Nächtliches Intermezzo
Letzte Nacht haben wir wieder unser Lieblingsspiel gespielt. Meine Frau und ich, auf unseren Liegestühlen. Der Blick himmelwärts, und wer die meisten Satelliten bzw. Sternschnuppen als Erster sichtet, hat gewonnen.
Von unserem Hof aus können wir auf einige Fenster des gegenüberliegenden Mehrfamilienhauses sehen. Jetzt, in dieser Hitzezeit, öffnen die Menschen nachts die Fenster, und die schwarzen Löcher werden für uns Unbeteiligte, zu Augen und Ohren. Die Menschen hinter den schwarzen Löchern, schlafen schlecht oder gar nicht, und man wird zum Spion, zum Voyeur, dem Mitwissenden ihrer Existenz.
Oben links wohnt das nette junge Pärchen. Wir hatten immer den Eindruck, dass die Beiden gut zusammenpassen. Vor etwa einem Monat zog sie aus. Wir kamen gerade vom Einkaufen. Die junge Frau stand an ihrem alten, schäbigen Polo und stopfte ihre Habseligkeiten hinein. Ihr Blick, eine Mischung aus Trauer, Wut, Entschlossenheit. Vor einer Woche kam sie zurück. Wir waren irgendwie froh, immer noch im Eindruck schwelgend, dass die Zwei ein gutes Paar sind (Ist es nicht erstaunlich, welche Eindrücke man aus bloßen Augenscheinlichkeiten gewinnt).
Letzte Nacht nun, hörten wir sie weinen. Ein wortloses Weinen, voller Trauer und obwohl kein Wort das Weinen unterbrach, erzählte ihr Schluchzen eine Geschichte. Es erzählte von Einsamkeit, vom Wissen um der Liebe Tod und der Gewissheit, das Nichts-absolut Nichts diese Liebe wieder zum Leben erwecken kann. Nachts, hier auf dem Land, in dieser absoluten Stille, klingen Töne anders, tiefer-intensiver-lebendiger. Wir lagen da, und hörten die Geschichte des Abschieds, und selbst der Vollmond schien einen Augenblick innezuhalten, zu traurig war dieser eigentümliche Gesang.
Daneben, die zwei Fenster des alten Ehepaares. So um die siebzig, die Beiden. Immer lächelnd, immer gut drauf. Jenseits von Gut und Böse erleben sie ihre Rente. Nicht mehr so das Liebespaar, nein, eher gute Freunde im Alter, wissend, dass es für alles seine Zeit gibt.
Dachte ich! Gestern Nacht hörten wir sie zärtlich stöhnen, und ich wurde mir wieder einmal bewusst, dass mein Denken voller Vorurteile ist. Andererseits lächelte ich in die Nacht hinein, hoffnungsfroh, auch meines ewig frühlinghaften Wesens gewiss.
Oben rechts die Fenster des Stummen. Ein merkwürdiger Kerl um die vierzig. Ihn zu grüßen bedeutet höchstens ein Grummeln zur Antwort zu bekommen, ein Lächeln ist ihm unbekannt. Verhärtet sind seine Gesichtszüge, gezeichnet vom Leben. Niemand weiß etwas von ihm, Geselligkeit scheint ihm ein Fremdwort. Wir, seine Nachbarn, haben es mittlerweile aufgegeben, Kontakt mit ihm zu suchen. Jeden Abend sehen wir in seinem Fenster, dass Flimmern des Fernsehers. Morgens verlässt er das Haus, abends kehrt er heim, und sieht in die Ferne.
Letzte Nacht drang die Stille förmlich aus seinem Fenster. Fast körperlich floss die Einsamkeit aus dem Rahmen. Und nun, da seine Einsamkeit Platz zum Fliehen hatte, löste sich etwas in seinem Schlaf und er begann zu Schlafreden.
„Ich habe es nicht gewollt. Das Kind stand plötzlich auf der Straße. Auch ohne Alkohol hätte ich nicht ausweichen können. Lasst mich los, lass mich los. Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr, lasst mich doch los ihr Geister.“
Heute werden wir die Menschen der Nacht mit anderen Augen sehen. Tiefer……Näher wird es uns Ihnen nicht bringen. Die Fenster werden wieder geschlossen sein, Augen und Ohren verschlossen.
Letzte Nacht haben wir wieder unser Lieblingsspiel gespielt. Meine Frau und ich, auf unseren Liegestühlen. Der Blick himmelwärts, und wer die meisten Satelliten bzw. Sternschnuppen als Erster sichtet, hat gewonnen.
Von unserem Hof aus können wir auf einige Fenster des gegenüberliegenden Mehrfamilienhauses sehen. Jetzt, in dieser Hitzezeit, öffnen die Menschen nachts die Fenster, und die schwarzen Löcher werden für uns Unbeteiligte, zu Augen und Ohren. Die Menschen hinter den schwarzen Löchern, schlafen schlecht oder gar nicht, und man wird zum Spion, zum Voyeur, dem Mitwissenden ihrer Existenz.
Oben links wohnt das nette junge Pärchen. Wir hatten immer den Eindruck, dass die Beiden gut zusammenpassen. Vor etwa einem Monat zog sie aus. Wir kamen gerade vom Einkaufen. Die junge Frau stand an ihrem alten, schäbigen Polo und stopfte ihre Habseligkeiten hinein. Ihr Blick, eine Mischung aus Trauer, Wut, Entschlossenheit. Vor einer Woche kam sie zurück. Wir waren irgendwie froh, immer noch im Eindruck schwelgend, dass die Zwei ein gutes Paar sind (Ist es nicht erstaunlich, welche Eindrücke man aus bloßen Augenscheinlichkeiten gewinnt).
Letzte Nacht nun, hörten wir sie weinen. Ein wortloses Weinen, voller Trauer und obwohl kein Wort das Weinen unterbrach, erzählte ihr Schluchzen eine Geschichte. Es erzählte von Einsamkeit, vom Wissen um der Liebe Tod und der Gewissheit, das Nichts-absolut Nichts diese Liebe wieder zum Leben erwecken kann. Nachts, hier auf dem Land, in dieser absoluten Stille, klingen Töne anders, tiefer-intensiver-lebendiger. Wir lagen da, und hörten die Geschichte des Abschieds, und selbst der Vollmond schien einen Augenblick innezuhalten, zu traurig war dieser eigentümliche Gesang.
Daneben, die zwei Fenster des alten Ehepaares. So um die siebzig, die Beiden. Immer lächelnd, immer gut drauf. Jenseits von Gut und Böse erleben sie ihre Rente. Nicht mehr so das Liebespaar, nein, eher gute Freunde im Alter, wissend, dass es für alles seine Zeit gibt.
Dachte ich! Gestern Nacht hörten wir sie zärtlich stöhnen, und ich wurde mir wieder einmal bewusst, dass mein Denken voller Vorurteile ist. Andererseits lächelte ich in die Nacht hinein, hoffnungsfroh, auch meines ewig frühlinghaften Wesens gewiss.
Oben rechts die Fenster des Stummen. Ein merkwürdiger Kerl um die vierzig. Ihn zu grüßen bedeutet höchstens ein Grummeln zur Antwort zu bekommen, ein Lächeln ist ihm unbekannt. Verhärtet sind seine Gesichtszüge, gezeichnet vom Leben. Niemand weiß etwas von ihm, Geselligkeit scheint ihm ein Fremdwort. Wir, seine Nachbarn, haben es mittlerweile aufgegeben, Kontakt mit ihm zu suchen. Jeden Abend sehen wir in seinem Fenster, dass Flimmern des Fernsehers. Morgens verlässt er das Haus, abends kehrt er heim, und sieht in die Ferne.
Letzte Nacht drang die Stille förmlich aus seinem Fenster. Fast körperlich floss die Einsamkeit aus dem Rahmen. Und nun, da seine Einsamkeit Platz zum Fliehen hatte, löste sich etwas in seinem Schlaf und er begann zu Schlafreden.
„Ich habe es nicht gewollt. Das Kind stand plötzlich auf der Straße. Auch ohne Alkohol hätte ich nicht ausweichen können. Lasst mich los, lass mich los. Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr, lasst mich doch los ihr Geister.“
Heute werden wir die Menschen der Nacht mit anderen Augen sehen. Tiefer……Näher wird es uns Ihnen nicht bringen. Die Fenster werden wieder geschlossen sein, Augen und Ohren verschlossen.