Nenailla
Eine erotische Märchen-Variation
Nenailla war ein schönes Mädchen, ihr Haar glänzte wie Ebenholz, eben so die Augen; ihre elfenbeinweißen Glieder waren zart und geschmeidig, dazu der kleine rote Mund, die kecke Nase, alle Burschen im Dorf waren in sie verliebt, doch sie hatte noch keinen erhört.
Dabei war sie nicht eitel und erst recht nicht hochnäsig. Ganz im Gegenteil. Schon als kleines Mädchen hatte sie mit allen Kindern im Dorf gespielt - ob reich, ob arm, ob dumm, ob klug - und heute, wo ihr, wie in den anderen, neue Gedanken und neue Spiele in Sinn standen, tanzte sie auf den Festen oft und gerne, mit jedem, auch den Krummen und den Häßlichen, und lies sich in gewissen Momenten auch einen Kuß rauben - aber niemals mehr.
Ihr Vater, ein angesehener Händler, wunderte sich über soviel Tugend und die Mutter sagte immer öfter, es wäre an der Zeit, daß sie sich vermählte.
Doch Nenailla wich aus und sagte sie wolle noch nicht. Sie wolle auf den Richtigen warten, für den sie bestimmt war. Ob es der Prinz aus den Märchen der Großmutter war, der Prinz auf dem prächtigen Schimmel, oder ein anderer, wußte sie nicht. Doch manchmal erwachte sie aus Träumen, dunkel und tief, sie konnte sich an nichts erinnern, doch in ihren Lenden pochten es seltsam, und ein Gefühl von Leere und Verlust plagte sie.
So ging die Zeit dahin und Nenailla tanzte in ihrem unschuldigen weißen Kleid weiter durch die Gassen, half fleißig der Mutter in Haus und dem Vater im Laden. Die Burschen himmelten sie noch immer an. Der eine oder andere freite eine andere Maid und träumte heimlich weiter von ihr.
Dann, eines Tages, kam ein Fremder ins Dorf. Es war kein junger Prinz, sondern ein alter Mann in einer dunklen Robe und sein Roß war nicht weiß, sondern grau. Er kam direkt in den Laden von Nenaillas Eltern und sprach sie an: Sein Gebieter, der Herr des einsamen Schlosses, nicht weit von hier, habe von Nenaillas Anmut und Tugend gehört und bitte sie untertänigst, um die Gunst eines Besuches. Er übergab den Eltern eine glitzernde Halskette, sprach das Mädchen solle diese tragen, als Zeichen, wenn sie mit seinem grauen Pferd zum Schloß reite. Dann verschwand er zur Tür hinaus und war nicht mehr gesehen.
Nenailla war noch verblüffter als ihre Eltern, als sie die Geschichte vernahm. Weder sie noch ihre Eltern wußten recht, was sie von dem seltsamen Angebot halten sollten. Das einsame Schloß hatte keinen schlechten Ruf, allerdings auch keinen guten, eigentlich wußte keiner, wer dort lebte und was dort vor sich ging. Doch die Kette war von bezaubernder Schönheit. Sie war aus fein gearbeitetem Silber und trug einen schweren roten Stein in Form einer Träne. Und tatsächlich, das graue Pferd stand noch immer vor der Tür. Wie der Alte gegangen war, konnte keiner sagen.
Zwei Tage grübelte das Mädchen, was es denn tun solle. Die Eltern waren rechtschaffene Leute und sagten, man müsse zumindest das Geschenk zurück geben, es sei zu wertvoll um es einfach zu behalten. Und Nenaille fragte sich, was das für ein seltsamer Herr sei, daß er ein Dorfmädchen um die Aufwartung bat und sich dabei so ungewöhnlich gebärdete.
Die Kette lag neben dem Bett und warb mit ihrem Leuchten, doch bisher hatte das Mädchen sie noch nicht angelegt. Irgendwie war ihr klar, daß sie damit eine unumkehrbare Entscheidung treffen würde.
Doch am dritten Morgen überwog die Neugier und sie ging mir der Kette hinunter in den Laden, zu dem großen Spiegel. Sie wolle nur sehen, ob ihr die Kette auch stand, sagte sie sich.
In dem Augenblick, als der schwere Stein zwischen ihre Brüste glitt, glaubte sie kurz im Spiegel eine fremde Gestalt zu erkennen, dann war es vorüber. Doch ein neues Gefühl hatte von ihr Besitz ergriffen. Ohne ein Wort, ohne einen Gruß oder Abschied ging sie zur Tür hinaus und bestieg das Pferd.
Wenige sahen sie, wie sie zum Dorf hinaus ritt und verschwand.
Nach einigen Stunden erreichte sie das düstere Schloß auf dem Hügel. Keine Wache stand am Tor, doch die Flügel öffneten sich ohne Laut und sie ritt hinein.
An der Tür des Haupthauses stand eine Dienstmagd und begrüßte sie: "Kommt herein, der Herr erwartet euch bereits."
Nenailla stieg ab und folgte dem Mädchen, das mit seltsam ausdruckslosem Gesicht und steifen Schrittes vor ihr her ging. Sie betraten einen großen Saal, erleuchtet von Fackeln, eine prächtige Tafel stand da, gedeckt für zwei, neben einem großen Kamin, in dem ein mächtiges Feuer prasselte stand ein Spiegel - mannshoch - und eine Kleiderpuppe.
"Der Herr wird gleich kommen, er wünscht sich, daß ihr dieses Kleid tragt", sagte die Magd und wies auf die Puppe.
Nenailla betrachtete das Kleid: Es war von aufreizender Art und schöner als alles, was sie je gesehen hatte. Ob sie es wirklich tragen sollte? Der feine Stoff, schwarz und doch schimmernd in allen Farben, schmeichelte ihrer Hand, als sie langsam darüber fuhr.
"Soll ich euch beim ankleiden helfen?"
Nenailla schüttelte den Kopf und die Magd entfernte sich.
Sie zog ihr einfaches Mädchenkleid aus und stand einen Augenblick nackt im Schein des Kaminfeuers. Sie betrachtete sich im Spiegel, ihre Haut schimmerte rötlich, dann besann sie sich, daß jeder sie so sehen konnte, der hereinkam und begann, sich anzukleiden.
Zu dem Kleid gehörten zarte schwarze Strümpfe und eben solche Handschuhe, die bis über die Ellbogen reichten. Doch das erstaunlichste war das Kleid selber. Als sie es angezogen hatte betrachtete sich wieder im Spiegel und drehte sich im Kreis. Um die Hüften bausche es sich und fiel luftig bis zum Boden, doch an ihren Leib schmiegte es sich wie eine zweite Haut. Es war am Rücken tief ausgeschnitten; und auch vorne, lies dem Blick frei zwischen ihre Brüste, wo der Stein der Kette im Licht des Feuers glomm wie eine rote Sonne.
Nenailla war verzaubert, auch in ihr begann ein Feuer zu lodern, sie begann sich versonnen vor dem Spiegel in den Hüften zu wiegen und konnte sich nicht von dem Anblick losreißen.
"Ihr seid bezaubernd, wahrlich bezaubernd", sagte eine Stimme hinter ihr.
Sie drehte sich um.
Vor ihr stand ein junger Mann in silbern schimmerndem Kleidern, er lächelte, trat zu ihr, nahm ihre Hand und küßte sie. "Es ist schön, daß Euch das Kleid gefällt", sagte er, doch auch sein Gesicht blieb seltsam ausdruckslos.
Nenailla knickste höflich und flüsterte: "Womit verdanke ich die Ehre, Euer Gast zu sein?"
"Ich bin geehrt durch Euren Besuch! Die Geschichten über Eure Schönheit und Tugend drangen bis in mein einsames Reich. So war es mein sehnlichster Wunsch, Euch einmal zu sehen. Würdet ihr mir die Gnade erweisen, mir Gesellschaft zu leisten."
Er wies zu der Tafel, doch sein Augen haftete an ihren Brüsten. Oder war es der funkelnd Stein, auf den sein Blick gerichtet war?
Verschämt drehte sie sich weg.
"Verzeiht", murmelte er, und dann, zu sich selbst: "Welche Anmut, welche Tugend."
Ohne Absicht schaute Nenailla wieder in den Spiegel. Der Stein leuchtete, doch das Leuchten kam jetzt von innen, schien einem eigenen Feuer zu entspringen. Es pulsierte und Nenailla wurde gewahr, daß es der gleiche Rhythmus war, der auch in ihrem Bauch, in ihren Lenden pochte.
"Wollt ihr tanzen?" fragte der silberne Jüngling.
Nenailla konnte keine Musiker entdecken und die Musik schien von überall her zu kommen. Von einer unbekannten Kraft gezogen wandte sie sich dem Fremden zu und breitete die Arme aus.
Er nahm sie bei den Händen und gleich drehten sie sich anmutig im Kreis.
Das Mädchen zählte die Augenblicke nicht, gerade noch war es ein sanftes Wiegen, doch langsam steigerte sich die Musik und beide wirbelten in einem wilden Tanz. Immer wilder wurde er, immer schneller und schneller, bis die Musik abbrach und sie in seine Arme sank.
Sie schloß die Augen, in Erwartung des erlösenden Kusses. Doch er kam nicht.
"Wollt ihr meine Gefährtin sein?" fragte er mit rauher Stimme.
Nenailla öffnete die Augen, sah in seine brennenden Augen, nur eine Handbreit von den ihren. Ihre Gesichter leuchteten im Feuer des Steins.
"Was fragt ihr? Ist dies nicht euer Stein, der euch mein Begehren offenbart?"
Beschämt schaute er zu Boden. "Ja, ihr habt recht. Aber ich wollte Euch nicht betrügen. Und deshalb bitte ich Euch – Deshalb gestehe ich Euch – Deshalb ..."
Er verstummte und starrte ins Feuer. Dann streckte er sich mit frischer Entschlossenheit und fuhr fort.
"Ich möchte Euch - vor dem ersten Kuss - mein wahres Gesicht zeigen. Seid ihr bereit dazu?"
"Euer wahres Gesicht?"
"Ja! Aber es ist Schrecklich ..."
"Was kann so schrecklich sein? Wenn es solche Freude, solche Lust in mir erweckt?"
"Nun denn, seht."
Er trat einen Schritt zurück. Sie glitt zu Boden, auf die Knie, das Kleid breitete sich um sie, und betrachtete ihn.
Und er verwandelte sich.
Erst schien er langsam in sich zusammen zu sinken, dann streckte er sich, der Jüngling verschwand und wuchs. Wo die silbernen Kleider gewesen, schimmerte muskulöse rötliche Haut; der Kopf wurde breit, Hörner wuchsen an seinen Schläfen, und langes schwarzes Haar fiel über schuppenbewehrte Schultern.
"Ja", sagte er, "ein Dämon, ein Monstrum. Gefangen und verbannt auf diese Erde. Einsam und begehrend. Doch ich möchte Euch keine Gewalt antun. Ihr könnt gehen, wann ihr wollt."
Nenailla war zuerst erschrocken und wandte den Blick ab.
Dann erinnerte sie sich.
"Nein, ich kenne Euch", flüsterte sie und der Stein an ihrer Brust begann mit neuer Kraft zu pulsieren. "Ich habe Euch erkannt, denn ich habe von Euch geträumt. Ich werde nicht gehen. Laßt mich Eure Gefährtin sein in der Nacht."
Sein wildes Gesicht begann zu strahlen, sein Lächeln entblößte die Zähne eines Wolfes, doch seine vor Freude leuchtenden Augen waren die eines Kindes. Dann betrachtete es wieder den leuchtenden Stein.
"Es ist Euch ernst", sagte er.
Er half ihr hoch und führte sie in einen Nebenraum. Ein prächtiges Bett stand darin, gekrönt von einem purpurnen Baldachin.
Sie blieben davor stehen.
"Wenn es auch Euer Wille ist ...", sprach er.
Sie nickte nur.
"... so kommt in meine Arme, Gefährtin."
Seine krallenbewehrten Hände glitten über ihren Hals, streiften den Stoff von ihren Brüsten, hinterließen rötliche Streifen auf der Haut, glitten weiter über ihren Leib und ihr Kleid fiel zu Boden.
So stand sie vor ihm, nur in den feinen Strümpfen und Handschuhen. Noch hielt sie eine Hand vor der von spärlichem weichen Haar bedeckten Scham, da ließ sie sich fallen, sank zurück auf das Bett. "So nimm mich, Geliebter. Mach mich ganz zu der Deinen", seufzte sie.
Der Dämon schaute sie an. Ein Hauch von Trauer und Schuld glitt über sein Antlitz. "Nein, diesen Wunsch will ich dir nicht erfüllen - noch nicht - möge die Zeit ewig währen, ehe ...", er verstummte ...
... und kam zu ihr.
Da war ein Schmerz, doch der wohlige Schauer überwog als ihr die Unschuld genommen und sie zur Frau wurde.
Der Stein zwischen ihren Brüsten glühte, zerbarst schier.
Später war er es, der zu Sprechen begann: "Ich kann für Euch jede Gestalt annehmen, die ihr wünscht. Doch beim ersten Mal, da wünschte ich mir, daß ihr mich so seht, wie ich bin."
Nenailla seufzte zufrieden: "Wenn mir die anderen nur halb so viel Freude bereiten, so begnüge ich mich gerne mit Eurer wahren Gestalt."
Später gebar sie ihm viele Kinder, die alle die Gabe der Verwandlung besaßen, und überall auf der Welt Freude und Lust bereiteten. Und so, wie ihre Liebe und ihre Leidenschaft nie nachließ, so blieb auch Nenaillas Schönheit unangetastet von Lauf der Zeit.
Doch auch ihr blieb das Schicksal aller Sterblichen nicht erspart und eines Tages lag sie da und wartete auf die Schwingen, welche sie in das Reich der Todes tragen sollten.
Da erfüllte der Dämon ihren Wunsch, den er dereinst nicht erhört hatte, und er verschlang sie. Verschlang, wie es nur Dämonen können, ihren Leib und ihre Seele, machte sie ganz zu der Seinen. Da waren sie auf ewig eins.
Eine erotische Märchen-Variation
Nenailla war ein schönes Mädchen, ihr Haar glänzte wie Ebenholz, eben so die Augen; ihre elfenbeinweißen Glieder waren zart und geschmeidig, dazu der kleine rote Mund, die kecke Nase, alle Burschen im Dorf waren in sie verliebt, doch sie hatte noch keinen erhört.
Dabei war sie nicht eitel und erst recht nicht hochnäsig. Ganz im Gegenteil. Schon als kleines Mädchen hatte sie mit allen Kindern im Dorf gespielt - ob reich, ob arm, ob dumm, ob klug - und heute, wo ihr, wie in den anderen, neue Gedanken und neue Spiele in Sinn standen, tanzte sie auf den Festen oft und gerne, mit jedem, auch den Krummen und den Häßlichen, und lies sich in gewissen Momenten auch einen Kuß rauben - aber niemals mehr.
Ihr Vater, ein angesehener Händler, wunderte sich über soviel Tugend und die Mutter sagte immer öfter, es wäre an der Zeit, daß sie sich vermählte.
Doch Nenailla wich aus und sagte sie wolle noch nicht. Sie wolle auf den Richtigen warten, für den sie bestimmt war. Ob es der Prinz aus den Märchen der Großmutter war, der Prinz auf dem prächtigen Schimmel, oder ein anderer, wußte sie nicht. Doch manchmal erwachte sie aus Träumen, dunkel und tief, sie konnte sich an nichts erinnern, doch in ihren Lenden pochten es seltsam, und ein Gefühl von Leere und Verlust plagte sie.
So ging die Zeit dahin und Nenailla tanzte in ihrem unschuldigen weißen Kleid weiter durch die Gassen, half fleißig der Mutter in Haus und dem Vater im Laden. Die Burschen himmelten sie noch immer an. Der eine oder andere freite eine andere Maid und träumte heimlich weiter von ihr.
Dann, eines Tages, kam ein Fremder ins Dorf. Es war kein junger Prinz, sondern ein alter Mann in einer dunklen Robe und sein Roß war nicht weiß, sondern grau. Er kam direkt in den Laden von Nenaillas Eltern und sprach sie an: Sein Gebieter, der Herr des einsamen Schlosses, nicht weit von hier, habe von Nenaillas Anmut und Tugend gehört und bitte sie untertänigst, um die Gunst eines Besuches. Er übergab den Eltern eine glitzernde Halskette, sprach das Mädchen solle diese tragen, als Zeichen, wenn sie mit seinem grauen Pferd zum Schloß reite. Dann verschwand er zur Tür hinaus und war nicht mehr gesehen.
Nenailla war noch verblüffter als ihre Eltern, als sie die Geschichte vernahm. Weder sie noch ihre Eltern wußten recht, was sie von dem seltsamen Angebot halten sollten. Das einsame Schloß hatte keinen schlechten Ruf, allerdings auch keinen guten, eigentlich wußte keiner, wer dort lebte und was dort vor sich ging. Doch die Kette war von bezaubernder Schönheit. Sie war aus fein gearbeitetem Silber und trug einen schweren roten Stein in Form einer Träne. Und tatsächlich, das graue Pferd stand noch immer vor der Tür. Wie der Alte gegangen war, konnte keiner sagen.
Zwei Tage grübelte das Mädchen, was es denn tun solle. Die Eltern waren rechtschaffene Leute und sagten, man müsse zumindest das Geschenk zurück geben, es sei zu wertvoll um es einfach zu behalten. Und Nenaille fragte sich, was das für ein seltsamer Herr sei, daß er ein Dorfmädchen um die Aufwartung bat und sich dabei so ungewöhnlich gebärdete.
Die Kette lag neben dem Bett und warb mit ihrem Leuchten, doch bisher hatte das Mädchen sie noch nicht angelegt. Irgendwie war ihr klar, daß sie damit eine unumkehrbare Entscheidung treffen würde.
Doch am dritten Morgen überwog die Neugier und sie ging mir der Kette hinunter in den Laden, zu dem großen Spiegel. Sie wolle nur sehen, ob ihr die Kette auch stand, sagte sie sich.
In dem Augenblick, als der schwere Stein zwischen ihre Brüste glitt, glaubte sie kurz im Spiegel eine fremde Gestalt zu erkennen, dann war es vorüber. Doch ein neues Gefühl hatte von ihr Besitz ergriffen. Ohne ein Wort, ohne einen Gruß oder Abschied ging sie zur Tür hinaus und bestieg das Pferd.
Wenige sahen sie, wie sie zum Dorf hinaus ritt und verschwand.
Nach einigen Stunden erreichte sie das düstere Schloß auf dem Hügel. Keine Wache stand am Tor, doch die Flügel öffneten sich ohne Laut und sie ritt hinein.
An der Tür des Haupthauses stand eine Dienstmagd und begrüßte sie: "Kommt herein, der Herr erwartet euch bereits."
Nenailla stieg ab und folgte dem Mädchen, das mit seltsam ausdruckslosem Gesicht und steifen Schrittes vor ihr her ging. Sie betraten einen großen Saal, erleuchtet von Fackeln, eine prächtige Tafel stand da, gedeckt für zwei, neben einem großen Kamin, in dem ein mächtiges Feuer prasselte stand ein Spiegel - mannshoch - und eine Kleiderpuppe.
"Der Herr wird gleich kommen, er wünscht sich, daß ihr dieses Kleid tragt", sagte die Magd und wies auf die Puppe.
Nenailla betrachtete das Kleid: Es war von aufreizender Art und schöner als alles, was sie je gesehen hatte. Ob sie es wirklich tragen sollte? Der feine Stoff, schwarz und doch schimmernd in allen Farben, schmeichelte ihrer Hand, als sie langsam darüber fuhr.
"Soll ich euch beim ankleiden helfen?"
Nenailla schüttelte den Kopf und die Magd entfernte sich.
Sie zog ihr einfaches Mädchenkleid aus und stand einen Augenblick nackt im Schein des Kaminfeuers. Sie betrachtete sich im Spiegel, ihre Haut schimmerte rötlich, dann besann sie sich, daß jeder sie so sehen konnte, der hereinkam und begann, sich anzukleiden.
Zu dem Kleid gehörten zarte schwarze Strümpfe und eben solche Handschuhe, die bis über die Ellbogen reichten. Doch das erstaunlichste war das Kleid selber. Als sie es angezogen hatte betrachtete sich wieder im Spiegel und drehte sich im Kreis. Um die Hüften bausche es sich und fiel luftig bis zum Boden, doch an ihren Leib schmiegte es sich wie eine zweite Haut. Es war am Rücken tief ausgeschnitten; und auch vorne, lies dem Blick frei zwischen ihre Brüste, wo der Stein der Kette im Licht des Feuers glomm wie eine rote Sonne.
Nenailla war verzaubert, auch in ihr begann ein Feuer zu lodern, sie begann sich versonnen vor dem Spiegel in den Hüften zu wiegen und konnte sich nicht von dem Anblick losreißen.
"Ihr seid bezaubernd, wahrlich bezaubernd", sagte eine Stimme hinter ihr.
Sie drehte sich um.
Vor ihr stand ein junger Mann in silbern schimmerndem Kleidern, er lächelte, trat zu ihr, nahm ihre Hand und küßte sie. "Es ist schön, daß Euch das Kleid gefällt", sagte er, doch auch sein Gesicht blieb seltsam ausdruckslos.
Nenailla knickste höflich und flüsterte: "Womit verdanke ich die Ehre, Euer Gast zu sein?"
"Ich bin geehrt durch Euren Besuch! Die Geschichten über Eure Schönheit und Tugend drangen bis in mein einsames Reich. So war es mein sehnlichster Wunsch, Euch einmal zu sehen. Würdet ihr mir die Gnade erweisen, mir Gesellschaft zu leisten."
Er wies zu der Tafel, doch sein Augen haftete an ihren Brüsten. Oder war es der funkelnd Stein, auf den sein Blick gerichtet war?
Verschämt drehte sie sich weg.
"Verzeiht", murmelte er, und dann, zu sich selbst: "Welche Anmut, welche Tugend."
Ohne Absicht schaute Nenailla wieder in den Spiegel. Der Stein leuchtete, doch das Leuchten kam jetzt von innen, schien einem eigenen Feuer zu entspringen. Es pulsierte und Nenailla wurde gewahr, daß es der gleiche Rhythmus war, der auch in ihrem Bauch, in ihren Lenden pochte.
"Wollt ihr tanzen?" fragte der silberne Jüngling.
Nenailla konnte keine Musiker entdecken und die Musik schien von überall her zu kommen. Von einer unbekannten Kraft gezogen wandte sie sich dem Fremden zu und breitete die Arme aus.
Er nahm sie bei den Händen und gleich drehten sie sich anmutig im Kreis.
Das Mädchen zählte die Augenblicke nicht, gerade noch war es ein sanftes Wiegen, doch langsam steigerte sich die Musik und beide wirbelten in einem wilden Tanz. Immer wilder wurde er, immer schneller und schneller, bis die Musik abbrach und sie in seine Arme sank.
Sie schloß die Augen, in Erwartung des erlösenden Kusses. Doch er kam nicht.
"Wollt ihr meine Gefährtin sein?" fragte er mit rauher Stimme.
Nenailla öffnete die Augen, sah in seine brennenden Augen, nur eine Handbreit von den ihren. Ihre Gesichter leuchteten im Feuer des Steins.
"Was fragt ihr? Ist dies nicht euer Stein, der euch mein Begehren offenbart?"
Beschämt schaute er zu Boden. "Ja, ihr habt recht. Aber ich wollte Euch nicht betrügen. Und deshalb bitte ich Euch – Deshalb gestehe ich Euch – Deshalb ..."
Er verstummte und starrte ins Feuer. Dann streckte er sich mit frischer Entschlossenheit und fuhr fort.
"Ich möchte Euch - vor dem ersten Kuss - mein wahres Gesicht zeigen. Seid ihr bereit dazu?"
"Euer wahres Gesicht?"
"Ja! Aber es ist Schrecklich ..."
"Was kann so schrecklich sein? Wenn es solche Freude, solche Lust in mir erweckt?"
"Nun denn, seht."
Er trat einen Schritt zurück. Sie glitt zu Boden, auf die Knie, das Kleid breitete sich um sie, und betrachtete ihn.
Und er verwandelte sich.
Erst schien er langsam in sich zusammen zu sinken, dann streckte er sich, der Jüngling verschwand und wuchs. Wo die silbernen Kleider gewesen, schimmerte muskulöse rötliche Haut; der Kopf wurde breit, Hörner wuchsen an seinen Schläfen, und langes schwarzes Haar fiel über schuppenbewehrte Schultern.
"Ja", sagte er, "ein Dämon, ein Monstrum. Gefangen und verbannt auf diese Erde. Einsam und begehrend. Doch ich möchte Euch keine Gewalt antun. Ihr könnt gehen, wann ihr wollt."
Nenailla war zuerst erschrocken und wandte den Blick ab.
Dann erinnerte sie sich.
"Nein, ich kenne Euch", flüsterte sie und der Stein an ihrer Brust begann mit neuer Kraft zu pulsieren. "Ich habe Euch erkannt, denn ich habe von Euch geträumt. Ich werde nicht gehen. Laßt mich Eure Gefährtin sein in der Nacht."
Sein wildes Gesicht begann zu strahlen, sein Lächeln entblößte die Zähne eines Wolfes, doch seine vor Freude leuchtenden Augen waren die eines Kindes. Dann betrachtete es wieder den leuchtenden Stein.
"Es ist Euch ernst", sagte er.
Er half ihr hoch und führte sie in einen Nebenraum. Ein prächtiges Bett stand darin, gekrönt von einem purpurnen Baldachin.
Sie blieben davor stehen.
"Wenn es auch Euer Wille ist ...", sprach er.
Sie nickte nur.
"... so kommt in meine Arme, Gefährtin."
Seine krallenbewehrten Hände glitten über ihren Hals, streiften den Stoff von ihren Brüsten, hinterließen rötliche Streifen auf der Haut, glitten weiter über ihren Leib und ihr Kleid fiel zu Boden.
So stand sie vor ihm, nur in den feinen Strümpfen und Handschuhen. Noch hielt sie eine Hand vor der von spärlichem weichen Haar bedeckten Scham, da ließ sie sich fallen, sank zurück auf das Bett. "So nimm mich, Geliebter. Mach mich ganz zu der Deinen", seufzte sie.
Der Dämon schaute sie an. Ein Hauch von Trauer und Schuld glitt über sein Antlitz. "Nein, diesen Wunsch will ich dir nicht erfüllen - noch nicht - möge die Zeit ewig währen, ehe ...", er verstummte ...
... und kam zu ihr.
Da war ein Schmerz, doch der wohlige Schauer überwog als ihr die Unschuld genommen und sie zur Frau wurde.
Der Stein zwischen ihren Brüsten glühte, zerbarst schier.
Später war er es, der zu Sprechen begann: "Ich kann für Euch jede Gestalt annehmen, die ihr wünscht. Doch beim ersten Mal, da wünschte ich mir, daß ihr mich so seht, wie ich bin."
Nenailla seufzte zufrieden: "Wenn mir die anderen nur halb so viel Freude bereiten, so begnüge ich mich gerne mit Eurer wahren Gestalt."
Später gebar sie ihm viele Kinder, die alle die Gabe der Verwandlung besaßen, und überall auf der Welt Freude und Lust bereiteten. Und so, wie ihre Liebe und ihre Leidenschaft nie nachließ, so blieb auch Nenaillas Schönheit unangetastet von Lauf der Zeit.
Doch auch ihr blieb das Schicksal aller Sterblichen nicht erspart und eines Tages lag sie da und wartete auf die Schwingen, welche sie in das Reich der Todes tragen sollten.
Da erfüllte der Dämon ihren Wunsch, den er dereinst nicht erhört hatte, und er verschlang sie. Verschlang, wie es nur Dämonen können, ihren Leib und ihre Seele, machte sie ganz zu der Seinen. Da waren sie auf ewig eins.