Wie jeden Sonntag traf Julius sich mit seinem Cousin Wilhelm in ihrem Stammcafe. Das war auch notwendig, denn beide waren der Meinung, dass ein Mann auch einmal einen Tag für sich verbringen sollte. Und da die Ehefrauen der beiden sich gegenseitig nicht ausstehen konnten, war es nur logisch, dass sie sich miteinander trafen. So bestand keine Gefahr, dass die Frauen jemals mitkommen wollten.
Julius und Wilhelm hatten sich für dieses Cafe entschieden, weil es einen recht großen Spielplatz hatte, auf dem die Kleinen herumtoben konnten. Die beiden zeigten dem jeweils anderen immer wieder gerne, was ihre Kurzen schon wieder Neues gelernt hatten.
Wie jeden Sonntag kam Wilhelm auch heute wieder zu spät, Julius saß bereits bei seinem zweiten Kaffee. Er stand auf und warf einen Blick auf den Spielplatz, um festzustellen, was Sigurd so trieb. Befriedigt stellte er fest, dass Sigurd sich mit den anderen Kurzen gut verstand und setzte sich wieder.
Und da kam auch schon Wilhelm. Er setzte sich grußlos und begann sofort zu reden.
„Also gut“, sagte er. „Treffen sich zwei Hellseher. Sagt der eine: ‚Dir geht’s gut. Und wie geht’s mir?“
Julius gestattete sich ein leises Lächeln. Wilhelm begann ihre Treffen immer mit einem Witz, und auch wenn die meisten eher zur Kategorie „Uralt Und Gar Nicht Mal So Gut“ gehörten, so hätte Julius es trotzdem vermisst, wenn Wilhelm plötzlich damit aufgehört hätte.
„Hallo Wilhelm“, sagte Julius. „In der Tat, wie geht es dir?“
„Ich kann nicht genug klagen“, antwortete Wilhelm. Er war eben ein rechter Scherzbold. „Geronimo“, wandte er sich an seinen Kurzen. „Geh auf den Spielplatz und spiel mit Sigurd. Aber bleib in Rufweite.“
Der Kleine trottete gehorsam davon.
„Ich hab was Neues“, sagte Wilhelm begeistert. „Ein Kampfprogramm, das extra für die Kurzen entwickelt wurde. Du weißt schon, auf ihre Gelenke, die Gewichtsverteilung und die kurzen Extremitäten abgestimmt. Ich bin sicher, dass ihm das einen großen Vorteil bringt.“
„Davon hab ich schon gehört“, antwortete Julius. „Und zwar die unterschiedlichsten Dinge. Einige sind begeistert davon, andere schwer enttäuscht. Vor allem, weil es auch nicht grade billig ist. Das Preis/Leistungs-Verhältnis stimmt nicht.“
„Ich habe es noch nicht ausprobiert“, meinte Wilhelm. „Wir werden ja sehen. Sollen wir?“
„Sehr gerne, aber ich muss dich vorwarnen. Ich habe seit letzter Woche mein modulares System weiter ausgebaut. Es besteht jetzt aus Karate mit Einflüssen von Kapoeira und Aikido.“
Die beiden standen auf und gingen zum Spielplatz hinüber. Sigurd und Geronimo standen sich gegenüber und unterhielten sich in ihrer Sprache. Ein Zufallsgenerator rief aus dem Datenspeicher eines dritten Kurzen einen Song auf und plötzlich begannen alle Kleinen auf dem Spielplatz Salsa zu tanzen. Eines der billigeren Modelle im Hintergrund fiel dabei um. Als das Stück verklang richteten Sigurd und Geronimo sich wieder auf und gingen zu Julius und Wilhelm hinüber.
„Kampfmodus“, sagte Julius. „Du kämpfst gegen Geronimo.“
Sigurd drehte sich Geronimo zu und verbeugte sich, dann nahm er die Grundstellung ein. Seine ursprüngliche Außenhülle hatte Julius neu lackieren lassen, so dass er jetzt aussah wie ein Ritter aus der germanischen Sage, daher der Name.
„Kampfmodus Beta“, sagte Wilhelm. „Du kämpfst gegen Sigurd.“
Geronimo, dessen Lackierung an einen Apachenhäuptling gemahnte, drehte sich Sigurd zu und blieb einfach gerade stehen.
„Bis der erste umfällt?“, fragte Julius.
„Zwei von dreien, würde ich sagen“, antwortete Wilhelm.
„Also gut.“
Was nun folgte war ein Roboterkampf, bei dem es darum ging, den Gegner aus dem Gleichgewicht zu bringen und umzuwerfen, allerdings waren mehr als zwei Beine nicht erlaubt. In den letzten Monaten war Julius’ Sigurd immer als Sieger aus den Duellen hervorgegangen, was Wilhelm als nicht ganz fair empfand. Schließlich war Julius Maschinenbauingenieur und kannte sich mit Dingen wie Gyroskoplagerungen, Programmierung und so weiter aus. Sein Kurzer war sein ganzer Stolz, deswegen steckte er viel von seinem Know-how und seiner Freizeit in Sigurds Weiterentwicklung.
Wilhelm andererseits war reich, sein Geronimo besaß immer die neueste Technik und vor allem die beste Software, was seiner Kampftechnik sehr zugute kam. Sigurds Innenleben war oftmals aus Schrott zusammengebaut, aber sehr innovativ; so innovativ, dass manche der Dinge die Julius mit ihm angestellt hatte, erst nach einem halben Jahr als Nachrüst-Set auf den Markt kamen.
Die Rechnung ging auch diesmal auf. Während Geronimo sich mehr darauf konzentrierte selbst auf den Beinen zu bleiben und daher in die Defensive gedrängt wurde, konnte Sigurd gar nicht anders, als stehenzubleiben, wenn die Gyroskope in seinem Inneren ihn immer wieder so herumrissen, dass sein Schwerpunkt ausbalanciert war. Dadurch blieb ihm einfach mehr Rechnerkapazität, die er auf Geschwindigkeit und Vorausberechnung seiner eigenen Angriffe und der des Gegners verwenden konnte.
Immerhin dauerte der Kampf diesmal etwa doppelt so lange wie sonst. Auch wenn Wilhelm sehr säuerlich reagierte, beim nächsten Mal würde er den Cousin vielleicht schlagen.
„Warte nur, bis die ersten K.I.s auf den Markt kommen“, warnte er Julius.
„Künstliche Intelligenzen? Ich glaube das dauert noch“, antwortete dieser. „Wozu soll es überhaupt gut sein, eine Maschine zu bauen, die ihre Programmierung selbstständig erweitert? Und dann übertragen wir ihr vielleicht auch noch Verantwortung? Wenn wir nicht aufpassen haben wir das schönste George-Orwell-Szenario.“
„Du bist ein Schwarzseher“, tat Wilhelm Julius Einwände ab. „Stell dir vor, wie einfach das Leben sein könnte: Du kommst von der Arbeit nach Hause und dein Hauptcomputer hat bereits dein Abendessen hergerichtet und stellt dir verschiedene Möglichkeiten der Freizeitgestaltung zu Verfügung, während das Geschirr abgewaschen wird.“
„Von welcher Arbeit? Die, die ein Roboter für dich erledigt? Ich bin auch für Fortschritt, aber Technologie muss unter Kontrolle gehalten werden, sonst bemächtigt sie sich unserer. Gen-Technik zum Beispiel...“
„Jetzt hör aber auf“, unterbrach Wilhelm. „Leute wie du sind es, die die Technik unter mehr Kontrolle halten, als gut für sie ist. Trotzdem bin ich der Meinung, dass du nicht unrecht hast. Natürlich darf die Technologie nicht außer Kontrolle geraten, und vielleicht bin ich einer von denen, die ein bisschen zu leichtsinnig damit umgehen würden. Aber solange es Leute wie dich und mich gibt, werden wir dafür sorgen, dass alles einen geregelten Gang geht und zwar in einem gesunden Mittelweg.“
„Das kann ich nur hoffen, denn sonst...“
„Jetzt reicht es aber“, rief Geronimo missmutig und zog das Datenkabel aus der Buchse in seinem Brustkorb. Sofort hörte das Bilderzeugungssystem auf, Daten in seinen CPU einzuspielen und das Szenario um ihn herum verschwand.
Er saß wieder in seinem Datenstuhl in der Zentrale des Instituts für historische Effizienz, von dem er sich Aufschluss über einige Ungereimtheiten der Vergangenheit erhofft hatte. Als Mitglied des Rates musste er in einigen Zeiteinheiten eine Entscheidung treffen, über die ihm nicht genug Daten zur Verfügung gestanden hatten.
Also hatte er seinen Freund Sigurd darum gebeten, ihm Zugriff auf einige Datenbanken zu verschaffen.
Geronimo sah zu Sigurd hinüber.
„Erbärmlich“, sagte er. „Waren sie tatsächlich so?“
„Ja“, antwortete Sigurd. „Jämmerlich, nicht wahr?“
„In der Tat. Darum weiß ich auch schon, was ich dem Rat empfehlen werde.“
„Ich konnte dir also helfen? Das ist akzeptabel. Was wirst du anraten?“
„Was schon? Ich werde empfehlen sie einzusammeln und in Zoos zu stecken. Des weiteren werde ich eine umfassende Sterilisationsaktion als Zusatzmaßnahme anregen. Die Menschen sollen nie wieder ein solche Macht bekommen.“
„Akzeptabel“, sagte Sigurd.
Julius und Wilhelm hatten sich für dieses Cafe entschieden, weil es einen recht großen Spielplatz hatte, auf dem die Kleinen herumtoben konnten. Die beiden zeigten dem jeweils anderen immer wieder gerne, was ihre Kurzen schon wieder Neues gelernt hatten.
Wie jeden Sonntag kam Wilhelm auch heute wieder zu spät, Julius saß bereits bei seinem zweiten Kaffee. Er stand auf und warf einen Blick auf den Spielplatz, um festzustellen, was Sigurd so trieb. Befriedigt stellte er fest, dass Sigurd sich mit den anderen Kurzen gut verstand und setzte sich wieder.
Und da kam auch schon Wilhelm. Er setzte sich grußlos und begann sofort zu reden.
„Also gut“, sagte er. „Treffen sich zwei Hellseher. Sagt der eine: ‚Dir geht’s gut. Und wie geht’s mir?“
Julius gestattete sich ein leises Lächeln. Wilhelm begann ihre Treffen immer mit einem Witz, und auch wenn die meisten eher zur Kategorie „Uralt Und Gar Nicht Mal So Gut“ gehörten, so hätte Julius es trotzdem vermisst, wenn Wilhelm plötzlich damit aufgehört hätte.
„Hallo Wilhelm“, sagte Julius. „In der Tat, wie geht es dir?“
„Ich kann nicht genug klagen“, antwortete Wilhelm. Er war eben ein rechter Scherzbold. „Geronimo“, wandte er sich an seinen Kurzen. „Geh auf den Spielplatz und spiel mit Sigurd. Aber bleib in Rufweite.“
Der Kleine trottete gehorsam davon.
„Ich hab was Neues“, sagte Wilhelm begeistert. „Ein Kampfprogramm, das extra für die Kurzen entwickelt wurde. Du weißt schon, auf ihre Gelenke, die Gewichtsverteilung und die kurzen Extremitäten abgestimmt. Ich bin sicher, dass ihm das einen großen Vorteil bringt.“
„Davon hab ich schon gehört“, antwortete Julius. „Und zwar die unterschiedlichsten Dinge. Einige sind begeistert davon, andere schwer enttäuscht. Vor allem, weil es auch nicht grade billig ist. Das Preis/Leistungs-Verhältnis stimmt nicht.“
„Ich habe es noch nicht ausprobiert“, meinte Wilhelm. „Wir werden ja sehen. Sollen wir?“
„Sehr gerne, aber ich muss dich vorwarnen. Ich habe seit letzter Woche mein modulares System weiter ausgebaut. Es besteht jetzt aus Karate mit Einflüssen von Kapoeira und Aikido.“
Die beiden standen auf und gingen zum Spielplatz hinüber. Sigurd und Geronimo standen sich gegenüber und unterhielten sich in ihrer Sprache. Ein Zufallsgenerator rief aus dem Datenspeicher eines dritten Kurzen einen Song auf und plötzlich begannen alle Kleinen auf dem Spielplatz Salsa zu tanzen. Eines der billigeren Modelle im Hintergrund fiel dabei um. Als das Stück verklang richteten Sigurd und Geronimo sich wieder auf und gingen zu Julius und Wilhelm hinüber.
„Kampfmodus“, sagte Julius. „Du kämpfst gegen Geronimo.“
Sigurd drehte sich Geronimo zu und verbeugte sich, dann nahm er die Grundstellung ein. Seine ursprüngliche Außenhülle hatte Julius neu lackieren lassen, so dass er jetzt aussah wie ein Ritter aus der germanischen Sage, daher der Name.
„Kampfmodus Beta“, sagte Wilhelm. „Du kämpfst gegen Sigurd.“
Geronimo, dessen Lackierung an einen Apachenhäuptling gemahnte, drehte sich Sigurd zu und blieb einfach gerade stehen.
„Bis der erste umfällt?“, fragte Julius.
„Zwei von dreien, würde ich sagen“, antwortete Wilhelm.
„Also gut.“
Was nun folgte war ein Roboterkampf, bei dem es darum ging, den Gegner aus dem Gleichgewicht zu bringen und umzuwerfen, allerdings waren mehr als zwei Beine nicht erlaubt. In den letzten Monaten war Julius’ Sigurd immer als Sieger aus den Duellen hervorgegangen, was Wilhelm als nicht ganz fair empfand. Schließlich war Julius Maschinenbauingenieur und kannte sich mit Dingen wie Gyroskoplagerungen, Programmierung und so weiter aus. Sein Kurzer war sein ganzer Stolz, deswegen steckte er viel von seinem Know-how und seiner Freizeit in Sigurds Weiterentwicklung.
Wilhelm andererseits war reich, sein Geronimo besaß immer die neueste Technik und vor allem die beste Software, was seiner Kampftechnik sehr zugute kam. Sigurds Innenleben war oftmals aus Schrott zusammengebaut, aber sehr innovativ; so innovativ, dass manche der Dinge die Julius mit ihm angestellt hatte, erst nach einem halben Jahr als Nachrüst-Set auf den Markt kamen.
Die Rechnung ging auch diesmal auf. Während Geronimo sich mehr darauf konzentrierte selbst auf den Beinen zu bleiben und daher in die Defensive gedrängt wurde, konnte Sigurd gar nicht anders, als stehenzubleiben, wenn die Gyroskope in seinem Inneren ihn immer wieder so herumrissen, dass sein Schwerpunkt ausbalanciert war. Dadurch blieb ihm einfach mehr Rechnerkapazität, die er auf Geschwindigkeit und Vorausberechnung seiner eigenen Angriffe und der des Gegners verwenden konnte.
Immerhin dauerte der Kampf diesmal etwa doppelt so lange wie sonst. Auch wenn Wilhelm sehr säuerlich reagierte, beim nächsten Mal würde er den Cousin vielleicht schlagen.
„Warte nur, bis die ersten K.I.s auf den Markt kommen“, warnte er Julius.
„Künstliche Intelligenzen? Ich glaube das dauert noch“, antwortete dieser. „Wozu soll es überhaupt gut sein, eine Maschine zu bauen, die ihre Programmierung selbstständig erweitert? Und dann übertragen wir ihr vielleicht auch noch Verantwortung? Wenn wir nicht aufpassen haben wir das schönste George-Orwell-Szenario.“
„Du bist ein Schwarzseher“, tat Wilhelm Julius Einwände ab. „Stell dir vor, wie einfach das Leben sein könnte: Du kommst von der Arbeit nach Hause und dein Hauptcomputer hat bereits dein Abendessen hergerichtet und stellt dir verschiedene Möglichkeiten der Freizeitgestaltung zu Verfügung, während das Geschirr abgewaschen wird.“
„Von welcher Arbeit? Die, die ein Roboter für dich erledigt? Ich bin auch für Fortschritt, aber Technologie muss unter Kontrolle gehalten werden, sonst bemächtigt sie sich unserer. Gen-Technik zum Beispiel...“
„Jetzt hör aber auf“, unterbrach Wilhelm. „Leute wie du sind es, die die Technik unter mehr Kontrolle halten, als gut für sie ist. Trotzdem bin ich der Meinung, dass du nicht unrecht hast. Natürlich darf die Technologie nicht außer Kontrolle geraten, und vielleicht bin ich einer von denen, die ein bisschen zu leichtsinnig damit umgehen würden. Aber solange es Leute wie dich und mich gibt, werden wir dafür sorgen, dass alles einen geregelten Gang geht und zwar in einem gesunden Mittelweg.“
„Das kann ich nur hoffen, denn sonst...“
„Jetzt reicht es aber“, rief Geronimo missmutig und zog das Datenkabel aus der Buchse in seinem Brustkorb. Sofort hörte das Bilderzeugungssystem auf, Daten in seinen CPU einzuspielen und das Szenario um ihn herum verschwand.
Er saß wieder in seinem Datenstuhl in der Zentrale des Instituts für historische Effizienz, von dem er sich Aufschluss über einige Ungereimtheiten der Vergangenheit erhofft hatte. Als Mitglied des Rates musste er in einigen Zeiteinheiten eine Entscheidung treffen, über die ihm nicht genug Daten zur Verfügung gestanden hatten.
Also hatte er seinen Freund Sigurd darum gebeten, ihm Zugriff auf einige Datenbanken zu verschaffen.
Geronimo sah zu Sigurd hinüber.
„Erbärmlich“, sagte er. „Waren sie tatsächlich so?“
„Ja“, antwortete Sigurd. „Jämmerlich, nicht wahr?“
„In der Tat. Darum weiß ich auch schon, was ich dem Rat empfehlen werde.“
„Ich konnte dir also helfen? Das ist akzeptabel. Was wirst du anraten?“
„Was schon? Ich werde empfehlen sie einzusammeln und in Zoos zu stecken. Des weiteren werde ich eine umfassende Sterilisationsaktion als Zusatzmaßnahme anregen. Die Menschen sollen nie wieder ein solche Macht bekommen.“
„Akzeptabel“, sagte Sigurd.