschreibst. Was denkt das Mädchen? Hat sie keine Angst? usw.
Einige Anregungen habe ich dir in Klammern gesetzt. Leider habe ich keine Zeit mehr, um auch den Rest anzuschauen, werde dies aber bei Gelegenheit nachholen.

Grüsse

Claudia



Es war wieder einer dieser wunderschönen Sonntage an denen es ([blue]alle) vielleicht viele?) [/blue]Familien und Pärchen in die Parks und Kaffees zog. Auch Lore war unterwegs zu ihrem Lieblingsplatz. Einer Parkbank im Wallnusshain. Bevor ihr Vater starb (Komma) war sie mit ihm oft an diesem Ort. Hier fühlte sie sich ihm noch so nahe – fast als würde er noch leben.

Manchmal hatte sie das Gefühl sie könnte ihn schemenhaft erkennen [blue](punkt)[/blue] und (Ab und zu...) ab und zu führte sie (sogar) noch Gespräche mit ihm.
Endlich erreichte das Mädchen die gepflasterte Straße, die zum Wallnusshain führte. Mit einem Ruck blieb sie stehen. Sie hatte das Gefühl ([blue]nur das Gefühl? So wie die deine Geschichte weitergeht, wird sie tatsächlich festgehalten), [/blue]etwas würde ihren Fuß festhalten. Als sie nach unten schaute, bemerkte sie eine blaue Dunstwolke die ihren Knöchel umgab.

...

Wie aus dem Nichts stand plötzlich ein junger, etwas durchsichtig wirkender Mann vor ihr und lächelte sie verlegen an.
„Meine Verehrung, Gnädigste!“ sagte er und offenbarte ein weiteres Mal seine strahlend weißen Zähne. (können Zähne strahlen, wenn sie halb durchsichtig sind?) „Ich hoffe, ich habe dir nicht wehgetan aber ich musste meine Chance einfach nutzen!“

„Ja, mich dir zu zeigen! Nur du kannst mich sehen. Du hast es sicher schon bemerkt, ich bin nicht mehr ganz da!“ Zur Demonstration griff der Mann durch sich selber durch [blue](Punkt)[/blue] und ..Lore wich erschrocken zurück

„Ich setze große Stücke auf dich! Dein Vater hat mir per Telepathboten erzählt, dass du empfänglich bist für seine Botschaften aus dem Jenseits. Ich dachte mir, es ist wohl sicherer es dir zu erzählen [blue](komma)[/blue] als so einer sensiblen Ziege (komma) die gleich schreiend wegrennt!“
 
Danke

Hallo Claudia! Vielen Danke für das Lob und deine Tipps. Habe schon ein paar Sachen ausgebessert. Das mit den Gefühlen stimmt, aber ich habe immer Angst, dass es zu viele werden. Außenstehende finden eher Kleinigkeiten, als der Autor selber. Freue mich über weitere Tipps.
Viele Grüße Erika
 
Ursprünglich veröffentlicht von schwarzerpanther
[
Hallo Erika

Du hast wirklich einiges verändert? Der Text gefällt mir jetzt viel besser. Lore lebt und hat Gefühle. Immer so weiter machen.

Noch zwei Anmerkungen habe ich, falls du sie übernehmen willst.

Liebe Grüsse Claudia


Er hat mir die Manuskripte geklaut und als ich drohte ich könnte mein Uhrheberrecht beweisen, brachte er mich eiskalt um. Zum Glück habe ich noch ([blue]Leerschlag)[/blue]....


Ein paar Tage später lag in dem Briefkasten ihrer Familie, ein mit krickeliger Handschrift an Lore frankierter Brief. Das Mädchen konnte sich nur einen vorstellen, der eine so unsichere Handschrift [blue](zweimal Handschrift hintereinander stört mich, wie wäre es, wenn du nur Schrift schreiben würdest?) [/blue] [/B]
 
Es war wieder einer dieser wunderschönen Sonntage an denen es viele Familien und Pärchen in die Parks und Kaffees zog. Auch Lore war unterwegs zu ihrem Lieblingsplatz. Einer Parkbank im Birkenhain. Bevor ihr Vater starb, war sie mit ihm oft an diesem Ort gewesen. Dort fühlte sie sich ihm noch so nahe – fast als würde er noch leben. Manchmal hatte sie das Gefühl sie könnte ihn schemenhaft erkennen.

Endlich erreichte das Mädchen die gepflasterte Straße, die zu ihrem Lieblingsplatz führte. Sie kramte in ihrem Rucksack und zog ein dickes Buch, mit dem Bild eines steinernen Tores auf dem Einbad hervor.

Plötzlich stutzte Lore und sah nach unten. Sie hatte einen Widerstand an ihrem Fuß gespürt und bemerkte eine blaue Dunstwolke die ihren Knöchel empor kletterte. Vergeblich schüttelte sie ihren Fuß, um ihn zu befreien aber die Wolke wurde immer dichter. Hilfesuchend sah sie sich um, erkannte aber schnell an den verwunderten Blicken der Passanten, dass diese offenbar nichts bemerkten. Lore bückte sich, tat als würde sie ihren Schuh zubinden und versuchte das blauen Etwas zu fassen zu bekommen. Bei den ersten Malen glitten ihre Hände durch den Nebel aber beim dritten Mal, bekam sie etwas Weiches zu packen.

Wie aus dem Nichts erschien ein junger, etwas durchsichtig wirkender Mann vor ihr und lächelte sie verlegen an. Lore verlor vor Schreck das Gleichgewicht und fiel auf den Grünstreifen am Straßenrand.
„Meine Verehrung, Gnädigste!" sagte er und offenbarte seine durchscheinenden Zähne. „Ich hoffe, ich habe dir nicht wehgetan aber ich musste meine Chance einfach nutzen!“
„Chance nutzen?“ echote Lore, außerstande einen klaren Gedanken zu fassen.
„Ja, mich dir zu zeigen! Nur du kannst mich sehen. Du hast es sicher schon bemerkt, ich bin nicht mehr ganz da!" Zur Demonstration griff der Mann durch sich selber durch. Lore wich erschrocken zurück.
„Mein Name ist Ferdinand Graumann. Ich wurde vor 14 Jahren ermordet und bin seitdem ein Geist. Alle 2 Jahre erhalte ich die Gelegenheit auf die Erde zurückzukommen. Ich muss jemanden finden, mit dem ich das Verbrechen an mir aufklären kann, denn dann kann ich endlich in Frieden ruhen.“
Lore rutschte noch etwas weiter zurück. Sie hatte viele Geistergeschichten gehört, ihnen allerdings nie wirklich Beachtung geschenkt. Aber dieses Exemplar schien ganz anders zu sein. Es machte keine Anstalten ihr Angst einzujagen oder sie zu verletzen. Lore starrte Ferdinand mit großen Augen an und langsam gab ihr Verstand nach und räumte ein, dass sie sich das vielleicht doch nicht einbilden würde.
Her Graumann hatte scheinbar ihren ungläubigen Blick bemerkt und meinte „Ich kann mir denken, dass es nicht leicht für dich ist. Aber ich bin wirklich da, dass kannst du mir glauben.“ Er lächelte „ Ich setze großes Vertrauen in dich! Dein Vater hat mir per Telepathboten erzählt, dass du empfänglich bist für seine Botschaften aus dem Jenseits. Ich dachte mir es ist wohl sicherer es dir zu erzählen, als so einer sensiblen jungen Dame, die gleich schreiend wegrennt!“
„Du kennst meinen Vater?“ Langsam konnte Lore wieder klar denken und richtete sich auf. Sie atmete betont langsam, um ihr rasendes Herz zu beruhigen.
„Nein, nicht persönlich. Aber es gibt im Jenseits so etwas wie ein schwarzes Brett auf dem alle Geschichten und Namen von noch nicht erlösten Geistern stehen. Dein Vater bemerkte, dass ich an Plätze ganz in deiner Nähe gebunden bin. Dazu gehören diese Pflasterstraße, auf der ich umgebracht und das Bruchhaus unter dem ich verbuddelt wurde. Er sandte mir eine Botschaft per Telepath. Das ist eine Möglichkeit der Kommunikation zwischen Geisterwelt und dem Reich der Toten. Er meinte du würdest mir sicher helfen!“ Der Mann sah das Mädchen flehend an.
„Manchmal hatte ich schon das Gefühl, als würde ich ihn hören. Meine Klassenkameraden halten mich deshalb für durchgeknallt. Du meinst, mein Vater spricht wirklich mit mir?“ antwortete Lore argwöhnisch.
„Wenn ich es dir doch sage! Also hilfst du mir? Warte..!" Ferdinand zog ein zerknittertes Papier aus seiner Jackentasche und reichte es Lore „Schau dir das an!"
„Das Barbatusstor - Von Ferdinand Graumann!" las das Mädchen die Überschrift des Zettels, der mit Notizen voll geschmiert war. „Aber`das Barbatusstor´ kam doch vor 9 Jahren von Hanno Zamtich heraus? Das ist zufällig mein Lieblingsbuch!" Zur Demonstration hob sie ihr Exemplar mit dem Bild des Tores auf dem Einband. Gibt es da nicht auch einen Film zu?“
„Oh, schön zu wissen, dass es noch heute gelesen wird! Ja es wurde auch verfilmt. Zu deinem Einwand – Es kam tatsächlich unter seinem Namen heraus aber geschrieben habe ich es. Er hat mir die Manuskripte geklaut als es bereits bei einem kleinen Verlag veröffentlich worden war. Leider war mein Buch nicht sehr erfolgreich, da man nicht genügend Werbung dafür machte. Allerdings war ein Filmproduzent aufmerksam geworden und wollte die Vermarktungsrechte an meinem Buch kaufen. Es war schon alles ausgemacht und ich hätte den Vertrag, der mir sehr viel Geld eingebracht hätte, nur noch unterschreiben müssen.“ Ferdinand seufzte sehnsüchtig. „Aber Hanno bekam irgendwie Wind von der Sache, er lockte mich in einen Hinterhalt und sperrte mich ein. Anschließend ging er statt meiner zu der Vertragsunterzeichnung und behauptete ich hätte ihm die Idee geklaut. Ich weiß nicht wie er es anstellte aber sie glaubten ihm und als Hanno mich endlich wieder frei ließ, wurde ich des Plagiats angeklagt und keiner wollte mir mehr zuhören. Es war die Hölle, das kannst du mir glauben. Als ich ihn nach langer Suche endlich ausfindig machte und drohte, ich könnte mein Uhrheberrecht beweisen, brachte er mich eiskalt um. Zum Glück habe ich tatsächlich noch Zweitabschriften, die ich damals gut versteckte und vorher von einem Notar beglaubigen ließ! Als hätte ich es geahnt“ Der Geist steckte den Zettel, der scheinbar nur eine Erinnerungshilfe war, wieder ein.“ Meine Leiche wurde nie gefunden und so landetet mein Fall bei den Akten!“
„Du meinst du bist der Autor meines Lieblingsbuches und wurdest dafür umgebracht?“ Lore bekam sofort Mitleid mit Herrn Graumann und vergaß dabei, dass er nicht real war. „Ich denke ich werde versuchen dir zu helfen. Auch wenn mir alles noch sehr merkwürdig vorkommt!“ Sie lächelte „Was kann ich tun?“
„Wir müssen in das Bruchhaus! Kennst du das? Dort sind die Manuskripte versteckt. Wenn wir die haben und du sie einem Anwalt schickst, wird sich alles klären. Mein damaliger Notar, Herr Platzer war der einzige der meine Originale gesehen hatte. Sie wurden 2 Jahre vor Hannos
Veröffentlichung beglaubigt und das wäre dann doch ein sehr großer Zufall, wenn die Idee angeblich von ihm stammen würde!“
Lore schluckte „Das Bruchhaus? Aber da treiben sich üble Burschen herum. Außerdem darf man sich da wegen Einsturzgefahr nicht aufhalten. Das kann sehr gefährlich werden.“
„Dann müssen wir eben heute Nacht dorthin und sehr vorsichtig sein!“ Ferdinand sah das Mädchen verschwörerisch an.
„Du bist gut! Du bist ein Geist, dir kann nichts passieren. Mir schon!“ Sie seufzt „O.K. Um 22 Uhr vor dem Bruchhaus! Ich muss jetzt heim“
Lore verabschiedete sich von dem Geist und rannte nach Hause um nicht zu spät zum Abendbrot zu kommen.

Die Dunkelheit senkte sich über die Rosenallee und nur der Mond spendete sein fahles Licht. Lore näherte sich dem verfallenen Gebäude. Sie schlich um die Efeubewachsene Hausecke und drückte sich an der Wand entlang bis zur Haustür.
Plötzlich erschien ein Kopf in der Tür. Das Herz des Mädchens wäre fast stehen geblieben und sie fasste sich mit der Hand auf die Brust.
„Oh Entschuldigung! Habe ich dich erschreckt? Ich wollte nur sehen wo du bleibst!“ flüsterte eine vertraute Stimme.
„Nein!“ höhnte Lore, die sich schnell erholt hatte „Was ist schon erschreckend daran wenn jemand Körperlos durch Türen schaut!“ Sie musste grinsen „Lass uns weitergehen!“

Die Eingangshalle war finster und das Mädchen spürte einen eisigen Luftzug der sie frösteln ließ. Bei dem nächsten Schritt, streifte eine dicke Spinnenwebe ihr Gesicht. Sie wich erschrocken zurück und langte beim Abstützen mit der linken Hand, in etwas sehr Weiches, Glibberiges. Lore schrie auf und hielt sich gleich darauf die Hand vor den Mund.
„Ich will gar nicht wissen, was das war!“ flüsterte sie geschockt „O Mann, lass uns die Manuskripte holen und dann verschwinden!“ Schnell zog Lore eine Taschenlampe aus ihrem Mantel und leuchtete den Raum ab.
„Sie sind im Kaminsims im zweiten Stock. Aber gib Acht - die Treppe ist sehr morsch!“ Ferdinand zeigte mit dem Finger nach oben.
„Oh mein Gott! Worauf habe ich mich da eingelassen!“ Lore fing an die breite Treppe hinauf zu laufen und hielt sich krampfhaft am Geländer fest.
Bei der vorletzten Stufe war plötzlich ein Scheppern in der Einganshalle zu hören. Das Mädchen drehte sich um und blieb wie erstarrt auf einer Treppenstufe stehen. Sie leuchtete mit der Taschenlampe die Eingangshalle ab. Auf Anhieb konnte sie nichts finden und langsam wurde ihr die Situation doch etwas unheimlich.

Als sie den Raum verzweifelt ein zweites Mal ausleuchtete entdeckte sie, dass das Fenster neben der Tür nicht ganz geschlossen war und im Wind hin und her schwang. Lore atmete erleichtert aus aber plötzlich gab das Holz unter ihrem Gewicht nach und sie verschwand bis zur Hüfte in dem Loch. Ihre Taschenlampe schlug weit unten, auf hartem Boden auf. Mit letzter Kraft konnte sich das Mädchen am Geländer festhalten.
„Ferdinand! Wo bist du?“ verzweifelt sah sie sich nach dem Geist um und spürte wie ihre schweißnassen Hände an der Geländerstange herabrutschten.
„Ich bin hier Lore! Aber ich kann dir nicht helfen! Ich würde durch dich durchlangen! Sonst könnte ich die Manuskripte selber holen und zur Post bringen!“ Der junge Mann stand im Türrahmen des 2. Stockes und sah sie entsetzt an.
„Doch du kannst mir helfen! Im Park hast du mich auch festgehalten! Du musst nur daran glauben! Zieh mich rauf! Ich kann mich nicht mehr lange halten!“
Diese entschlossenen Worte stärkten das Selbstvertrauen des Geistes. Er griff mit beiden Händen zu und tatsächlich schaffte er es, das Mädchen aus dem Loch zu ziehen.
„Danke! Das war echt in letzter Minute!“ Lore klopfte sich den Staub von der Hose „Jetzt aber nichts wie weiter! Dieses Haus ist mir nicht geheuer!“
Die Manuskripte waren tatsächlich noch im Kaminsims. Das Mädchen nahm sich die Papiere und balancierte am Treppenrand die Stufen hinunter. Als sie die Haustür erreichte war hinter ihr ein rascheln zu hören. Lore rannte los, warf keinen Blick zurück und blieb erst vor ihrer Haustür wieder stehen.

Lore gab die Manuskripte als überraschenden Fund in einem Kamin aus und schickte sie zu einem Anwalt, wie der Geist es gesagt hatte. Aber so einfach wie Ferdinand sich das gedacht hatte war es leider nicht. Die notariell beglaubigten Originale von Herrn Graumann wurden anerkannt, da Hanno Zamtich nichts Vergleichbares aufweisen konnte. Jedoch sah das Gericht das Plagiat nicht als erwiesen an. Die Leiche von Herrn Graumann wurde ausgegraben und in der Gerichtsmedizin mehrmals untersucht. Leider blieb auch das Ergebnislos. Zwei Jahre lang, gab es über Ferdinands Fall täglich neue Artikel in der Zeitung. Schließlich wurden die Akten wieder geschlossen und kaum einer redete davon.
Lore saß noch oft auf ihrem Lieblingsplatz. Vorbeigehende Leute wunderten sich manchmal über ein Mädchen, das mit jemanden unsichtbaren zu reden schien.
 



 
Oben Unten