nachtlichter

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Mein lieber kleiner Kumpel

und treuester Weggefährte! Seit 16 Jahren gehst du nun mit mir durch Dick und Dünn(pfiff – manchmal war schon ganz schön die Kacke am Dampfen). Du hast mich nie im Stich gelassen, warst immer für mich da, hast mich zum Lachen und zum Weinen gebracht. Und wenn die Tränen andere Ursachen hatten, war es deine lange Schlabberzunge, die mein Gesicht (nach strengen Hunderichtlinien) wieder blitzblank geputzt hat. Danach roch ich genauso wie du. Nun bist du schon seit Jahren ein renitentes Rentnerlein im Unruhestand, ein Methusalem und Arbeitstier, ein erfahrener Alter und übermütiger Jungspund, ein kleiner Schisser und mutiger Draufgänger, eine Schlotterbacke par excellence.

„Sehr alte Hunde strahlen eine tiefe Zärtlichkeit aus“, sagte vor ein paar Wochen ein freundlicher Mensch und Fan von dir an der Straßenbahnhaltestelle. Und eine unendliche Würde, Weisheit und Liebe, sage ich.

Ich bin froh und glücklich, dass du deinen senilen Wahn im letzten Herbst, als ein Drittel unseres Rudels eigene Wege ging, so gut überwunden hast. Dass wir seit jenen anstrengenden sechs Wochen voller Unruhe und Angst nachts wieder schlafen und du dich tagsüber – wenn auch manchmal ausgesprochen verpeilt – über dieses Hundeleben amüsierst.
Lieber Robin, ich wünsche dir für dein 17. Lebensjahr eine glückliche Zeit. Freu dich weiterhin so übermütig über dein Leben wie gerade eben, als du unternehmungslustig durch die Wohnung getrabt bist und mich dem Regen zum Trotz dazu animiert hast, mit dir einen längeren Spaziergang zu unternehmen. Deine fröhlichen Galopphüpfer an der Leine, deine unbändige Begeisterung, frei durch das hohe Gras rennen zu dürfen, dein Tänzeln mit hoch erhobenem Schweif, wenn sich Hundekumpels näherten, deine Fratzbuckpostings an markanten Stellen („Birthday-Robin was here!“) – sie haben sich tief in meine Seele eingraviert, diese Bilder.

Kleiner Kamerad, bleib bei mir, solange dich dein Leben noch gut behandelt. Wenn du es eines Tages müde bist, dann wünsche ich dir (und mir) einen sanften Übergang. Wir sehen uns wieder, mein Lieber.

Regina
 
A

AchterZwerg

Gast
Ach Baki,
den Ausscheidungstext hatte ich bisher leider übersehen. Mich erstaunt es fast, dass jener keine hellere Empörung hervorgerufen hat. Vielleicht ist Hundekacke weniger anrüchig als Männerurin?
Was weiß denn ich.
Auf jeden Fall gratuliere ich Robin zum 119. und seinem bakesken Besitzer zur langen Betreuungszeit. Kaum eine Liebe dauert sooo lange ...
Herzlichst
Heidrun
 
Herzlichen Dank, liebe Heidrun,

du hast Schlotti & seinen Charme bereits kennengelernt :). Der Kalkranzen lässt dir ausrichten, dass er sich über die Glückwünsche zu seinem 147. sehr freut. Nebenbei unterhält er mich, meine Vorlegeware und den Südbalkon mit anarchistischen Outpütten ganz anderer Art, die ich - obwohl sie sich heute an überhaupt keine Form mehr halten - an anderer Stelle zu verwursten gedenke, damit Herrn Geisers besungener Pullerstrahl nicht so einsam vor sich hin tröpfelt.

Bakenflitz-
Kackentsorger 1. Güte
 
A

AchterZwerg

Gast
Ich saachmaso:
Besser "Kackentsorger erster Güte" als
"Lürickerin der Handelsklasse C." ;)
 
Lebens-müde?

Mein kleiner Kumpel Hund ist erschöpft. Viel geschlafen hat er schon immer, schließlich gehört das zum Wesen eines ordentlichen Hundes, der die meiste Zeit des Tages (so lange nichts Spannendes geschieht) in einem dösigen Stand by - Modus verdümpelt, unbedingt dazu.

Mit meinem Rentnerlein ist es inzwischen so, dass er – wenn er wach ist und sich nicht gerade um Nahrungsbeschaffung kümmert – fast schon im Stehen einschläft. Seine langsam aber sicher erblindenden Augen fallen ihm einfach zu, er schwankt und fällt oft einfach um. Oder er steht da und lässt seine Pfoten auseinanderrutschen, um mit einem Bauchklatscher die nächste Ruhephase einzuleiten. Seine Körperspannung scheint immer mehr abhanden zu kommen. Klar, es ist für ihn anstrengend, sich auf einem glatten Fußboden senkrecht zu halten – auf der anderen Seite möchte ich aber gerade diesen pflegeleichten Boden nicht missen, denn der kleine Kalkranzen lässt immer öfter unter sich… Gestern früh hatte er wohl die Absicht, sich auf dem Balkon zu erleichtern, scheiterte dann aber an der Überquerung der Türschwelle. Streckte also immerhin die Schnauze nach draußen, um ins Wohnzimmer zu pullern…

Heute früh wollte ich ihn dazu bewegen, noch vor dem Weg zur Arbeit sein großes Geschäft zu erledigen. Es ist für alle Beteiligten nicht schön, wenn das im Fahrradanhänger passiert; daher wollte ich mit Schlotterbacke vor dem Radeln ein wenig laufen. Davon hielt er allerdings gar nichts. Zunächst schnupperte er hier und da, dann ließ er ein Bächlein laufen und legte sich ein paar Schritte später auf den Bürgersteig. „Lauf doch selber“, schienen seine Augen mir mitzuteilen, „ich hab keinen Bock!“. Ich war hin- und hergerissen. Will er nur nicht – oder kann er nicht? Hat er Schmerzen? Bei Kleinigkeiten konnte mein Hund schon immer sehr wehleidig sein (typisch Kerl), wenn er tatsächlich ernsthaft krank war, zeigte er sich jedoch sehr zurückhaltend. Er klagt nicht. Leidet still, zieht sich zurück. Ach Kerlchen, könnte ich dich doch besser verstehen… Laufen scheint ihm gar keinen Spaß mehr zu machen. Er geht gern raus, das schon. Schnuppert eifrig, liest und postet im Hundefacebook. Aber Bewegung? Lieber nicht. Dabei ist es im Moment doch gar nicht heiß. Die alten Knochen sind wohl müde, so müde.

Robin sucht meine Nähe, immerzu. Tappt zu Hause erschöpft, aber stetig hinter mir her. Abends, wenn er regelmäßig unruhig wird, würde ich ihn am liebsten auf den Schoß nehmen, ihn an mich drücken – aber das findet er blöd, das darf nur Benni, sein „Bruder“. Ausführliches Knuddeln und Schmusen genießt er, drückt sich an mich, sieht mich treuherzig und oft auch leicht verloren an. Robin hört kaum noch etwas, seine Augen trüben ein – sein intensives Fühlen jedoch berührt mich zutiefst. Der Gedanke, darauf eines Tages verzichten zu müssen, tut mir unendlich weh.

Der Abschied rückt näher, unaufhaltsam. Und ich habe sehr große Angst davor. Noch mehr fürchte ich aber, dass Robin sich unnötig quälen muss. Hoffentlich erkenne ich rechtzeitig den Moment, ihm beim Einschlafen zu helfen…


26. Juni 2013
 
Siebzehn!


Seinen 17. Geburtstag am 1. Juli 2013 wollte sich mein tapferes Rentnerlein dann doch nicht entgehen lassen, nachdem er ein paar Tage vorher beunruhigend geschwächelt hatte. Zunächst ließ sich der „Seniorchef“ im Büro gebührend feiern und nahm grinsend sowohl Leckerchen als auch Glück- und Segenswünsche entgegen, bevor er sich abends an selbstgekochtem Hühnchen mit Reis überfraß und den Rest des Abends zufrieden grunzend verschlief.

Ein paar Wochen später brachen wir dann zu Abenteuern ganz anderer Art auf. Zunächst war nicht geplant, dass mein 17jähriger Schlotterhund Robin, das renitente Rentnerlein, Ines und mich nach Rügen begleiten sollte.

Da der Rentner jedoch in der letzten Zeit zunehmend abgebaut hatte, wollte ich ihm den anstrengenden Aufenthalt werktags in der Hundetagesstätte bei einer lieben Freundin nicht zumuten. In einem langen und guten Gespräch mit ihr war mir klar geworden, dass mein Rentnerlein während der Woche hier überfordert wäre und nicht zur Ruhe kommen würde. Ines ließ sich darauf ein, nicht nur sämtliche umnachtlichteten Bakenfalters mitzunehmen, sondern als speziellen Bonus obendrein die Schlotterbacke. Vielen lieben Dank für deine Geduld und Gelassenheit, Ines - insbesondere im Zusammenhang mit Schlottis Gesangsdarbietungen auf "seiner" Bühne im Auto. Denn eins ist spätestens seit dieser Reise gewiss: Singen kann! der olle Kalkranzen. Wenn ihm etwas nicht passt, steigert er sich in die höchsten Töne hinein, die heftig unter die Gänsehaut gehen, bis hin zum finalen Hauruffwuffff. Danach holt er kurz Luft, bevor die 2. Strophe folgt... Ich buchte also noch ein zusätzliches Zugticket Frankfurt/Süd - Bergen auf Rügen & retour für den wackeren Rentner und musste im Verlauf mitansehen, wie sich nach und nach die ursprünglichen Prioritäten in Richtung canino-geriatrischer Kuraufenthalt für den renitenten Rentnerhund verschoben.

Vor dieser Kur vermochte unser Methusalem in der Frankfurter Schwüle fast gar nicht mehr selbständig zu laufen. Daher hatte ich ihm dieses Rentnermobil gekauft, ohne das ich es am Abreisetag mit ihm nicht einmal bis zum Südbahnhof geschafft hätte. Im weiteren Verlauf begann der sichtlich auflebende Greis, uns auch bei schonenden Fahrten in seiner Kutsche mit aufwühlenden Liedchen über die Langeweile des Gezogenen zu unterhalten, was bei mir eine deutliche Blutdrucksteigerung zur Folge hatte.

Nebenbei ließ er sich aber gern von mir in der Ostsee baden. Wasser findet er nach wie vor gut. Selber schwimmen war zunächst nicht drin. Daher hielt ich ihn an seinem Kleidchen (Geschirr) fest, so dass Robin die Schwimmbewegungen schonend üben konnte. Und siehe da – plötzlich schwamm er wieder selbst, die spielerische Physiotherapie hat Früchte getragen!

Erheblich zur seelischen Hundegesundheit haben nicht nur die vielen Streicheleinheiten und das stetige Wachsen des Schlottifanclubs auf dem Zeltplatz beigetragen, sondern in erheblichem Maße auch der wunderschöne Nachmittag mit seinem Kurschatten Max. Dieser hatte sich bei unserem überaus vergnüglichen Besuch bei Nicole in Bergen auf den ersten Blick in unsere reizende Schlottilie verliebt und konnte nicht umhin, ihm diese Liebe unverblümt zu zeigen. Schildkröte Suppe, der Wächter der Terrasse, nahm dieses stirnrunzelnd zur Kenntnis, während die beiden wunderschönen Katzen es angesichts unserer Invasion vorzogen, lieber Reißaus zu nehmen. Die Axolotls hingegen reagierten gelassen. Nachdem Max, der Herzensbrecher, vorübergehend in Quarantäne gesteckt worden war, erbarmte sich mein Schwerenöter Schlotti in der Küche des Katzenfutters, um sich nach dessen Verzehr eine kleine Siesta direkt neben den Näpfen zu gönnen.

Eines Morgens wurde ich von Donnergrollen wach, es war halb 9 und zappenduster draußen. Also nix wie raus aus der Penntüte, Rentner geschnappt und eine Runde Pipikack für uns beide. Danach habe ich ihn zwecks Brötchenkauf an die Regenrinne vor dem kleinen Laden getackert. Drin war ca. eine halbe Milljohn Camper versammelt - die wollten sich alle noch VOR dem Unwetter bevorraten. Bis zum Bezahlen dauerte es daher ewig, das Gewitter kam immer näher, es schiffte wie aus Fässern... die meisten blieben nach dem Bezahlen einfach im sicheren Laden, aber das konnte ich doch dem Rentnerlein nicht antun. Also nix wie raus, die Regenrinne sprudelte über, Schlotti platschnass. Wir setzten zum Sprint durch das Kiefernwäldchen an, als ein fürchterlicher Blitz mit gleichzeitigem Donnergetöse direkt über uns das Dunkel erhellte. Ein Alptraum für mich Gewitterschisser! Schlotti jedoch ließ das kalt, wir rannten noch schneller, es blitzte und donnerte infernalisch und ich dachte nur, wenn uns nun ein Blitz erwischt, isses auch nich zu ändern... Pladdernass brachten wir uns schließlich in unserem Zelt in relative Sicherheit - puuuuuh. Ich bin nur froh, dass Schlotti nicht mehr - so wie früher - bei Donner ausgerastet ist. Nicht auszudenken, wenn er sich in Panik aus seinem Piratengeschirr befreit hätte und durchgebrannt wäre…

Reif für die Insel bin ich nach dieser Reise noch viel mehr als vorher - Rügen ist überwältigend schön und ich möchte diese Insel unbedingt noch viel näher kennenlernen.

Dieser Urlaub war ausgesprochen anstrengend, denn schließlich wollte mein reichlich verpeiltes Rentnerlein angemessen behütet und bekurt werden, was zum Glück und dank Ines liebevoller Unterstützung ("Kann mal bitte jemand mein Esszimmer aufräumen?") gelungen ist.

Ich bin froh und dankbar, diese Tage auf Rügen mit meinem Hund so intensiv erlebt und genossen haben zu können, denn niemand weiß, wie viel Zeit uns noch bleibt...
 

ENachtigall

Mitglied
Deine Tagebucheinträge lesen sich mit Spannung und Anteilnahme. Du verstehst es, Dinge über das alltägliche Einerlei hinauszuheben, mit Sprachwitz, selbstironischer Würze und einem gesunden Gefühl von Rechtschaffenheit.

Die letzten beiden Einträge über Dein Leben mit dem inzwischen zur Gebrechlichkeit neigenden "renitenten Rentnerlein" lassen mich zurückdenken an meine kanadische Schwester. Ihre Hündin Blue war auch in die Jahre gekommen, krankte und schwächelte immer mehr. Sie entschied sich, gegen die Ratschläge von Freunden, die zum medizinischen Gnadenschuss rieten, ihre tierische Lebensgefährtin zu Hause zu begleiten auf der Reise an den Rand der Weltlichkeit.
Ich habe das erst im Nachhinein verstanden, als ich erfuhr, wie letztendlich friedvoll der Abschied dann tatsächlich verlaufen war und bewundere immer wieder den Mut, den es braucht, der eigenen Stimme vertrauensvoll zu folgen, wenn sie anderes spricht, als der "Rest der Welt".

Wie sehr Dich dieses Thema berührt, liest sich auch spürbar aus dem Gedicht "Frühes Rot". Das Eichhörnchen ist Vorbote, Wegbereiter auf den Tag x.

Vielen Dank für´s Teilhaben lassen!

Lieben Gruß,

Elke
 



 
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