Nachtwandler

2,20 Stern(e) 5 Bewertungen

Raya

Mitglied
Bei Sonnenuntergang
beginnen wir zu atmen.

Ab fällt die Last des Tages,
die Zerrbilder einer Wirklichkeit,
die nicht
die unsere ist.

Wir haben unsere Rollen gespielt,
jetzt ist es Zeit
aus dem Kokon zu schlüpfen,
die zerknitterten Flügel zu glätten
und sich hinauf
ans dunkle Firmament
zu schwingen.

Die Tagwesen ruhen,
die Stadt gehört uns.

Sie gibt uns Raum,
und Möglichkeiten
zum Nachdenken,
Spielen, Wandeln.

Man ist allein,
doch niemals einsam,
weil keiner unser Anderssein
zerstört.

Wenn die Sonne
sich anschickt,
die Kühle der Nacht,
der Hitze
eines neuen hektischen Tages weicht.
Bleiben nur noch,
schemenhafte Traumsequenzen
und ein Hauch von
ultimativer Freiheit.
 
G

Gelöschtes Mitglied 8846

Gast
Hallo,

ich bin mir nicht sicher, ob dein Werk wirklich nur schlecht ist, denn die Idee finde ich gut, schreibe selber gern über Träume, aber der Ansatz ist für mich falsch. Träume erzählen in der Regel nicht von Freiheit, sie sind häufig das Gegenteil, sind wirr und schmerzhaft, oft Alb. Es gilt also inhaltlich noch einmal nachzudenken, aber auch sprachlich gibt es viele Stolpersteine.

LG Franka
 

Label

Mitglied
ein Nachtwandler mit Flügel, die knittern können
die in einer anderen Wirklichkeit leben
und erst bei Sonnenuntergang zu leben (atmen) beginnen

meinst du einen Vampir?
 

Thylda

Mitglied
Liebe Raya

Die deutliche Ablehnung, die Dein Gedicht erfahren hat, kann ich nicht nachvollziehen. Ich kann es mir nur so erklären, daß die betreffenden Personen sich keine Mühe mit der Interpretation gegeben haben.

Label denkt an Vampire, was ein interessanter Ansatz ist.

Ich denke jedoch, daß es sich um einen "normalen" Menschen handelt, vielleicht sogar ein wenig "zu" normal.
Ab fällt die Last des Tages
deutet meines Erachtens darauf hin.

Das Lyri ist während des Tages gezwungen, ein Leben zu leben, das ihm nicht entspricht, das es als Last empfindet. Ein bedeutungsloser Arbeitsplatz kommt mir in den Sinn. Wahrscheinlich einer, in dem man seine Kleidung und sein Aussehen nicht selbst wählen kann, so daß Lyri sich in einem Kokon eingefesselt glaubt. Solch eine unansehnliche Erscheinung fände man zum Beispiel in einer Uniform, die kein Anzug oder Kostüm ist.

Bei Sonnenuntergang, der zur Zeit nahe der Equinox um etwa 18.00h ist, ist in vielen kleineren Firmen Feierabend. In einer größeren Firma z.B. hätte Lyri wenigstens Aufstiegsmöglichkeiten.

Nach Feierabend verwandelt sich Lyri in einen beeindruckenden Nachtfalter und lebt das Leben, worauf es im Kokon gewartet hat. Nun unterscheidet es sich von den Tagwesen, die sich anders als das Lyri mit ihrem Leben während des Tages identifizieren. Jetzt steht für Lyri die Welt, seine Welt offen, zu tun, was ihm beliebt, anders zu sein als es das Leben es ihm während des Tages vorschreibt.

Die kühle Nacht geht und die Hektik des Tages holt Lyri wieder ein. Zurück bleibt die Erinnerung und die Sehnsucht nach diesem kleinen Keim der Freiheit, der Lyri die Kraft gibt, den Tag über durchzuhalten.

Die Nacht wird zur gestohlenen Zeit und dieser Raubbau an den eigen Träumen, Wünschen und Energie wird nicht lange aufrecht zu erhalten sein, aber es ist der Strohhalm, an den sich Lyri klammern muß, um gegen die eigene Natur leben und damit überleben zu können.

Dieser Text mag vielleicht kein goethesches Meisterwerk sein, kann aber durchaus hier in der LL mitschwimmen.

Gern gelesen.

Liebe Grüße
Thylda
 

Raya

Mitglied
Liebe Thylda!

Danke für Deine ausführliche Interpretation. Erstaunlich, wie viel Wahrheit Du aus meinen Zeilen heraus liest. Du hast den Nagel fast auf den Kopf getroffen ;).

@Label
Nein an Vampire habe ich beim Schreiben wirklich nicht gedacht.

@Franka
Vielleicht mag meine Art der Lyrik den einen zu holprig erscheinen und vielleicht auch nicht besonders gut.
Allerdings, wieso sollte man sich in irgend ein Schema pressen lassen? Soll das Schreiben einen nicht befreien und in erster Linie Spaß machen?
Natürlich bin ich nicht Goethe, ich setze die Worte so wie es mir natürlich erscheint. Kritik, die mir weiter hilft nehme ich gerne an. Wir sind verschiedene Persönlichkeiten, warum sollten wir uns auch alle im selben Stil ausdrücken. Dafür sollte auf Leselupe mehr Platz sein.

Alles Liebe Raya
 



 
Oben Unten