loose

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lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Design of lyrik

ohne eine Zerstörung des gesprochenen Wortes ist Lyrik nur schwer zu erreichen.
Inus Bedenken betreffen vielleicht eher das (ihr) Textverständnis.

Nun, das erwarte ich von einer Bedienungsanleitung.
:D

noels Text ist in seiner Vieldeutbarkeit gut. Das jemand darin Assoziationen findet (oder auch nicht) sollte man nicht abwerten.

Mir gefallen viele Passagen, da sie mit Worten unüblich arbeiten und ich das eben mag. In seiner Gesamtheit hinterlässt der Text bei mir dann aber doch den Eindruck der Überladung, fehlt mir ein Ruhe-Kontrast, der mir durch die rabiaten Zeilenumbrüche absichtlich verwehrt scheint.

Thematisch ein Text über das Stopfen offener Löcher im Bild des Anderen, über das unerklärlich Sehnsüchtige, das Suchen; bietet er mir genau jene schwer greifbare Sprache, die ich damit verbinde.

Ein Text zum Lesen und Lesen.

cu
lap
 

MDSpinoza

Mitglied
Hmmm, hätte nie gedacht, daß "Leserzentriert" ein Haßwort aus der Giftküche der SED gewesen ist.
Andererseits, wenn einer "leserzentrierte", d. h. leicht rezipierbare moderne Lyrik sucht, sollte er in der Werbung suchen. Dort wird sehr darauf geachtet, mit wenigen Worten ((Sende-) Zeit ist Geld) die Ohr-Hirn - Schranke zu überwinden. in der künstlerischen Lyrik muß das Werk doch gar nicht von "jedermann" verstanden werden. Kunst ist immer elitär, denn sie lebt von der Abstraktion, von der Erhebung über das Alltägliche. Von 100 Leuten, die zu Pfingsten im Garten hocken, schreibt nur eine ein Gedicht über den kleinen blauen Schmetterling. Die anderen haben ihn auch gesehen, aber nicht wahrgenommen.
Ebenso ist es mit diesem Gedicht. Wen es erreicht, dem gefällt es, die andren können halt nichts damit anfangen. C'est la vie...

"9"!
 
S

Sandra

Gast
Hallo zusammen

Designern oder Design hat sicherlich viele Bedeutungen und letztendlich doch nicht. Man ist Formgestalter oder kreiert einen Entwurf. Das macht jeder, schreibt er ein Gedicht oder ist künstlerisch tätig. Die Kombination der Farben, der Stoff an sich und die Idee zum Schnitt machen ein Design zu etwas Besonderem. In Bezug auf noels Gedicht, sind für mich hier die richtigen Zutaten gefunden worden. Lapismonts Gedanken waren interessant zu lesen, jedoch fand ich im Gegensatz zu ihm "loose" nicht überladen. Eher ist für mich der Eindruck entstanden, dass durch Weglassen einiger Wörter oder die Umsetzung dieser, eine interessante neue Form entstanden ist. Wie bei der Mode gibt es auch in der Lyrik die unterschiedlichsten Geschmackrichtungen. Ich fand es seit je her totalitär, jemanden wegen seines Geschmacks, der Meinung etc. zu verurteilen. In Bezug zu den Kommentaren oder noels Gedicht fällt es mir schwer, dass Wort „Elitarität“ in Bezug zu bringen, da es in meinem Sprachgebrauch nicht existiert. Wäre vielleicht interessant auch dieses Wort näher zu beleuchten. Einer Elite angehörig ist man vielleicht schon in dem Moment, wenn man im Garten besagten blauen Schmetterling bemerkt und darüber ein Gedicht schreibt. Ein schönes Bild, welches MDSpinoza hier beschrieben hat. Was das angeht, möchte ich gerne einer Elite angehören.
LG
Sandra
 
Hallo, ich auch noch einmal!

Es ist an sich schön und auch eigentlich nicht gegen den Charakter der Textarbeit, dass sich an diesem Gedicht eine Diskussion entzündet. Denn Werkarbeit ist ja nicht nur Feilen an Zeilen (Und er reimt doch!), sondern auch all das, was durch Beschäftigung mit Worten, durch Empfinden und durch Nachdenken über Worte uns in unserem Tun und Schreiben beeinflusst. Theorie ist grau, gerade wenn sie ganz losgelöst vom Gegenstand sich selbst zelebriert. Am Gegenstand selbst ist sie effektiv.

Elitär, Lesergeschmack, leserzentriert. Ihr wisst vielleicht, dass Peter Suhrkamp sagte, es gibt 700 Leser in Deutschland. Dennoch hat er einen der erfolgreichsten Verlage mit sehr anspruchsvoller Literatur aufgezogen. Leserzentriert? Gerade in der Demokratie ist es wichtig, die exotischen Pflanzen auch gedeihen zu lassen. Denn die großen Anstöße, die dann die Welt bewegen, gehen eben nicht von der Masse aus, sondern von eben jenen kleinen Exoten. Ein Gedicht ist wichtiger als die Millionenauflage der Bild. Auf Bild kann die Welt verzichten – nicht auf ein Gedicht. Ihr wisst, dass Goethe anfangs seine Gedichte selbst herausbrachte. Kein Schwein wollte früher Bachs Musik haben, die Brandenburgischen Konzerte, die er mit unsäglichen Bücklingen den Adeligen anbot und widmete, vergammelten in der Bibliothek des Herzogs, sie waren nicht einmal geöffnet worden. (Den Namen des Herzogs hat die Welt vergessen...)

Ein Gedicht, das nur ein anderer Mensch liest, kann die Welt verändern, die Bild wird es nie tun, sondern nur das bestehende Unrecht perpetuieren. Massenzentriertheit ist a priori kunstfremd, was nicht heißt, dass Kunst nicht von Massen rezipiert werden könnte.

Hermetik und Disparates im Gedicht - wie auch davon etwas in noels Gedicht steckt - sind ja bewusst oder unbewusst eine Gegenposition zum Nichtssagenden der allgemeinen, gedankenlos oder politisch-ideologisch und geistvernebelnd angewandten Sprache. Ein Künstler kann der Sprache nicht blindlings trauen, er ist darauf angewiesen, ihr neue Facetten abzugewinnen, um sie und sich glaubwürdig zu machen.

Kunst schielt im besten Sinne meist nicht nach dem Adressaten. Entweder er ist da oder nicht. Das entzieht sich letztlich sowieso unserem Einfluss. Was scheinbar uninteressant ist, wird plötzlich von Millionen gelesen. Und umgekehrt wäre es kindisch für einen Künstler, anbiedernd allein auf den (vermuteten) Lesergeschmack zuzuschreiben, was nicht heißt, dass der Schreiber nicht das Beste gibt, Fehlerfreies und wirklich Ausgereiftes anbietet. Ein Journalist etwa oder auch ein politisch Engagierter hat da natürlich eine andere Aufgabe – er kann sich an die Masse wenden. Aber wie heißt es so schön, Brechts Stücke sind gut nicht wegen ihrer politischen Botschaft, sondern trotz ihrer politischen Botschaft.

Liebe Grüße

Monfou
 

Walther

Mitglied
Ursprünglich veröffentlicht von MDSpinoza in der künstlerischen Lyrik muß das Werk doch gar nicht von "jedermann" verstanden werden. Kunst ist immer elitär, denn sie lebt von der Abstraktion, von der Erhebung über das Alltägliche. ...
Hallo MD,

Was hat das Eine "Abstraktion / Transzendenz" mit dem Anderen "elitär" zu tun? Nichts! Wenn etwas verständlich ist, kann es sehr wohl über das Alltägliche hinausreichen, und wenn es nicht verstanden wird, ist es noch lange nicht "elitär". Es ist vielleicht schlicht und einfach "schlecht".

In Deinen Worten scheint gerade das Überhebliche und Abgehobene auf, daß wir meinen, Kunst sei für die "Besseren" - gleich: Elite, Bildungsbürgertum oder ähnlich - da, der Rest habe beim grauen Einerlei zu bleiben. Irgendwie haben wir wirklich einen Dissenz. Nach dieser Einlassung wäre Goethe also was für's Volk und MD etc. für die Drüberschwebenden. So kann man das sehen, in der Tat.

Noch einmal: Der Markt ist nur eine - sehr neutrale - Meßgröße für Erfolg. Gegen den Beifall der Vielen durch den Kaufakt kann am Ende Kritikerlob nicht anstinken, da hilft kein Drumherumreden. Literatenzirkel - wie übrigens auch dieser hier - haben schnell die inneren Prozesse eines "closed shop" und die diesen entsprechenden Abgrenzungsstrategien nach außen. Daran ändert auch die quasi-offene Struktur der Aufnahme neuer Mitglieder nichts. Erst die erfolgreiche Abwicklung der Initiationsriten - lassen wir die Aufzählung, sie gibt es hier auch, ich will hier keine zusätzliche Reibungsfläche schaffen - bereitet die eigentliche Aufnahme bei den Meinungsführern vor.

Daher sollten wir Worte wie "elitär" und "besonders" und "anders" ebenso vorsichtig behandeln wie das Wort "Designerlyrik". Obwohl es auf Vieles sehr gut paßt, was sich als moderne - und damit "gute" - Lyrik geriert. Abfälligkeiten in der Diktion bringen uns nicht weiter. Die Diskussion über das, was Lyrik leisten kann und soll, aber schon.

Lieben Gruß

W.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Walther,

keineswegs möchte ich Dich jetzt von Deiner Meinung abbringen, ich wollte nur darlegen, wie ich das Wort "elitär" in Spinozas Antwort lese.

elitär ist abgeleitet vom französischen élire und bedeutet auswählen, und ich, denke, so hat es Spinoza auch gemeint. Dadurch, dass jemand aus der Sprache bestimmte Wörter auswählt, hat er sie aus ihrem normalerweise umgangsprachlichen Kontext herausgehoben, egal um welchen Text es sich jetzt handeln sollte. Ein ausgewähltes Wort steht in jedem Text, weil der Autor es sich ausgewählt hat.

Gerade so habe ich Spinoza verstanden, dass allein dieses Auswählen schon Dichtung ausmacht, weil ja jeder Mensch, um einen Sachverhalt darzulegen,wieder andere Wörter auswählen würde, eben Wörter , die zu ihm passen.

Durch sein ausgewähltes Wort signiert er seinen Text als den seinigen.

So habe ich das verstanden.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

MDSpinoza

Mitglied
Mir scheint's, Vera-Lena, ich habe mich klar genug ausgedrückt. Was Walther so in Rage bringt ist das Hereinfallen auf gewisse Reizwörter...
Kleine Frage, was soll Lyrik denn "leisten?" Das klingt irgendwie nach Ackergaul oder 100-m-schnellreimen...
Walther, was meinst Du, wieviele im "Volk" Goethe wirklich verstehen? Oder frage erst einmal, wieviele ihn, besonders in den jüngeren Jahrgängen, kennen und nicht mit einem US-Präsidenten aus der Zeit des Vietnamkrieges verwechseln. Da gabs auch mal einen mit 'nem lustigen Namen...
 

Walther

Mitglied
Lieber MD,
Ursprünglich veröffentlicht von MDSpinoza
Mir scheint's, Vera-Lena, ich habe mich klar genug ausgedrückt. Was Walther so in Rage bringt ist das Hereinfallen auf gewisse Reizwörter...
Du hast mich noch nicht in Rage erlebt. :D Ich bin durchaus nicht auf Deinen Beitrag hereingefallen. Daher ja auch Deine nachstehenden Anmerkungen.
Ursprünglich veröffentlicht von MDSpinoza
Kleine Frage, was soll Lyrik denn "leisten?" Das klingt irgendwie nach Ackergaul oder 100-m-schnellreimen...
Das ist ein unsachliche Replik und etwas unter dem Niveau der bisherigen Diskussion.
Ursprünglich veröffentlicht von MDSpinoza
Walther, was meinst Du, wieviele im "Volk" Goethe wirklich verstehen? Oder frage erst einmal, wieviele ihn, besonders in den jüngeren Jahrgängen, kennen und nicht mit einem US-Präsidenten aus der Zeit des Vietnamkrieges verwechseln. Da gabs auch mal einen mit 'nem lustigen Namen...
Auch das ist wieder unsachlich. Dir gehen die Argumente aus. Schade.

Das, was Du so abschätzig "Volk" nennst, stellt die Mehrheit in allen Ländern dieser Erde dar. Es ist verdammt bedauerlich, daß Pisa auch hier seine Entsprechung hat. Es spricht nicht für uns sog. Bildungsbürger, daß Du in einigen Punkte mit Deinem Hinweis richtig liegst, aber eben nur in einigen Punkten. Vielleicht sollten wir wieder einmal Lyrik schreiben, die solche Menschen, die Mehrheit also, verstehen. Brecht hat das zumindest versucht.

Wir sollten die Diskussion jetzt beenden, weil sie jetzt ins Persönliche abgleitet. Das weder das Thema verdient, noch macht es Spaß, solche Repliken zu beantworten.

Liebe Grüße

W.
 

Walther

Mitglied
Guten Abend, Vera!
Ursprünglich veröffentlicht von Vera-Lena
... elitär ist abgeleitet vom französischen élire und bedeutet auswählen, und ich, denke, so hat es Spinoza auch gemeint...
Ich habe MD sehr gut und auch richtig, sein Beitrag zeigt es, verstanden. Es ist zwar lieb und spricht für Dich, daß Du ihn verteidigst. Austeilen, ebenfalls s.o., kann er übrigens sehr gut selbst. :)

Zu Deiner Erläuterung des Wortes "elitär": Ich bin des Französischen, wie auch einiger anderer Sprachen, ähem, Prahlhans wieder ausgeschaltet, mächtig. ;) Daher habe ich den Sinnzusammenhang auch semantisch/linguistisch durchaus erschlossen, believe you me!:D Mir ist demnach sehr klar, daß es das glatte Gegenteil von "egalitär" ist, auch aus dem Französischen unserer Sprache zugewachsen, wie so Vieles, das wir benutzen, wenn wir mal so richtig den Akademiker und Bourgeois (sic!) heraushängen lassen wollen. Quand-même...

Liebe Grüße und lieben Dank für den Versuch, die wild gewordenen Herren zu besänftigen, womit wir beim Affenfelsen wären, dem wir uns doch so ferne wähnen...

W.
 

noel

Mitglied
den gibt es nicht, genauso wenig, wie allgemeinheit & gleichheit EIN & DASSELBE sind.

habt ihr auch alle den BUTTON "mein beitrag ist textarbeit" gedrückt(?)

grüße in die nacht ;)
 



 
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