Pflegestufe 3

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Gabriele

Mitglied
Liebe Dorothea!

[ 4]wenn 'Haben' ein Witzwort
[ 4]und 'Können' ein Märchentraum ist


Du schreibst:
"Wenn ich für "Witzwort" oder "Märchentraum" etwas Besseres fände, würde ich sie durchaus ersetzen."

Vielleicht:
"wenn Haben ein Hohnwort
und Können Erinnerung ist"?
Allerdings finde ich Deine ursprüngliche Wortwahl ohnehin sehr passend!

Auch das "fast" in der letzten Strophe finde ich genau richtig. Mit Bewunderung konnte ich selbst beobachten, dass manche pflegedürftigen/kranken/behinderten Menschen aus ganz wenig (verbleibenden Möglichkeiten/Fähgikeiten) noch ganz viel (Lebensqualität/Dankbarkeit/Glück) herausholen können.
Ich weiß aber nicht, ob wir das - vorher - "üben" können; es scheint mir doch eine Frage des Charakters eines Menschen und seiner grundsätzlichen Einstellung zum Leben zu sein.

Ganz liebe Grüße und vielen Dank für dieses Gedicht!
Gabriele
 

ENachtigall

Mitglied
Liebe Dorothea,

ich finde Dein Gedicht berührt sehr viele wichtige Fragen in Bezug auf die Realität der Menschen, deren "Haben und Können" umständehalber so stark reduziert ist.
Ich habe erlebt, dass ihre Wahrnehmung sich eben auch aus der Weite zurückgezogen hat, und Dinge aus der Nähe, wie das Wehen eines Vorhangs im Luftzug, ein Bild an der Wand oder der verlässliche Rhythmus wiederkehrender Alltäglichkeiten (Mahlzeiten, Besuche, das Wandern der Schatten im Raum) viel mehr Bedeutung für sie haben, als die großen, zweifelsfrei berechtigten Fragen nach Sinn und Menschlichkeit, die uns "Normalos" bewegen. Nähe vermitteln kann ich dann, wenn es mir gelingt, in diese Welt mit einzutauchen, eher nonverbal, über die leise mitschwingenden Gefühlstöne des Wohlgesonnenseins und einvernehmlichen schweigen Könnens, wenn Anderes unmöglich geworden ist.
Dafür muss man sich selbst sehr zurücknehmen können. Ich habe auch Hochachtung vor all denen, die in Einrichtungen, wo immer weniger Menschen mit mehr Technik schichtdienstbelastet und vom Arbeitsplatzverlust bedroht, versuchen, trotzdem menschenwürdig zu pflegen.

Mit herzlichen Grüßen

Elke
 

Dorothea

Mitglied
Hallo Gabriele,

verzeih, dass ich erst jetzt antworte. Du schreibst
es scheint mir doch eine Frage des Charakters eines Menschen und seiner grundsätzlichen Einstellung zum Leben zu sein
und bezweifelst, ob die rechte Einstellung zum Leben und Sterben rechtzeitig "eingeübt" werden könnte.

Ich denke, der Mensch sirbt so wie er lebt. Aber hat die Chance durch rechtzeitiges bewusstes Hinschauen und Wahrnehmen (statt Wegsehen und Verdrängen) gewisse Weichen noch vor der letzen Agonie ein wenig anders zu stellen!
 

Dorothea

Mitglied
Hallo ENachtigall,

herzlichen Dank für Deine Rückmeldung. Leider kann ich erst heute antworten.
wenn es mir gelingt, in diese Welt mit einzutauchen, eher nonverbal, über die leise mitschwingenden Gefühlstöne des Wohlgesonnenseins und einvernehmlichen schweigen Könnens, wenn Anderes unmöglich geworden ist.
Mit diesen Worten sagst Du etwas sehr Entscheidendes und Richtiges. Manchmal kann man nur noch da sein und schweigen, und etwas Nähe schenken gegen die fressende Angst und Einsanmkeit. Das müssen wir tun; es wäre schon viel, wenn es überall geschähe, dass Menschen in ihrer Freizeit den Schwerstkranken Zeit und Nähe schenken, aber es genügt nicht! Wir sollten auch eine Bewegung gegen menschenunwürdige Pflegebedingungen, eine Bewegung gegen das Wegsehen und Totsparen ins Leben rufen!
 
H

Heidrun D.

Gast
Guuuut, Vera-Lena,

ein Klasse-Gedicht!

Hoffentlich schaut auch Kasper vorbei ....

Liebe Grüße
Heidrun
 
T

Traube

Gast
Hallo Dorothea,

klasse Zeilen,

das schlimme an deinem Gedicht ist: Du sprichst vielen Menschen aus ihren Herzen und ins Gewissen, was allerdings, so befürchte ich, nix ändern wird.
Ich selber durfte in meiner Familie genau das Gegenteil erfahren, worüber ich sehr froh bin. Meine Oma hat meine 96 Jahre Alt gewordene Uroma,die Bettlägrig (schädliches Wort)
und ein absoluter Pflegefall war, bis ans Ende begleitet,
über Jahre. Kann guten Herzens von mir behaupten, ich tue,wenn es denn so kommt, dass selbe, für jeden in meiner Familie.


Hochachtungsvoll,

Traube.
 

Dorothea

Mitglied
Hallo Traube,

ich freue mich für Deine Familie über das gute Miteinander über Generationen hinweg.
Auch wenn Literatur nur die Menschen sensibilisiert, die bereits ein Problembewusstsein und ein entsprechendes Egagement entwickelt haben, soll sie so tun, denke ich, als könnte sie wunderbarerweise auch die anderen erreichen!

Herzliche Grüße, Dorothea.
 

Haremsdame

Mitglied
Manchmal findet man beim Stöbern in diesen unterschiedlichen Foren wahre Schätze. Ich finde, diese Zeilen gehören dazu!
 

revilo

Mitglied
dieses Gedicht ist ungeheuer aktuell.........ich sehe es im Kontext mit beba´s neustem Gedicht............

LG revilo
 



 
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