Hallo Udo, hallo Herr Müller,
ins Fäustchen lache ich mir nicht - bin eher ziemlich verwirrt, weil ich selbst mein Gedicht für total klar hielt ;-). Gut, dass ihr mir die Augen öffnet - vielleicht könnt ihr mir ja helfen, auszudrücken, was ich wollte?
Also, ein (semantisches) Wortfeld ist ein "thematisches Gebiet" einer Sprache, und diese Felder zu untersuchen ist eine der unterschiedlichen Arten, linguistisch an eine Sprache heranzutreten. Ich habe hier das Wortfeld "Bezeichnungen für Leute, zu denen man in einer (mehr oder minder) nahen Beziehung steht" gewählt. Zu diesem Wortfeld gehören Begriffe wie Kollege, Freund, Mann/Frau, Geliebte(r) und Lebensabschnittsgefährte. Und ich wollte eben zeigen, dass rein sprachlich Beziehungen - meiner Ansicht nach - im Deutschen heruntergesetzt werden.
Z.B. Mein Bruder: In seinem (Schul-)Alter kann er noch keine "Kollegen" haben. Im Schulalter sollte man "Freunde" haben. Ein Freund bezeichnet einen Menschen, der einem näher steht, als ein Kollege. Dieses letztere Wort hat sich aber durchgesetzt - um die Distanz bloß zu wahren (was ich furchtbar finde)! Die Geschichte ist sogar wirklich wahr - mein Bruder hat früher z.B. "mein Freund" gesagt - und wurde dann (mit 11-12!) gefragt, ob er schwul sei. Seit dem gibt es nur noch "Kollegen".
Genauso absurd ist der Begriff "Freund" für den Geliebten. Der Geliebte sollte natürlich auch ein Freund sein - aber noch eine Ecke mehr! Der Aspekt der Liebe und Sexualität wird sprachlich untern Tisch gekehrt - so bleibt alles schön ordentlich sauber und unanstößig. Statt dessen dieses furchtbare durcheinander mit "bester Freund", "fester Freund", "guter Freund". Man kann nicht unbefangen "Freund" sagen, weil dann natürlich der "feste" vom Gesprächspartner ergänzt wird - spricht man nicht vom Geliebten, so muss man auf Hilfsbegriffe wie "guter Freund" oder "ein Freund von mir" ausweichen - als ob ein Freund nicht grundsätzlich gut wäre! So wird nicht nur die Liebe, sondern auch die Freundschaft reduziert!
Noch absurder ist, dass einer der wenigen Beziehungsbegriffe, der wirklich das Wort "Liebe" in sich trägt, "Geliebte(r)" (oder auch "Liebhaber(in)"), die Implikation von Affäre und Betrug am Ehegatten in sich trägt. Die Begriffe für die Ehepartner sind dagegen blass und nichtssagend - weil sie (d.h., die Wörter "Mann" und "Frau"), ebenso wie "Freund", schon durch eine viel allgemeinere Bedeutung besetzt sind. Natürlich kann man den Mann zur klarheit zum "Ehemann" ergänzen - aber das ist eine unbefriedigende Lösung, ähnlich wie der "gute Freund".
Und das Wort, was mich wirklich vom Hocker haut - der "Lebensabschnittsgefährte" - nun ja, da fehlen mir eigentlich die Worte ;-). Aber ein Liebesgedicht ist damit eindeutig nicht zu bewerkstelligenn!
So, das war es so ungefähr, was ich zeigen wollte. Was könnte ich denn ändern, damit es rüberkommt? (Ich glaube, die erste Strophe ist ziemlich mies, oder?)
Liebe Grüße,
presque_rien