Samuel und Luzifer: Der Penner

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Uschka

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Samuel und Luzifer
Der Penner


Wieder einmal trafen sich Samuel und Luzifer, diesmal in Berlin. „Wer als erstes an uns vorbei geht, dessen Wunsch erfüllen wir, ohne wenn und aber“, sagte Samuel und blickte sich auf der Wiese in der Hasenheide herum. In diesem Park gingen unterschiedliche Menschen spazieren, war doch Neuköln ein Arbeiterviertel. Selten verirrten sich Touristen hier her.

Luzifer rieb sich schon vor lauter Vorfreude die Hände. „Ei, ei, ich bin gespannt, wen es diesmal trifft“? lächelte er boshaft vor sich hin. „Ich weiß, dass ich diesmal gewinne.“
„Das werden wir sehn, noch ist alles offen!“ hielt Samuel dagegen.
Peter, ein sogenannter Penner, kam in Sicht. Erblickte suchend auf dem Boden herum, immer in der Hoffnung, längere Zigarettenstummel, Pfandflaschen oder gar etwas Essbares zu finden.
Im stillen wünschte er sich Fünfzig Euro, ja, er hatte schon des öfteren Geld gefunden. Das war zwar selten, aber nicht abwegig.
„Der soll seinen Wunsch erfüllt bekommen“, meinte Samuel und flugs, wie aus Zauberhand, flatterte der Fünfzigeuroschein durch die Luft.
„Na, dann mal sehn, ob er sie gleich in Alkohol umsetzt“? kicherte Luzifer befriedigt vor sich hin.
„Nein, ich glaub, er geht mit dem Geld sorgsam um, er versäuft es nicht gleich“, meinte Samuel ganz ernst.
Beide waren für die Menschen unsichtbar. Mit einem Handschlag besiegelten sie ihre Wette. „Na, mal sehn, ob das Gute oder Böse gewinnt“? seufzte Samuel, und wartete nun ab, wie sich die Dinge entwickelten.

Peter bemerkte sofort den Geldschein, schnell schaute er sich um, ob jemand da war, der Anspruch darauf hatte. Aber keiner war zu sehn und somit ergriff er das Geld und ließ es schnell in seiner kaputten Hose verschwinden. „Das ist heut mein Glückstag“, jubelte er leise und auf einmal konnte er ganz schnell laufen. Vor lauter Aufregung fing er an zu zittern.

„Siehst du, der braucht ganz schnell Schnaps“, lachte Luzifer, als er das Zittern wahr nahm. Er war überzeugt, dass er die Wette so gut wie gewonnen hatte. „Ja, das B,öse siegt immer“, schob er noch hämisch nach.
„Abwarten mein Freund, noch ist nichts entschieden“, lächelte Samuel. „Wir haben doch noch genug Zeit!“

„Hm, was mach ich bloß mit dem Geld, geh ich sofort in einen Supermarkt und gönn mir den feinsten Fusel oder warte ich noch damit ab? Nein, ich werde meinen Schatz hüten und nicht gleich ausgeben“, sann er weiter. Wieder blickte er suchend im Park herum, aber heut war nichts brauchbares mehr zu finden. In seiner Tasche knisterte das Geld verlockend, als er sich bückte um einen Zigarrenstummel auf zu heben.
Ihm schien, als flüstere das Geld: „Nimm mich, gib mich aus.“ Dass da der Teufel seine Hand im Spiel hatte,, wusste er natürlich nicht. Ja, Luzifer wollte seine Wette gewinnen und Peter beeinflussen. Schon zog es Peter wie magisch, aus dem Park heraus. Gleich an der Ecke war eine Pinte, die steuerte er ohne eigenen Antrieb an. Keiner beachtete ihn weiter, ja, wer schaut schon einem Penner nach?

Schon hatte er seine Hand an der Türklinke, als er sich mit Gewalt wieder davon löste. „Ich versteh nicht, was mit mir los ist“, wunderte er sich. „In dieser Kneipe war ich noch nie, außerdem ist es hier viel zu teuer, ich geh lieber zu den Drei Affen am Hermanplatz- Aber er stand wie angewurzelt da, seine Beine wollten ihm nicht gehorchen. „Geh hier rein“, hörte er leise flüstern, und als er sich umblickte, war niemand zu sehen. „Das gibt’s doch nicht, fang ich schon an zu spinnen“? führte Peter nun Selbstgespräche. Das hämische Lachen von Luzifer hörte er nicht.

„Jetzt ist aber Schluss, misch dich nicht mehr ein“, rügte Samuel Luzifer. „Ich misch mich doch auch nicht ein, lass ihn in Ruhe!“
„Na, ein bisschen werd ich wohl noch helfen können“, antwortete Luzifer beleidigt und verzog sein Gesicht zu einer noch hässlicheren Fratze, die er eh schon hatte.
„Nun, ich misch mich ja auch nicht ein, lass Peter selbst entscheiden, was er mit dem Geld machen will!“ ereiferte sich nun Samuel. „Das ist sonst keine faire Wette.“

Peter, der sich jetzt von der Stelle weg bewegen konnte, überquerte schnell die Strasse. Nur noch um das Kaufhaus herum und ich bin bei den drei Affen-
„Eh, du alter Penner“ rief ihm ein junger Mann zu, den er aus Versehen angerempelt hatte. „Schuldigung“, murmelte Peter kleinlaut und zog seinen Kopf ein. Jetzt brauch ich erst recht ein Bier und nen Schnaps, tröstete er sich.
„Ja, geh weiter“, flüsterte Luzifer ihm zu. „Mach, dass du an den Tresen kommst.“

Aber Peter hörte auch noch eine andere Stimme. Eine Stimme, die aus dem Schaufenster des Kaufhauses kam. Kurz blickte er hoch und sah, dass gerade ein Bericht über ein kleines, krankes Mädchen ausgestrahlt wurde. Ein Spendenaufruf schloss sich an, denn die Operation, die das Kind retten könnte, war sehr teuer.

Peter berührte das Schicksal des kleinen Mädchens so sehr, dass er ohne weiter nachzudenken zur nächsten Sparkasse ging und das Geld für das kleine Mädchen einbezahlte. Luzifer tobte wie wild.
Peter ging dann wieder in den Park zurück und stellte fest, dass es ihm gut ging. Was war schon mein Schnaps gegen das Leben eines Kindes, ich komm schon klar damit, Hauptsache, dem Kind wurde geholfen-
Zufrieden schlenderte er den Weg zurück, den er vorher gekommen war.

Luzifer fing laut an zu kreischen. „Du hast mich betrogen, du hast ihn beeinflusst, du bist ein Betrüger.“
Aber Samuel lächelte weise und meinte nur: „Du weißt genau, dass das nicht stimmt. Ich habe die Wette ehrlich gewonnen. Du bist ein schlechter Verlierer.“
„Nun gut, heute hat das Gute gewonnen, aber bei der nächsten Wette wird sich zeigen, wer der echte Gewinner ist“ zischte er und verschwand lautlos und löste sich in nichts auf. Nur einen fürchterlichen Gestank hinterließ er, so dass Samuel auch ganz schnell das Weite suchte.
 



 
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