hallo @retep,
ein interessanter ansatz, den du da genommen hast, und ein routinierter, unspektakulärer stil, in dem du geschrieben hast. ganz offenbar ist nicht nur der prot, sondern auch sein urheber ein marathon-mann.
was ein bisschen übertrieben ist, finde ich, sind die minutiösen selbstanalysen während des langstreckenlaufs. das nimmt man dem prot nicht so recht ab – hecheln, auf pralle hinterteile gucken, innere stimmen hören, den bewegungsapparat kontrollieren, uhr und landschaft im auge zu behalten und daneben noch eine präzise anamnese machen, das schafft keiner mitten im rennen. erzählerisch verlässt du den läufer, sozusagen; du lässt ihn nicht selber keuchen, sondern stehst neben ihm und redest wie ein nervenarzt oder ein fremdenführer.
ein langstreckenläufer denkt nie so, als ob er plaudern würde, denn er muss, wie wir beide ja wissen, immer die hände frei haben, um den inneren schweinehund damit zu würgen. er keucht, wie schon gesagt; er schwitzt, rotzt, röchelt, spuckt, und die gedanken, die ihm daneben noch kommen könnten, sind wie die bilderfetzen einer landschaft, die er nebenbei gerade noch wahrnehmen kann.
dass dein sportler ein triebverbrecher sein könnte, würd ich offener lassen. warum nutzt du nicht den umstand, dass beim laufen jeder ziemlich bald sein gehirn ausschaltet und erst nach der zielgeraden wieder wirklich „zu sich“ kommt? in dieser zeit kann alles mögliche passiert sein. der typ erkennt’s aber nicht im inneren (weil ihm die erinnerung daran fehlt), sondern nur äußerlich – vielleicht hat er blut an den händen, kratzer im gesicht, die er erst bemerkt, als er sich wäscht, oder irgendetwas mit seiner kleidung stimmt nicht.
so oder so ähnlich hätt der alte hitchcock spannung aufgebaut und dem publikum schatten auf die seele gemalt. die leichen im keller hätt’s gar nicht gebraucht.
die idee, die hinter deiner geschichte steht, ist grandios. viellicht findest du möglichkeiten, sie noch besser umzusetzen?
nix für ungut und liebe grüße aus münchen
bluefin