Hanami (gelöscht)

L

label

Gast
presque_rien

dein Werk hat mich am Haken.

Bin völlig fasziniert und werde wahrscheinlich einige Zeit brauchen, bis ich mich durch alle Schichten durchgepuzzelt habe.

was ist hanami? klingt igendwie japanisch

Kennst du das Kinderbuch Wunschpunsch?

da gibt es einen lügenialkohöllischen Wunschpunsch.

dieses ultraverdichte Wort ist wie dein Sonett.


begeistert
label
 

presque_rien

Mitglied
Hi label,

waaah, ich danke dir so, soooo sehr :):)! Ich hatte Angst, dass bei diesem Gedicht als erstes die Kritik kommen würde, dass es viel zu "verkopft" ist. Ist es irgendwo auch. Aber ich bin so froh, dass noch jemand außer mir Spaß an den verschiedenen Schichten hat :). Ich lese mich gerade durch die Shakespeare-Sonette, und bin fasziniert davon, wie viele Querverbindungen und "Bildklammern" es da intra- und intersonettisch gibt! Also, nicht, dass ich mich mit Shakespeare vergleichen würde ;) - zumal ich eh die Petrarca-Sonettform bevorzuge - aber ich liebe Vieldeutigkeiten, Wortfelder und Klangmuster in Gedichten.

Den "Wunschpunsch" kenne ich leider nicht (bin in Russland groß geworden und habe daher die deutschen Kinderbücher verpasst :(), aber den lügenialkohöllischen Wunschpunsch finde ich (lü)genial :D.

"Hanami" ist das japanische Kirschblütenfest: Es ist zugleich eine Feier des Frühlings und der Vergänglichkeit, da die japanische Kirsche keine (essbaren) Früchte trägt und praktisch in ihrer schönsten Blüte (die nur einige Tage dauert) stirbt.

Lg (und nochmals Danke),
presque
 
B

bluefin

Gast
ein bisschen "verkopft" ist es schon, find ich - einfach durchlesen kann man's nicht. und wenn man mit "hanami" nichts anfangen kann, wird's gar nichts.

in
du schüttelst tausend Schuppen die gefallen
dir du hältst sie an deinen Augen fest
Hanami sagst du tu mir den Gefallen
fehlt in der mittleren zeile eine silbe und man fliegt aus dem rhythmus.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
also

ich finde es super. gleich die erste zeile hat mich in das gedicht hineingezogen, das passiert selten.
es bekommt einen ehrenplatz in meiner sammlung.


bluefin, du musst hinter "dir" den punkt wirken lassen, dann stimmt der rhythmus wieder.
lg
 
S

Spaetschreiber

Gast
Liebe Julia

Tut mir leid, ich kann es quer, hoch und runter lesen. Ich komme nicht rein.
Das Bild „Kirschblütenfest“ * will nicht in mir auftauchen. Bin ich ein sehr einfaches Gemüt?
Natürlich bin ich das!
Für mich und nur für mich, fließt hier nichts. Mein Gefühl sagt mir, dass diese Worte in Eile aneinander gereiht wurden. Die Gedanken ganz woanders waren, vielleicht in einem Zug, denn „schütteln“ taucht gleich mehrfach auf. (Ich musste sofort an Helge Schneiders „Schüttel dein Haar für mich“ denken)
Warum denn das Julia? Wozu der Apfel? War hier nicht vom „Kirschblütenfest“* die Rede?
Warum trägt das Stück denn nicht diesen - so wundervollen Titel?

*In „Kirschblütenfest“ steckt doch soviel bemalenswertes drin. Die Kirsche selbst, als Wort und fruchtiges Gebilde in Herzform, die – wenn noch an den Stengeln – so schön an Ohren baumeln kann. Die Blüte und der hellrote Regen wenn ein Wind durchs Geäst zieht. Das Fest nicht zu vergessen, das Feiern, die Ausgelassenheit der Genuss der aufkommenden Jahrswärme.

Das wären meine Bilder gewesen, aber ich sagte es ja schon, bin eben ein einfaches Gemüt.
Um es nocheinmal klar zu sagen: So wie es ist, erreicht es mich nicht und gefällt mir auch nicht. Schade.
LG
Tom
 
H

Heidrun D.

Gast
Mir geht es genauso Tom.

Das Sonett wirkt sehr kunstvoll auf mich - das einmal vorab - und originell in seiner Umsetzung.

Sah ich aber bei deinem letzten Gedicht, liebe Julia, noch die Schützen feurig traben, sehe ich hier - nichts. Der Text strahlt eine eigenartige Kühle auf mich ab, die sich so gar nicht an das Thema schmiegt.

Insofern finde ich den Text nicht gelungen.

Herzliche Grüße
Heidrun
 
L

label

Gast
Liebe presque_rien
Lieber Tom Spätschreiber

du rüttelst
ich stammel was von Stamm doch wie ich klinge
ist Stumpf kein Apfel fällt der Wurm war drin

das wurmt dich und du schüttelst doch
bis hierher ist für mich einer der Inhalte:

der Protagonist sieht im Lyrich etwas bestimmtes, nützliches für ihn (Apfelbaum)
Lyrich sagt: das bin ich nicht, ich bin anders (Stamm - Herkunft) in deiner Erwartung ist der Wurm drin


du schüttelst tausend Schuppen die gefallen
dir du hältst sie an deinen Augen fest
Hanami sagst du tu mir den Gefallen
der Protagonist schüttelt weiter nach Äpfeln aber es fallen Kirschblüten eines nicht Frucht tragendes Baumes (Hanami)
der Protagonist könnte längst sehen was das Lyrich ist, behält aber die Schuppen(Kirschblüten) vor den Augen und bittet das Lyrich doch endlich zu fruchten

doch fruchtlos denn ich bin kein weißes Fest
ich weiß nur fest ein Netz nur wird mein Nest
ich bin ein Dummfisch und erliege Fallen

Lyrich sagt: das ist fruchtlos (weißes Fest=Apfelblüte)
ich weiß ich habe mich in deinem Netz fest verfangen
dort mache ich meine heimat,


soweit kann ich im Moment sehen, aber da ist noch mehr fürchte ich ;)

mir ergeht es offenbar anders als dir lieber Spätschreiber,
wenn ich einen Inhalt nicht sofort zur Gänze erfassen kann,
will ich erst das ganze Bild haben, bevor ich mir eine Meinung bilde, ob es mir nun gefällt.
Natürlich kann es sein dass, ich entmutigt aufgebe, oder das Sujet mich nicht anspricht.
Das ist hier anders.

immer noch begeistert
label
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Julia,

so ein trauriger Text. Da wird ja alles verneint, was vom Lyrdu angefordert wird. Der Baum reift nicht, er wächst nicht, er feiert nicht das Blütenfest, er hat keine Früchte.

"Ein Netz nur wird mein Nest". Das Lyri befürchtet, sich selbst ins Netz zu gehen, sich selbst ein Bein gestellt zu haben.

Anscheinend existiert das Blütenfest nur für das Lyrdu, das seine Erwartungen ganz selbstverständlich auf das Lyri überträgt.

Ich hatte keinerlei Schwierigkeiten mit diesem Text. Ich glaube aber eine Interpunktion, die ich mir beim Lesen hinzugedacht habe, wäre hilfreich, damit auch noch mehr Leser Deinen Text auf Anhieb verstehen.

Die Aussage ist klar. Ob auch Du sie so gemeint hast, weiß ich natürlich nicht.

Das Sonett in seiner Vielschichtigkeit, das die gleichen Wörter leicht abgewandelt immer wieder benutzt, gefällt mir sehr gut.

Ich finde es in keinster Weise "verkopft". Ich sehe hier eher eine große Mühe, Empfindungen, die zentnerschwer sind, so kühl wie möglich zu transportieren.

Es freut mich, dass Du wieder mit Sprache "spielst". Es ist mir eine Lust, Dich zu lesen.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
S

sanna

Gast
ein

großartiges Sonett.
nein, Interpunktion wäre eher hinderlich, weil manches "Satzende" gleichzeitig ein Satzanfang ist.
Ich hatte beim ersten Rütteln und Schütteln die Apfelbäume im Sinn, die bei Frau Holle gern geschüttelt werden wollen, das Haar wird bei Rapunzel geschüttelt. Und allgemein stellt die Wiederholung so eine Art Stabreim dar, der das Ganze fester bindet.
Stumpf ist hier kein Adjektiv, sondern ein Baumstumpf, was noch einen weiteren Aspekt öffnet.
Also für mich als Märchenfreundin - ganz große Klasse!
lg
 

Vera-Lena

Mitglied
Ja, Du hast Recht Sanna,

manche Santzenden sind auch wieder Satzanfänge insofern nehme ich meinen Vorschlag zur Interpunktion zurück. Ich hatte nur gehofft, dass man dem Leser das Verständnis erleichtern könnte, aber dem ist wirklich nicht so.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
L

label

Gast
liebe presque_rien

jetzt denke ich die Vielschichtigkeit durchdrungen zu haben.
Meine Begeisterung hat sich kein Jota gelegt und mein spontaner intuitiver Ersteindruck hat wahrhaftig das lügenialkohöllische bestätigt, und mehr.

Wenn du mir Hanami nicht erklärt hättest, wäre es für mich ungleich schwerer gewesen, die Bedeutungen zu erfassen, darin hat Blauflosse recht.

darum der Vorschlag (jap. Kirschblütenfest) hinter den Titel zu schreiben

Denn ohne diese Information erschließt sich ganz vieles nicht.

Dieses Werk gehört für mich zweifellos zum Besten was ich in der Leselupe gelesen habe.

label
 

seelenstimme

Mitglied
Hallo presque_rien!

Dein Gedicht ist wahrlich keine leichte Kost, aber mir gefällt es.
Es ist keines von den Gedichten, die man überfliegen kann und sie versteht. Man merkt, dass jede Zeile gut durchdacht ist!

Liebe Grüße
Anna
 

presque_rien

Mitglied
Wow, ich bin überwältigt von den Kommentaren und Bewertungen - danke!!!

*****

@ Papyrus

Schön, dass dir die Klangfarbe gefällt - das ist für mich einer der zentralen Aspekte von Gedichten.

@ bluefin

Du hast Recht, Vers 10 fällt rhytmisch aus dem Rahmen. Ich habe an dieser Stelle verschiedene Varianten ausprobiert, auch glatte, und musste feststellen, dass mir die aktuelle Variante einfach am besten gefällt. Ich kann es nicht rational begründen.

@ flammarion

:)

@ Tom

Ich kann deine Kritik sehr gut nachvollziehen und du hast Recht, dass dieses Gedicht relativ schnell geschrieben wurde und die Wörter aneinandergereiht wirken. Ich wollte aber gerade weniger einen kohärenten Inhalt aufschreiben als eine Stimmung und einen Rahmen für Assoziationen, so dass die Worte lose genug sein müssen. Es soll auch kein Bild eines Kirschblütenfestes entstehen, denn einem solchen verweigert sich das Lyri ja gerade ;)...

Schade, dass dich das Gedicht nicht erreicht... Ich habe oft die Erfahrung gemacht, dass ich bei konstruierten Gedichten wie diesem sehr gespaltene Kritik bekomme... Aber ich schreibe ja auch sehr gerne "flüssigere" Sachen, eigentlich am liebsten, nur klappt es bei mir mit dem Fließen in letzter Zeit nicht..

Was mich zum Vorschlag bringt: Schreib doch ein Gegengedicht! Deine Kirschblütenbilder machen Lust auf mehr :)!

@ Heidrun

Schade, dass du nichts in dem Text siehst... Aber ich kann versichern, dass er nicht so kühl verfasst wurde, wie er klingt. Es ist so wie Vera-Lena sagt: Je realer und schwerer die Empfindung, desto mehr habe ich das Bedürfnis, in genau die umgekehrte Richtung zu dichten und dann kommt sowas konstruiert-verschnörkeltes und kühles heraus. Wahrscheinlich habe ich in solcher Stimmung zu viel Angst, in Kitsch abzugleiten, sodass ich die Emotion lieber komplett aus dem Gedicht banne, das ist natürlich auch nicht ideal. Aber ich freu mich, dass dir andere Gedichte von mir gefallen :)!

@ label

Ich bin sprachlos - du hast das Gedicht so gut erklärt wie ich selbst es gar nicht könnte! Ich freue mich wahsinnig, dass es dich bei genauerem Hinsehen nicht enttäuscht hat, und es für dich ein Gesamtbild ergibt! Vielen, vielen Dank für so großes Lob!

@ Vera-Lena

Es tut so gut, dass du mich verstehst... Menschen, die mich durch meine Gedichte kennen, kennen mich am Besten von allen, und ich bin sehr, sehr dankbar dafür! Ja, die Wortspielereien machen mir echt Spaß, und nehmen dem Ganzen etwas von der Schwere. ;)

@ sanna

Wow, an Märchen habe ich gar nicht gedacht, aber es freut mich sehr, dass dich der Text zu deinem eigenen kohären Assoziationsschema inspiriert! Genau das wollte ich erreichen! *vorfreudeindiehändeklatsch*

@ seelenstimme

Danke!!

*****

Den Titel des Gedichts werde ich um "Kirschblütenfest" erweitern - ihr habt Recht, so macht's mehr Sinn.

Liebe Sonntagsgrüße an alle :),
Julia
 
S

Spaetschreiber

Gast
Für Julia, hier meine Strafarbeit!
(aber nur ne kleene, der Gerechtigkeit wegen :) )

Kirschblüte

Sind kreuzgewebt die Bilder - weiß zu rot es regnet Blüten
Wird sein ein praller Herzensmund - zu bald in nahen Tagen
Mir weißt der Wind den Weg - ich irre hier im KirschenJagen
Trink mich an Morgenstunden satt - ach wie die Bienen wüten


LG
Tom

(also ich hör's summen, du auch?) :)
 

MarenS

Mitglied
Keine leichte Kost. Da hat das Hirn wilde Wogen des Gemüts in sehr interessanter Weise verarbeitet. Ein "LiesmichöfterGedicht".
Alles weitere hat Vera Lena schon geschrieben.

Grüße von Maren
 



 
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