^Groß- und Kleinbuchstaben - in Wahrheit zwei Alphabete

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Unser Alphabet besteht in Wahrheit aus drei verschiedenen Alphabeten, die sich relativ unabhängig voneinander entwickelten.
Alle stammen zwar von den phönizischen Alphabeten ab, haben sich aber in der Form in unterschiedlichen Epochen und Gegenden herausgebildet.

Heute haben wir "Großbuchstaben", "Kleinbuchstaben" und Ziffern.

Die Großbuchstaben sind von den römischen Steininschriften (Capitalis) der Antike abgeleitet. Sie sind majestetisch, wuchtig und schwer lesbar. Sie entsprachen dem Stein, in den sie gemeißelt wurden, nicht aber dem neueren Material Papier und Pergament.

Deshalb entwickelte sich eine für das Schreiben geeignetere Schrift, die Unciale. Aber auch diese war nicht so sehr für schnelles Schreiben geeignet.

Karl der Große ließ eine neue Schrift entwickeln, die heute "Karolingische Minuskeln" genannt wird. In dieser wurden insbesondere lateinische Schriften vervielfältigt.

Sie wurde zeitweilig stark durch Texturschriften verdrängt.
In der Rennaisance wurde sie dann als lateinische Schrift bekannt.

Als Schmuck und Verzierung wurden die römischen Capitalis-Buchstaben in mittelalterliche Texte eingefügt.

Dafür gab es zunächst kaum Regeln. Sie wurden vorzugsweise am Anfang eines Abschnitts platziert.

Diese Gemischtschreibung zweier Alphabete führte schließlich zu unserer Rechtschreibung, die wir heute haben.

Die römischen Ziffern aber wurden durch die arabischen abgelöst.

Zur Verwendung:

Behörden müssen die neue Rechtschreibung verwenden, für diese ist sie verbindlich. Für die anderen gilt sie als Muster, als Bezugssystem.

Als Künstler kann ich schreiben, wie ich möchte. Sicherlich wird aber kein Verlag etwas drucken, was zu stark von den Gepflogenheiten abweicht.

Wenn ich etwas klein schreibe, signalisiere ich keine Beleidigung, wie manche glauben, sondern erzeuge ein bestimmtes Schriftbild und einige Mehrdeutigkeiten.

Im Internet dagegen hat sich die Gepflogenheit herausgebildet, Großschreibung als "Schreien" anzusehen.
 
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Ruth-Marion Flemming

Gast
Hallo Bernd,

ob Groß- oder Kleinschreibung, mit oder ohne Satzzeichen, gesperrt oder kursiv bzw. ein Mischmasch aus all dem – die „künstlerische Freiheit“ sollte dann (freiwillig) aufhören, wenn die Sache nicht mehr, nur schwer oder lediglich unter Inkaufnahme vieler „Mißdeutungen“ lesbar wird (von Wortspielereien a la Ernst Jandl mal abgesehen). Denn dann beginnt sie sich selbst in Frage zu stellen! Gut erholt?

Mit nächtlichem Gruß
Ruth
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Liebe Ruth,

genau so meine ich es auch, wie Du es schreibst, die Schreibweisen sollten eine Funktion haben, besonders, wenn sie vom Standard abweichen.

Mit Beleidigung allerdings, wie es mact auffaßte (in einem der Beiträge, die ich gelesen habe), hat die Schreibung nichts zu tun.

--- Bei der ganzen Betrachtung sind übrigens Tippfehler ausgenommen. ---

Gut erholt - ja - und noch bis morgen (Freitag) habe ich weiter Urlaub.
 
W

willow

Gast
Hallo Bernd,
Hallo Ruth,

erst einmal viele Dank für die Informationen zu unserer Schrift, das war mir neu und ich habe es mit Begeisterung gelesen.

Wird eine Geschichte erzählt, so sollte für mich die Geschichte ausschlaggebend sein, nicht die Art und Weise, wie sie formal geschrieben wurde, das zieht meine Aufmerksamkeit weg von der eigentlichen Aussage hin zu dem Ärgernis, sich an die Kleinschreibung gewöhnen zu müssen.

Bis auf die bereits von dir angesprochene interessante Erzeugung von Doppeldeutigkeiten, die allerdings dann in einem Text auch geplant werden muss, ist meiner Meinung nach eine konstante Kleinschreibung oft der etwas missglückte Versuch mancher Schreibenden aufzufallen (jeder von uns ein kleiner e.e.cummings?).

Bei künstlerischen Texten (wie zum Beispiel den Texten von Seetyca) hat m.E. die Schreibweise eine eigene Aussagekraft. Die etwas schwerere Leseweise nimmt man dann zugunsten dieser "Stimmung" in Kauf.

Rechtschreibfehler sind für mich unverzeihlich. Wenn ich die Sprache nicht kenne, wie will ich sie dann positiv einsetzen? Zudem gibt es Rechtschreibeprogramme, die die Arbeit übernehmen, wenn man nicht sicher ist (daher hätte ich auch gerne eines hier ;)).
Die Missachtung der neuen Rechtschreibung scheint mir nicht Ausdruck von Individualität, vielmehr von Faulheit, sich diese neuen (und wie ich meine auch logisch verbesserten) Regeln einmal klar zu machen. Über die Schreibweise vor der letzten Änderung würden wir heute ja auch nur noch lächeln (Bsp.: "Türe abschliehßen").

Es ist schon wie du sagtest, eine Frage der Funktionalität der Schreibweise,



LG,


willow
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Rechtschreibfehler

Lieber Willow,

danke für Deinen Beitrag. Es gibt viel Literatur über die Entwicklung der Schriften und es ist recht interessant und ein weites Feld.

Es tut mir leid, auch ich mache Rechtschreibfehler, obwohl ich die richtige Schreibweise in den meisten Fällen kenne, einschließlich der neuen Rechtschreibung. In Zweifelsfällen habe ich mich auch schon mal an das Institut für Deutsche Sprache gewandt.

Leider arbeitet mein Gehirn oft so, dass ich auf dem Bildschirm sehe, was ich sehen will, nicht das, was gerade dort steht.

Beispiele für Antworten:

(es sind Zusammenfassungen, keine Zitate)

Tollpatsch wird wie "toll"+"patsch" geschrieben, weil das Volk glaubt, da es von "toll" und "patsch" kommt. Daß das nicht der Wahrheit entspricht, ist irrelevant. Man nennt das auch "Volksethymologie".

Sciencefiction und Science-Fiction sind in deutscher Schreibweise richtig, nicht jedes richtige Wort ist in den Wortlisten enthalten. Die Regeln gelten ebenso, entsprechend der Regeln kann man selbst neue Wörter bilden.

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Zusätzlich sind auch die englischen Schreibweisen richtig, wenn es dem Kontext entspricht.

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Was die Rechtschreibung selbst betrifft:

Die neue Rechtschreibung ist tatsächlich nur für Behörden verbindlich, natürlich auch für entsprechend von Behörden Abhängige, wie Lehrer, Schüler, Studenten.

Zeitungsverlage und Zeitschriftenverlage verwenden ihre eigenen Regeln, die von der neuen Norm abweichen. Sie dürfen das, denn die Rechtschreibung ist kein Gesetz, sondern ein Muster.

Ich selbst muß mich an die Regeln meines Betriebes halten für Dokumente, die ich für den Betrieb schreibe.

Entsprechend gilt das auch für Übersetzer.
Freilich können sie entsprechend der alten Rechtschreibung übersetzen, abliefern müssen sie entsprechend der regeln des Verlages, die von den in der Rechtschreibreform festgelegten Regeln abweichen.

Eine Regel der Leselupe besteht darin, daß Rechtschreibfehler stehenbleiben müssen, wenn man sie nicht innerhalb von 15 Minuten korrigiert hat. Die Ausnahme ist, daß man im ersten Beitrag noch korrigieren kann.

Eine zweite Regel der Leselupe besteht darin, daß jeder schreiben kann, wie es ihm beliebt. (Das bezieht sich auf Rechtschreibung, nicht auf Inhalt.)

Eine dritte Regel wandelt bestimmte Zeichenkombinationen in Smileys um.

Viele Grüße von Bernd,

fühle Dich bitte nicht von Tippfehlern gestört.
 

ex-mact

Mitglied
Moin, Bernd,

nur zur Klarstellung: ich schrieb und meinte nie, daß Kleinschreibung oder extreme Falsch-Schreibung (wie sie manche hier absichtlich betreiben, Beispiel auf Anfrage) eine Beleidigung seien. Ich meinte und schrieb vielmehr, daß das Ignorieren der Emotionen und Probleme des Rezipienten solch arrogante Formen annehmen können, daß eben dieses Ignorieren beleidigende Züge annehmen kann.

Ich bitte den Unterschied zu berücksichtigen. Im Übrigen stimme ich Deinen Betrachtungen natürlich zu. Man könnte weiter anführen, daß z.B. die neue deutsche Schreibschrift, wie sie jetzt an den Schulen gelehrt wird (und die stark von der von mir z.B. noch gelernten abweicht) genau wie die anderen Schrifttypen vorgibt, Rücksicht auf ergonomische und lesefreundliche Gründe zu nehmen.
 
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Ruth-Marion Flemming

Gast
Hallo willow,

das Problem ist jedoch, daß sich „Doppeldeutigkeit“ oder gar „Mehrdeutigkeit“ nicht einplanen läßt. Denn wer was wie versteht, weiß man im allgemeinen erst dann, wenn es schon „passiert“ ist. Damit ist wieder das weite Gebiet der Mißverständnisse angesprochen.

Mit Gruß
Ruth
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Liebe Ruth,

Mißverständnisse müssen in technischen Dokumentationen weitgehend ausgeschaltet werden.

Da ist es schon wichtig, ob es Mg oder mg heißt.

In der Lyrik jedoch ist das, denke ich, von eher untergeordneter Bedeutung, mg und Mg kommen praktisch nicht vor, ob ich mißverständnis oder Mißverständnis schreibe ist meist irrelevant --- abhängig vom Gedicht.

Dagegen ist es ein unterschied, ob ich Miß Verständnis schreibe --- so ein kleiner Unterschied im Schriftbild.

Das Gedicht sollte natürlich, wie ein Fraktal, in sich konsistent, selbstähnlich sein.

Viele liebe Grüße

Bernd
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Lieber mact,

im Falle, daß ich über das Ziel hinausgeschossen bin, ist es auch in diesem Falle kein Resultat der Schreibweise - das Mißverständnis.

Es ist eher ein resultat der räumlichen, zeitlichen und emotionalen Trennung im Netz - die im gegensatz zum Gespräch das Wachsen von Mißverständnissen ermöglicht.

Also bitte ich um Verzeihung für gegebenenfalls als Angriff empfundene Beiträge.

Die Diskussion kann viel klären.

Grüße von Bernd

PS:
Die Schriftform hängt auch viel von Vorlieben und Schreibgeräten ab.

Ich schreibe fast nur noch mit Füller mit breitfeder.
Seltener mit Pinsel.
Selten mit Spitzfeder.
Mit Kuli nur, wenn ich muß.

Die Buchstaben aber ändern sich dabei.
 
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Ruth-Marion Flemming

Gast
Hallo Bernd, zur Zeit Zwischenurlauber,

Mißverständnisse in der nüchternen Sprache von technischen Dokumentationen meine ich eigentlich nicht. Obwohl auch hier noch genügend Ungereimtheiten vorkommen. Natürlich macht es einen (gewaltigen) Unterschied, ob ich mg oder Mg (oder MG) schreibe. Allerdings würde ich dies nicht als Mißverständnis, sondern schlicht und ergreifend als Fehler bezeichnen. Denn eines von beiden ist eindeutig falsch. Selbst wenn das beim Sprechen (bzw. Hören) im Gegensatz zum Lesen vergleichsweise vielleicht gar nicht so deutlich zu werden braucht. Wie oft wird hier zum Beispiel auch von Kalorien gesprochen, obwohl Kilokalorien gemeint sind!Da kann dann ein Fehler zu einem Mißverständnis führen!

Mißverständnisse in der Lyrik zum Beispiel können allein schon durch fehlende (oder falsche) Interpunktion vorkommen (auch die ist Teil der Sprache). Und selbst bei richtiger Zeichensetzung abhängig vom Satzbau, von der Betonung oder von dem Bild, das ich vor mir sehe. Nicht zu vergessen die oft unterschiedliche Bedeutung von Wörtern. Und was Dein Beispiel „Miß Verständnis“ angeht, so würde ich es lieber durch „Miß Wirtschaft“ ersetzt sehen. Schließlich: Ob ich von Stielrichtung oder Stilrichtung spreche, so ist das halt schon ein „kleiner“ Unterschied (Rechtschreibung!). Daneben kann ein wahlloses Mischmasch von Groß- und Kleinschreibung bzw. Format zur Verunsicherung beim Leser führen.

Mit liebem Gruß und gutem Urlaub 2. Teil
Ruth
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Daneben kann ein wahlloses Mischmasch von Groß- und Kleinschreibung bzw. Format zur Verunsicherung beim Leser führen.
Liebe Ruth-Marion,

dem stimme ich zu. Aber es ging eben nicht um "wahlloses Mischmasch", sondern um genau gewählte Formen.

Schreibweisen ändern sich. Offizielle Schreibweisen sind eher konservativ (außer in Revolutionszeiten).

Die Schreiber bestimmen die Zukunft der Sprache.

Wie ich feststellen mußte, machene-mails oft nicht mal Umlaute und "ß" mit.

So mußte ich die Buchstaben ersetzen.

Was die E-Mailsysteme alles daraus machten: nicht etwa etwas einheitliches, sondern viele verschiedene Formen ...

Jetzt kann man Umlaute schreiben, aber nicht alle können sie lesen.

Bei der Zeichensetzung:

Zunächst gab es keine Wortzwischenräume und keine Satzzeichen, (dafür eine Art Wortzeichen)
Die Zwischenräume bildeten sich heraus, auch Satzzeichen.
Eines davon wart ein kurzer Schrägstrich, der verschwand bzw. mutierte zum Komma, es gibt noch den langen Schrägstrich, den gedankenstrich und viele andere mehr. Neuerdings Smileys.

Und weiterhin gibt es Rechtschreibfehler.

Randbemerkung: Ich habe das Recht auf Rechtschreibfehler. Das zeigt sich schon daran, daß es Zensuren dafür gibt, jedoch keine Strafen.

Und daran, daß ich sie in der Leselupe nur 15 Minuten lang beseitigen kann, dann sind sie permanent.

Ja. Und so weiter.

Viele liebe grüße von bernd
 

ex-mact

Mitglied
Moin, Bernd,

ich stimme Dir emotional weitgehend zu - einige Formulierungen finde ich aber noch immer unglücklich gewählt:

> Randbemerkung: Ich habe das Recht auf Rechtschreibfehler.
> Das zeigt sich schon daran, daß es Zensuren dafür gibt,
> jedoch keine Strafen.

Eine Zensur findet nicht statt. Du meinst vermutlich die Benotungen in der Schule, die weder pädagogisch sinnvoll noch in irgendeiner Form aussagekräftig über die Inhalte oder Formen der jeweiligen Werke sind. Mit Noten in der Schule werden LERNERFOLGE bewertet. Nicht mehr, nicht weniger.

Das Recht des Einzelnen endet immer dort, wo Rechte eines Anderen beschnitten werden. Und wie versucht wurde klarzustellen handelt es sich bei MASSIVEN Rechtschreibfehlern, die vom Autor WISSENTLICH und WILLENTLICH gesetzt wurden, unter Umständen um eine unnötige Belastung der Leser - das Argument, der Leser müsse die Texte ja nicht lesen, zieht nicht, denn der Sinn des Einstellens von Texten in die Leselupe ist das Gelesenwerden. Wenn der Autor den Leser also absichtlich missachtet oder den (sinnvollen) Gepflogenheiten des "Normal-Lesers" zuwiderläuft, indem er agressiv falsche Schreibweisen verwendet, so KANN dies eine Beschneidung des Rechts des Lesers auf Lesen-Können darstellen. Dies ist extrem formuliert und soll nur als "Richtungsweisung" für meinen Standpunkt dienen, nicht als alleingültige Aussage.

> Und daran, daß ich sie in der Leselupe nur 15 Minuten lang
> beseitigen kann, dann sind sie permanent.

Das Ausgangswerk kann immer korrigiert werden. Rechtschreibfehler in einem Kommentar halt ich für erheblich weniger "schlimm" als solche (massiven) im eigentlichen Werk.

Man kann im Übrigen auch durchaus den Kommantar VOR dem Absenden auf Fehler überprüfen - sowohl im Eingabefeld als auch in der Vorschau. Die Entschuldigung, daß das Edit/Delete-Sperren in der Leselupe Rechtschreibfehler nun begünstige, zieht mithin nicht.

Zurück zum Thema: Groß/Kleinschreibung ist in Deutschland üblich. Sie wird in den Schulen auch heute noch den Kindern beigebracht. Ich halte also das Befolgen der landesüblichen Schreibweise für sinnvoller als das gewollt-künstlerische "Extrem-Kleinschreiben", solange nicht ein nachvollziehbarer ideologischer, künstlerischer oder sonstwie als "wertvoll" anzusehender Gedanke dahinter steht. Das absichtliche permanente Falschschreiben halte ich nach wie vor für eine Missachtung der Interessen des Lesers.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo, mact,

ich habe tatsächlich Zensuren geschrieben, nicht Zensur.
Zensuren sind Schulnoten, Zensur ist die Eigenschaft des Verbots bzw. eine Behörde dazu, Hast Du ja auch so geschrieben. Da es aber von der "Zensur" keinen Plural gibt, ebensowenig wie von der "Materie" (außer einem rein formal gebildeten) ist es doch eindeutig. (Insgesamt leicht ironisch --- ironisch: kommt das von dem Eisen, daß sich die Schauspieler vors Gesicht hielten in der Antike? ---)

Rechtschreibfehler mit Absicht gesetzt --- sind im eigentlichen Sinn keine Fehler, sondern Stilmittel. Rechtschreibfehler als solche sind gerade dadurch definiert, daß sie nicht mit Absicht, sondern aus Unwissenheit oder aus Versehen gesetzt wurden.

Bei Lyrik hat Kleinschreibung eine besondere Funktion.

Mit Absicht gesetzte Fehler haben auch eine Funktion.

Beispiel: Peter schrieb in der Schule: "Ich bün kluhg."

Ich neige seit einiger Zeit --- spätestens seit der Rächtschreibreform (kommt von Rache) -- nicht mehr dazu, die Rechtschreibung überzubewerten, in Lyrik aber schon.

Die Leselupe auch nicht.

Formal sehe ich nicht den Grund der Rechtschreibung im Sperren von Änderungsmöglichkeiten. Formal sehe ich auch nur einen wesentlichen Unterschied vom Ersten Beitrag zu den folgenden: Es ist der Erste.

Viele Grüße von Bernd
 

ex-mact

Mitglied
Moin, Bernd,

ich stimme Dir zu :)

Allerdings glaube ich, daß unsere Meinungen gut nebeneinader bestehen können. Ich halte absichtliche Falschschreibung für potentiell sinnvoll, es obliegt aber (IMHO) dem Leser, den Sinn für gut oder nicht gut zu halten.

Einzig das "Formale" des ersten Beitrags ist so nicht richtig: in der Leselupe ist der erste Beitrag "das Werk" (der zu besprechende Text), die weiteren sind formal Kommentare. Wenn im Einzelfall der Gesamtthread "ein Werk" darstellt, stellt das nicht die "formale Regel" in Frage :)

Marc
 
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Ruth-Marion Flemming

Gast
Hallo Bernd,

auch ein in den Augen von Außenstehenden „wahlloses Mischmasch von Groß- und Kleinschreibung“ (sozusagen ein gezieltes Chaos) könnte durchaus eine vom Autor genau gewählte Form sein. Vielleicht will er damit erschrecken, provozieren, Aufmerksamkeit erregen oder was weiß ich! Nur, wie soll das der arme Leser erkennen? Kann er das überhaupt? Wer macht sich die Mühe, darüber groß nachzudenken (das gilt natürlich für ähnliche Stilmittel ebenso)? Bei den allermeisten wird wohl ein negatives Empfinden vorrangig sein. Vor allem, da im Regelfall die jeweils „genau gewählte Form“ nicht durchgängig, sondern von Text zu Text unterschiedlich sein dürfte.

Weiter sagst Du, Du hättest ein Recht auf Rechtschreibfehler! Das mag ja in der „Kunst“ durchaus sein. Hier kannst Du auch statt eines „B“ ein Osterei malen, wenn es Dir besser gefällt. Es kommt aber (bei Rechtschreibfehlern) doch gar nicht darauf an, was Du (ich betone Du) darfst oder nicht, sondern wie es aufgenommen bzw. aufgefaßt wird, sofern Du nicht bewußt für die Schublade schreibst (oder Du es Dir leisten kannst, weil schon Nobelpreisträger). Außerdem liegt der Schluß von einem vor Rechtschreibfehlern strotzenden Gedicht auf die Rechtschreibkenntnisse des Autors im allgemeinen sehr nahe. Und das berechtigt! Die Sache kommt mir so vor wie die berühmte Grabtafelinschrift: Er hatte Vorfahrt! Wer auf dem Sozialamt auf seinem Recht besteht, der hat wenigstens eine gute Chance, etwas zu bekommen. Aber …! Wie gesagt, die Rede ist hier von Rechtschreibfehlern.

Mit nachdenklichem Gruß
Ruth
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Liebe Ruth,

ich bin nicht unfehlbar, versuche natürlich, Rechtschreibfehler zu vermeiden, das aber geht nicht immer.
Rechtschreibfehler werden natürlich schlecht aufgenommen, und ich will natürlich keine machen, und ich möchte sie gern korrigieren.
Leider sind da einige Hinderungsgründe:
1. Ich muß sie finden.
2. Ich muß in der Lage sein, sie korrigieren zu können.
3. Ich muß das in der gegebenen Situation auch wollen. Manchmal gibt es Wichtigeres.

Provokationen gehören nicht zur Kategorie der Rechtschreibfehler, denke ich, sondern zum Stil.

Ich würde Leute bewundern, die keine Fehler machen. Allerdings kenne ich keine.

Die Groß- und Kleinschreibung sehe ich als wichtig an, sonst hätte ich nicht darüber geschrieben.

Wenn ich in einem Gedicht alles klein schreibe, dann nur, weil ich es für dieses als angemessen betrachte.

Anderen das Lesen einfach machen, das tue ich als Fachautor, ich versuche es wenigstens. Als Lyriker schreibe ich aber Kunstwerke. Für die gelten andere Kriterien.

Die Schreibung ändert sich.

Noch vor kurzer Zeit wurden Versanfänge in Gedichten groß geschrieben. - Keine frage der Rechtschreibung.

Viele liebe grüße von Bernd, dem Druckfehlerteufelgeplagten.
 
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Ruth-Marion Flemming

Gast
Hallo Bernd,

nur noch ein Beispiel für einen in den Augen Außenstehender sicherlich „wahllosen Mischmasch von Groß- und Kleinschreibung“, jedoch in gezielter Form – ein von mir stammender Spruch. Man könnte natürlich Groß- und Kleinbuchstaben nach Belieben tauschen, ohne den Sinn zu verändern. Gleichermaßen könnte man aber auch sagen, so und nur so möchte ich es haben, darf es sein:

mAnchmAl sInd Es kEInE
vErwUchsEltEN
bEchstAbEn
wEnn mAn nIcht verstEht
wAs gEmEInt ist
sOndErn dIE sAchE
IsT wIrklich sO UnsInnIg


Auf gut Deutsch:

Manchmal sind es keine verwuchselten Bechstaben,
wenn man nicht versteht, was gemeint ist –
sondern die Sache ist wirklich so unsinnig.

Mit „normalschreibigem“ Gruß
Ruth
 



 
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