Kalt

Siphobia

Mitglied
Schriller Wecker rasselt in die Stille des Raumes.
"Ein neuer Morgen, ein neuer Tag, schon wieder,....".
Der Wecker fällt,ist still, er steht auf.
Kälte überkommt ihn in seinem Zimmer,seiner Kammer,der kleinen, dunklen.
"Ein neuer Tag in Kälte".
Er geht ins Bad, zum Frühstück, starrt durch das Küchenfenster nach draußen, Kälte überkommt ihn,er zittert.
"Ein neuer Tag- allein".
Zurück im Bad. Er blickt in den Spiegel-minutenlang-eine Stunde ist vorbei als er den Blick abwendet.
Diskussionen mit seiner selbst. In dieser Kälte.
Jeden Tag dasselbe.
Jeden Tag dieselben Fragen ohne Antworten. Kälte überkommt ihn.
"Ich bin alt, zu alt für neues".
Er verlässt das Bad um seine Sachen zu packen.
Er will nicht raus, nicht in diese einsame Kälte, aber er muß,er wird gezwungen.
"Warum mach ich das? Jeden Tag-diese Kälte,wofür"?
Er geht aus dem Haus und steigt in sein Auto. Er fährt los.
"Wenigstens kein Eiskratzen heute".
Er fährt zu seinem Arbeitsplatz-einem großen Gebäude.
Er parkt.
Pünktlich wie jeden Morgen betritt Prof.Dr.med.Kutlicz das von Sommersonne erwärmte Hospital.
 
R

Rote Socke

Gast
Hallo Siphobia,

mal meine persönliche Meinung zu Deinem Text:

Ich finde die Aufgabe selbst, hast Du gut gelöst, weil Du einen Menschen beschreibst, den man nicht als Professor vermuten würde.

Was ich nur bemängele ist: Die ganze Form erinnert mehr an einen kleinen Szenenausschnitt, als an eine kleine Geschichte und es ist ein wenig steril geschrieben.

So weit meine Gedanken dazu.

Schöne Grüße
Socke
 

anke

Mitglied
na gut, dann versuch ich es mal:
also, dein beitrag hat mir von allen bisherigen am besten gefallen.
allerdings - vielleicht hat "rote socke" damit recht - sagte er mir in einem anderen rahmen als dieser schreibaufgabe weit weniger zu. der überraschungseffekt, dein spielen mit den erwartungengen des lesenden machen den text wohl vor allem sympathisch.
den anfang finde ich auch sehr gut formuliert (bis auf ein paar mäkeleien), schön, dass mann/ frau sich insbesondere zu beginn immer wieder um poesie bemüht.
im zweiten satz allerdings kommt mir das "schon wieder" etwas läppisch daher: ein wenig unformuliert, altbacken - da du auf klassische literarische mittel zu setzen scheinst (im rest des textes) - was hälst du denn von "ein neuer morgen. ein neuer tag. ein übliches" ? na, gebe zu, das birgt die gefahr von aufgesetztheit.. ich würde, dächte ich den beginn, fortsetzen mit "...das übliche"
im vierten satz die "kammer, die kleine, dunkle" finde ich sehr goldig, hat etwas wundervoll volksliedhaftes, sehr pathetisch - gefällt mir als wortgruppe wirklich gut.
deshalb schon fast als persönliche bitte: der folgende satz mutet doch wieder eher ärmlich an, für mich nimmt das sehr viel charme aus dem text, finde, in der formulierung der inneren monologe hast du dir recht wenig mühe gegeben, kein mensch denkt doch so stupide und klar, als hätte er/ sie möglichkeit, dadurch auch von größten idioten endlich verständnis entgegengebracht zu bekommen, oder? also, ich finde, da könntest du dir noch was überlegen: momentan plädierte ich eher für völliges streichen, aber das verkürzte den text nochmal, vielleicht gelingt dir ja noch ein etwas subtilerer ton, oder auch - keine ahnung; nur diese hauptsätze als gedanken zu verkaufen, finde ich abträglich. sie bilden außerdem auch nur das bereits gesagte nochmal ab, als hinke der protagonist der geschichte nach (was an sich in anderen zusammenhängen durchaus sinnig sein kann), bringen das ganze also nicht voran, keine neuen informationen für die/den lesendende/n.
eine außnahme ist: "ich bin zu alt.." und "wenigstens kein eiskratzen heute"
so, dann noch ein eindruck, bei dem ich mir selbst unsicher bin, war eher ein stutzen, dass ich nicht recht zu begründen weiß: im letzeten satz - ist es vielleicht ein wenig dick/ abwegig, daß das hospital von sommersonne erwärmt ist? das wort sommersonne impliziert doch sehr hoffnungsvolle emotionen...natürliche wärme - steht meiner meinung nach eher im gegensatz zu seiner im vorangegangenen beschriebenen abneigung gegen seinen job?!
der gegensatz ist schon wichtig -aber reicht angenehm temperiert (also irgendetwas, das auf den schein von wärme; sozusagen äußere vs. innere gefühlte temperatur schließen läßt) nicht aus? weiß nicht, ob verständlich ist, was ich meine, vielleicht können andere lesende weiterhelfen
also, viele grüße, ich finde, du könntest noch arbeiten an der geschichte, meiner meinung nach hat die idee durchaus potenzial, wirklich gut zu werden.
 

Siphobia

Mitglied
Vielen Dank für diese ganzen Anregungen.
Ich schreibe eigentlich keine Geschichten,darum fällt es mir ziemlich schwer die Wichtigkeit der Formulierungen und des Inhaltes und alles in ein gutes Gewicht zu bringen.
Die inneren Monologe mögen wirklich sehr stumpf sein, aber es war durchaus meine Absicht sie so stumpf sein zu lassen, weil dieser von allen angesehene und respektierte Arzt, dem man ein total erfülltes Leben anschreiben würde am Ende ist.
Er ist so fertig, dass er es zu keinen weiteren Überlegungen kommen lassen will und sein ganzer Lebensmut ist dahin, was ihn auch in der übertrieben, aber meiner Meinung nach nötigen Sommersonne frieren lässt. Er ist gefangen in sich und merkt in seinem inneren Gefängnis nichts mehr. Um ihn ist alles in eisiger, sinnloser Einsamkeit stehengeblieben.
 



 
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