Hallo Andreas,
vorweg:
das funktioniert für mich auf der lyrischen Ebene leider gar nicht.
sakrileg
sie metzelten
im namen der christlichen religion
vor jahrhunderten auf dem weg nach jerusalem
missionierten
mit mord und totschlag
schlachteten
bis vor jahren noch
in belfast und den ländern des balkans
fanatische scharfmacher
säten angst und schrecken
hetzten willige menschen aufeinander
heute wetzen sie die messer
zum schutze dieser hasskultur
und ich beginne eine heimat zu suchen
in fremden gesichtern
ich frage mich jetzt nicht nach der Thematik, sie ist wie sovieles komplex, aber hat wohl lyrische Zugänge, die ich selbst allerdings noch nicht gefunden habe.
Aber im Detail:
ich empfinde die gesamte erste und zweite Strophe als redundant, eine sprachlich sehr wertende, explizite Ausführung der Greueltaten unter dem Banner des Kreuzes , ja, ein Potpurri der letzten zweitausend Jahre, ich empfinde das als ermüdend, und was noch schlimmer ist immer wieder moralisierend, als ob nicht der Leser weiß wasein Verbrechen ist!
Ja er weiß worauf du hinaus willst nach:
"sie metzelten
im namen der christlichen religion"
Danach und das macht fast das ganze Gedicht aus ensteht bei mir kein Mehrwert, da kommt bei mir nichts ins Grübeln, und natürlich nicke ich jede Zeile ob ihrer Richtigkeit ab.
Allein hier:
"und ich beginne eine heimat zu suchen
in fremden gesichtern"
Das ist lyrisch, da keimt aus den Worten eine Transzendenz. Sie ist nicht aufdringlich, sie will verstanden werden.
da würde mich interessieren, welche Gesichter du schaust, was sie verbergen, was sie offenbaren.
Vielleicht (ich spekuliere jetzt) waren diese zwei kleinen gelungenen zeilen ja am Anfang deiner Überlegungen zu diesem Gedicht da.
Mir scheint du hast den "richtigen " Rest dazu noch nicht gefunden.
Off Topic:
gehört jetzt nicht konkret hierhin( weil es nicht dieses Gedicht meint, sondern die Thematik)
Es betrifft die Frage, die ich mir oft stelle:
Von wo aus, bezogen auf die Gesellschaft in der der Künstler lebt, entstehen Gedichte. Ich frage des , weil der "Ort" den Blickwinkel auf Gesellschfaftsprozesse prägt.
ich sehe mich gut am Rande der Gesellschaft aufgehoben, nicht in ihrer Mitte, die Mitte ist laut, sie ist aktuelles Zeitgeschehen, sie antwortet zu schnell und ihre Antworten sind mir zu eindeutig.
Betrachte ich zum Beispiel seht langsam und "rückblickend" wie es ja dein Gedicht auch tut, die Tatsache von Gewaltausübung im Namen der monotheistischen Religionen, komme ich zu dem Fazit das die Gewalt an sich rein phänomenologisch ist.
Sie war schon immer da,sie sucht sich ein Gewand und tritt auf, sie mordet, sie vergewaltigt, erobert...
Nichts davon ist an seiner Oberfläche für mich lyrischer Natur. Es ist eine Widerkehr des immer Gleichen. Es lässt mich auf der künstlerischen Seite kalt, weil es so für mich nicht fassbar wird.
Und dann bin ich wieder bei deinem "kleinen" Gedanken, dem letzten Vers deines Stückes, da tritt estwas auf von dem ich mich führen lassen würde:
das lyrische ich, hier kommt Empfindsamkeit und ein Blick auf, der das Große, das Wogende, das ewige Hin und Her, anhält, es einfängt, es personalisiert, zum Ausdruck bringt, und dadurch erfahrbar macht.
Dir einen lieben Gruß
Ralf