Willibald
Mitglied
Old School Haiku. Open door that looks shut.
„Zum Thema Tiere. In vier Minuten aufs Papier hingeworfen. Ich habe das schon richtig verstanden, wir sollen so schreiben, was uns einfällt. Und es soll Old School sein? Heftige? Wann können wir unsere Texte präsentieren?” Die Stimme war ein wenig zittrig, ein wenig flach. „Jetzt”, sagte Friedrich Melzer und fuhr sich über sein kurzes, graues Haar, das danach, wusste er, wieder senkrecht vom Kopfe abstand. Er hatte ihnen gesagt, Akustik, Blickkontakt, sollte schon sein. Konrad Miltenberger nahm Blickkontakt auf zu ihm, zu den anderen, tippte kurz an die große Brille, schob sie hoch, schaute in die Runde: Windschutzscheibe bei Regen mit langsam rudernden Scheibenwischern, so etwa.
"Der Katzenfürst hat nichts zu tun,
maunzt gar sehr und kann nicht ruhn.
Horcht gar bang zum Gang hinaus,
endlich kommt Sie.- Ei, der Daus!
Schlank und biegsam, wunderbar,
braune Augen, schwarz das Haar."
„Ein bisschen Eugen Roth”, murmelte Friedrich Melzer, er hatte sechs Semester Germanistik in München studiert. Dann Literaturinstitut in Leipzig. Austausch, Inspiration, Kritik. Aber vor allem war da der Großvater, fünf Bücherschränke im Wohnzimmer, drei im Flur, Eduard Engel Deutsche Stilkunst, Thomas Mann Zauberberg, Heinrich Seidel Leberecht Hühnchen. war schon was. Dann hatten sie W.A. Auden entdeckt und Thomas Kling. „Ja! Old School. Das ist Old School.“
Melzer blickte zu Thomas Anderson.
"Habe einen Haiku notiert:
Der Kranich schreitet
Im Sonnenschein sich plusternd,
Das dünne Eis ab."
Konrad Miltenberger sagte nichts. Georg Mallon gegenüber fummelte einen Zettel vom Tisch hoch, hatte vorhin neugierig Andersons Haikuschreibe seitwärts mitverfolgt, wach, ein Mix aus Waschbär, Snoopy und Schroeder:
"Es hat mich erblickt
Und macht ein saures Gesicht
Der alte Kranich."
„Kurzer Austausch untereinander“, Friedrich Melzer lehnte sich zurück, „plaudern sie los.“
„Ho, dein Haiku war gut, der schreitende Kranich.”
„Deiner auch.“
„Aha?”
„Wenn wir uns von Tieren irgendwie unterscheiden, dann durch unsere Fähigkeit, Haikus zu schreiben.”
„Hehe."
"Und darüber zu lachen.”
Mallon tippte mit dem Zeigefinger viermal gegen die Brust von Anderson.
„Du-Stelz-vo-gel!”
„Inkorrekt. Ich gleiche dem Adler.”
„Aha. Droben kreist in höchsten Höhen der Herrscher der Vögel, des Sturmes gewaltiger Aar.”
„Drunten aber im Sande buddelt die Milbe.”
Sie hoben ihre Schreibstifte, kreuzten sie wie Klingen, verneigten sich voreinander. Friedrich Melzer dachte, das wird gut.
„Zum Thema Tiere. In vier Minuten aufs Papier hingeworfen. Ich habe das schon richtig verstanden, wir sollen so schreiben, was uns einfällt. Und es soll Old School sein? Heftige? Wann können wir unsere Texte präsentieren?” Die Stimme war ein wenig zittrig, ein wenig flach. „Jetzt”, sagte Friedrich Melzer und fuhr sich über sein kurzes, graues Haar, das danach, wusste er, wieder senkrecht vom Kopfe abstand. Er hatte ihnen gesagt, Akustik, Blickkontakt, sollte schon sein. Konrad Miltenberger nahm Blickkontakt auf zu ihm, zu den anderen, tippte kurz an die große Brille, schob sie hoch, schaute in die Runde: Windschutzscheibe bei Regen mit langsam rudernden Scheibenwischern, so etwa.
"Der Katzenfürst hat nichts zu tun,
maunzt gar sehr und kann nicht ruhn.
Horcht gar bang zum Gang hinaus,
endlich kommt Sie.- Ei, der Daus!
Schlank und biegsam, wunderbar,
braune Augen, schwarz das Haar."
„Ein bisschen Eugen Roth”, murmelte Friedrich Melzer, er hatte sechs Semester Germanistik in München studiert. Dann Literaturinstitut in Leipzig. Austausch, Inspiration, Kritik. Aber vor allem war da der Großvater, fünf Bücherschränke im Wohnzimmer, drei im Flur, Eduard Engel Deutsche Stilkunst, Thomas Mann Zauberberg, Heinrich Seidel Leberecht Hühnchen. war schon was. Dann hatten sie W.A. Auden entdeckt und Thomas Kling. „Ja! Old School. Das ist Old School.“
Melzer blickte zu Thomas Anderson.
"Habe einen Haiku notiert:
Der Kranich schreitet
Im Sonnenschein sich plusternd,
Das dünne Eis ab."
Konrad Miltenberger sagte nichts. Georg Mallon gegenüber fummelte einen Zettel vom Tisch hoch, hatte vorhin neugierig Andersons Haikuschreibe seitwärts mitverfolgt, wach, ein Mix aus Waschbär, Snoopy und Schroeder:
"Es hat mich erblickt
Und macht ein saures Gesicht
Der alte Kranich."
„Kurzer Austausch untereinander“, Friedrich Melzer lehnte sich zurück, „plaudern sie los.“
„Ho, dein Haiku war gut, der schreitende Kranich.”
„Deiner auch.“
„Aha?”
„Wenn wir uns von Tieren irgendwie unterscheiden, dann durch unsere Fähigkeit, Haikus zu schreiben.”
„Hehe."
"Und darüber zu lachen.”
Mallon tippte mit dem Zeigefinger viermal gegen die Brust von Anderson.
„Du-Stelz-vo-gel!”
„Inkorrekt. Ich gleiche dem Adler.”
„Aha. Droben kreist in höchsten Höhen der Herrscher der Vögel, des Sturmes gewaltiger Aar.”
„Drunten aber im Sande buddelt die Milbe.”
Sie hoben ihre Schreibstifte, kreuzten sie wie Klingen, verneigten sich voreinander. Friedrich Melzer dachte, das wird gut.