ergusu
Die Probelesung
Nach sechs Wochen täglichen Schreibens und nächtlicher Zweifel war endlich mein erstes Gedicht fertig. Voller Stolz und mit klopfenden Herzen informierte ich hierüber die vier Mitglieder unseres Poetenclubs, die mich stürmisch baten , mein Kunstwerk vorzutragen. Ich aber brauchte Bedenkzeit, denn mein Lampenfieber vor diesem erlesenen Personenkreis war einfach zu groß. Mein Freund gab mir einen heißen Tipp und empfahl mir erst einmal eine hausinterne Probelesung .
Der Rat war glänzend, aber es fehlte mir ein geduldiger Zuhörer. Mein Freund hatte plötzlich dringende Termine und meine Frau drohte mir mit Liebesentzug, falls ich sie mit meinem poetischen Erguss behelligen sollte. Schließlich gelang es mir doch, jemanden aufzutreiben, den ich wie ein rohes Ei behandelte. Er war wenig intelligent und maulfaul, aber es war ja auch nur eine Probelesung.
Ich bat ihn, auf dem Sofa Platz zu nehmen, hüstelte kurz und fixierte meinen Gast. Zwei große dunkle Augen blickten mich geduldig und aufmerksam an.
Da fasste ich mir ein Herz und begann mit hoher Stimme meinen Vortrag. Ich variierte die Lautstärke und das Tempo und an der spannendsten Stelle hob ich den Finger, um auf den Höhepunkt aufmerksam zu machen. Immer wieder äugte ich zwischendurch auf meinen Gast und zwang ihn, nicht einzuschlafen. Offenbar beeindruckten ihn aber doch die Verse vom wasserscheuen Teebeutel, denn er blinzelte mir wohlwollend zu.
Schließlich verhallten meine acht Zeilen, und ich schloss zum Zeichen, dass der große Wurf verlesen war, die Augen.
Endlich öffnete ich meine Lieder und begegnete dem erstaunten Blick meines Gastes. Ich ließ ihm noch etwas Zeit für den Beifall, bat ihn um Entschuldigung und kümmerte mich um den Nachmittagskaffee.
Als ich mit einer großen Torte zurückkam, war plötzlich mein Zuhörer verschwunden. War mein Gedicht so schlecht, dass er grußlos das Weite suchte? Aber nein, er lag unter dem Tisch, schniefte kurz und trank gierig sein Wasser.
Dackel bleibt eben Dackel.
Die Probelesung
Nach sechs Wochen täglichen Schreibens und nächtlicher Zweifel war endlich mein erstes Gedicht fertig. Voller Stolz und mit klopfenden Herzen informierte ich hierüber die vier Mitglieder unseres Poetenclubs, die mich stürmisch baten , mein Kunstwerk vorzutragen. Ich aber brauchte Bedenkzeit, denn mein Lampenfieber vor diesem erlesenen Personenkreis war einfach zu groß. Mein Freund gab mir einen heißen Tipp und empfahl mir erst einmal eine hausinterne Probelesung .
Der Rat war glänzend, aber es fehlte mir ein geduldiger Zuhörer. Mein Freund hatte plötzlich dringende Termine und meine Frau drohte mir mit Liebesentzug, falls ich sie mit meinem poetischen Erguss behelligen sollte. Schließlich gelang es mir doch, jemanden aufzutreiben, den ich wie ein rohes Ei behandelte. Er war wenig intelligent und maulfaul, aber es war ja auch nur eine Probelesung.
Ich bat ihn, auf dem Sofa Platz zu nehmen, hüstelte kurz und fixierte meinen Gast. Zwei große dunkle Augen blickten mich geduldig und aufmerksam an.
Da fasste ich mir ein Herz und begann mit hoher Stimme meinen Vortrag. Ich variierte die Lautstärke und das Tempo und an der spannendsten Stelle hob ich den Finger, um auf den Höhepunkt aufmerksam zu machen. Immer wieder äugte ich zwischendurch auf meinen Gast und zwang ihn, nicht einzuschlafen. Offenbar beeindruckten ihn aber doch die Verse vom wasserscheuen Teebeutel, denn er blinzelte mir wohlwollend zu.
Schließlich verhallten meine acht Zeilen, und ich schloss zum Zeichen, dass der große Wurf verlesen war, die Augen.
Endlich öffnete ich meine Lieder und begegnete dem erstaunten Blick meines Gastes. Ich ließ ihm noch etwas Zeit für den Beifall, bat ihn um Entschuldigung und kümmerte mich um den Nachmittagskaffee.
Als ich mit einer großen Torte zurückkam, war plötzlich mein Zuhörer verschwunden. War mein Gedicht so schlecht, dass er grußlos das Weite suchte? Aber nein, er lag unter dem Tisch, schniefte kurz und trank gierig sein Wasser.
Dackel bleibt eben Dackel.