Im Tale tanzt ein Tanzbär weite Kreise

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HerbertH

Mitglied
Liebe Maren, lieber Viktor,

um die Fragemethode des Greises zu betonen, habe ich die Terzette
geändert.

Da ich mir aber nicht sicher bin, welche Version wirklich besser ist,
habe ich beide nebeneinander gestellt.

Was meint Ihr?

lG

Herbert
 

MarenS

Mitglied
Lieber Herbert,

ich teile zwar viktors Zweifel nicht empfinde aber auch deine zweite Version durch die Änderungen noch flüssiger. Deshalb würde ich sie bevorzugen.

Liebe Grüße von der Maren
 

HerbertH

Mitglied
Im Tale tanzt ein Tanzbär weite Kreise,
an einer langen Kette wird er nasgeführt,
so leicht, dass er die Führung gar nicht spürt.
Die Leier spielt ihm eine Frühlingsweise.

Von vielen Schauern, auch vom weisen Greise,
durch Eleganz des Bären ganz berührt,
ertönt der Beifall, wie es ihm gebührt,
Die Kettenglieder klirren dabei leise.

Der Greis fragt listig nach dem Lustgewinn
des Tiers, ob es den Pratzentanz wohl liebe?
Was zähmte seine Wildheit am Beginn,

wie zwang der Bärenführer Bärentriebe?
Stand Tanz dem Bären nie, nur uns im Sinn?
Tanzt er für uns nur wegen harter Hiebe?


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Meinem alten Freund Thomas K. gewidmet
 

HerbertH

Mitglied
Liebe Estrella, liebe Maren, lieber Viktor,

die 2. Version habe ich jetzt zur offiziellen gemacht, da Eure Aussagen die bevorzugten.

Danke nochmal

Herbert
 

HerbertH

Mitglied
Im Tale tanzt ein Tanzbär weite Kreise,
an einer Kette wird er nasgeführt,
so leicht, dass er die Führung gar nicht spürt.
Die Leier spielt ihm eine Frühlingsweise.

Von vielen Schauern, auch vom weisen Greise,
durch Eleganz des Bären ganz berührt,
ertönt der Beifall, wie es ihm gebührt,
Die Kettenglieder klirren dabei leise.

Der Greis fragt listig nach dem Lustgewinn
des Tiers, ob es den Pratzentanz wohl liebe?
Was zähmte seine Wildheit am Beginn,

wie zwang der Bärenführer Bärentriebe?
Stand Tanz dem Bären nie, nur uns im Sinn?
Tanzt er für uns nur wegen harter Hiebe?


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Meinem alten Freund Thomas K. gewidmet
 
P

Pelikan

Gast
Hallo, HerbertH,
ich interpretiere in diesen Tanzbären mal einen jungen Menschen, der an dem Erfolgs-Nasenring seines Vaters tanzt.
Er ist erfolgreich, er meistert seine Aufgaben mit Eleganz,
mit Leichtigkeit, er ist wer, mag es ein erfolgreicher Geschäftsmann sein, ein Manager, ein Arzt etc. Er macht alles was man von ihm verlangt (was der Vater von ihm verlangt=
unterbewußtes Handeln) und er macht es dermaßen leicht, daß fast niemand die Führung bemerkt (er selber auch nicht).
Die Gesellschaft mag solch ein erfolgreiches Verhalten.
Er bekommt Applaus und niemand hinterfragt das Verhalten des Bären (Menschen) Nur dieser Greis, der wie mir scheint eine lange Lebenserfahrung besitzt, blickt hinter die Kulissen
und stellt sich die Frage ob dieser Mensch einen solche makellosen Tanz selber wollte, ob er davon wirklich etwas hat,
ich meine eine wirklich Lebensqualität (Lustgewinn? Außer vielleicht den des Applauses).Tanzt(funktioniert)diese Person vielleicht nur, weil sie von klein auf gedrillt wurde,
gedrillt vom erfolgsbesessenen Vater? Hat der Vater vielleicht seine (des Sohnes)jugendlich-wilde Natur durch den Drill gezähmt, sie dem Erfolg geopfert? Oder hat es das Leben getan, die Gesellschaft, die solch gedrillte Personen besonders schätzt, denen sie gerne aplaudiert?

Ein schönes Sonett, gute Wortwahl und guter Fluss!

mit lieben Grüßen, Pelikan :)
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Pelikan,

Deine Interpretation habe ich mit Vergnügen gelesen. Schön, dass bei jedem Leser ein eigenes Bild entsteht, das finde ich super.

Vielen Dank für die Rückmeldung und die lobenden Worte.

lG

Herbert
 

HerbertH

Mitglied
Auch auf die Gefahr hin, alle Leser in Verwirrung zu stoßen, hier eine 2. Version des Gedichts:

Im Tale tanzt ein Tanzbär weite Kreise,
[blue]an einer langen Kette nasgeführt,
[/blue]so leicht, dass er die Führung gar nicht spürt.
Die Leier spielt ihm eine Frühlingsweise.

Von vielen Schauern, auch vom weisen Greise,
durch Eleganz des Bären ganz berührt,
ertönt der Beifall, wie es ihm gebührt,
Die Kettenglieder klirren dabei leise.

Der Greis fragt listig nach dem Lustgewinn
des Tiers, ob es den Pratzentanz wohl liebe?
Was zähmte seine Wildheit am Beginn,

[blue]bezwang die rohe Kraft der Freiheitstriebe?
Laut brummt der Bär und tanzt mit Fleisch im Sinn.
Nur dumpf erinnert er sich harter Hiebe.[/blue]


Die Änderungen habe ich blau markiert.

Ist Variante 2 inhaltlich besser?
 

HerbertH

Mitglied
Im Tale tanzt ein Tanzbär weite Kreise,
an einer langen Kette nasgeführt,
so leicht, dass er die Führung gar nicht spürt.
Die Leier spielt ihm eine Frühlingsweise.

Von vielen Schauern, auch vom weisen Greise,
durch Eleganz des Bären ganz berührt,
ertönt der Beifall, wie es ihm gebührt.
Die Kettenglieder klirren dabei leise.

Der Greis fragt listig nach dem Lustgewinn
des Tiers, ob es den Pratzentanz wohl liebe?
Was zähmte seine Wildheit am Beginn,

bezwang die rohe Kraft der Freiheitstriebe?
Laut brummt der Bär und tanzt mit Fleisch im Sinn.
Nur dumpf erinnert er sich harter Hiebe.



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A

Architheutis

Gast
Hallo Herbert,

ich bin zwiegespalten:

Einerseits brilliert dein Gedicht in stilistischer Hinsicht. Das kennt man ja von dir. ;-)
Besonders angetan haben mich die Neologismen "nasgeführt" und "Pratzentanz". Wirklich klasse!

Der Inhalt bereitet mir aber Magenschmerzen. Du lässt deinen Greis die Frage stellen, was den Bär gefügig gemacht hat. Wer außer dem Greis soll das denn wissen?

Schärfer formuliert:
Der Greis weiß sehr gut, dass er den Bären gefügig prügeln musste, anders bricht man nicht seinen ungezähmten Willen.

Sei mir nicht böse, aber die Fragestellung deines Textes wirkt auf mich zynisch. Ich assoziiere mit Tanzbären immer die armen Teufel, die manisch-depressiv und völlig verstört hin und her tappern. Von ihrer Leidensgeschichte ganz zu schweigen.

Ich unterstelle dir einfach mal, dass du ebenfalls ein Herz für das arme Tier hast. Nur, so recht einordnen, ob es deinem Tanzbär gut oder schlecht geht, kann ich nicht.

Wenn dein Text das Leid des Bären dargestelt hätte, hätte es was ganz Großes werden können. Die Worte wären jedenfalls da (nasgeführt, Pratzentanz).

So lässt du mich einigermaßen verwirrt zurück. Falls absichtlich, ziehe ich meinen Hut.

Gruß,
Archi
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Architeutis,

danke für die Rückmeldung.

Der Greis ist nicht der Bärenführer, nicht der, der die Hiebe austeilt.

Vielleicht ist dieser Perspektivenwechsel für Dich hilfreich?

Liebe Grüße

Herbert
 
A

Architheutis

Gast
Hallo Herbert,

bedingt, aber ein wenig :)

Ein Zuschauer, der immerhin soviel Emphatie besitzt zu hinterfragen, ob Gewalt den Willen des Bären gebrochen hat, und dennoch Beifall zu dessen Tanz spendet, finde ich wohl noch perverser als einen solchen, der zu roh und grob in seiner Denkweise ist und nicht mit dem Bären mitfühlen kann.

Es ist kein Vorwurf an dich. Es ist wohl eher der Blick auf dieses Greuel, der mich abstößt. Es gibt ja immernoch noch Tanzbären, und ich halte das für absolut grausam und furchtbar - ein Tielquälerei ohne gleichen.

Mein Gerechtigkeitsgefühl wünscht sich, dass der Bärenbändiger am Ring geführt und auf heißen Kohlen tanzen soll. Aber mein Gerechtigkeitsgefühl ist kein Maßstab, an dem andere ihre Gedichte ausrichten sollten.

Dein Gedicht hat mich bewegt, soviel steht fest. Es muss auch solche geben.

Gruß,
Archi
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Architheutis,

dass Dich dieses Gedicht bewegt hat, ist eine sehr positive Rückmeldung für mich.

Zur Rolle des erst Beifall spendenden und dann hinterfragenden Greises: Hier stelle ich mir jemand vor, der erst auf den zweiten Blick die Problematik der Situation erfasst, sie dann aber immerhin auch den Umstehenden bewusst machen will.

Dass er das nicht schon beim ersten Blick erfasst hat, ist durchaus menschlich. Analogie besteht hier vielleicht zu den Zirkus-artig vorgeführten Delphinen, die man erst possierlich findet "Flipper!" und erst später darüber nachdenkt, dass sie viel lieber in der freien See schwömmen.

Liebe Grüße

Herbert
 



 
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