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Dieser Text gehört zu einer Reihe, die ich „Atemlos-Prosa“ nenne. Ich bin gespannt auf Eure Meinung.
GLETSCHERLIED
Sturm zerzaust die Baumkronen vor dem Fenster und meine Gedanken, die im Regen tanzen, fortgewaschener Grautag, dazu singen die Böen, und ich trudele auf ihnen bis in die Wolken hinauf, auf einem Sonnenschiff geht es gen Norden, wo die weißen Riesen in ihrer kristallenen Welt nach Beute suchen, unwissend siechend an unseren gasigen Wohltaten, die sie mit ihrem Fang verschlingen, und die Sonne, die nun endlich Einlaß durch die hüllenden Pforten gefunden, die Gletschermütter in immerwährenden Wehen brüllen läßt, die sich in unaufhaltsamen Strömen verzehren, ihre Kälberflut in die kalten Wasser stoßen; keine Reise mehr gen Süden, milchigweiß, Jahrtausende alte Luft ausschmelzend, werden sie zu kreisenden Lebensflößen der weißen Pelziger und Wasserhunden in verhungernden Meeren, deren Rahm von stählernen Bäuchen und Grasmägen verschlungen wird; seid froh ihr eisigen Kinder, müßt euch nicht an öligen Küsten die Leiber zerschürfen, nicht mit Landflüchtigen die verwesenden Reste verschlungener Seewälder suchen, und den verirrten Albatros hören, der in den sterbenden Wehensang einfällt; ich reise mit ihm, sehnend nach Leben, ungetrübt - nur noch in Erinnerungen, und südlichen Winden, die mich nach Hause bringen, zum Regen . . .
Johanna Pless
3.2008
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Dieser Text gehört zu einer Reihe, die ich „Atemlos-Prosa“ nenne. Ich bin gespannt auf Eure Meinung.
GLETSCHERLIED
Sturm zerzaust die Baumkronen vor dem Fenster und meine Gedanken, die im Regen tanzen, fortgewaschener Grautag, dazu singen die Böen, und ich trudele auf ihnen bis in die Wolken hinauf, auf einem Sonnenschiff geht es gen Norden, wo die weißen Riesen in ihrer kristallenen Welt nach Beute suchen, unwissend siechend an unseren gasigen Wohltaten, die sie mit ihrem Fang verschlingen, und die Sonne, die nun endlich Einlaß durch die hüllenden Pforten gefunden, die Gletschermütter in immerwährenden Wehen brüllen läßt, die sich in unaufhaltsamen Strömen verzehren, ihre Kälberflut in die kalten Wasser stoßen; keine Reise mehr gen Süden, milchigweiß, Jahrtausende alte Luft ausschmelzend, werden sie zu kreisenden Lebensflößen der weißen Pelziger und Wasserhunden in verhungernden Meeren, deren Rahm von stählernen Bäuchen und Grasmägen verschlungen wird; seid froh ihr eisigen Kinder, müßt euch nicht an öligen Küsten die Leiber zerschürfen, nicht mit Landflüchtigen die verwesenden Reste verschlungener Seewälder suchen, und den verirrten Albatros hören, der in den sterbenden Wehensang einfällt; ich reise mit ihm, sehnend nach Leben, ungetrübt - nur noch in Erinnerungen, und südlichen Winden, die mich nach Hause bringen, zum Regen . . .
Johanna Pless
3.2008
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