pflaume

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sufnus

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Hey Rachel,
Du hast in Deinem Gedicht in sehr mutiger Weise syntaktische und grammatische Sprachfesseln gelockert. Mit dem Wegfall des Artikels in Zeile 1 gibst Du schon einmal einen sprachunüblichen Gestus vor und das "pflaume an dich / pflaume an sich"-Wortspiel spielt in noch stärkerem Maße mit konventioneller Schreibe. Auch die Trennung einer Formulierung durch eine Strophengrenze (und ausgerechnet der Formulierung: "wir werden / es nicht trennen") passt zu der insgesamt widerspenstigen Haltung Deines Gedichts. In der letzten Strophe zeigt dann die Syntax endgültig Auflösungserscheinungen. Und gerade diese letzte Strophe gefällt mir daher ganz besonders gut! :)
Bleibt die Frage, was es wohl mit dieser Pflaume auf sich hat? Ich könnte mir vorstellen, dass diese Frucht (sollte ich gar schreiben: dieses Früchtchen?) überaus metaphorisch, ja geradezu allegorisch, auf lustvolle Spielbezirke des Menschseins verweisen will. In meinem unschuldigen Gemüt lese ich allerdings das Gedicht in gewisser Weise abstrakter: Da schwebt eine Pflaume vor meinem Lese-Auge, wie bald seit William C. Williams nicht mehr und ich lese deutlich: "ceci n'est pas une prune", womit ich es auch durchaus erfreut bewenden lassen kann.
LG!
S.
 

Rachel

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Hei, Sufnus! Schön von dir zu hören, ich danke dir. Und deine Einschätzung :) trifft es gut (sie hilft meinem mühseligen Corona-Hirn auf die Sprünge). Die - wie du treffend sagst - "widerspenstige Haltung im Gedicht" erzählt eine Situation; das Früchtchen war ein Zankapfel. Ein Freund meinte: "Aber natürlich! Natürlich gibt es eine Wahrheit!" Ich sagte: "Deine oder meine?" Wir ließen es dann gut sein. Wer wen am Ende eine Pflaume nannte, weiß ich nicht mehr, lange her. Die letzte Strophe will Kindheit schmecken, wenn alles noch undifferenziert schön ist und sonst nix. William C. Williams ist eine Erinnerung wert. Kann grad aber nicht sagen, ob ich ihn kannte. So schlapp. Sein Gedicht aber genossen, direkt ausm Eisfach.

Herzlichen Dank auch an Tula und Mimi fürs Reinschauen!
 

sufnus

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Hey Rachel!
Ah... William C. Williams ist ein Lyriker, der sich (typischerweise) in seinen Gedichten um ein relativ direktes, dem Altagsreden verwandten Parlando bemüht hat. Bei den großen amerikanischen Lyrikern der Moderne könnte man ihn (simplifizierend) als Gegenpol zu Wallace Stevens begreifen (ich schätze beide ganz außerordentlich).
Und eines seiner bekanntesten Gedicht (also von WCW) handelt eben von Pflaumen. Es ist vermutlich DAS kanonische Pflaumengedicht. Und jeder, der mit Lyrik ziemlich "hochgestochenes", bildreiches und klangverliebtes Schreiben verbindet, wird sich von diesem Gedicht grässlich provoziert fühlen. Jeder aber, der entspannt und geduldig in die scheinbare Nebensächlichkeit, ja vordergründige Nichtssagenheit (gibt es das Wort???) dieses Klassikers hineinhört, dem öffnen sich (hoffentlich) nach und nach durchaus innige Zugänge. Das Gedicht heißt: "This is just to say". Die klassische Übersetzung dieses Gedicht ins Deutsche stammt von Enzensberger ("Nur damit du Bescheid weißt").
LG!
S.
.... huch... jetzt hab ich so wortreich von WCW geschrieben und sehe gerade, dass ich Deine Antwort wohl zu hurtig überflogen habe... Du kanntest das Gedicht also längst und meine Erklärung war überflüssig... dann möge sie sich an alle richten, denen WCW gerade nichts sagt. :)
 
In meinem unschuldigen Gemüt lese ich
Haha du alter Schelm.. wunderbar

Liebe @Rachel ICH habe es genauso verstanden: Kindheit schmecken, Henry Miller in der Hosentasche und "wer ist hier eigentlich die Flaumme". Lass dir vom versauten sufnus nichts einreden !! Das sagt der überaus apollonische Dionysos . Jawohl!

Huch: eine Trockenpflaume ... Hmmm lecker ;)
 
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