Orkangriff

Empi

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Shazzurks behaarter Körper bebte vor aufgestauter Mordlust. Seine Nasenflügel blähten sich, und die schwarze Zunge strich über die spitzen Hauer, die aus seinem Unterkiefer ragten und fast bis zur breiten Nase reichten.
Neben ihm grunzte Urgutz und wollte schon losstürmen, aber der dicke Arm Shazzurks hielt ihn zurück. „Noch nicht“, knurrte er auf orkisch.
Eine große Wolke wanderte langsam über den Himmel. Shazzurk blickte hinauf. Erst als sie den Mond zur Gänze verdeckt hatte, gab er den Befehl zum Angriff. Johlend brachen die Orks zwischen den Bäumen hervor und spurteten auf den Holzwall der Siedlung zu.
Sahzzurk hätte vor Wut platzen können. Mindestens zehn Mal hatte er seinen jungen Kriegern erklärt, sich dem Dorf leise zu nähern – vergebens.
Nun... auch egal.
Eigentlich hatten seine Krieger Recht. Stilles Anschleichen und dergleichen waren einfach nichts für einen Ork. Shazzurk stimmte in das Geheul mit ein und sprintete hinterher.

Das Leuten einer Glocke drang an seine Ohren. Einige Menschen hatten sich auf der Palisade angesammelt und begannen, die Angreifer mit Pfeilen zu beschießen. Aufgrund des verhangenen Mondes und der damit einhergehenden schlechten Sichtverhältisse rauschten die meisten Geschosse jedoch harmlos vorbei. Das änderte sich, als die Menschen Fackeln vor die Palisade schleuderten - nun zeichneten sich die Umrisse der Angreifer im Licht der Flammen ab.
Die ersten Orks, die sich der Palisade mit Wurfhaken näherten, gingen zu Boden. Als Antwort ließen die Orks nun ihrerseits die Bögen sprechen. Zwar zersplitterten die meisten Pfeile wirkungslos an der Palisade, aber die Menschen suchten Deckung, was den Orks Zeit gab, um im zweiten Anlauf ihre Wurfhaken über den Holzwall segeln zu lassen. Nachdem sich die Haken verkantet hatten, fingen die Orks an, mit aller Kraft zu ziehen. Das Holz knirschte bedrohlich. Verzweifelt versuchten die Menschen, die Seile zu kappen.

Shazzurk riss seinen Hornbogen von der Schulter, legte einen Pfeil auf und suchte sich ein Ziel. Ein Mann holte gerade aus und wollte sein Schwert auf eines der Seile niedersausen lassen, da schoss der Ork. Der Mann verharrte mitten in der Bewegung, dann blickte er überrascht auf den schwarzgefiederten Pfeil in seiner Brust. Im Taumeln ließ er das Schwert fallen und verschwand schließlich aus Shazzurks Blickfeld.
Neben ihm krachte Urgutz schwer zu Boden. Ein Pfeil hatte seinen Schädel durchschlagen. Ein weiterer Schrei und der nächste Ork starb. Shazzurk blickte verärgert zur Palisade. Ein weißhaariger Mann schickte seine Pfeile mit tödlicher Präzsion in die Reihen der Orks. Shazzurk schoss auf den Mann, aber sein Pfeil pfiff knapp vorbei.
Dann vernahm er das laute Krachen von berstendem Holz. Die rund dreißig Orks, die an den Seilen gezogen hatten, stürzten nach hinten als ein Teil des Holzwalls nachgab und umkippte. Aber sie waren schnell wieder auf den Beinen, und ehe sich die Menschen versahen, waren die meisten Orks in der Öffnung verschwunden. Zwar wurden die ersten Eindringlinge niedergehackt, doch bald waren die Menschen dazu gezwungen, sich zurückzuziehen, da sie der Wildheit und Kampfkraft der Orks auf Dauer nicht gewachsen waren.

Wie von der Nacht ausgespuckte Dämonen fielen die Orks über das Dorf her – niemand wurde verschont.
Die Angst- und Schmerzschreie, die durch die Dunkelheit schallten, waren Musik in Shazzurks Ohren. Er lachte böse, als er mit seiner Breitaxt den Kopf einer jungen Frau spaltete, die aus einem brennendem Haus stolperte. Seine Krieger hatten begonnen, die ganze Siedlung anzuzünden. Bald fauchten die Flammen durch die Gassen und verzehrten heißgierig das spröde Holz der Hütten.
Am anderen Ende des Dorfes hatten sich inzwischen die letzten Verteidiger versammelt. Mutig stellten sie sich den Orks, um mit ihrem Leben den Frauen und Kindern kostbare Zeit zur Flucht zu erkaufen. Sie kämpften so verbissen wie in die Ecke gedrängte Hunde, doch nach und nach fielen sie der orkischen Übermacht zum Opfer.

In einer Seitengasse erblickte Shazzurk den weißhaarigen Mann. Dieser hatte gerade einen Ork entwaffnet und hieb der schwarzpelzigen Kreatur sein Schwert in den Kopf. Shazzurk rannte los, zog einen Wurfdolch und schleuderte ihn aus vollem Lauf. Weißhaar schrie auf und fasste sich an die Seite. Der Dolch hatte sich bis zum Heft ins Fleisch gebohrt.
Shazzurk wollte den Vorteil nutzen und nachsetzen, aber ein plötzlich aufflammender Schmerz in seinem rechten Bein brachte ihn ins Straucheln.
Ein kleiner Menschenbalg war aus einer dunklen Ecke getreten. In seiner Hand hielt er ein blutiges Messer. Shazzurk schüttelte den Kopf und holte aus.
Weißhaar schrie verzweifelt auf und stürzte dem Ork entgegen, aber ein Axtschlag des verärgerten Shazzurk köpfte den Jungen. Der alte Mann kreischte wie ein wildes Tier und attackierte.
Shazzurk lachte nur und blockte den wilden Schwerthieb mit Leichtigkeit ab. Weißhaar torkelte und ging kurz in die Knie. Der Atem kam rasselnd aus seiner Kehle, begleitet von kleinen Blutspritzern.
Ein brutaler Stiefeltritt ließ Weißhaar stöhnend zusammensinken. Shazzurk packte ihn an den Haaren und beugte seinen Kopf zurück, sodass die Kehle entblößt war - dann holte er mit der Axt aus.
Sein Stamm würde stolz auf ihn sein.
 

Gilmon

Mitglied
Hallo Empi,

ein schöner Text und flüssig zu lesen. Das der Text aus der Sicht der Orks geschrieben ist, dass diese dazu noch gewinnen, macht diesen besonders reizvoll. Hier treten die Orks nicht als namenlose Masse auf, um von den tollen Menschen erschlagen zu werden.

Sicher hätte man die Geschichte ausdehen können, wobei ich sie nicht als zu knapp empfinde. Der Geschichte fehlt nichts, aufgrund ihrer Knappheit. Gerne noch mehr solche Texte.

Grüße, Gilmon
 

Empi

Mitglied
Hi Gilmon

Danke für das Lob. Ja, ich hasse es auch immer, wenn Orks oder Monster allgemein nur als Schlachtvieh für die Superhelden gebraucht werden, obwohl es eigentlich sehr viel Spaß macht, aus der Sicht eines wilden Orks zu schreiben.

Zwecks der Knappheit kann ich nur sagen, dass mich persönlich arg lange Texte immer ein wenig abschrecken, deswegen ist Shazzurks Geschichte auch recht kurz ;-)

Werde sicher mal wieder eine Orkgeschichte schreiben :)

Zwecks der Überschrift: Wie kann man die denn ändern?
 



 
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