Mein Name ist Hans (gelöscht)

H

Hakan Tezkan

Gast
kenn ich schon, war damals gut, und ist es noch immer.
ach ja, der gute alte hans... werden noch mehr geschichten von ihm folgen?

whatever, ein gruß und weg,
hakan
 
G

Gelöschtes Mitglied 4259

Gast
Ja, den Text kennen wir, er ist ein hochinteressanter und über die Maßen gelungener. Weil er so gut ist, erlaube ich mir zwei kleine Anmerkungen. Ich komme nicht ganz klar mit der Schwärze der Nacht und der gleichzeitigen Präsenz des Mondes. Vielleicht gibt es da noch eine Lösung?
Der zweite Punkt betrifft das Verspeisen des nachtbedingten Umgebungsschwarz'. Eine wunderbare Formulierung, aber: wenn Hans dieses verspeist, impliziert das ein Verschwinden von jenem, also der Schwärze selbst... Insofern ist das "wenige Löffeln" im ersten Absatz treffender.

Wie auch immer. Der Text sprengt die Formen der üblichen Prosa, fliegt ins Zauberland der "silbermondenen Lyrik", und bleibt trotzdem verständlich.

LG

P.
 

Inu

Mitglied
Hallo R. Herder


Mein Name ist Hans


Hans flog auf den Mond. Das war gestern. Gestern stieg er durch die glaslose Rahmenöffnung an der Westseite seines Zimmers und spürte das dörfliche Gras unter seinen Barfüßen. Und löffelte, sozusagen, ein wenig von dem Schwarz, das ihn umgab. Zwar hätte er auch, sommerbedingt, vom Kirschbaum ein paar Kirschen pflücken können. Aber ihm schien, dass die Sättigung seines Hungergefühls unmöglich durch läppische Kirschen zu erlangen war. Nun, der Mond steht hoch, sagte er, ziemlich hoch, das macht die Sache nicht leichter. Immerhin, ich bin nackt, was weniger Gewicht bedeutet.


Die vorvorige Nacht hatte Hans auf dem Teppich verbracht. Nicht, weil er kein Bett besitzt: in seinem Schlafzimmer wogt eines mit Wasserkern. Jedoch, er benötigte unbedingt einen Wechsel der Perspektive. Perspektivwechsel, sprach er aus beim Gedanken an den Teppichschlaf. Keine Kissen oder Decken. Einfach Alltagsklamotten anbehalten. Nur die Krawatte, die muss weg. Krawatten hatte Hans ohnehin nie verstanden.
[blue]Bis hierhin finde ich es perfekt[/blue]

Morgens wurde er durch seinen missratenen American Cocker Spaniel[blue] wachgezüngelt[/blue].Wird man durch das Züngeln eines Hundes wach? Oder meintest Du das Hecheln oder Abschlecken?
Das war gestern. Wach und im Gesicht nass [blue]wusste er bereits, und wusste auch nicht,[/blue] na was denn jetzt?
dass er nachts zum Mond fliegen würde. Mondreisen sind keineswegs [blue]den Dingen zugehörig[/blue] warum nicht einfacher: gehören keineswegs zu den Dingen?
die sich lang- oder kurzfristig planen lassen. [blue]Vielmehr sind Mondreisen dergestalt in den Mondreisenden verankert, dass ihnen ihr Hinauffahren ins All beim plötzlichen Ausbruch des Hinauffahrverlangens, ein bis dahin gänzlich unbekanntes Verlangen, nun plötzlich sehr bekannt und altvertraut vorkommt.[/blue] Das ist ja schon fast klagenfurtverdächtig
Fahrten also sind im Reisenden a priori angelegt als Trieb.

Was Hans nicht weiß: Er wurde beobachtet beim Steigen durch die glaslose Rahmenöffnung an der Westseite seines Zimmers, wurde beobachtet, als er bereits das [blue]hinterwäldlerische Gras unter seinen Blankfüßen spürte,[/blue] Klagenfurt!!
wurde beobachtet, als er das nachtbedingte Umgebungsschwarz verspeiste. Der Beobachter war Hans selbst. Zweifellos beobachtete Hans selbst sein durchaus passioniertes Steigen in die Nacht. Perspektivwechsel: Eine Frage von Identität.

Der Nackte mit dem Hungergefühl kletterte durch das eingerahmte Leck in seiner Wand. Vermuten lässt sich: er lebte jenseits dörflicher Klischees – [blue]er hortete leere Flaschen nicht im Heizungskeller oder unter seiner Couch [/blue]da fragt man sich unwillkürlich: Wo hortet er sie denn ... obwohl das ja nicht der Sinn Deiner Worte ist.
und hielt auch nichts von Fußball. Er redete leise mit der Nacht, er starrte den Kirschbaum an und es verzehrten seine Hände sich nach Essbarem. Sie griffen in die Nacht, sie wühlten darin, alle Finger in der Dunkelheit, [blue]Hans benahm sich – und das wusste er – wie sein missratener American Cocker Spaniel.[/blue] Wieso benimmt er sich wie sein Spaniel und wieso ist der Spaniel missraten?
Immerhin. Er ist leibhaftig aufgestiegen; flog auf den Mond. Das war gestern.

Dein Text, in all seiner Überhöhung und seinem offensichtlichen literarischen Anspruch, erinnert mich, wie schon erwähnt, an manche Bachmann-Tage-Beiträge, die mich - vom Kopf her - mit Respekt erfüllten und mir - gefühlsmäßig - total fremd blieben. Sorry.

LG
Inu
 

R. Herder

Mitglied
An dem Text hab ich seinerzeit ewig rumgefummelt.
Er schien und scheint mir einer der belastbareren, auch darum hab ich ihn nochmals eingestellt. Zudem ist Mein Name ist Hans ein Versuch, irgendwie lyrische und prosaische Elemente - sofern man denn auf Kategorien steht - zu verknüpfen.

Also erstmal vielen Dank für eure Rückmeldungen.

Zu den konkreten Anmerkungen: was bleibt, wenn ein Schwarz verspeist wird? Wenn es also, nach deiner Auslegung, Penelopeia, verschwinden müsste? Ich denke nicht, dass es dadurch im Umkehrschluss hell würde.
Zur Nachtschwärze bei Anwesenheit des Mondes: der Mond bezeichnet in diesem Text wohl ein Außerhalb, das die konkret erfahrbare Umwelt nur insofern berührt, als man es "sehen" kann.
Im Zweifelsfall trivialer: ein wenig Farbspielerei darf ich mir erlauben Ausrufezeichen!

Inu: wie ich das sehe, hast du haupstächlich Verständnisfragen oder Klagenfurtanmerkungen.
Wachzüngeln find ich recht eindeutig. Ist doch auch ne ganze Ecke hübscher als ein plumpes Abschlecken. Außerdem trifft es den Charakter des Köters besser. Der ja missraten ist - was dir erst bei der zweiten Textstelle auffiel?

Dass der Text dir auf gefühlsmäßiger Ebene fremd bleibt, könnte am Schreib- und Entwicklungsprozess liegen, den er durchlebt hat.
Aus einer sehr unmittelbaren Situation entstanden, musste ich das Material von ziemlicher Ferne und mit Kneifzange behandeln, um überhaupt was draus machen zu können.


Grüße,
René.
 



 
Oben Unten