Kapitel 1 von Das Land hinter dem Horizont

Pennywise

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Hier folgt nun das 1. Kapitel. Es befinden sich alle drei bisher hier gezeigten Kapitel noch in einer Rohfassung!!
Sie sind beinhahe fertig, aber eben nur beinahe. Auf das vierte Kapitel müßt ihr leider noch etwas länger warten, da es noch in der Entstehungsphase ist !!

Kapitel 1
AUFBRUCH

Wir gingen die ganze Nacht hindurch. Der Eifer, den ich vor dem Marsch an den Tag gelegt hatte, wich mittlerweile schmerzenden Füßen. Barko, ich meine natürlich Yava aber an den Namen konnte ich mich noch nicht so recht gewöhnen, legte ein so ungeheures Tempo an den Tag, daß ich kaum hinterherkam. Wir ließen Schloß Darlington und all die Besitztümer meines ehemaligen Herrn weit hinter uns zurück und begaben uns in Gegenden, die ich noch nie betreten hatte.
Cilia wußte genau wo wir langgehen mußten um in den Wald zu gelangen, in dem das Königspaar der Feen entführt wurde. Ihr Orientierungssinn war enorm, schaute sie doch nur gelegentlich aus dem Sack in dem sie saß um sich kurz umzusehen. Es muß so um die siebente Stunde gewesen sein, als Yava sein Tempo verlangsamte und wir uns zu einer Rast niederließen.
Überglücklich meine Beine einmal ausstrecken zu können, ließ ich mich auf den Hosenboden fallen und lehnte mich genüßlich an eine dicke Eiche. Natürlich nahm ich vorher den Sack von meinem Rücken, damit Cilia nichts geschah. Es war eine richtige Wohltat hier zu sitzen. Zwar war ich es gewohnt lange auf den Beinen zu sein, denn schließlich bedeutete Schafehüten nicht, den ganzen Tag faul im Gras zu liegen, aber so ein Fußmarsch war doch etwas anderes.
Yava kam gerade von einem kleinen Rundgang zurück, bei dem er prüfen wollte, ob wir alleine sind.
Cilia schlüpfte aus dem Sack und versteckte sich nahe einer dicken Wurzel der Eiche, an der ich saß.
Yava teilte uns mit, daß wir vollkommen ungestört waren, was Cilia bestätigte.
Nachdem wir ein wenig geruht hatten, fragte Yava mich, ob mir unterwegs etwas aufgefallen wäre.
Auf die Frage was genau er damit meine, klärte er mich auf, daß ich jetzt wo ich die Fähigkeit hatte zu „sehen“, auch etwas bemerkt haben müßte. Ich konnte mich aber an nichts ungewöhnliches auf unserem Weg hierher erinnern. Nach einem augenzwinkernden Blick auf Cilia, berichtete diese, daß wir unterwegs sehr wohl an dem einen oder anderen Wesen vorbeigelaufen sind. Cilias Meinung nach waren dort ein Elf, zwei Brownies und ein Goblin. Ganz sicher hatte sie aber einen Bendith Y Mamau gespürt und zwar an der Stelle, wo sie zuerst falsch abgebogen war.
Yava konnte dies nur bestätigen. Für mich waren das fremdartige Namen, für noch fremdartigere Wesen und ich konnte mir darunter nichts vorstellen und fragte Yava danach. Es folgte eine kleine Lehrstunde in Sachen Zauberwesen. Brownies, so erklärte er mir, seien kleine, häßliche Erdgeister, die den Menschen manchmal unbemerkt von ihnen, bei irgendwelchem Firlefanz halfen. Da sie fast keinerlei Zauberkräfte hatten, wurden sie von den meisten anderen Zauberwesen als kleine Taugenichtse angesehen. Elfen waren da schon etwas anderes, da sie ja zu der Gruppe der großen vier gehörten, die neben den Feen, Gnomen und Zwergen, die wichtigste Rasse waren. Sie sähen aus wie wir Menschen, nur viel kleiner und ungleich hübscher als wir. Zwar gäbe es auch bösartige unter ihnen, aber die meisten seien sehr hilfsbereit und verstanden es vortrefflich Feste zu feiern, was sie sehr beliebt machte. Außerdem könnten sie in die Zukunft sehen.
Goblins dagegen seien eine richtige Landplage fuhr Yava fort. Ich sollte mir meinen schlimmsten Alptraum in Erinnerung rufen, denn dieser wäre bestimmt das Werk eines Goblins. Es mache ihnen riesigen Spaß anderen Wesen Furcht einzuflößen, wofür sie sich nichteinmal großartig anstrengen müßten, da sie sehr furchtbar aussahen. Am lästigsten sei es aber, daß sie mit Wespen, Hornissen, Mücken und all den Viechern reden könnten, welche sie mit Vorliebe auf Menschen, Tiere und sogar auf die Zauberwesen hetzten, um sich an den Qualen der Opfer zu weiden. Als er den Bendith Y Mamau erwähnte, war es mir, als ob Cilia ein wenig zusammenzuckte. Diese sehr gefährlichen Wesen, seien eine Art Mischung aus einem Kobold und einem Elf, erklärte er weiter. Zwar wären beide Arten für sich normalerweise gutmütig und hilfreich, die Mischung von ihnen aber wiederum, schien das genaue Gegenteil zu bewirken. Sie waren bösartig und liebten es anderen weh zu tun. Am schlimmsten war ihre Vorliebe Menschenkinder zu rauben, um sich dann an den Schmerzen der verzweifelten Eltern zu weiden. Noch gefährlicher machte sie aber, daß sie über sehr alte und wirkungsvolle Zaubersprüche verfügten, gegen die nur sehr wenige einen Gegenspruch wußten. Genau das war ja auch mit Cilia passiert, die eben von solch einem Bendith an die Wurzel gefesselt worden war.
Nachdem Yava mit seiner Aufzählung fertig war, kam er zur eigentlichen Sache, die er mir sagen wollte. Da ich nichts von den Wesen bemerkt hatte, die uns unterwegs begegnet waren, mußte ich meine Augen in Zukunft schulen. Ich hatte zwar nun die Fähigkeit zu „sehen“, aber befähigt war ich dazu noch lange nicht. Die meisten Zauberwesen waren entweder sehr klein, wie zum Beispiel die Gnome, die nur etwa 10 – 12 Zentimeter maßen, oder konnten sich sehr gut der Umgebung anpassen. Manche tarnten sich sogar richtig, um nicht von anderen Wesen gesehen zu werden. Ich sollte also auf alles achten, was sich bewegt, oder auf irgendeine Weise nicht in die Gegend paßte. Besonders sollte ich aber Dinge beobachten, die klein und unscheinbar waren und so normalerweise nicht beachtet wurden, da es gerade das war, was sich viele Wesen zunutze machten. Ich sollte also Ausschau halten nach allem, was mir merkwürdig oder auch unwichtig vorkam. Besonders jetzt, wo der Magier Kartoqh seine Macht auch auf die Welt außerhalb seiner Verbannung Einfluß nehmen konnte. Es war durchaus möglich, daß sonst friedliche Wesen auf einmal, mit einem Zauber belegt, zu unseren Feinden zählen konnten. Dies galt vor allen Dingen für die Trolle, die ich kaum übersehen konnte, da sie mindestens einen Kopf größer wären, als ich. Das alles leuchtete mir ein und ich versprach nun besser aufzupassen. Zufrieden legte Yava sich nieder um zu schlafen. Auch Cilia kroch noch ein wenig weiter unter die Wurzel um sich hinzulegen. Den Schlaf konnten wir gut gebrauchen, denn es war noch ein ganz schönes Stück Weg, bis wir am Ziel waren. Während Yava und Cilia rasch einschliefen, schwirrten mir viel zu viele Gedanken durch den Kopf, als daß ich hätte schlafen können.
Zwar war auch ich sehr müde nach diesem anstrengenden Tag, aber in mir war auch eine große Unruhe. Was war in den letzten Stunden bloß alles geschehen!
Barko, der gestern noch mein treuer Schäferhund war, heißt heute Yava und ist ein Zauberwesen. Der einfache Schafhirte Gordon geht zusammen mit einer kleinen Fee, die ihn für sehr lange Zeit verzaubert hat durch den Wald, um die Welt vor einem bösen Zauberer zu retten, und die ganzen Geschichten von Olga und den Dienern auf Schloß Darlington über Waldgeister und Hexen, sollten auf einmal war sein. Worauf hatte ich mich da bloß eingelassen; und wohin würde uns diese Reise führen. Welche Gefahren lauerten auf uns. Am meisten quälte mich aber die Frage, ob ich dem was da auf uns zukam gewachsen sein würde. Wer war ich denn schon, ein kleiner unbedeutender Schafhirte, noch ganz grün hinter den Ohren und ohne den geringsten Schimmer, wie es wirklich zuging in der Welt. Welcher Teufel hatte mich geritten, als ich den Beiden anbot, ihnen zu helfen?! Zweifel krochen in mir hoch wie Kälte, wenn man in eine Nebelbank geht. Bildete ich mir wirklich ein so tapfer zu sein, wie die ruhmreichen Ritter von Schloß Darlington, die eine richtige Ausbildung im Umgang mit Waffen hatten und deren Mut weit über die Grenzen unseres Landes hinaus berühmt war?
Sicherlich war jenes Gefühl der Macht das ich verspürte als ich Cilia befreite wunderbar, aber würde diese Kraft ausreichen um in der Welt die da vor mir lag zu bestehen, würde diese Macht überhaupt je wiederkehren? Ich hob meine Hand gegen das Mondlicht, welches durch die mächtige Krone der Eiche schien, ließ sie aber nach kurzer Zeit wieder sinken. Nichts, kein Kribbeln, keine magischen Ströme, nichts! Ich stieß einen Seufzer der Enttäuschung aus, der wahrscheinlich Cilia weckte, da sie mich plötzlich ansprach.
„Machst du dir Sorgen?“
„Ein wenig schon! Meinst du, daß wir es schaffen können?“
„Das ist schwer zu sagen. Es wird sicherlich nicht einfach werden, aber mit Yava an unserer Seite haben wir eine wirkliche Chance.!“
Ich fragte Cilia, wie lange sie Yava schon kannte, und es stellte sich heraus, daß es so um die drei Jahre war. Genau zu der Zeit, war Yava mir zugelaufen. Nur stellte sich mittlerweile die Frage, ob er mir wirklich zugelaufen war. Mir wurde klar, daß er sich mich wohl ausgesucht hatte und nicht ich ihn, sondern er mich trainiert hatte. Die letzten Jahre kamen mir auf einmal sehr seltsam vor. Immer hatte ich geglaubt, daß ich einen, zwar sehr klugen, aber dennoch „normalen“ Hund bei mir hatte.
Nie hat er sich benommen, als ob er etwas besonderes wäre. Sicherlich war er manchmal alleine unterwegs und ich dachte immer, daß er auf Kaninchenjagd oder soetwas war. Jetzt wußte ich, daß er statt dessen mit Feen und anderen Zauberwesen zu tun hatte. Es fiel mir sehr schwer mich an den Gedanken zu gewöhnen, daß mein treuer alter Barko nicht das war, was ich immer dachte; ein kluger und fleißiger Schäferhund. Aber warum ist er damals zu mir gekommen und warum hat er mir nie zu erkennen gegeben, daß er ein Zauberwesen ist. Wir waren doch immer gute Freunde gewesen, dachte ich jedenfalls. Auf der anderen Seite, bin ich noch sehr jung gewesen, als ich ihn, oder er mich?!, fand.
Wahrscheinlich wartete er nur ab, bis ich reifer geworden bin. Die Ereignisse mit dem Königspaar der Feen waren dann wohl der Moment, wo er sich zu erkennen geben mußte. Ich beschloß ihn einmal danach zu fragen.
Da es mich sehr interessierte wie Cilia ihn kennen gelernt hatte, fragte ich sie danach.
„Das war sehr eigenartig!“ begann sie, „Ich saß eines Abends auf einer Wurzel und habe einigen Feen beim tanzen zugesehen. Wir Feen tanzen sehr gerne, mußt du wissen und unser Tanz verzaubert jeden, der dabei zusieht, so schön ist er. Yava tauchte ganz plötzlich neben mir auf. Ich hatte ihn vorher nicht bemerkt, was sehr seltsam war, denn wir Feen haben ja die Gabe andere Wesen zu spüren, auch wenn sie noch relativ weit entfernt sind. Doch bei ihm spürte ich nichts! Er setzte sich still neben mich und wir schauten den Feen gemeinsam zu. Nach einer Weile sagte er folgende Worte :
Solange die Feen tanzen, wird die Sonne niemals untergehen!;
Dann verschwand er, genauso überraschend, wie er gekommen war. Ein paar Tage später traf ich ihn im Wald wieder und er fragte mich, ob wir ein Stück des Weges gemeinsam gehen wollten. Da ich nichts besonderes vorhatte und er mich sehr interessierte, willigte ich ein. Wir begannen uns über Magie und Zauberei zu unterhalten und ich erfuhr von ihm, daß er eine Menge darüber wußte. Mit der Zeit stellte ich fest, daß er eine Menge über alles wußte, denn wir trafen uns jetzt regelmäßig und wurden mit der Zeit enge Freunde. Immer wenn ich ein Problem hatte, konnte ich damit zu ihm kommen und immer wußte er eine Lösung. Auch wenn ich eine Lösung hatte, wußte er eine bessere.
Das allerdings ging mir mit der Zeit schon auf die Nerven!! Jedenfalls kommt es mir so vor, als ob er allwissend ist!“
Ich fragte sie, ob Yava ein Magier sei, aber darauf konnte sie mir auch keine Antwort geben. Er hatte ihr nie erzählt wo er herkam und warum er die Gestalt eines Hundes hatte. Vielleicht war es ja sogar seine richtige Gestalt, keiner konnte das so genau sagen. Und da er nie alleine davon anfing, hatte Cilia ihn auch nie danach gefragt. Ich beschloß das auch nicht zu tun. Sie hatte recht, wenn er nicht von alleine damit anfängt zu erzählen, wollte ich ihn auch nicht dazu drängen. Vielleicht riß ich alte Wunden in ihm auf und würde ihm damit weh tun. Das wollte ich auf gar keinen Fall.
Da ich mir darüber jetzt auch keine Gedanken mehr machen mußte, überkam mich plötzlich eine große Müdigkeit und wollte mich schlafen legen. Aber nicht ohne Cilia vorher zu fragen, ob Feen wirklich schlafen müßten. Ihre Antwort war zu erwarten gewesen.
„Ja, sogar wir Feen, die wir die am höchsten entwickeltsten Wesen auf der Welt sind, müssen uns einmal von den Strapazen des Tages erholen. Es ist das Einzige, was uns zur Vollkommenheit fehlt!!“
„Sei nicht immer so verdammt hochnäsig!“, sagte ich lachend zu ihr.
„Ich bin nun einmal so!“ antwortete sie mir zwinkernd und zog sich wieder unter die Wurzel der Eiche zurück, um auch noch ein wenig auszuruhen. Sie war einfach unverbesserlich. Aber genau das machte ihren Charme aus und deswegen mochte ich sie so gerne.
Ich kuschelte mich so gut es eben ging an die Eiche und schlief auf der Stelle ein.

Yava weckte mich ziemlich unsanft. Die Mittagssonne schien mir direkt in die Augen und ich mußte blinzeln. Es war zwar ein wenig gefährlich bei hellem Tageslicht weiter zu reisen, aber wir waren immer noch in Eile. Und so machten wir uns bald auf den Weg, Cilia wieder in meiner Kutte und Yava neben mir. Als wir am Abend an einen riesigen Wald kamen, knurrte mir der Magen und meine Beine waren so schwach, daß ich mich kaum noch aufrecht halten konnte. Yava schickte sich an weiter in den Wald zu gehen, aber ich konnte einfach nicht mehr. Leise fragte ich ihn, ob wir nicht eine Pause machen könnten und er meinte, daß wir das sicherlich tun würden, wenn wir ein Stück im Wald wären. Der Wald war auch unser Ziel, da sich darin das Dimensionstor befand und Yava ermahnte uns noch mehr aufzupassen, als bisher, da sich in ihm bestimmt Spitzel und Schergen von Kartoqh befänden. Den Eingang in sein Reich würde er auf keine Fall nicht unbewacht lassen , obwohl Yava nicht glaubte, daß Kartoqh sich sonderlich vor Feinden fürchten würde. Er würde sicherlich nicht annehmen, daß es jemand wagen würde in sein Reich einzudringen. Trotzdem sollten wir größte Vorsicht walten lassen. Cilia, die sich wiedereinmal belehrt fühlte, konnte sich einen Kommentar nicht verkneifen.
„Ja großer Yava, deine Diener sind stets bereit eure Befehle entgegen zu nehmen. Sage uns einfach was wir tun sollen, oh du großer und allwissender Yava !!“
Yava wurde böse über den Scherz, den Cilia machte und entgegnete ihr, daß es sein voller Ernst war und wir höllisch aufpassen mußten. Cilia fragte beleidigt, ob man nicht einmal einen kleinen Spaß machen dürfe und zog sich schmollend in meine Kutte zurück.
Wir gingen also auf den Wald zu, der so riesig war, wie ich noch keinen gesehen hatte. Ein ganzes Königreich mußte darin Platz haben. Nach ein paar Minuten betraten wir ihn endlich und ich stellte fest, daß es hier drinnen auf einmal merklich kühler wurde. Die Mächtigen Eichen mit ihrem dichten Blätterwerk, ließen der Sonne fast keinen Platz zum scheinen und die größten Tannen, die ich je gesehen hatte wirkten nicht nur als Schild gegen die Sonne, sondern sie dämpften auch jegliche Laute. Mir kam es so vor, als ob kein Geräusch in den Wald hinein, oder hinaus getragen werden würde.
Ich fröstelte, aber ich konnte nicht mit Bestimmtheit sagen, ob das von der niedrigeren Temperatur, oder von meiner Ehrfurcht vor diesem Wald kam. Die Stille hier drinnen war unheimlich und wirkte auf mich, als ob ich mir Stoff in die Ohren gesteckt hätte. Alles war irgendwie gedämpft. Sogar die Schritte, denn überall lagen Laubreste herum und der größte Teil des Bodens war mit Moos überwuchert. Der herbe Duft der Tannen mischte sich mit dem kräftigen Aroma von Pilzen und den süßlichen Gerüchen von Waldfrüchten zu einer eigenartigen, aber sehr angenehmen Mischung.
Es fehlten eigentlich nur ein paar Farbtupfer, aber für Blumen war hier drinnen kein Platz.
Yava führte uns immer weiter in den Wald hinein, wo wir schließlich unter einer riesigen Tanne Rast machten. Ihre tief herabhängenden Äste boten uns einen recht guten Sichtschutz vor ungebetenen Gästen und wirkten gleichzeitig als Abschirmung unsere Gespräche. Vollkommen erschöpft ließ ich mich an ihrem Stamm nieder und streckte die Beine aus. Cilia kam sofort unter meiner Kutte hervor und suchte mit ihren Sinnen die Gegend ab. Als sie zufrieden nickte wußten wir, daß wir alleine waren. Auch sie streckte sich und wollte sich gerade gemütlich hinsetzen, als Yava ihr mitteilte, daß sie damit wohl noch etwas warten müßte. Ich merkte, daß es Cilia nicht recht war, daß Yava andere Pläne mit ihr hatte, schließlich war sie die ganze Zeit bei mir in der Kutte gewesen und das war sicherlich keine sehr angenehme Art der Fortbewegung. Dies teilte sie Yava auch mit, doch er blieb hart.
„Du kennst doch sicherlich Wengor!“ begann er.
„Wengor, den Zwerg?!“
„Genau den! Wie du vielleicht weißt, soll er in diesem Wald seine Höhle haben. Wenn mich nicht alles täuscht, sogar in dieser Ecke des Waldes. Vielleicht findest du ja den Weg zu ihm, oder jemanden, der dir den Weg zeigen könnte.“
„Du willst zu Wengor? Der ist doch etwas plemplem, oder?!“
„Das sagen die Einen. Andere wiederum reden von ihm mit höchster Ehrfurcht und Respekt und loben seine Kenntnisse über Magie. Sicherlich ist er ein wenig merkwürdig, schließlich lebt er seit vielen hindert Jahren allein in einer Höhle, aber er soll ein Meister seines Faches sein und seine magischen Waffen sind überaus begehrt. Es wäre sehr hilfreich für uns, wenn wir uns von ihm welche machen ließen!“
„Magische Waffen?!“ fragte ich fasziniert. „Du meinst so richtige Schwerter und Schilde, die mit Gold und Silber verziert sind und auch noch magische Eigenschaften haben?! Dolche und Lanzen, aus denen Flammen schlagen und die niemals zerbrechen oder stumpf werden??!!“ Meine Begeisterung war erwacht, als Yava die magischen Waffen erwähnte. Meine Müdigkeit war wie weggeblasen und ich war plötzlich hellwach. Yava lächelte und hob beschwichtigend eine Pfote.
„Ja ja, soetwas in der Art. Ich selber habe von ihm noch keine gesehen, aber von der Wirkung seiner Waffen schon viel gehört. Leider ist es aber bis jetzt nur sehr wenigen gelungen, ihm solch eine Waffe abzuverlangen. Aber hierbei wirst du uns sehr nützlich sein, Gordon!“
Auf meine Frage warum gerade ich da helfen könnte, gab Yava mir die simple Antwort, weil ich ein Mensch sei! Natürlich half mir das nicht viel weiter und so erzählte Yava mir etwas mehr von den Zwergen. Sie waren eine der sehr seltenen Gattungen von Zauberwesen, die uns Menschen gerne halfen. Jedenfalls früher einmal. Mittlerweile hätten wir uns so weit von der Natur wegentwickelt, daß uns der Sinn für außergewöhnliche oder auch magische Dinge verloren gegangen sei. Die Zwerge würden uns nicht mehr helfen, da sie Angst hätten verfolgt und entweder zur Sklaverei gezwungen, oder auf Jahrmärkten ausgestellt zu werden, was schon desöfteren vorgekommen wäre. Nicht alle Zwerge verfügten über Zauberkräfte und manch einer von ihnen hätte diese Tatsache schon mit dem Leben bezahlt, weil sie die Erwartungen der habgierigen Menschen nicht erfüllt hätten. In früheren Zeiten wäre das aber ganz anders gewesen. Zwerge und Menschen lebten miteinander und halfen sich gegenseitig in vielen Lebenslagen. Fast alles was die Menschen über Bergbau wußten, hatten sie von den Zwergen gelernt, obwohl das niemand mehr zugeben würde. Die Menschen von heute wüßten nichteinmal mehr, daß es wirklich Zwerge gibt. Die Zwerge wiederum lernten viel über die Herstellung von Waffen, haben aber mittlerweile ihr Wissen darüber weit über das der Menschen entwickelt. Aber das alles war schon viele tausend Jahre her und heute gäbe es dieses miteinander leider nicht mehr. Auf meine Frage warum dann dieser Wengor mir helfen sollte, erfuhr ich die Geschichte des Zwergs.
Wengor war vor langer langer Zeit einmal in eine junge Menschenfrau verliebt. Man erzählte sich, daß er sie gesehen hat, als er einem Bauern heimlich half dessen Feld von Steinen zu säubern.

Von dem Zeitpunkt an, war es um ihn geschehen. Tag und Nacht mußte er an das junge Mädchen denken und konnte sich auf nichts mehr konzentrieren. Und obwohl er wußte, daß seine Liebe für ewige Zeiten unerwidert bleiben würde, war er sehr glücklich. Eines Tages jedoch, ging das Mädchen in den Wald, in dem wir uns jetzt aufhielten. Wengor begleitete sie im verborgenen und erfreute sich an ihrem Anblick. Durch irgend etwas wurde er jedoch abgelenkt und verlor sie aus den Augen. Er suchte zwar noch nach ihr, konnte sie aber nirgends mehr entdecken. Er schlich zum Haus des Bauern, dessen Tochter sie war und wartete auf sie. Doch er wartete vergebens. Sie kam weder an diesem Tag zurück, noch an den darauf folgenden. Wengor wurde sehr unruhig und begann den Wald Tag und Nacht nach ihr zu durchsuchen. Aber er konnte sie nirgends finden. Wengor war damals noch sehr jung und hatte keinerlei magische Fähigkeiten, mit denen er sie hätte finden können. Er hätte zwar einen der älteren Zwerge um Hilfe bitten können, aber er schämte sich seiner Liebe zu ihr so sehr, daß er das nicht konnte. Nach einer Woche aber war seine Trauer so groß, daß er sich doch einem der Alten anvertraute, und ihn bat ihm zu helfen. Noch am selben Tag fanden sie das Mädchen. Es lag verhungert an einer der unzugänglichsten Stelle des Waldes, in der noch nie ein Mensch gewesen ist.
Der ältere Zwerg meinte, daß dies nur das Werk eines Leshy gewesen sein konnte. Auf meine Frage was denn ein Leshy sei, erklärte Yava mir, daß Leshys häßliche kleine Waldgeister sind, denen es Spaß macht Menschen in die Irre zu führen. Ganz und gar bösartige Gesellen, denen man besser aus dem Weg ging.
Jedenfalls zerbrach Wengors Herz und, wie manche behaupten, auch ein Teil in seinem Kopf. Er gab sich die Schuld am Tod des Mädchens. Wenn er sich nicht hätte ablenken lassen, dann würde sie noch gelebt haben. Beladen mit Schuldgefühlen zog er sich in seine Höhle zurück und arbeitete fortan nur noch an der Ausbildung seiner Zauberkräfte, damit ihm soetwas nicht noch einmal passieren könnte.
Er besorgte sich alte Schriften und Bücher und brütete von da ab nur noch über diesen. Mit der Zeit erarbeitete er sich solch ein immenses Wissen, daß er bis heute als mächtigster Zwergenmagier gälte.
Manche verglichen ihn sogar mit dem mächtigen Bolmot, der vor mehr als zweitausend Jahren lebte.
Cilia bemerkte, daß er bei manchen aber auch als bescheuertster Zwerg galt. Yava konnte da nicht widersprechen, denn merkwürdig wäre Wengor schon. Er hatte sicherlich einen kleinen Knacks im Kopf bekommen, zum Einen durch den Tod des Mädchens und zum Anderen durch die jahrelange Einsamkeit. Immerhin sprachen wir nicht von 20 oder 30 Jahren, sondern von drei bis vierhundert!!
Aber was nutzten uns alle Vermutungen und Mutmaßungen, wir würden schon sehen wie er wirklich war. Falls wir ihn finden würden. Da niemand von uns wußte wo die Höhle sein könnte, sollte sich Cilia auf den Weg machen und versuchen es herauszubekommen. Natürlich ging das wieder nicht ohne Gezeter ab, denn einerseits hatte sie keine Lust nach dem langen Marsch noch weiter durch diesen Wald zu gehen und andererseits war sie von Wengor nicht gerade angetan. Letztlich setzte sich aber Yava wiedereinmal durch und Cilia zog ein wenig schmollend ab.
Wir waren allein und Yava legte sich unter die große Tanne um ein wenig zu schlafen. Meine Müdigkeit war immer noch wie weggeblasen, denn was Yava da erzählt hatte, interessierte mich doch sehr. Vor allen Dingen die Zauberwaffen, von denen er sprach weckten mein Interesse. Da Yava jedoch schlief, sah ich mich ein wenig um. Da es noch etwas hell war, beschloß ich die Gunst der Stunde zu nutzen, Yava schlief und Cilia war fort, um auf eigene Faust etwas durch den Wald zu streifen. Immerhin sollte ich ja meine Augen schulen und versuchen Waldgeister oder andere Wesen zu entdecken. Ich schlich mich also leise in den Wald hinein. Da ich Yava den Rücken zukehrte, merkte ich nicht wie er mich heimlich aus den Augenwinkeln beobachtete.
Der Wald schien wirklich riesengroß zu sein. Wie schon erwähnt war es noch nicht sehr dunkel, aber hier drinnen mußte man schon sehr aufpassen, damit man nichts übersah. Unter jedem der hohen Bäume, ragten mit Moos überzogene Wurzeln hervor, die ein ideales Versteck, für die doch meist kleinen Wesen sein konnten. Ich sah mir die unmittelbare Umgebung möglichst unauffällig an, konnte aber nichts entdecken. Vor mir stand ein kleines Gebüsch, an dem gelbliche Früchte wuchsen, die ich noch nie gesehen hatte. Drei Meter links von mir standen ein paar Pilze, mit verschieden farbigen Hüten. Da gab es flache, braune Hüte; aufgeblähte rötliche und einer mit einem spitzen, blauen Hut.
Ich kannte keinen einzigen von diesen Pilzen und wollte gerade weitergehen, als mir etwas in den Sinn kam. Spitze, blaue Hüte? Sicherlich brachte die Natur die verschiedensten Formen und Farben hervor, aber von so etwas hatte ich noch nie gehört. Außerdem fiel mir ein, daß Yava gesagt hatte, ich solle nach Dingen Ausschau halten, die nicht in die Landschaft paßten. Mir kam es so vor, als ob das mit diesem Pilz so war. Ich beschloß der Sache auf den Grund zu gehen. Vorsichtig ging ich näher und fing an die anderen Pilze zu pflücken. Ich beobachtete dabei den mit dem blauen Hut und achtete nicht darauf, was ich alles in meine Tasche steckte. Und siehe da, es dauerte nicht lange, bis sich der „Pilz“ bewegte. Mein Herz fing an zu rasen und ich wurde sehr unruhig. ‘Laß dir nichts anmerken!‘ schalt ich mich selber und wäre dennoch beinahe vor Aufregung über meine eigenen Füße gestolpert.
Aus den Augenwinkeln heraus betrachtete ich den Pilz, der sich als kleines Wesen mit Knollennase, großen Ohren und einer blauen Kappe, die ich irrtümlich für den Hut eines Pilzes gehalten hatte, herausstellte. Es ging neugierig um mich herum und musterte mich eingehend. Ich sammelte weiter die Pilze ein und hoffte inständig, daß es nicht bemerken würde, wie aufgeregt ich war. Immer wieder schielte ich verstohlen zu ihm rüber und bemerkte, wie es öfter den Kopf schüttelte, als ich den einen oder anderen Pilz einsammelte.
„Sowas, sowas, sowas,“ hörte ich eine krächzende Stimme „bedienen sich im Wald ohne zu wissen, was sie da einstecken! Menschen! Muß ich mal wieder eingreifen, wie immer. Muß mich ja um alles kümmern! Wie immer! Weiß schon warum ich hier gewartet habe, weiß schon warum. Es kommen immer Menschen, dumme, dumme Menschen!“
Und ehe ich mich’s versah, lief es schnell um mich herum und ein paar Pilze flogen aus meiner Tasche. Wenn ich den kleinen Kerl nicht hätte sehen können, hätte ich davon nicht mal was bemerkt.
Ich hätte mich aber fast erraten, als ich beinahe einem der Pilze ausgewichen wäre, die es aus meiner Kutte geworfen hatte. Da das so schnell passiert ist, wäre es bestimmt aufgefallen. Ich schaffte es aber noch rechtzeitig nicht auszuweichen und zertrampelte den Pilz. Um das Wesen noch mehr in Sicherheit zu wiegen, schallt ich mich über meine eigene Tolpatschigkeit.
„So ein Mist, hier sind schon so wenig Pilze und ich zertrete noch welche! Wie konnte der nur aus meiner Kutte fallen! Ich muß mehr aufpassen.“
„Hihihi, ich weiß wie sie aus der Kutte fielen, ich weiß es! Habe es ja selbst getan, ja ja, ich war es dummer Mensch!! Dummer, dummer Mensch, aber du kannst mich ja nicht sehen! Dumme Menschen, dumme, dumme Menschen!“ Sprach es und hockte sich wieder auf den Boden.
Ich mußte machen, daß ich hier wegkam, sonst würde ich mich durch mein Lachen, das unmittelbar bevorstand am Ende doch noch verraten. Ich tat so, als ob ich mit dem Sammeln fertig wäre und ging schleunigst mehrere Meter weit weg. Als ich mich in sicherer Entfernung glaubte, konnte ich das Lachen nicht mehr halten. Laut prustend stieß es aus mir heraus. Das war aber auch eine zu komische Begegnung. Langsam beruhigte ich mich wieder und ging noch ein Stück weiter. Als ich mir aber das Gesicht das der kleine Kerl gemacht hätte, wenn ich ihn angesprochen hätte vorstellte, mußte ich wieder lauthals lachen.
„Wwäärr sstöörrt da meine Rruhe?“ hörte ich plötzlich eine schrille Stimme.
„Wwäärr macht da sso einen Läärrm?“
Ich mußte mich wieder sehr zusammenreißen, daß ich mich nicht durch zusammenzucken oder ähnliches verriet. Obwohl die Stimme alles andere als freundlich klang, war meine Neugier nach dem Vorfall von eben geweckt. Ich tat so, als ob ich an einem nahegelegenen Strauch ein paar Beeren pflücken wollte und sah mich nach allen Seiten um. Rechts von mir, unter einer besonders mächtigen Tanne, halb verdeckt von den herabhängenden Zweigen, saß eine etwas 40 cm große Gestalt und beobachtete mich. Der häßliche Kopf, der mit wirr abstehenden, grünen Haaren übersät war, saß auf einem viel zu kleinen, dürren Körper. Sie war bekleidet mit irgendwelchen Lumpen, aber an den freien Armen und am Gesicht, konnte ich die blaue Hautfarbe erkennen. Und trotz ihrer geringen Größe, jagte die Gestalt mir einen furchtbaren Schrecken ein. Irgendwie strahlte sie etwas böses aus und die finsteren Augen, sowie die verzerrten Gesichtszüge, verhießen nichts Gutes.
Während ich ein paar Beeren in meine Tasche steckte, schielte ich immer wieder unauffällig zu der Gestalt hinüber, denn ich wollte ihr um nichts in der Welt den Rücken zukehren.
„Eiin Menssch, natüürrlich, wass denn auch ssonsst?! Ein Menssch, ein Menssch ein Menssch! Machen immmär nur Ärrgääärrrr! Ein Menssch! Wirrsst dich gleich wundäärrn wwo du bissst!
Wirrsst gleich nicht mährr wisssen WO du bissst !! Hihihihihi, kennssst dich gleich nicht mährr auss!“
Die Stimme von dem garstigen Wesen schwoll immer mehr an und ich bekam eine Gänsehaut. Vielleicht war es doch keine so gute Idee alleine loszuziehen. Mir wäre wesentlich wohler, wenn Yava oder wenigstens Cilia hier wären. Und dann kam diese Kreatur auch noch aus ihrem Versteck und ging langsam auf mich zu! Es kostete mich sehr viel Überwindung nicht einfach davon zu laufen, aber verraten wollte ich mich auch nicht und somit vielleicht unsere ganze Mission gefährden. Die Kreatur kam immer näher, bis seine dürren und vor Dreck starrenden Hände, deren Fingernägel in langen, scharfen Krallen endeten meine Füße berührten. Vor Schreck wie gelähmt konnte ich nicht s dagegen tun.


Und nun geschah etwas seltsames. Meine Füße drehten sich in eine bestimmte Richtung und obwohl ich es versuchte, konnte ich nichts dagegen tun! Und auf einmal fing ich an in diese Richtung zu gehen. Ich sträubte mich, aber es gelang mir nicht den Vorgang zu stoppen! Immer weiter ging ich in die Richtung, die mir wie es schien von der Kreatur vorgegeben wurde.
„Wirst bald niemanden mehr stören. Heh he. Wirst bald nicht mehr im Wald umherlaufen! Geh nur hübsch weiter und folge meinem Weg! Narr, großer dämlicher Narr! Heh he he he!“
Ich bekam es mit der Angst zu tun. Ohne daß ich es wollte, ging ich immer weiter in den Wald hinein und konnte nichts gegen den Willen der Kreatur ausrichten. Und plötzlich kam mir die Geschichte von Wengor wieder in den Sinn. Hatte Yava nicht erzählt, das Mädchen wurde von einem Waldgeist in die Irre geführt?! Ja, so war es. Wie hieß er gleich noch.
Leshy! War das hier ein Leshy? Oh Gott Yava, wo bist du? Hilf mir doch!
Mir mußte unbedingt etwas einfallen. Ich wollte den Leshy nicht unvermittelt ansprechen, da ich somit preisgeben müßte, daß ich ein Sehender war. Aber was sollte ich sonst tun?
Da kam mir die rettende Idee. Es fiele bestimmt nicht auf, wenn ein Mensch der im Wald herumlief seinen Hund riefe. Das war es !
Nur einfach rufen konnte ich ihn auch nicht. Er antwortete bestimmt darauf und ein sprechender Hund fiele wiederum auf. Ich mußte ihn also irgendwie warnen. Und ich wußte auch schon wie.
„Barko alter Junge, wo steckst du? Sofort kommst du zu Herrchen! Bei Fuß!!“
Das merkte Yava bestimmt, denn ich hatte weder ‚Komm zu Herrchen‘ noch ‚Bei Fuß jemals zu ihm gesagt.
Der Leshy schaute verwirrt umher. Er hatte wohl geglaubt ich sei alleine.
„Was soll das? Was machst du da? Wen rufst du?“ Hektisch rannte er um mich herum und schaute nach allen Seiten.
Ich merkte, daß ich langsam die Gewalt über meine Füße wiederbekam.
„Wer ist da noch? Wer kommt denn da?“ aufgeregt begann der Leshy herumzuhüpfen.
Hinter mir raschelte es im Gebüsch. Ich drehte mich um und sah Yava auf mich zulaufen. Mir fiel ein Stein vom Herzen!
„He mein Freund, komm her zu mir!“ Ich kniete mich nieder und Yava lief in meine ausgebreiteten Arme. Mit der Hand kraulte ich seinen Hals und deutete mit den Augen auf den Leshy. Yava knurrte leise, wohl um mir zu zeigen , daß er verstanden hatte.
Er trottete wie zufällig auf den völlig verdutzten Leshy zu und, ich traute meinen Augen nicht, hob sein Bein und pinkelte ihn von oben bis unten an!
Ich drehte mich sofort um und vermied somit im letzten Moment einen Lachanfall. Und so konnte ich nur noch die Stimme des Leshys hören.
„Hast mich naß gemacht! Hast mich Naß gemacht! Hast Bargala a n g e p i n k e l t !!! Mistvieh! Menschenfreund! Köter! M I S T K Ö T E R !“ Wutentbrannt stapfte er davon.
Ich konnte nicht länger an mir halten und lachte aus vollem Halse.
„Oh Yava, wie bist du nur auf die Idee gekommen ihn anzupinkeln? Hast du sein Gesicht gesehen, als du...“
„Sei still du Narr!“ herrschte Yava mich an „Willst du uns unbedingt verraten“
Er drehte sich nach allen Seiten um, konnte aber zu unserem Glück niemanden entdecken.
„Lerne dich zu beherrschen, sonst war alles umsonst.“
Sein Tonfall lies vermuten, daß er sehr zornig war.
„Entschuldige bitte.“ Sagte ich kleinlaut. „Aber es sah einfach zu komisch aus als du ihn ...“
„Das ist egal! Wenn du dich nicht zusammenreißen kannst, dann wirst du uns verlassen müssen. Wir können es uns nicht leisten schon so früh entdeckt zu werden! Und wage es nie wieder ‚komm zu Herrchen‘ zu mir zu sagen.
Du warst nie mein Herr und wirst es auch nie sein!“
Er drehte sich um und trottete davon.
Etwas verwirrt über seinen Wutausbruch ging ich hinterher. Sicherlich war es falsch und unbedacht gewesen so laut mit ihm zu reden. Aber es war ja auch keine Absicht. Und das mit dem Herrchen hatte ich ja auch extra so gesagt, damit er mißtrauisch werden sollte. Hat ja auch wunderbar geklappt. Auf der anderen Seite hatte Yava wiederum recht. Es war wirklich ziemlich töricht von mir. Ich mußte einfach lernen mich besser zu beherrschen. So nahm ich mir vor besser aufzupassen und nicht immer so voreilig zu handeln.
Als wir unser Lager erreichten, legte Yava sich hin, ohne noch ein Wort über den Vorfall zu verlieren. Und da ich ihn nicht noch wütender machen wollte, tat ich ebenso. Von Cilia war auch noch nichts zu sehen und so schloß ich die Augen um ein wenig zu schlafen.

„Wach auf Gordon, Cilia ist zurück.“ Yava stupste mich mit seiner Nase an und ich war sofort hellwach.
Nichts an seiner Stimme verriet, daß er noch wütend auf mich war. Erleichtert darüber streckte ich mich und wand mich dann Cilia zu, die sich neben mir auf den Boden niederließ.
„Hast du etwas herausgefunden?“
„Ein wenig. Also Wengor wohnt hier im Wald und seine Höhle soll auch gar nicht allzuweit von hier entfernt sein.
Aber sie ist sehr gut versteckt und nur wenige wissen, wie man dorthin kommt.“
„Hast du jemanden gefunden, der uns den Weg beschreiben kann?“ wollte Yava wissen.
„Nicht direkt. Ich habe einen Elfen getroffen. Einen sehr netten übrigens! Er hat mir gesagt, daß ich die schönste kleine Fee bin, die er jemals...“
„Zur Sache bitte!“
„Was? Ach ja, also der nette Elf hat mir erzählt, daß gar nicht weit von hier ein Erdloch ist. In diesem Erdloch wohnt ein Gnom namens Xyleanthecus“
„Xyle... Was?“ fragte ich verdutzt.
„Xyleanthecus. Jedenfalls soll er wissen, wie man zu Wengor kommt.“
„Die Frage ist nur, ob man ihm trauen kann!“
„Einem Gnom??“ Cilia war richtig entrüstet. „Jetzt übertreibst du aber Yava! Niemals würde ein Gnom etwas schlechtes oder gar bösartiges tun! Das weißt du doch selber. Seit jeher sind sie die gutmütigsten und hilfreichsten Wesen in der Zauberwelt!“
„Bislang konnten Trolle auch nicht am Tage herumspazieren!“ wandte Yava ein.
„Das ist richtig, aber ein Gnom in den Diensten von Kartoqh? Das ist unmöglich!!“
„Wahrscheinlich hast du recht. Außerdem haben wir auch keine andere Wahl, wir müssen zu Wengor. Egal wie.“
„Dann laßt uns gehen“ sagte ich voller Tatendrang, denn ich war begierig darauf noch mehr Zauberwesen kennenzulernen.
„Also gut. Cilia, zeige uns den Weg!“
Eine Weile gingen wir suchend durch den Wald. Trotz der immer stärker werdenden Dunkelheit führte Cilia uns rasch an unser Ziel. Der Elf hatte ihr anscheinend nicht nur Komplimente gemacht, sondern auch eine sehr genaue Beschreibung des Weges zu Xyleanthecus Erdloch gegeben.
„Hier müßte es sein!“ Cilia entfernte sich ein wenig und blieb vor einem, etwa 20 Zentimeter großem Erdloch stehen.
„Warte mal!“ sagte Yava. „Vielleicht solltest du erstmal alleine gehen und Xyleanthecus suchen und mit ihm reden. Er braucht nicht gleich von Gordon zu erfahren. Und falls dir etwas komisch oder ungewöhnlich an ihm vorkommt, dann versuchen wir auf andere Weise zu Wengor zu kommen!“
„Wieso glaubt ihr, daß ich euch zu Wengor bringen werde?“
Erschrocken drehten wir uns alle um.
Zuerst sah ich niemanden, aber da sogar Cilia nach unten schaute, senkte auch ich den Blick und konnte nicht weit von mir entfernt eine etwa 12 Zentimeter große Gestalt erkennen. Es war der kleinste alte Mann, den ich je gesehen hatte.
Leicht grinsend stand er da und trug außer Fellschuhen eine Kutte, die aus dem Fell einer Maus gemacht zu sein schien.
Sein wallendes weißes Haar reichte ihm bis zu den Schultern und, soweit ich es aus der Entfernung erkennen konnte, sah er sehr weise aus.
„Aha, ein Sehender!“
Schuldbewußt sah ich zu Yava, aber der schüttelte nur mit dem Kopf. ‚Nicht deine Schuld‘ sollte das heißen.
„Wieso belauscht du unser Gespräch?“ wandte Yava sich ihm zu.
„Es war kaum zu überhören. Etwas unvorsichtig, wenn man nicht auffallen möchte!“
„Wer bist du?“
„Der den ihr sucht. Ich bin Xyleanthecus der Gnom! Verzeiht mir meine Unhöflichkeit, aber im Angesicht der Tatsache, daß ihr nicht gerade meine Größe habt, kann ich euch kaum in mein Heim bitten. Wenn ihr also etwas von mir wollt, dann sagt es mir doch bitte gleich hier. Um euch zu beruhigen, es ist außer uns niemand anwesend!“
„Nun uns wurde erzählt, daß du den Weg zu Wengors Höhle weißt. Und dort wollen wir hin. Wenn du also so freundlich wärst uns den Weg zu beschreiben, wären wir dir sehr dankbar!“
„Was glaubst du warum es so schwer ist zu seiner Höhle zu kommen! Eben damit nicht jeder dahergelaufene sie oder Wengor selbst findet. Er hat nur wenigen verraten wo er lebt, damit er nicht ständig belästigt oder um Gefälligkeiten gebeten wird! Warum also sollte ich euch zu ihm bringen?!“
„Es ist äußerst wichtig, daß wir ihn treffen.“ Fiel ich in das Gespräch ein. „Er muß uns unbedingt helfen, damit wir nicht ohne Waffen zu ...“ ich besann mich noch rechtzeitig „.. zu einem wichtigen Kampf gehen müssen.“
„Was könnte so wichtig sein?“
Yava schnaufte tief .
„Also gut. Sagt dir der Name Kartoqh etwas?“
„Bei Yrkianth, wem sagt dieser Name nichts!“
„Mehr kann ich dir im Moment nicht sagen. Wenn du uns zu Wengor bringst, wirst du den Rest erfahren, nur noch soviel. Es ist unerläßlich, daß Wengor uns hilft, sonst gerät bald alles aus den Fugen!“
„Es hat etwas mit der Erneuerung des Bannzaubers zu tun, stimmt’s?! Natürlich, so muß es sein! Gut, ich werde euch zu ihm bringen!“
Yava nickte zustimmend.
„Laßt uns bis morgen warten. Das Menschenkind sieht sehr müde aus und außerdem werden wir eine Weile unterwegs sein.“
„Aber der Elf sagte doch, daß die Höhle in der Nähe ist“ protestierte Cilia.
„Schlau eingefädelt von Wengor, nicht wahr?! In jedem Teil des Waldes wirst du jemanden finden, der das gleiche behauptet. Wenn man allen glauben schenken täte, dann hätte Wengor ungefähr 50 Höhlen hier im Wald. Diese kleine Schwindelei wird von den wenigen Geschöpfen aus Dankbarkeit verbreitet, denen Wengor einmal geholfen und sie darum gebeten hat.“
„Also gut laßt uns bis zum Morgengrauen ausruhen“ Yava legte sich auf den Boden und wir anderen taten das Gleiche.
Xyleanthecus verschwand in seiner Höhle.
Ich schlief sehr unruhig. Ständig wurde ich im Traum von irgendwelchen Märchenwesen verfolgt oder gepiesackt.
Die ganzen Ereignisse der letzten Tage ließen mich nicht zur Ruhe kommen. All die neuen Eindrücke und Erfahrungen machten meinem Geist und meiner Seele ganz schön zu schaffen. Trotzdem war ich relativ ausgeruht, als Cilia mich am nächsten morgen weckte.
Yava und Xyleanthecus standen schon zum Abmarsch bereit.
„Cilia!“ wandte sich letzterer an die kleine Fee. „Du hast doch die Gabe andere Wesen zu spüren. Funktioniert das auch wenn dieses Wesen unter der Erde ist?“
„Ich denke schon, außer du schwimmst zu weit unten!“
„Nein, das werde ich nicht! Ich gehe also voraus und ihr folgt mir mit deiner Hilfe. Dadurch fallen wir so gut wie gar nicht auf. Und wenn du mich verlieren solltest, dann sage Yava, daß er bellen soll. Das werde ich schon hören“
„Das ist eine gute Idee! Also los!“
„Moment mal, ich verstehe überhaupt nichts. Wer wird hier schwimmen und vor allen Dingen wo? Und wieso unter der Erde!“ Ich verstand wirklich nichts von dem was die Beiden da gerade besprochen hatten.
„Das ist ganz einfach Gordon! Gnome haben die Fähigkeit unter der Erde zu laufen. Manche sagen auch schwimmen dazu. Xyleanthecus wird sich unterirdisch fortbewegen und ich folge ihm durch meine Kräfte. So fallen wir nicht weiter auf und kommen auch ans Ziel.“
„Muß einem ja gesagt werden!“ murmelte ich und steckte Cilia wieder unter meine Kutte.
Xyleanthecus verschwand in der Erde und Cilia sagte mir in gewissen Abständen, in welche Richtung ich gehen sollte.
Yava trottete hinter mir her und so sah es für einen fremden Betrachter so aus, als ob ein Mann mit seinem Hund einen Waldspaziergang machen würde. Und genauso sollte es ja auch aussehen.
Am Tage wirkte der Wald etwas weniger bedrohlich. Es wurde zwar auch jetzt noch nicht richtig hell, trotzdem sah alles viel freundlicher aus. Aber etwas störte mich trotzdem. Ich kam nicht gleich drauf was es war. Die Bäume hier waren zwar ungleich größer als im Wald der nahe bei Schloß Darlington war, aber ansonsten unterschieden sie sich kaum.
Auch die Dunkelheit hier drinnen war es nicht. Nach einer Weile aber kam es mir in den Sinn.
Es war kein Vogel zu hören. Nicht, daß es absolut still war. Neben unseren Schritten auf dem Waldboden hörte man schon das eine oder andere Geräusch eines Tieres, aber es sang nicht ein einziger Vogel!
Da ich unsere Tarnung nicht auffliegen lassen wollte, Yavas Wutausbruch nach der Begegnung mit dem Leshy war mir noch zu gut in Erinnerung, beschloß ich die Anderen erst später nach dem Grund zu fragen. Und es mußte einen Grund dafür geben, daß es so still war hier.
Ich schob den Gedanken beiseite und beschloß meine Augen noch ein wenig zu schulen. Es war schon einigermaßen aufregend durch den Wald zu marschieren und zu wissen, daß quasi hinter jedem Stein oder jeder Wurzel Etwas oder Jemand stecken könnte. Zunächst bemerkte ich jedoch nichts. So sehr ich mich auch bemühte und mir die Augen verrenkte, ich konnte einfach nichts und Niemanden ausfindig machen! Wahrscheinlich war es doch nicht so, daß es hier vor Zauberwesen so wimmelte. Wenn dieser Xyleanthecus durch die Erde laufen konnte, dann würden dies wohl auch die anderen Gnome tun. Das war bestimmt sicherer, als über dem Erdboden zu laufen. Von daher war die Wahrscheinlichkeit eher gering einen zu entdecken. Außerdem waren sie mit ihren knapp 12 Zentimetern auch sehr klein, was es noch schwieriger machte einen zu sehen. Die Trolle dagegen sollten ja noch größer sein als ich, aber wenn sie normalerweise nur nachts umherstreifen konnten, würde ich wohl tagsüber von denen auch keinen zu Gesicht bekommen. Das war mir auch lieber, denn die kleineren Wesen, wie etwa der Leshy hatten mir schon Angst eingeflößt. Und ich muß gestehen, daß ich nicht gerade Lust hatte zu wissen, wie ich wohl auf ein solch großes Ungeheuer reagieren würde.
Aber einen Leshy konnte ich auch nicht entdecken. Vielleicht hatte der Andere seine Artgenossen vor einem jungen Menschen mit Hund gewarnt, der die Angewohnheit hatte mit Vorliebe kleine Waldgeister anzupinkeln.
Ich mußte bei dem Gedanken an die Szene ein Lachen unterdrücken.
So schritten wir dahin, ohne, daß ich irgend etwas zu Gesicht bekam.
Gegen mittag machten wir an einem kleinen Bach halt, der nahe an einer großen Eiche vorbeifloss. Als ich mich erschöpft an den dicken Stamm lehnte, verspürte ich zum ersten Mal großen Hunger. Seit unserem Aufbruch vor drei Tagen, hatte ich nichts richtiges mehr gegessen.
Yava ging an den Bach und trank. Als er fertig war kam er zu mir getrottet und sah mich an.
„Ich glaube wir sind relativ sicher hier“ flüsterte er.
„Cilia, schau dich doch einmal vorsichtig um, ob irgendwer in der Nähe ist. Aber mach dich vorher
unsichtbar! Deine Kräfte sollten dafür reichen.“
„Ist gut!“
Ich fühlte, wie Cilia aus meiner Kutte kroch, konnte aber nichts sehen. Es war schon
beeindruckend über welche Fähigkeiten sie verfügte.
Nach einer Weile mußte sie wohl zurückgekehrt sein, denn Yava murmelte etwas von ‚Gut, dann
machen wir hier Rast‘
Kurz darauf kam Cilia wieder zum Vorschein. Ganz langsam, wie der Morgennebel der Sonne wich, wurde sie wieder sichtbar. Später erklärte sie mir einmal, daß dies wesentlich besser sei, als urplötzlich wieder zu erscheinen, denn das würde viel eher auffallen, als ein allmähliches Wiederauftauchen.
Yava kam zu mir an den Stamm und wir setzten uns so hin, daß Cilia zwischen uns war und von einem heimlichen Beobachter nicht sofort erkannt werden konnte. Nun erschien auch Xyleanthecus. Mit einemmal kam er mitten zwischen uns aus dem Erdreich. Am meisten verwunderte es mich, daß er nicht einmal dreckig war. Seine Kleidung, Schuhe und auch seine kleinen Hände waren blitzsauber.
„Wie lange dauert es denn noch?“ wollte ich wissen. „Ich sterbe vor Hunger!“
„Nun, wir haben etwas mehr als die Hälfte. Bei Einbruch der Dämmerung werden wir Wengors Höhle erreicht haben!
Aber gegen deinen Hunger habe ich etwas!“
Flugs verschwand er wieder im Boden und hatte nach ein paar Augenblicken eine beträchtliche Anzahl kleiner Wurzeln herangeschafft. Gierig wollte ich zugreifen, doch Yava legte eine seiner Pfoten auf meine ausgestreckte Hand.
„Es ist nichts persönliches!“ wandte er sich an Xyleanthecus „Aber hättest du die Güte zuerst einen Bissen zu nehmen?
Wir müssen sehr vorsichtig sein und im Moment könnte ich noch nicht sagen, daß du dir unser Vertrauen schon verdient hättest!“
„YAVA!“ Cilia war richtig erbost.
„Schon gut kleine Fee“ beschwichtigte Xyleanthecus. „Yava hat recht! Wenn man sich mit Kartoqh anlegt, und das habt ihr wohl vor, so wie ich euch verstanden habe, dann kann man nicht vorsichtig genug sein!“
Er nahm eine der Wurzeln und wollte gerade hineinbeißen, als Yava wieder dazwischen ging.
Er nahm eine andere Wurzel von dem kleinen Haufen und reichte sie Xyleanthecus.
„Nimm diese hier!“
Xyleanthecus lächelte nur, nahm die andere Wurzel und biß hinein.
„Siehst du, er ist nicht tot umgefallen!“ Cilia war immer noch böse.
Wieder wollte ich nach einer Wurzel greifen, als Yava mich abermals daran hinderte.
„Warte noch!“
Xyleanthecus schluckte den letzten Rest den er im Mund hatte herunter und sah Yava an.
„Bist du zufrieden?“
Er nahm seine Pfote von meiner Hand und nickte Xyleanthecus zu.
Gierig verschlang ich die Wurzeln, deren Geschmack mich an den von Nüssen erinnerte. Schnell hatte ich alles aufgegessen. Ich wurde zwar nicht sonderlich satt davon, aber für den Moment reichte es ersteinmal.
Schweigend ruhten wir uns noch eine Weile aus, bis Xyleanthecus das Wort ergriff.
„Wenn wir vor Einbruch der Nacht ankommen wollen, dann müssen wir weiter!“
Widerwillig erhob ich mich und steckte Cilia unter meine Kutte. Xyleanthecus verschwand wieder in der erde und wir setzten unsere Reise fort.
Mir kam es so vor, als ob der Wald immer dichter wurde. Die Bäume standen enger zusammen und das Blätterwerk war wie das Dach eines Hauses, des größten Hauses der Welt. Die zunehmende Dunkelheit tat ihr übriges dazu und bald schon war es für mich relativ schwer den Weg zu erkennen. Lange schon hatte ich es aufgegeben nach Zauberwesen Ausschau zu halten, denn ich hatte genug damit zu tun nicht gegen einen Baum zu laufen oder niedrig hängende Äste aus dem Weg zu biegen. Außerdem überkam mich immer mehr eine Schläfrigkeit, wie ich sie noch nie erlebt hatte.
Der lange Fußmarsch und die fremdartigen Gerüche des Waldes lullten mich regelrecht ein. Deshalb war ich heilfroh, als Xyleanthecus plötzlich aus der Erde auftauchte und unseren Marsch stoppte.
Er hangelte sich mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit und Eleganz zu Yavas Ohren hinauf und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Yava nickte und kam zu mir.
„Wir sollen hier warten. Xyleanthecus geht ersteinmal alleine um zu erfahren, ob Wengor uns überhaupt empfangen will.“
„Wo soll denn hier eine Höhle sein?“ wollte ich wissen.
Soweit ich es erkennen konnte, waren rechts und links von uns nur Bäume. Hinter uns konnte auch nichts sein, denn sonst wären wir ja über die Höhle hinweggelaufen. Vor uns aber erhob sich eine Felswand von etwa drei Metern Höhe, an der aber auch keinerlei Eingang zu erkennen war.
„Wenn Xyleanthecus es sagt, dann wird es wohl hier irgendwo sein. Außerdem glaube ich nicht, daß Wengor seinen Höhleneingang besonders kenntlich gemacht hat. Im Gegenteil, er wird schön versteckt sein, damit ihn niemand so leicht findet.“
„Da hast du wohl recht.“
Wir standen eine Weile da und nichts passierte.
„Was machen wir, wenn Xyleanthecus keinen Erfolg hat und Wengor uns gar nicht sehen will?!“
„Nun, dann werden wir wohl oder übel Xyleanthecus die ganze Geschichte erzählen müssen, damit er sie Wengor vorträgt. Und wenn er uns dann immer noch nicht sehen will, dann ...“
„Was dann?“
„Dann weiß ich auch nicht weiter. Ohne die Hilfe von Wengor haben wir so gut wie keine Aussicht auf Erfolg.“
Das war eine klare, wenn auch nicht gerade beruhigende Feststellung.
 

yyrshomool

Mitglied
Gruess Dich, Pennywise...

Ich habe angefangen, Deine Geschichte zu lesen. Eigentlich wollte ich ja bis morgen warten, wenn ich im Auto nach Chicago sitze, aber na ja...

Ich habe hier nur mal ein paar generelle Ideen zusammengetragen:

Der Anfang: Wir gingen die ganze Nacht hindurch.
Da muss mehr rein! Lass sie marschieren, hasten, eilen... gehen ist ein sehr schwaches Wort.

Du hast die Tendenz zu sehr langen Sätzen. Die meisten kannst Du zweiteilen, oder anderweitig aufbrechen. Auch finde ich eine Menge unnützer Nebensätze.
Beispiel: ... die ich noch nie betreten hatte.
Besser: in mir unbekannte Gegenden.

Kommas: Wie ist denn das mit der neuen Rechtschreibung? Wenn es den erweiterten Infinitiv mit um zu noch gibt, und der auch noch mit einem Komma abgetrennt werden muß, dann hast Du noch ein bisschen Arbeit vor Dir. ;)
Die fehlen dann nämlich zuhauf.
Wenn das alles freier geworden ist... fein, dann streiche diese Äußerung.

Satzanfänge und Struktur:
Manchmal wird es eintönig:
Yava kam... Cilia schlüpfte... Yava teilte...
Subjekt immer vorne. Das liest sich nicht mehr so schön.

Zeit: Yava kam gerade...,...prüfen wollte,... alleine SIND.
Alleine WAREN,um das Zeitgefüge zu erhalten.

Der ganze Teil über die fremden Rassen: Das ist alles Nacherzählung! Ich erinnere mich an einen sehr netten Dialog, den Du hier mal veröffentlicht hast. Lass die Charaktere hier miteinander sprechen, dann wird es lebendiger. Und speziell in dieser Sektion gibt es einige wirklich langeeeeeeeee Sätze.

Wortdoppelungen:
Zaubersprüche... Gegenspruch...
Fähigkeit... befähigt...

Achte da mal drauf.

Unnützes: ... die er mir sagen wollte.
Natürlich. Das ist logisch, daß er es ihm sagen wollte. ... kam er zur eigentlichen Sache. Ohne Nachsatz.

Das sind so einige stilistische Dinge, die mir aufgefallen sind. Der Anfang an sich ist sehr schön gewählt. Du solltest Dir dennoch etwas mehr Zeit lassen. Mit den Charakteren, meine ich. Laufe mit ihnen mit, beschreibe den Wald mit den Kreaturen (die ja von der Hauptperson übersehen werden). Charakterisiere die Figuren schon durch ihre Sprechweise.
Ich bin mal hin und hergesprungen, im Text,meine ich, und die Dialoge waren alle schick. Wenn das Deine Stärke ist, lebe sie aus.

Ach ja: der Eifer wich schmerzenden Füßen?
Eifer kann Niedergeschlagenheit weichen, Faulheit oder so... aber schmerzenden Füßen?
Weiß nicht...

Mußt Du aber nicht ändern. Hört sich nur seltsam an... in meinen verklebten Ohren, meine ich.

Jedenfalls freue ich mich schon auf den Rest der Geschichte und werde auch weiterhin kein Blatt vor den Mund nehmen.

Schönes Wochenende

Micha
 

Pennywise

Mitglied
Hi Micha !

Ich habe jetzt das gesamte Kapitel ausgebessert. Bin Dir sehr dankbar für Deine Hilfe. Aber das sollte ja auch der Sinn diese Forums sein, auch wenn sich in der Hinsicht nicht viel tut hier... :(

Laß mal ne Mail rüberwachsen, wenn Du Zeit hast.

Cya,

Matthias
 

yyrshomool

Mitglied
Hi Penny...

ja, die Lupis lesen eher als daß sie antworten.

Aber dafuer bin ich ja da. :)

Ich muss mich jetzt ein bisschen dranhalten.

Erst mal so....

Der Text hat mir immer besser gefallen. Vor allem die Beschreibungen der Fantasywesen, und vor allem, wie sie agieren. Der Leshy, z.B., den konnte ich richtig SEHEN. Ja, auch ich bin ein Sehender.

Ich gehe jetzt nicht auf jedes Komma ein. Davon gibt es einige! ;) Da musst Du Dich nochmal hinterklemmen.

Generelles:

1) Wortdopplungen, Wortdopplungen, Wortdopplungen!
Die müassen alle raus!

z.B. dreimal WAR in "Zwar war auch ich..."

2) Satzzeichen: Verfalle nicht in Comicstil. Ein Satzzeichen am Ende ist genug. Das ! oder das ?, niemals gemixt, verbunden, verkettet, hintereinander....

3) Zeit des Abenteuers: Auf den ersten beiden Seiten wird nicht klar, wo das alles spielt: Fantasywelt oder unsere Welt, Mittelalter, Neuzeit, Zukunft... Das sind wichtige Infos, die muessen gleich zu Anfang rein, sonst schwimmt der Leser.

4) Fragezeichen: Welche Gefahren lauerten auf uns? Kein Punkt! Davon gibt es einige!

5) Unnützes! Du hast eine Menge Nebensätze, die einfach nur füllen. Beispiel: Da es mich sehr interessierte wie Cilia... , fragte ich sie danach.
Natürlich interessiert es ihn, sonst würde er nicht fragen. Raus damit!
Danach mußt Du den ganzen Text durcharbeiten. Schaue Dir jedes Wort noch einmal an und frage Dich, ob es wirklich nötig ist.
Beispiel: sagte er folgende Worte. Weg mit den folgenden Worten!
Bsp: über den Scherz, den Cilia machte.
Weg mit dem Nebensatz. Daß sie es war, wissen wir doch.
BspÖ Es fehlten eigentlich nur...
Raus mit dem EIGENTLICH

Füllwörter, die Du gerne benutzt: eigentlich, wirklich,

6) WÜRDE.... na ja, das hatten wir ja schon besprochen. ;)

7) ... ob er allwissend ist! Nein: ob er allwissend SEI!

8) Die Stelle, an der das Mädchen verhungert im Wald liegt: Führ das mal noch ein bißchen aus. Das ging mir zu schnell, war zu abrupt zuende.

9) Da niemand wußte, wo die Hoehle sein koennte...
Sie KOENNTE ueberall sein. Sie wissen nicht, wo sie WAR!

10) Wenn Du aus der Sicht des Helden schreibst (1. Person), dann mußt Du aufpassen, daß Du nur beschreibst, was er auch wissen oder sehen kann.
Da ich Yava den Ruecken zukehrte...
Hier sieht er es nicht, also weiss er es nicht, also kann er es nicht erwähnen.
Laß ihn halt ein Gefühl haben und sich nach dem Hund umdrehen. Dann kann er ihn auch "sehen", wie er ihn beobachtet. Das ist ganz ganz wichtig.

Die nächste Seite finde ich sehr schön!

11) Nichts an seiner Stimme verriet, dass er noch wuetend auf mich war.
Hier sagst Du, dass er wuetend IST, Gordon dass aber nicht bemerkt!

12) Umstaendliches: ..., die aus dem Fell einer Maus gemacht zu sein schien.
Besser: ... anscheinend aus Maeusefell.
Davon gibt es auch eine Menge. Verkuerze!

13) So weit ich es aus der Entfernung...
na, so weit ist er doch nicht weg! Vielleicht: aus der Hoehe... oder: von oben....

14) zu einem wichtigen Kampf gehen müssen.
Man geht nicht zu einem Kampf.
Schau Dich mal nach schwachen Wörtern um: gehen, war, können, tun... die sagen nicht viel aus, dafür gibt es bessere, spezifischere Wörter.

15) machen würde.
Nicht sehr elegant! ;)

16) Deine Kräfte sollten dafür reichen.
Weg damit. Füllsatz!

17) .... so daß Cilia zwischen uns war...
Sehr umstaendliche Konstruktion. Und wieder ein WAR!

Es gefällt mir, was Du schreibst. Die Story ist schick. Die Wengorkorrektur schicke ich Dir irgendwann diese Woche.

Warte nicht mit dem Korrigieren, bis das Buch fertig ist. Die eigentliche Arbeit fängt erst an! Und zwar die Korrektur.
All den Kram, den ich hier geschrieben habe, der wurde mir auch vorgeworfen. Immer wieder.... und wieder... und jetzt klappt es langsam.

Verkuerzen! Kann ich gar nicht oft genug sagen. ;)

Sehr oft schreibst Du, wie wir sprechen. Das geht, wenn es aus der Sicht Gordons ist. Manchmal. Auf Dauer ermüdet es, denn der Leser will nicht andauernd EIGENTLICHs und dergleichen lesen. Oder IRGENDWIEs.

So, ich drucke mir jetzt Kapitel 3 aus!

Micha
 



 
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