Herakles am Scheideweg

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Herr H.

Mitglied
Die Zeit war reif. Er musste sich entscheiden.
Zwei Frauen drangen lockend auf ihn ein.
Nun lag's an ihm, dem jungen Mann, allein,
die Wahl zu treffen zwischen diesen beiden.

Die erste, reich behangen mit Geschmeiden
und aufgeputzt, warb für das Glücklichsein,
für Muße und Genuss jahraus, jahrein
und für ein Leben ohne Last und Leiden.

Die andre, schlicht und sittsam im Betragen,
dagegen sprach von Mühsal und Beschwer,
von Arbeit, Schweiß, Gefahr und Unbehagen.

Doch bot sie ihm den Kranz des Ruhms, wenn er
dem Lande diene und ihm Heil bereite.
Er dachte nach. Dann wählte er die zweite.
 

hermannknehr

Mitglied
Hallo Herr H.,
Ein wunderschönes Sonett. Sowohl vom Inhalt her (ein klassisches Thema und nicht nur die persönliche Stimmungslage des Autors), als auch von der Form ( die selbst dem strengen Versmaß eines Petrarca genügt). Was mich persönlich aber so fasziniert, ist die Musik, die durch das ganze Sonett zieht und alles leicht und locker erscheinen lässt. So soll und muss es sein, um lyrische Substanz zu haben.
Zwei Kleinigkeiten hätte ich anders formuliert:

"Zwei Frauen drangen lockend auf ihn ein"

ist mir etwas zu stark. Die Damen wollten ihn becircen, aber nicht bedrängen.
In S2Z2 hat mir das Wort "aufgeputzt" einen etwas zu negativen Beigeschmack. Sie war zwar reich geschmückt, aber nicht geschmacklos "aufgedonnert". Vorschlag:

Die erste, schwer behangen mit Geschmeiden
und reich geschmückt warb für das Glpücklichsein

Aber das ist Geschmacksache.
Sehr gern gelesen. Mir fällt nur die Bestnote ein.
LG
Hermann
 

Herr H.

Mitglied
Die Zeit war reif. Er musste sich entscheiden.
Zwei Frauen sprachen lockend auf ihn ein.
Nun lag's an ihm, dem jungen Mann, allein,
die Wahl zu treffen zwischen diesen beiden.

Die erste, reich behangen mit Geschmeiden
und aufgeputzt, warb für das Glücklichsein,
für Muße und Genuss jahraus, jahrein
in einem Leben ohne Last und Leiden.

Die andre, schlicht und sittsam im Betragen,
dagegen nannte Mühsal und Beschwer,
Bedrängnis, Not, Gefahr und Unbehagen.

Doch bot sie ihm den Ruhmeskranz, wenn er
dem Lande diene und ihm Heil bereite.
Er dachte nach. Dann wählte er die zweite.
 

Herr H.

Mitglied
Hallo Hermann,

vielen Dank für deine positive Rückmeldung und die Denkanstöße. Wie du siehst, habe ich daraufhin das Sonett etwas umformuliert. Mit dem "drangen" im ersten Vierzeiler war ich auch nicht ganz glücklich; aber "wirkten auf ihn ein", was mir eine mögliche Alternative schien, war mich zu steif. Deine zweite Anregung habe ich nicht übernommen; die ist, wie du richtig schreibst, Geschmacksache.

LG von Herrn H.
 

Herr H.

Mitglied
Die Zeit war reif. Er musste sich entscheiden.
Zwei Frauen sprachen lockend auf ihn ein.
Nun lag's an ihm, dem jungen Mann, allein,
die Wahl zu treffen zwischen diesen beiden.

Die erste, reich behangen mit Geschmeiden
und aufgeputzt, warb für das Glücklichsein,
für Muße und Genuss jahraus, jahrein
und für ein Leben ohne Last und Leiden.

Die andre, schlicht und sittsam im Betragen,
dagegen nannte Mühsal und Beschwer,
Bedrängnis, Not, Gefahr und Unbehagen.

Doch bot sie ihm den Ruhmeskranz, wenn er
dem Lande diene und ihm Heil bereite.
Er dachte nach. Dann wählte er die zweite.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
so weit so nett

Das transitive Verb hat die Stammformen "behängen, behängte, behängt"
wenn er / dem Lande diene
Welchem Lande? Erst der Makedonierkönig Philipp "einte" die Stadtstaaten zu einem Land. Die Römer "befreiten" die Griechen dann von der makedonischen "Fremdherrschaft" (Schlacht bei Pydna), und dann gab es "das Land" erst wieder seit der "Befreiung" aus dem osmanischen Vielvölkerstaat. Nä, Herkles diente nicht als Soldat "einem Land". Er diente einem Duodezfürsten, um eine schwere Schuld abzutragen. Er hatte seine eigene Familie abgeschlachtet. Traurige Geschichte.
 

Herr H.

Mitglied
Die Zeit war reif. Er musste sich entscheiden.
Zwei Frauen sprachen lockend auf ihn ein.
Nun lag's an ihm, dem jungen Mann, allein,
die Wahl zu treffen zwischen diesen beiden.

Die erste, reich gezieret mit Geschmeiden
und aufgeputzt, warb für das Glücklichsein,
für Muße und Genuss jahraus, jahrein
und für ein Leben ohne Last und Leiden.

Die andre, schlicht und sittsam im Betragen,
dagegen nannte Mühsal und Beschwer,
Bedrängnis, Not, Gefahr und Unbehagen.

Doch bot sie ihm den Ruhmeskranz, wenn er
dem Lande diene und ihm Heil bereite.
Er dachte nach. Dann wählte er die zweite.
 

Herr H.

Mitglied
Hallo Mondnein,

danke für deinen "netten" Kommentar.
Was "behangen" betrifft, gebe ich dir Recht; ich hab's abgeändert. Mit dem "Lande" ist gemäß der antiken Sage das Land der Griechen gemeint. Und da es sich bei Herakles überhaupt um eine Sagengestalt handelt, erscheint es mir als wenig angemessen, sie in historische Kategorien und staatliche Strukturen einordnen zu wollen. Die Sage steht - unabhängig von ihrem ideellen Wahrheitsgehalt - außerhalb des geschichtlichen Kontextes und spricht eben so für sich selbst.

LG von
Herrn H.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Aber der Begriff "Land" und die Wortfügung "seinem Lande dienen" stehen nicht außerhalb eines historischen Kontexts, sie sind unmythisch. Natürlich kann man Historisches mit Mythischem verbinden, etwa in der Satire oder in einer aktualisierenden Persiflage. Aber das hast Du gewiß nicht im Sinn gehabt, oder?
 



 
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