Aaaach, war ich glücklich, ich hopste in meinem frisch gebügelten Kleid freudig umher, die Zöpfe standen straff geflochten von meinem Kopf ab, denn der Tag der Einschulung war endlich gekommen.
Ich sang ein Lied nach dem anderen und ging damit mächtig meiner Großmutter auf die Nerven, die mich schon seit etwa vier Jahren unter „ihre Fittiche“, wie sie das nannte, genommen hatte. Verärgert schloss sie die Haustür hinter sich zu, denn wir hatten einen langen Weg vor uns.
Ich war zwar kein Waisenkind, fühlte mich aber dennoch als solches, denn mein Vater hatte mich nicht bei sich behalten, als meine Mutter an Tuberkulose erkrankte.
Oma war eine überaus strenge und höchst launische Frau. Schon bei geringsten Kleinigkeiten, konnten wir „Dresche“ bekommen, nur weil sie nicht gut drauf war. WIR, denn da war noch mein Cousin, der ebenfalls an die Oma weitergereicht worden war, in etwa gleich alt und deshalb hatten wir heute auch zusammen Einschulung. Bruno lief gesenkten Hauptes neben mir her. Er war im Gegensatz zu mir ein eher stiller, in sich gekehrter Typ, der nur dann lebendig wurde, wenn er mich ärgern konnte.
Das fiel ihm wohl auch in dem Moment ein, als ich zum dritten Mal das Lied „Fuchs du hast die Gans gestohlen...“ herunter trällerte. Er packte mich derb am Ärmel und riss mich zurück.
„Fällt dir was auf?“, fauchte er und wies dabei auf seine goldene, riesige Schultüte, die ihm vorhin seine Mutter überreicht hatte. „Meine Tüte ist viel größer als deine. Äääätsch!“
Ich musterte daraufhin meine Tüte, die ich im Arm hielt und die mir mein Vater vorhin gebracht hatte. Mit besorgter Miene und musste feststellen, dass Bruno recht hatte, der Unterschied der beiden Tüten war wirklich ganz enorm. „Stimmt nicht!“, sagte ich dennoch mit fester Stimme.
„Aber sicher stimmt das!“, meldete sich – wohl heute zum ersten Male – meine Großmutter. „Das musst du aber einsehen, Kind, der Unterschied ist doch ganz klar ersichtlich!“
Den ganzen Weg über hänselte mich nun Bruno - der Omas Liebling war - und diese freute sich sehr darüber. Ja, sie lächelte sogar, was bei ihr äußerst selten vorkam. Tränen traten mir deshalb in die Augen. Warum waren die Beiden heute wieder so gehässig zu mir? Mir war ja auch schon aufgefallen, dass meine Tüte nicht nur ein wenig seltsam aussah – sie war nämlich von meiner Mutter selbst gebastelt worden und das Aufgeklebte fiel bereits zum größten Teil hinab – sondern auch ziemlich klein war, aber das hätte ich nicht so schwer genommen, hätte man nicht so viel Aufhebens darüber gemacht.
Kaum waren wir auf dem Schulhof, wies Bruno auf all die anderen Kinder. „Siehst du“, tönte er weiter, „keiner hat solch eine dämliche, kleine Tüte wie du!“
Die Oma hatte nun sogar Mühe, ein kleines, hämisches Kichern zu unterdrücken.
Wir wurden schließlich Willkommen geheißen und in unseren Klassenraum hineingeführt. Der Lehrer hielt eine Rede, ich nahm alles nur noch wie in Trance war. Immer wieder musste ich daran zurück denken, wie häufig mich schon Bruno und meine Großmutter gehänselt hatten.
Als wir wieder zu Hause waren, kippte Bruno seine Tüte erst mal feierlich auf dem Bett aus, wohl um zu prahlen, wie viel mehr er an Süßigkeiten haben würde als ich. Doch wie war er erstaunt, als nach einigen Bonbons und ein Paar Keksen nur noch Stroh aus seiner Tüte quoll.
Er blickte zu mir, da auch ich gerade meine Tüte ausgekippt hatte und wurde blass, auch die Oma, die gerade herbei gekommen war, grinste plötzlich gar nicht mehr, denn meine Tüte war bis zum äußersten Zipfel prall gefüllt mit vielerlei Naschwerk und Schokolade und sogar einem kleinen Spielzeug. Ich nahm den kleinen Bären in die Hand, küsste ihn auf die Nase, gab aber keinen Laut der Freude von mir. Langsam wanderte mein Blick von Bruno zu meiner Großmutter. Zwar herrschte eisige Stille in dem kleinen Raum, aber ich war sehr glücklich! Dass Bruno nur Sekunden später einen solch furchtbaren Wutanfall bekam, dass er von der Großmutter getröstet werden musste, brauche ich wohl nur noch am Rande zu erwähnen.
Ich sang ein Lied nach dem anderen und ging damit mächtig meiner Großmutter auf die Nerven, die mich schon seit etwa vier Jahren unter „ihre Fittiche“, wie sie das nannte, genommen hatte. Verärgert schloss sie die Haustür hinter sich zu, denn wir hatten einen langen Weg vor uns.
Ich war zwar kein Waisenkind, fühlte mich aber dennoch als solches, denn mein Vater hatte mich nicht bei sich behalten, als meine Mutter an Tuberkulose erkrankte.
Oma war eine überaus strenge und höchst launische Frau. Schon bei geringsten Kleinigkeiten, konnten wir „Dresche“ bekommen, nur weil sie nicht gut drauf war. WIR, denn da war noch mein Cousin, der ebenfalls an die Oma weitergereicht worden war, in etwa gleich alt und deshalb hatten wir heute auch zusammen Einschulung. Bruno lief gesenkten Hauptes neben mir her. Er war im Gegensatz zu mir ein eher stiller, in sich gekehrter Typ, der nur dann lebendig wurde, wenn er mich ärgern konnte.
Das fiel ihm wohl auch in dem Moment ein, als ich zum dritten Mal das Lied „Fuchs du hast die Gans gestohlen...“ herunter trällerte. Er packte mich derb am Ärmel und riss mich zurück.
„Fällt dir was auf?“, fauchte er und wies dabei auf seine goldene, riesige Schultüte, die ihm vorhin seine Mutter überreicht hatte. „Meine Tüte ist viel größer als deine. Äääätsch!“
Ich musterte daraufhin meine Tüte, die ich im Arm hielt und die mir mein Vater vorhin gebracht hatte. Mit besorgter Miene und musste feststellen, dass Bruno recht hatte, der Unterschied der beiden Tüten war wirklich ganz enorm. „Stimmt nicht!“, sagte ich dennoch mit fester Stimme.
„Aber sicher stimmt das!“, meldete sich – wohl heute zum ersten Male – meine Großmutter. „Das musst du aber einsehen, Kind, der Unterschied ist doch ganz klar ersichtlich!“
Den ganzen Weg über hänselte mich nun Bruno - der Omas Liebling war - und diese freute sich sehr darüber. Ja, sie lächelte sogar, was bei ihr äußerst selten vorkam. Tränen traten mir deshalb in die Augen. Warum waren die Beiden heute wieder so gehässig zu mir? Mir war ja auch schon aufgefallen, dass meine Tüte nicht nur ein wenig seltsam aussah – sie war nämlich von meiner Mutter selbst gebastelt worden und das Aufgeklebte fiel bereits zum größten Teil hinab – sondern auch ziemlich klein war, aber das hätte ich nicht so schwer genommen, hätte man nicht so viel Aufhebens darüber gemacht.
Kaum waren wir auf dem Schulhof, wies Bruno auf all die anderen Kinder. „Siehst du“, tönte er weiter, „keiner hat solch eine dämliche, kleine Tüte wie du!“
Die Oma hatte nun sogar Mühe, ein kleines, hämisches Kichern zu unterdrücken.
Wir wurden schließlich Willkommen geheißen und in unseren Klassenraum hineingeführt. Der Lehrer hielt eine Rede, ich nahm alles nur noch wie in Trance war. Immer wieder musste ich daran zurück denken, wie häufig mich schon Bruno und meine Großmutter gehänselt hatten.
Als wir wieder zu Hause waren, kippte Bruno seine Tüte erst mal feierlich auf dem Bett aus, wohl um zu prahlen, wie viel mehr er an Süßigkeiten haben würde als ich. Doch wie war er erstaunt, als nach einigen Bonbons und ein Paar Keksen nur noch Stroh aus seiner Tüte quoll.
Er blickte zu mir, da auch ich gerade meine Tüte ausgekippt hatte und wurde blass, auch die Oma, die gerade herbei gekommen war, grinste plötzlich gar nicht mehr, denn meine Tüte war bis zum äußersten Zipfel prall gefüllt mit vielerlei Naschwerk und Schokolade und sogar einem kleinen Spielzeug. Ich nahm den kleinen Bären in die Hand, küsste ihn auf die Nase, gab aber keinen Laut der Freude von mir. Langsam wanderte mein Blick von Bruno zu meiner Großmutter. Zwar herrschte eisige Stille in dem kleinen Raum, aber ich war sehr glücklich! Dass Bruno nur Sekunden später einen solch furchtbaren Wutanfall bekam, dass er von der Großmutter getröstet werden musste, brauche ich wohl nur noch am Rande zu erwähnen.