IM SCHNEE (gelöscht)

L

Lotte Werther

Gast
An Yamana

Natürlich drängten sich beim Lesen der Geschichte Fragen auf, wie: Warum folgt troge dem Alten? Wie steht troge zu dem Alten? Warum verbringt der Alte erst eine Nacht in der Wirtschaft um dann unter dem wärmenden dürren Gestrüpp zu erfrieren?

Nun aber möchte ich das alles nicht mehr wissen. Mir genügen die suggestiven Bilder, die du mit ganz wenigen Strichen zu zeichnen imstande warst.

nun ist es februar geworden, tief eingefroren das land.

ein paar häuser in winterstarre.


Das sind zwei Federstriche, mit denen du eine Landschaft und ein Dorf in einen zeitlichen Rahmen setzt. Mehr braucht es nicht.

Du bedienst dich der breiten Palette an gängigen Winterbildern und doch ist es im Gesamteindruck nicht klischeebehaftet:

tief eingefroren das land
zugefrorenen weihern
verschneiten pfad zu den wäldern
spuren im schnee


Ein einziges Wort in dem Text suggeriert das Erfrieren am Ende. Es ist ausgerechnet das Wort "wärmend". Wenn du vom "wärmenden strauch aus dürren ästen" schreibst, denke ich an das Wärmegefühl, das der Erfrierende verspürt, weil seine Muskeln die letzten Reserven des Körpers in Energie verwandeln.

So gesehen ein schöner, wünschenswerter Tod. Das hat auch troge begriffen.

Lotte Werther
 

rosste

Mitglied
Eine spannende Geschichte.
Die beiden kennen sich natürlich. Der Alte will in Ruhe und Frieden auf dem Feld neben dem Wald sterben und nicht am Beatmungsgerät auf der Intensivstation.
Er will alleine sterben, bekommt aber in letzter Minute doch noch Besuch und die beiden erleben das Natürlichste der Welt zusammen.
"...und es ist ja auch nicht für lange" würde ich weglassen.
Ich bin mir nicht sicher, ob der Sterbende diese Worte hören möchte und ausserdem haben sich schon so einige über den Zeitpunkt des Todes verschätzt.
Warum "mageres...Mensch?" Im Norwegischen ist "Mensch" sächlich, aber im Deutschen?
Gruss, Stephan
 

Yamana

Mitglied
Hallo L.W.
ich danke dir für dein genaues lesen.
ich kann es nicht anders sagen als: du hast meine dürer-skizze (wie ich den text vor mir nenne) so gelesen, wie ich sie mir beim schreiben gewünscht habe.
auch hatte ich das glückliche gefühl, etwas über meinen text zu lernen, zumal es lange her ist, dass ich ihn geschrieben habe.
das ist besonders und kommt nicht alle tage vor!


Hallo Roste,
ja, 'das mensch' ist so ein etwas gewöhnungsbedürftiger ausdruck. für mich ist er hier wichtig, weil ich darin etwas finde um den sterbenden auch in seiner blossen existenz als lebewesen spürbar zu machen, jenseits von allem getöse, dass wir um unsere göttliche persönlichkeit machen.
'es ist ja auch nicht für lange', über diesen einwand habe ich länger nachdenken müssen. ja, das ist profan, um nicht zu sagen: blöd, sowas in dieser situation zu äussern. es macht die hilflosigkeit troges etwas deutlich.
UND: wie lange kann es schon dauern? wie lange, im verhältnis zum leben, im verhältnis zur kälte einer skandinavischen winternacht?

gruss an euch beide
Yamana
 



 
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