Rabenmütter, Rabenväter, Rabenkinder
Ist es jemandem schon einmal aufgefallen, dass es zwar den Ausdruck „Rabenmutter“, aber nicht die Begriffe „Rabenkind“ oder „Rabenvater“ gibt?
Eine Rabenmutter kennzeichnet unter anderem, dass sie ihr Kind verlässt, um sich beispielsweise auf Parties zu amüsieren, während sich zu Hause – natürlich mutterseelenallein – der Nachwuchs quält. Meine Cousine wusste z.B. zu berichten, dass sie aus eben jenem Grund auf allen Festlichkeiten immer fürsorglich angesprochen wurde, wo sie denn für diese Zeit die Kinder untergebracht hätte. Und da Raben eben nicht nur für ihre Mutterqualitäten sondern auch für ihre Kreativität bekannt sind, antwortete meine sehr genervte Cousine nach einer Weile „ Im Backofen!“ oder wahlweise „Im Kühlschrank!“.
Da es kein „vaterseelenallein“ gibt, wurde der Herr Papa übrigens niemals so angesprochen. Und da er so auch nicht verlegen über einer Antwort brüten musste, konnte er auch eins nicht sein: Ein Rabenvater!
Würde man Männern im Übrigen die bewusste Frage stellen, dann käme wohl die gesamte Wirtschaft zum erliegen. Alle Väter hätten den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als eine glaubwürdige Antwort zu ersinnen. Nur „Im Kühlschrank!“ oder „Im Backofen!“ würde einem schon nach einer Woche niemand mehr glauben; „Im Keller!“ vielleicht, oder „Auf dem Dachboden!“? Und auch diese Antworten hätten nach spätestens einer Woche schon wieder ausgedient. Liegt hier der Grund dafür, dass unsere Mitmenschen aus Rücksicht über den Antwortnotstand der Väter ihnen die besagte Frage gar nicht erst stellen?
An einem schönen Tag, als ich für einen kurzen Arbeitseinsatz in der Firma war, wurde erstmals auch mir die Frage gestellt, anhand derer jeder sofort testen möchte, ob man eine Rabenmutter oder keine Rabenmutter vor sich hat: „Und was hast Du heute mit Deinem Nachwuchs gemacht?“ (Man merke hier bitte auf: Eigentlich ist diese Frage keine Testfrage, ob man eine Rabenmama vor sich hat. Nein, denn allein dass die Mama ohne den Sohn aus dem Hause ging, beweist ja, dass sie eine Rabenmama ist! Der besorgten Umgebung bleibt es also nur noch übrig zu prüfen, ob sich das Elend des Kindes wenigstens in Maßen hält.)
Was kann ich nun anderes geantwortet haben als: „Im Kühlschrank!“ Und da gleich einen Tisch weiter eine Kollegin saß, die ebenfalls frisch gebackene Mutter war, gab ich auch ihr die Gelegenheit zu erklären, wie ihr Nachwuchs untergebracht sei: Kühlschrank oder Backofen? Sie hatte den Backofen gewählt, und (da sie eine bessere Rabenmama als ich zu sein schien) hatte auch gleich einen Grund für ihre Wahl: Bei richtig eingestellter Temperatur würde das Kind doch viel besser gedeihen. (Mensch, und ich hatte egoistisch wie ich bin nur daran gedacht, mein Kind bis zu meiner Rückkehr frisch zu halten.)
Ich kann nicht ganz sagen, ob unsere Kollegen durch diese Antworten wirklich zufrieden gestellt waren. Auf jeden Fall hatten wir sie mundtot gemacht und konnten uns in Ruhe wieder der Arbeit widmen; versehen mit dem schlechten Gewissen, den Nachwuchs nicht eine Sekunde zu vermissen, der gutgefüttert und versorgt den Tag quietschfidel bei den Großeltern verbrachte.
Um mich meines schlechten Gewissens wenigstens etwas zu entledigen und mich nicht ganz so raben(-mutter-)schwarz zu fühlen, wie meine Seele an jenem Tag wohl war, rief ich pflichtschuldig bei meinen Schwiegereltern an und fragte: „Geht es ihm auch gut?“ 1
Ich garantiere, dass zwar jede Frau auf diese Frage die Antwort „Ja“ erhofft, aber diese Antwort sollte gleichzeitig tunlichst mit einem dicken Hintergrundgeschrei und möglichst leidender Stimme der liebenden Großeltern versehen sein. Und, was war in bei mir der Fall: Die Antwort lautete zwar „Ja“; aber wo war das Geschrei? Wo war das Leid in der Stimme? Wo das versteckte „Wir würden Dich zwar brauchen, denn keiner kann mit ihm so gut wie Du, aber Dir zu Liebe werden wir alles ertragen…“ Nichts von alle dem: Mein geliebter Sohn war glücklich und froh und benahm sich wie eitel Sonnenschein.
Rabenkind!
Ist es jemandem schon einmal aufgefallen, dass es zwar den Ausdruck „Rabenmutter“, aber nicht die Begriffe „Rabenkind“ oder „Rabenvater“ gibt?
Eine Rabenmutter kennzeichnet unter anderem, dass sie ihr Kind verlässt, um sich beispielsweise auf Parties zu amüsieren, während sich zu Hause – natürlich mutterseelenallein – der Nachwuchs quält. Meine Cousine wusste z.B. zu berichten, dass sie aus eben jenem Grund auf allen Festlichkeiten immer fürsorglich angesprochen wurde, wo sie denn für diese Zeit die Kinder untergebracht hätte. Und da Raben eben nicht nur für ihre Mutterqualitäten sondern auch für ihre Kreativität bekannt sind, antwortete meine sehr genervte Cousine nach einer Weile „ Im Backofen!“ oder wahlweise „Im Kühlschrank!“.
Da es kein „vaterseelenallein“ gibt, wurde der Herr Papa übrigens niemals so angesprochen. Und da er so auch nicht verlegen über einer Antwort brüten musste, konnte er auch eins nicht sein: Ein Rabenvater!
Würde man Männern im Übrigen die bewusste Frage stellen, dann käme wohl die gesamte Wirtschaft zum erliegen. Alle Väter hätten den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als eine glaubwürdige Antwort zu ersinnen. Nur „Im Kühlschrank!“ oder „Im Backofen!“ würde einem schon nach einer Woche niemand mehr glauben; „Im Keller!“ vielleicht, oder „Auf dem Dachboden!“? Und auch diese Antworten hätten nach spätestens einer Woche schon wieder ausgedient. Liegt hier der Grund dafür, dass unsere Mitmenschen aus Rücksicht über den Antwortnotstand der Väter ihnen die besagte Frage gar nicht erst stellen?
An einem schönen Tag, als ich für einen kurzen Arbeitseinsatz in der Firma war, wurde erstmals auch mir die Frage gestellt, anhand derer jeder sofort testen möchte, ob man eine Rabenmutter oder keine Rabenmutter vor sich hat: „Und was hast Du heute mit Deinem Nachwuchs gemacht?“ (Man merke hier bitte auf: Eigentlich ist diese Frage keine Testfrage, ob man eine Rabenmama vor sich hat. Nein, denn allein dass die Mama ohne den Sohn aus dem Hause ging, beweist ja, dass sie eine Rabenmama ist! Der besorgten Umgebung bleibt es also nur noch übrig zu prüfen, ob sich das Elend des Kindes wenigstens in Maßen hält.)
Was kann ich nun anderes geantwortet haben als: „Im Kühlschrank!“ Und da gleich einen Tisch weiter eine Kollegin saß, die ebenfalls frisch gebackene Mutter war, gab ich auch ihr die Gelegenheit zu erklären, wie ihr Nachwuchs untergebracht sei: Kühlschrank oder Backofen? Sie hatte den Backofen gewählt, und (da sie eine bessere Rabenmama als ich zu sein schien) hatte auch gleich einen Grund für ihre Wahl: Bei richtig eingestellter Temperatur würde das Kind doch viel besser gedeihen. (Mensch, und ich hatte egoistisch wie ich bin nur daran gedacht, mein Kind bis zu meiner Rückkehr frisch zu halten.)
Ich kann nicht ganz sagen, ob unsere Kollegen durch diese Antworten wirklich zufrieden gestellt waren. Auf jeden Fall hatten wir sie mundtot gemacht und konnten uns in Ruhe wieder der Arbeit widmen; versehen mit dem schlechten Gewissen, den Nachwuchs nicht eine Sekunde zu vermissen, der gutgefüttert und versorgt den Tag quietschfidel bei den Großeltern verbrachte.
Um mich meines schlechten Gewissens wenigstens etwas zu entledigen und mich nicht ganz so raben(-mutter-)schwarz zu fühlen, wie meine Seele an jenem Tag wohl war, rief ich pflichtschuldig bei meinen Schwiegereltern an und fragte: „Geht es ihm auch gut?“ 1
Ich garantiere, dass zwar jede Frau auf diese Frage die Antwort „Ja“ erhofft, aber diese Antwort sollte gleichzeitig tunlichst mit einem dicken Hintergrundgeschrei und möglichst leidender Stimme der liebenden Großeltern versehen sein. Und, was war in bei mir der Fall: Die Antwort lautete zwar „Ja“; aber wo war das Geschrei? Wo war das Leid in der Stimme? Wo das versteckte „Wir würden Dich zwar brauchen, denn keiner kann mit ihm so gut wie Du, aber Dir zu Liebe werden wir alles ertragen…“ Nichts von alle dem: Mein geliebter Sohn war glücklich und froh und benahm sich wie eitel Sonnenschein.
Rabenkind!