Plaudereien

1,30 Stern(e) 4 Bewertungen

Ternessa

Mitglied
Plaudereien

Du bist eine Nummer.
Nein, manchmal bist du auch nur ein Nick, ja Nick ist gut.
Machst du das Notebook an, dann hast du einen Nick.

Und so ein Nick ist echt gut, niemand kennt sich, aber du kennst alle, alle die Nicks.

Am Anfang fand ich das sehr unpersönlich, inzwischen kenne ich die Nicks auch als die Nicks sehr persönlich
Persönlich, na gut, ich kenne sie eben.

Also, mit meinem Nick wähle ich mich in einen Chat ein, das geht sehr einfach, noch vor Jahren fand ich mich da nicht so sehr zurecht, aber das lag wohl eher an mir.
Ich hatte den PC nicht im Griff, derzeit geht das sehr gut, in alle Chats komme ich mit meinem Nickt, nun gut, mit einem Nick. Manche Seiten wollen ja auch spezielle Nicks, also passe ich mich an. Ich schreibe Nicks für normale Foren und Nicks für etwas nicht normale Foren, also auch Sex-Foren.
Manchmal muss ich mir meine Nicks jetzt schon aufschreiben bei der Fülle an Foren und damit ich mich auch selber erkenne.
Wie peinlich wäre es, ich würde mich in meinem eigenen Chat als nicht mehr ich erkennen oder anschreiben?

Ja und jetzt bin ich ein Nick.

Und das Net holt mich ein.
Ich finde einen Mann sehr nett, wie er da schreibt und ich antworte ihm.

Ein kleines Gespräch bahnt sich da an.
Ach, denke ich, was will der mir wohl sagen. Erinnert mich an so vieles Sagen, da war doch mal ein Mann.


Ja, da hatte ich mal einen Mann am Telefon. Ist lange her, da war Internet noch nicht so lange, da schrieb man sich noch oder telefonierte,
Dieser Mann beeindruckte mich sehr. Er war so einsam. Seine Frau verstand ihn nicht. Ich verstand ihn, er verstand mich.
Viele Briefe gingen damals zwischen uns hin und her, leider landeten meine im Müll, wie er mir auch mal schrieb.
Er konnte ja schließlich solche wichtigen Dokument nicht mit nach Hause nehmen, wo da seine Frau war, er musste sie irgendwo vernichten, also tat er es, er schmiss sie in den nächsten Müll.
Ich war Müll- das erkannte ich allerdingst später.

Oh Ja, getroffen habe ich diesen Mann, der war nicht nur eine Nummer im Telefon.

Und liebe Frauen, die mich jetzt lesen, hier kommt der Punkt.
Ich traf diesen Mann.

Ich traf einen Mann, der zunächst so gar nicht meinem Traum entsprach.
Aber das Leben soll ja gar kein Traum sein, also warum dann einen Traummann?

Wir aßen zusammen und sprachen, es kam keine Erotik auf, ich war sogar froh, dann gehen zu können. Doch das war nur der Moment.

Ich wollte eben schreiben, wie Internet- Bekanntschaften wirken können- nun damals war das kein Internet, aber Telefonbekanntschaften.
Und die Wirkung war, der Gedanke an den Mann verließ mich nicht.

Hatte auch seinen Grund. Ich trennte mich eben von meinem Mann und suchte.
Leider suchte ich in der Rubrik verheiratete Männer.

Naja, Männer, die verheiratet sind, die meinen ja so oft, sie müssten da mal was anderes leben. Warum auch immer. Sie suchen und haben eine Frau und suchen doch weiter.
Meine Verbindung entpuppte sich auch als ein solcher.


Er schrieb mir SMS und er schrieb, wie sehr seine Frau ihn nicht verstehen würde.
Und ich verstand ihn, war ich doch so selber alleine und unverstanden.


Nun gut, er war nicht mein Traummann im Äußeren, dann wollte ich das mal im Inneren testen.
Wir verabredeten uns für eine Nacht.
Und ich erlebte mit ihm eine Nacht.
Es war ganz falsch von mir zu denken, so was stecke ich weg, denn nach dieser Nacht, mochte ich den Mann.

Leider er mich nicht, er schrieb mir nach zwei Tagen, ich wäre nicht die Frau, für die er seine Frau aufgeben würde..

Liebe Damen, die ihr mich jetzt lest- so ist das!
Man denkt als Frau anders, man will sich geben und dann kommt so ein Satz.
Das ist wie Duschen ohne Schock denken-kalt!
Es bringt dich ins Nichts.
Ich weinte.
Ich liebte diesen Mann nicht, aber es war das Erleben eines Verlassen seins auf ein Einlassen.

Und so war damals eine Begegnung, wie sie viele haben
Vielleicht für mich der Anfang wie für so viele andere.

Das Net macht alles möglich.

Ich bin da nur ein Nick.

Ich war da ein Nick und schrieb einen Mann an, der gefiel mir, mit dem, was er schrieb.

Komische Antworten kamen da.
Solche Chats können irrsinnig machen, da schrieben plötzlich Menschen, ich solle den Mann nicht mehr anschreiben, er wäre gebunden und er würde seine Frau so unendlich lieben.
Warum, frage ich mich dann, sucht er eine Frau?

Ah, die Erklärungen kamen sofort, er würde nur mal leben im Zoff und doch seine Frau sehr lieben.

Ich versteh nicht immer alles.
Aber ich lese alles. Das Net macht es möglich.
Und die Nachrichten über die angeblichen Lügen dieses Mannes, die nahmen immer weiter zu. Kannten den denn alle? Plötzlich scheint sich alles nur um den einen zu drehen. Ich kam mir echt bescheuert vor, denn ich hatte doch nur nett reden wollen und plötzlich wird mir da von so vielen angeblich nur die Wahrheit geschrieben.
Oh man, ich kann doch selber denken und mir auch eine Meinung bilden.

Aber scheinbar wissen das nicht die, die mir da die Augen öffnen wollen. Nun, das Net macht alles möglich, also sehe ich mir mal die an, die mich hier so sehr unter ihre Fittiche nehmen wollen und es nur gut meinen.
Und ich staune, die kennen sich ja alle. Da schreibt mir plötzlich die angebliche Freundin dieses Mannes und dann ihre Freundin und dann ein Freund der Freundin und alle meinen es doch nur ehrlich und wollen mich warnen.

Doch, liebe Frauen, ihr wisst bereits längst, was mir da begegnete.
Da hatte sich doch eine Frau den Nick ihres Freundes besorgt und jetzt konnte sie den Freund auch im Net kontrollieren und dann kontrollierte sie eben auch seine Kontakte und damit diese Kontakte nicht auch noch unter die Kontrolle geraten müssen, klärt man sie am besten auf.
Ach, muss wahre Liebe schön sein. Man ist so vollkommen unter Aufsicht.
Ich sollte das auch anstreben.

Naja, Unter Aufsicht sein. Was fällt mir eben dazu ein?
Datenschutz?
Nein, Datenschutz hat mit unter Aufsicht sein wohl sicher nicht viel zu tun, denn da steht schließlich Schutz drin und geschützt will ja wohl jeder sein. Was ich meine, das ist, ich will schon geschützt sein, doch meine Daten, also mein Geburtsdatum und meine Telefonnummer und mein Name und meine Schreibereien so im Net müssen die geschützt werden und warum werden? Von wem werden? Sind die Daten denn so einfach einzusehen?

Es macht mich etwas irre so weiter zu denken, denn wenn jemand meine Daten schützt, dann kennt er mich doch und dann stehe ich doch unter Aufsicht oder etwa doch nicht?
Am besten ich denke an der Stelle mal nicht mehr an dieses Wort, sondern schreibe euch weiter, was ich so im Net erlebte.

Das Leben scheint sich nur noch da für mich abzuspielen, es ist so vielfältig, wie ich es auf der Straße nicht erlebe.
Nicht, dass ich auf der Straße nichts erlebe, doch dort ist es immer gleich, abgesehen, dass ab und an ein Unfall passiert oder ich eben mit dem Auto eine Panne habe. Aber solche Dinge sind nicht aufregend, aufregend schon, doch nicht so aufregend, wie ein Chat sein kann.

Da schrieb ich zum Beispiel auch mal mit einem Mann- ja, es war auch wieder ein Mann- und der schickte mir gleich nach zwei Nachrichten Bilder von sich. Im Net nennt man das Pics oder wahrscheinlich nennt man das so, weil es aus dem Englischen kommt und englisch ist heute so in. Wer kein englisch in die deutsche Sprache mischen kann, wird als uncool angesehen. Ich finde das nun wirklich nicht immer gut, weil manche nicht mal ihre Muttersprache wirklich gut beherrschen, aber um mit der Zeit mitzuhalten, muss man eben auch ein bisschen das Englische mit verwenden, ob man will oder nicht.
Also, dieser Mann, der schickte mir dann einige Pics.
Auf einem war er zu sehen und dann kamen Pics, da zeigte er mir sein Haus und sein Grundstück. Naja, werdet ihr jetzt denken, das ist doch ganz nett, so konntest du den doch recht gut kennen lernen.
Ja, kennenlernen wollte ich den bis zu diesem Zeitpunkt schon, doch wenn mir ein Mann schon nach den ersten Minuten seinen Besitz zeigt, dann gehen bei mir die Alarmglocken. Was soll mir das sagen? Der Mann will mich auch besitzen? Oder will der mich beeindrucken? Mit Besitz?

Im Net erlebt man ja so manches. Und ich erlebe da auch oft, dass Frauen nur dort sind, um sich einen Mann zu angeln, einen, der sie auch ernährt.
Ich frage mich dann immer, was sind das nur für Frauen?
Nun gut, ich will euch hier nicht angreifen, ihr lieben Frauen, doch wo bleibt euer eigenes Selbstwertgefühl, wenn ihr euch einen Ernährer sucht und dazu noch im Net, wo so viel gelogen wird oder eben die Welt so viel schöner ist als auf der Straße?

Und wie ich jetzt so darüber schreibe, da fällt er mir ein, dieser Mann da, der hielt mich auch für eine Frau dieser Kategorie, Oje, er hat mich da vollkommen falsch eingeschätzt, aber wie konnte er auch wissen, was für eine Frau er da vor sich hatte. Immerhin schickte er die Pic-Bilder schon in den ersten Minuten.
Und hier sollte man den Männern vielleicht auch einmal einen Moment des Nachdenkens gönnen. Ihr lieben Männer des so sehr starken Geschlechts, nicht alle Frauen sind so, wie ihr es euch vorstellt oder meint sie vor euch zu haben. Vielleicht macht ihr euch öfter mal mehr die Mühe, uns Frauen wirklich zu ergründen, um uns auf den Grund zu kommen. Es lohnt sich, weil unsere Gründe nicht nur Abgründe sind und ganz sicher nicht nur in tiefen und heißen Abgründen enden. Naja, von heißen Grotten wollte ich jetzt nicht schreiben, um nicht nur so verstanden zu werden, dass Mann nur an das eine denkt. Macht er sicherlich auch nicht, er wirkt nur so.

Aber kommen wir zu dem Pic-Mann zurück. Ich wurde also sehr vorsichtig, weil so mit dem Besitz, da habe ich Achtung vor. Nicht vor dem Besitz an sich, denn ich besitze auch was, zumindest ein Auto. Wenn ein Auto heute auch kaum noch als ein Besitz angesehen wird, weil man es braucht, also ist es eher ein Brauch-Besitz, doch ich habe also auch Besitz und deshalb davor Respekt. Vor meinem Auto habe ich auch Respekt, es besitzt mich nämlich auch, es dominiert mich. Wenn es nicht fährt, dann werde ich verrückt, ich weiß dann nämlich nicht, warum es nicht fährt und alleine kann ich mir da auch nicht helfen, also muss ich mir Helfer suchen und deshalb bin ich in einer Abhängigkeit zu meinem Autobesitz, in der ich eigentlich nicht sein will und deshalb habe ich eben Achtung vor Besitz.
Vielleicht kann das jemand verstehen, ich meine, von den Frauen sicherlich, weil die ihr Auto auch so sehen könnten, wie ich es eben sah.
Nun gut, ich hatte also Achtung vor dem Besitz des Picmannes, doch vor ihm nun nicht mehr.
Ich weiß nicht, warum das so war, so wirklich weiß ich das nicht.
Wahrscheinlich weil er mir die Achtung durch seinen Besitz rüber bringen wollte.
Ich aber wollte doch eigentlich die Achtung sein, die der Mann vor mir hat. Mich sollte er doch achten oder zumindest anfangen an mich zu denken.

Ihr könnt euch denken, dieser Mann wurde nicht der, an den ich denken wollte, auch wenn mir seine Pics gefielen. Ich wollte ja auch nur erzählen, was so alles im Net passiert und mir so viel Spannung bringt. Und spannend war es schon, wie er danach versuchte mich zu überzeugen, was für ein guter Mann er doch wäre, was er alles zu bieten hätte und dass er eine Frau so gerne auf Händen tragen würde.

Ja, er schrieb wirklich, auf Händen tragen.
Es lacht dann immer in mir. Warum? Nun, mich kann man wirklich nicht mehr auf Händen tragen, dazu ist über die Jahre leider etwas zu viel an mir hängengeblieben. Nicht dass ich mich als fett bezeichnen würde. Wir Frauen haben ja oft den Hang dazu, uns als fett zu bezeichnen, obwohl wir das gar nicht sind. Ich habe das nicht, ich sehe, ich bin nicht fett, doch eben mit etwas mehr Masse, als die Frauen, die täglich ihre Salatköpfe zählen, die sie essen dürfen.
Naja, sie zählen und da ich es mit Zahlen nicht so habe, sie mir im Gegenteil ein Graus sind- und jetzt wisst ihr wieder etwas Neues über mich- zähle ich auch nicht meine Bissen in den Mund und deshalb sind da einige Kilo mehr an mir, als sie sein sollten.
Es ärgert mich nicht mehr, vielleicht liegt das an den Zahlen, die ich eh nicht verstehe oder eben ganz einfach an meiner Einstellung zu mir selber.
Doch wenn dann einer schreibt, er will mich auf Händen tragen, dann stelle ich mir das immer bildlich vor und dann lacht es eben in mir.
Der Mann muss nämlich ziemlich stark sein oder viel Puste haben, sonst schafft der das nicht.
Und welcher Mann hat schon Puste?

Nicht gleich wieder die Augen verdrehen, ihr lieben Männer. Natürlich seid ihr stark, doch es fehlt euch an Ausdauer und das könnt ihr nicht bestreiten.
Wenn Ausdauer angesagt ist, dann zieht ihr euch schnell zurück, es muss schneller höher und weiter sein, dann seid ihr da.
Erinnert euch nur daran, dass ihr gerne mal eure Frau auswechselt, weil es nämlich Ausdauer bedeutet, als Ehemann ihr auch alles zu geben. Aber da sind wir bereits wieder bei einem ganz anderen Punkt, den wollte ich hier gar nicht anführen. Mir ging es eben um den Mann mit den Pics, den ich also abschoss.
In der Chatsprache bedeutet abschießen, ich gab ihm eine Absage, er interessierte mich nicht mehr, was er nur schwer verstand, immerhin hatte er so viel zu bieten.
Tja, auch das ist das Net.

Trotzdem war es spannend und ich schrieb euch ja, es ist spannender im Net als auf der Straße oder mit meiner Familie.
Ja, auch ich habe eine Familie, warum sollte ich die auch nicht haben.
Immerhin bin ich alt genug und zu meiner Zeit, da gründete man noch Familien, heute ist das eher out- schon wieder so ein englisches Wort, aber mir fällt eben kein besseres ein. Liegt wohl auch daran, dass ich hier für euch nicht so den Deutschbekehrer raus kehren will, wobei ich das könnte, doch wer spricht heute schon so gehoben , wenn man einfach mal plaudern will.

Also zu meiner Familie. Die gibt es noch, sind eine Menge Leute, die dazu gehören, meine Kinder eingeschlossen.
Wir nennen uns auch noch Familie, wobei da zu mir kein Mann mehr gehört, ich trennte mich, das schrieb ich auch schon, war also für euch jetzt auch nichts Neues. Meine Kinder sind auch keine wirklichen Kinder mehr, sie würden es mir übelnehmen, sie hier noch als Kinder zu bezeichnen, sie sind erwachsen, also meine erwachsenen Kinder. Klingt etwas dumm, aber es ist so.
Also meine erwachsenen Kinder sind auch manchmal spannend, doch für mich ist diese Spannung dann doch eher ein Erschrecken. Ziehe ich wohl deshalb das Net vor?

Erschrecken Eltern manchmal vor dem Leben ihrer Kinder?
Das frage ich mich durchaus, wenn ich so das Leben meiner Kinder betrachte. Nur betrachte ich das dann eben aus der Sicht, die schon so viel älter ist. Und ich erinnere mich daran, als ich noch so jung war, so 16 und 17, da sagte ich mir immer, wie meine Eltern so lebe ich nie. Sagen das unsere Kinder auch? Leben sie dann so anders?

Naja, auf jeden Fall, sie leben also anders.
Wobei, würden sie wissen, wie ich lebe, so als Nummer in einem Chat, was würden sie wohl denken?

Manchmal denke ich auch, was wäre, wenn sie gerade derjenige oder diejenige sind, die hier im Chat so als Nick mit mir schreiben?
Würden sie mich erkenne, so als Nummer?

Oder wären sie so ganz anders, so mehr der Wunsch als das Sein.

Nun gehen wir mal wieder zu den Chattern.
Viele da leben ja nur mehr das Wunschsein.

Ich bin mal wieder ein Nick.
 

jon

Mitglied
Teammitglied
… das ist einfach nur wirr.
In einem echten Tagebuch (also eines, das man nicht veröffentlicht, sondern zur Selbst-Verständigung schreibt) mag das als momentane Äußerung angehen (ob es beim Wieder-Lesen zu irgendwas taugt, bezweifle ich allerdings) - für ein auch nur ansatzweise literarisches (also öffentlichkeitstaugliches) Tagebuch ist dieser Text völlig ungeeignet.
 



 
Oben Unten