Gerd Geiser
Mitglied
Wenn wir uns darauf einigen können, dass der Weg das Ziel ist, dann stellen wir fest: Es gibt Mitmenschen, die schießen über den Weg hinaus. Hans-Werner Herzensgut war so ein Fall. Angefangen hatte alles damit, dass er nichts mehr essen wollte, was Augen hat. Den Einwand, dass eine Wurst noch nie jemanden angesehen habe, ließ er nicht gelten. Er konvertierte zu den Vegetariern und entwickelte bald einen heiligen Zorn auf all die eingefleischten Ignoranten, die glaubten ihm sagen zu müssen, er sei ja nur zu blöd zum Jagen.
Tierfreund Herzensgut lebte in einer Altbau-Mietwohnung im 3. Obergeschoss. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hatte sich sein Dackel an die Nahrungsumstellung gewöhnt. Hansi, der handzahme Wellensittich, durfte seine Essgewohnheiten beibehalten. Die kleine Dreier-WG rückte zusammen, als Herzensgut anfing, sich als Gärtner zu betätigen. Er widmete sich der Aufzucht von Karnivoren, Fleisch fressenden Pflanzen, und die Indoor-Plantage nahm bald den größten Teil seiner 3-Zimmer-Wohnung ein.
Herzensgut hatte eine Vision. In absehbarer Zeit würde er die Pflanzen vor Ladenschluss unauffällig in den Fleischfächern und Wurstregalen der Supermärkte platzieren und damit den Fleischfressern ihre Nahrung entziehen, die Nahrungskette ein für allemal unterbrechen und einen unverzichtbaren Beitrag zum Erhalt des Planeten leisten. Auch die Auswilderung auf den Balkon seines Nachbarn und ein Aussetzen in unmittelbare Nähe von öffentlichen Grillplätzen schwebten ihm vor. Zunächst aber galt es, seine Pflanzen, die bisher nur an den Verzehr von Insekten gewöhnt waren, an Hühnchen, Rind- und Schweinefleisch heran zuführen. Sie bissen an. Geschnetzeltem, Gulasch und Hackbällchen folgten bald Schnitzel und ganze Schmorbraten. Auch die meisten Wurstsorten stellten kein Problem dar. Zu trinken gab´s ausschließlich Orangensaft mit Fruchtfleisch. Das ging ins Geld, aber die Sache war es wert.
Als Hansi eines Morgens nicht mehr da war sagte er sich noch, der Wellensittich müsse wohl in der Nacht aufs Fensterbrett geflogen und anschließend runter gefallen sein. Und die Katze von gegenüber hätte ihn dann vorm Haus verspeist. Das war freitags und als sich am Montag darauf auch sein Dackel nicht mehr auffinden ließ, kam er ins Grübeln. Am Mittwoch klingelte es an seiner Tür. Eine Dame von der örtlichen Tafel zeigte sich besorgt darüber, dass Frau Bernstein aus dem 2. Stock am gestrigen Tag nicht zur Warenausgabe erschienen war. Auf Klopfen würde sie nicht reagieren und ob er sie vielleicht gesehen habe. - Hatte er nicht.
Dieses kurze Gespräch führte dazu, dass Herzensgut seinen Pflanzen eine radikale Fastenkur verordnete, Innen- und Außentüren seiner Wohnung streng verschlossen hielt und sich die Gewächse zwangsläufig wieder auf Mücken und Fliegen ausrichten mussten. Die Resozialisierung gelang und ihr endgültiges Zuhause fand die Plantage im Gewächshaus des botanischen Gartens.
Für Hans-Werner Herzensgut folgte eine Zeit des Insichgehens. Vegetarismus hatte ihn nicht überzeugen können. Eine vegane Ernährung, die auf jegliche Tierprodukte verzichtet, hatte auch ihre Tücken. Man konnte nie sicher sein, ob sich im Huhn nicht doch noch ein Ei verbirgt. Frutarier, die sich bekanntlich nur von dem ernähren, was von den Bäumen fällt, waren ihm ebenfalls suspekt. Schließlich fallen auch Hummeln, Katzen und kleine Kinder mitunter vom Baum. Nein, er würde sich auf Photosynthese umstellen und in Zukunft nur noch Sauerstoff ausatmen.
Tierfreund Herzensgut lebte in einer Altbau-Mietwohnung im 3. Obergeschoss. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hatte sich sein Dackel an die Nahrungsumstellung gewöhnt. Hansi, der handzahme Wellensittich, durfte seine Essgewohnheiten beibehalten. Die kleine Dreier-WG rückte zusammen, als Herzensgut anfing, sich als Gärtner zu betätigen. Er widmete sich der Aufzucht von Karnivoren, Fleisch fressenden Pflanzen, und die Indoor-Plantage nahm bald den größten Teil seiner 3-Zimmer-Wohnung ein.
Herzensgut hatte eine Vision. In absehbarer Zeit würde er die Pflanzen vor Ladenschluss unauffällig in den Fleischfächern und Wurstregalen der Supermärkte platzieren und damit den Fleischfressern ihre Nahrung entziehen, die Nahrungskette ein für allemal unterbrechen und einen unverzichtbaren Beitrag zum Erhalt des Planeten leisten. Auch die Auswilderung auf den Balkon seines Nachbarn und ein Aussetzen in unmittelbare Nähe von öffentlichen Grillplätzen schwebten ihm vor. Zunächst aber galt es, seine Pflanzen, die bisher nur an den Verzehr von Insekten gewöhnt waren, an Hühnchen, Rind- und Schweinefleisch heran zuführen. Sie bissen an. Geschnetzeltem, Gulasch und Hackbällchen folgten bald Schnitzel und ganze Schmorbraten. Auch die meisten Wurstsorten stellten kein Problem dar. Zu trinken gab´s ausschließlich Orangensaft mit Fruchtfleisch. Das ging ins Geld, aber die Sache war es wert.
Als Hansi eines Morgens nicht mehr da war sagte er sich noch, der Wellensittich müsse wohl in der Nacht aufs Fensterbrett geflogen und anschließend runter gefallen sein. Und die Katze von gegenüber hätte ihn dann vorm Haus verspeist. Das war freitags und als sich am Montag darauf auch sein Dackel nicht mehr auffinden ließ, kam er ins Grübeln. Am Mittwoch klingelte es an seiner Tür. Eine Dame von der örtlichen Tafel zeigte sich besorgt darüber, dass Frau Bernstein aus dem 2. Stock am gestrigen Tag nicht zur Warenausgabe erschienen war. Auf Klopfen würde sie nicht reagieren und ob er sie vielleicht gesehen habe. - Hatte er nicht.
Dieses kurze Gespräch führte dazu, dass Herzensgut seinen Pflanzen eine radikale Fastenkur verordnete, Innen- und Außentüren seiner Wohnung streng verschlossen hielt und sich die Gewächse zwangsläufig wieder auf Mücken und Fliegen ausrichten mussten. Die Resozialisierung gelang und ihr endgültiges Zuhause fand die Plantage im Gewächshaus des botanischen Gartens.
Für Hans-Werner Herzensgut folgte eine Zeit des Insichgehens. Vegetarismus hatte ihn nicht überzeugen können. Eine vegane Ernährung, die auf jegliche Tierprodukte verzichtet, hatte auch ihre Tücken. Man konnte nie sicher sein, ob sich im Huhn nicht doch noch ein Ei verbirgt. Frutarier, die sich bekanntlich nur von dem ernähren, was von den Bäumen fällt, waren ihm ebenfalls suspekt. Schließlich fallen auch Hummeln, Katzen und kleine Kinder mitunter vom Baum. Nein, er würde sich auf Photosynthese umstellen und in Zukunft nur noch Sauerstoff ausatmen.