Jäger - ein Auszug

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Heinz

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Bebende Wut wallte auf in Antonija. Schon wieder wurde jemand bedroht, dem sie ihr Leben zu verdanken hatte. Das konnte sie nicht zulassen. Sie drängte die gefesselte Gefährtin zur Seite und stellte sich schützend vor sie. Wutentbrannt starrte sie ihre Gegner an. Wehe dem, der es wagen sollte.
Verwirrt und auch verblüfft über diese Reaktion verharrten die Speerträger einige Sekunden ratlos in ihrer Position. Unsicher schauten sie einander an. Währenddessen wuchs Antonijas Wut weiter. Langsam rann Blut aus der Kopfwunde über ihr Gesicht, und erreichte ihren Mundwinkel. Salzig schmeckte das Gemisch aus Schweiß und Blut auf ihrer Zunge. Seltsam vertraut schien ihr dieser Geschmack, ohne dass sie aber sagen konnte, woher diese Erinnerung kam. Und das Blut löste weitere Erinnerungen aus. Erinnerungen, von denen sie nicht wusste, ob es ihre eigenen waren. Bilder von grausamen Kämpfen tauchten auf, in denen ihre Gegner in Panik vor ihr flohen, wenn es noch möglich war. Nein, erkannte sie. Es waren keine Gegner, die da flohen. Es waren Opfer.
Ein lautes Fauchen entwich unwillkürlich Antonijas Mund, und sie entblößte fletschend ihre Zähne, als würde sich ein furchteinflößendes Gebiss zeigen.

Die Welt veränderte ihr Gesicht. Die blassen Farben des schwachen Lichtes wichen einem kalten Grau, in dessen Tönen sich deutlich sichtbar alle Einzelheiten der Höhle offenbarten. Als wäre die Dunkelheit wie ein sich auflösender Nebel daraus gewichen. Das helle Todesziepen der sterbenden Spinne drang in ihre Ohren. Der überwältigende Gestank der schwitzenden Männer beleidigten ihre Nase. Und einen neuen Geruch nahm sie war: den plötzlich auftretenden Geruch von Angst, der sich in den Schweiß der Männer mischte.
Erschrocken wichen die Bewaffneten einen Schritt zurück. Etwas in ihrem Blick hatte die Männer erschreckt. Herausfordernd setzte sie ein bösartiges Grinsen auf. Unverholen zeigte sie ihren Zorn und ihre Wut. Eine unbändige Kraft durchströmte ihre Glieder. Von allein nahm ihr Körper eine geduckte Haltung an, wie zum Sprung bereit. Dann trat sie eilig den Angreifern entgegen, wie ein hungriges Raubtier seiner Beute.
Schockiert über die Veränderung ihrer Gefangenen und ihren überraschenden Angriff warf einer der Fremden seinen Speer. Ungewohnt langsam schwebte ihr die Waffe entgegen. Kurz bevor die glänzende Spitze der Waffe sie erreichte, wich sie zur Seite. Wie tausend Mal geübt zuckte ihre Hand hoch und fing das Ende des Schafts. Durch die Wucht des fliegenden Wurfgeschosses wurde sie herumgezogen. Sie vollendete die Kreisbewegung, und den Schwung ausnutzend, beschrieb die Speerspitze einen weiten Kreis und kam so wieder in die Richtung und in Reichweite zu einem Gegner.
Erschrocken ließ der Krieger seine Waffe fallen und griff sich mit beiden Händen an den Hals, der von der scharfen Speerspitze tief aufgeschlitzt worden war. Dann sackte er mit angsterfüllten Augen in die Knie und stürzte lang zu Boden.
Seine Begleiter hatten wenig Zeit, sich von dem Schrecken zu erholen. Mit Hass und Wut geführte Schläge prasselten auf sie ein, so dass sie kaum dazu kamen, ihre Speere zur Abwehr zu erheben. Nur wenige Augenblicke parierten sie die heftigen Attacken, dann ergriffen sie gleichzeitig die Flucht. Wie ein dunkler Blitz fuhr ein Speer hinterher und einem von ihnen gnadenlos in den Rücken. Von Panik übermannt rannte der letzte Fliehende zu seinen Kumpanen, während Antonija ihm zielstrebig folgte ...
 



 
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