Ilona B
Mitglied
Schicksalsfarbe ROT
„Mensch, wo kommst Du denn jetzt her!“ Anja sah demonstrativ auf ihre Armbanduhr. Lara hatte luftschnappend vor ihrem Tisch abgebremst und hob nun beschwichtigend die Hand. Sie fuhr sich mit den Fingern durch ihre feuchten Ponyfransen, die dadurch in sämtliche Richtungen vom Kopf abstanden. Seufzend vor Erleichterung ließ sie sich auf den zierlichen Cafehausstuhl nieder. „Einen Moment noch.“ Lara winkte der Kellnerin und bestellte ein großes Glas stilles Wasser und einen Milch-kaffee, dann wandte sie sich ihrer Freundin zu. „Ich bin so froh, dass Du gewartet hast. Sei mir bitte nicht böse. Du weißt doch, eigentlich bin ich selten unpünktlich.“ Anja war nicht von der nachtragenden Sorte und außerdem freute sie sich viel zu sehr ihre Freundin wieder zu sehen. Die Beiden kannten sich schon seit der Schulzeit und hatten den Kontakt während des Studiums aufrechterhalten. In den vergangenen Monaten gingen sie längere Zeit getrennte Wege. Anja reiste mit dem Rucksack durch die Weltgeschichte und Lara schnupperte die trockene Luft in der familiären Buchhandlung. „Böse, quatsch! Ich bin viel zu happy Dich wieder bei mir zu haben.“ Glücklich umarmten die Freundinnen sich.
„Aber Du hättest ja wenigstens mal kurz anrufen können.“
„Das mit dem Anruf wäre zu auffällig gewesen.“ Anja wollte schon nachhaken, doch in dem Moment ging ihr ein Licht auf. „Nein, sag nichts. Du machst es noch immer? Ich dachte Du bist inzwischen erwachsen geworden.“
Kopfschüttelnd betrachtete Anja die glänzenden blauen Augen und die leicht geröteten Wangen ihrer Freundin.
„Nur noch in absoluten Ausnahmefällen! Und zufälligerweise … „
„ …war heute ein absoluter Ausnahmefall.“ beendete Anja den Satz.
„Genau!“
Anja dachte an den Tag zurück als die Freundin das ersten Mal von ihrem Schicksal erzählt hatte. Sie waren nach der Schule Schlittschuh laufen gegangen und Lara kreuzte die ganze Zeit auffällig die Wege eines älteren Jungen, der sie jedoch vollständig ignorierte. Nach dem wohl fünften Sturz vor seinen Füßen hatte Anja, die sich vernachlässigt fühlte, die Nase voll und wollte beleidigt abhauen. Da rückte Lara mit ihrem schicksalhaften Rot-Tick heraus. Ihre Eltern hatten sich am Roten Meer kennen gelernt, als einzigen Teilnehmer eines Ausfluges, der sich „Erlebnis rote Stunde“ nannte. Ihre Großeltern fanden sich während einer Rettungsaktion für eine rote Katze. Und scheinbar gab es in der Familiengeschichte für jede glückliche Ehe eine solche Erzählung, in der die Farbe rot eine Rolle spielte. Nun war es nicht weiter verwunderlich, dass Lara von der Annahme ausging ihre große Liebe müsste etwas mit der Farbe rot zu tun haben. Der Junge auf dem Eis hatte übrigens einen leuchtend roten Pullover an. Von diesem Tag an wurde es für die Mädchen eine vergnügliche Freizeit-beschäftigung, männliche Wesen zu verfolgen, die etwas in der Farbe rot trugen und wenn es nur ein rotes Buch war.
„Also, sag schon! Er hatte rote Haare, aber hoffentlich nicht so leuchtend rote wie ich oder er hatte einen roten Cowboyhut an?“
„Nein, nein! Du glaubst es nicht! Ich weiß ja noch nicht mal, ob es überhaupt ein Mann war. Das hoffte ich ja nur.“
Anja sah man die Verwirrung an.
„Ich habe nur eine knallrote Ente gesehen. Du weißt, mein absolutes Lieblingsauto. Oft gibt es die nicht mehr und dieses Exemplar war richtig gut in Schuss. Der Wagen stand vor diesem wahnsinnig schicken Bekleidungsgeschäft in der Bachstraße und da hab ich halt ein wenig gewartet. - Leider …“
Theatralisch faltete Anja die Hände vor der Brust.
„Ich fühle mich geschmeichelt. Wegen mir hast du Deinen Zukünftigen entwischen lassen.“ Lara lachte.
„Na ja, wenn er mein Schicksal ist, begegnen wir uns schon noch.“
Zwei Wochen später trafen Lara und Anja sich am frühen Nachmittag vor dem Unihochhaus, Teil eines riesigen Büro- komplexes. Dort im 14. Stock sollte eine Lesung abgehalten werden. Der Autor war relativ unbekannt und es handelte sich um Gedichte, deshalb fand die Veranstaltung in einem kleinen Rahmen statt. Lara sollte den Vortrag beurteilen und den Verfasser eventuell für eine Lesung in der elterlichen Buchhandlung verpflichten. Die beiden Freundinnen betraten die Eingangshalle und blieben vor den Aufzügen stehen. „Das ist doch wohl ein Scherz!“ An allen Aufzügen hing ein Schild: Zurzeit außer Betrieb. „Und jetzt?“ Anja zog Lara zum Treppenhaus. „Wir sind zum Glück früh genug hier. Auf geht’s.“ Im vierten Stock überholten sie zwei junge Männer die eine schwere Kiste schleppten und sich angeregt unterhielten. Die Vier lächelten sich zu und im nächsten Moment plumpste die Kiste mit einem lauten Knall auf den Boden. „Ja, ja, wenn man die Augen nicht bei sich behält.“ konnte Lara sich nicht
verkneifen, bückte sich jedoch sofort um die Bücher aufzuheben, die teilweise schon die Treppe hinunterrutschten. „Wieso, es hat sich doch gelohnt“ entgegnete der Dunkelhaarige und sein blonder Freund nickte grinsend. Da der Karton gerissen war, ließen die Freundinnen sich schnell überreden den Inhalt aufzuteilen und gemeinsam nach oben zu tragen. Witziger weise handelte es sich bei dem Buch um den Gedichtband des Autors zu dessen Lesung sie unterwegs waren und der dunkelhaarige Alex war der Verfasser höchstpersönlich. Viel zu schnell erreichten sie den 14. Stock. „Vielleicht könnten wir Euch gleich wieder beim Tragen helfen?“ Anja beeilte sich hinzuzufügen: „Ich meine, wenn nicht genug Bücher verkauft werden. - Was wir natürlich nicht hoffen, aber …“
„Sehr gerne! Und als Dankeschön laden wir Euch anschließen zum Essen ein.“ David blickte Anja in die Augen und Alex strahlte Lara an. Wiederstrebend trennten sie sich. Die beiden Frauen betraten den Lesungsraum und suchten sich in der Nähe des Rednerpultes einen Platz. Hektisch wurden dort die Bücher aufgebaut, die eben noch im Treppenhaus gelegen hatten.
Kaum waren sie entsprechend dekoriert erschienen die beiden charmanten Kartonträger und begaben sich nach vorne. David schaute lächelnd zu Anja hinüber, und diese wäre am liebsten in ihrem Sitz auf und ab gehüpft, so sehr flatterte ihr Magen. Lara schien es mit Alex genauso zu gehen. Alles war ganz wunderbar und übermütig stießen die Freundinnen sich an. Die Lesung begann und David klopfte an das Mikro. „Meine Damen und meine Herren, Herr Alexander Stübner wird ihnen heute einige seiner selbst verfassten Lieblingsgedichte vortragen und meine Wenigkeit, David Roth, werde Ihnen …“ die restliche Worte vernahm Anja nicht mehr, da sie ihre Freundin anstarrte, die bei dem Namen David Roth ruckartig ihren Kopf von Alex in Richtung David gedreht hatte. Sie sah förmlich die Gehirnzellen in Laras Kopf herumwirbeln. „Lara.“ Keine Reaktion. „Haaaallo Laarraa.“ Anjas Flüstern wurde energischer. Lara sah abwesend zu ihr hinüber und schüttelte leicht mit dem Kopf. Zwei Gedichte später, von denen beide Mädchen nicht viel mitbekamen, trug Alex ein romantisches Gedicht über ewige Liebe vor. Ein bisschen kitschig, trotzdem stiegen Anja die Tränen in die Augen. „Mensch Lara, das kann nicht Dein Ernst sein. Alex gefällt Dir doch viel besser.“ Lara sah das eigentlich genau so, aber eine gewisse Unsicherheit blieb trotzdem. Sie konnte nicht mehr still sitzen. Unter den flehenden Blicken ihrer Freundin und den erstaunten Augen von Alex und David verließ sie rasch den Raum. Mit einem entschuldigenden Murmeln an die restlichen Zuhörer, folgte Anja ihr. Lara stand am Treppenhausfenster und sah hinaus „Vielleicht habe ich mich sonst zu sehr auf Äußerlichkeiten festgelegt?!“ Lara lehnte ihren Kopf an die Fensterscheibe. „Vielleicht!“ seufzend legte Anja ihr den Arm um die Schultern. So standen sie einige Zeit und hingen ihren Gedanken nach. Plötzlich richtete Lara sich auf und schüttelte den Kopf. „Es ist doch wirklich verrückt, dass ich mich so von diesen Familiengeschichten beeinflussen lasse oder? – Jetzt stehen wir hier, haben zwei tolle Typen kennen gelernt und sollten glücklich sein und es genießen. Stattdessen überlege ich die ganze Zeit ob ich nicht besser mit David ausgehen sollte, weil dieser Roth heißt. Bescheuert!“
„Und was machen wir nun?“
„Nah, wir warten auf die Beiden, helfen ihnen die Bücher tragen und verbringen einen tollen Abend miteinander. Was daraus wird? -Abwarten!“
Anja lachte erleichtert und knuffte Lara in die Seite.
„Eine sehr gute Idee!“
Gesagt, getan. Die Freundinnen erklärten mit einer kleinen Notlüge warum sie die Lesung verlassen hatten und dann machten sich die Vier unter viel Gelächter auf den Weg nach unten. „Wir nehmen meinen Wagen, der ist bequemer.“ David öffnete die Haustür und zog seinen Autoschlüssel aus der Hosentasche. „O.K.! Ich bringe nur schnell die Bücher zu Roxanne.“
„Roxanne?“ Lara hob eine Augenbraue. Alex beeilte sich zu antworten. „Ja, das ist mein Auto. Ich liebe es heiß und innig und es ist im Moment die einzige Frau in meinem Leben.“
„Ich komme mit. Die Dame möchte ich mir mal ansehen.“
Alex und Lara bogen in eine kleine Straße ab und blieben vor einem Auto stehen. Lara konnte es kaum fassen, denn es war die knallrote Ente. Ihre restlichen Zweifel verflogen. Heute hatte ihr Schicksal sich echt Mühe gegeben, denn eine knallrote Ente stand in der Rangordnung weit über dem Namen Roth.
„Mensch, wo kommst Du denn jetzt her!“ Anja sah demonstrativ auf ihre Armbanduhr. Lara hatte luftschnappend vor ihrem Tisch abgebremst und hob nun beschwichtigend die Hand. Sie fuhr sich mit den Fingern durch ihre feuchten Ponyfransen, die dadurch in sämtliche Richtungen vom Kopf abstanden. Seufzend vor Erleichterung ließ sie sich auf den zierlichen Cafehausstuhl nieder. „Einen Moment noch.“ Lara winkte der Kellnerin und bestellte ein großes Glas stilles Wasser und einen Milch-kaffee, dann wandte sie sich ihrer Freundin zu. „Ich bin so froh, dass Du gewartet hast. Sei mir bitte nicht böse. Du weißt doch, eigentlich bin ich selten unpünktlich.“ Anja war nicht von der nachtragenden Sorte und außerdem freute sie sich viel zu sehr ihre Freundin wieder zu sehen. Die Beiden kannten sich schon seit der Schulzeit und hatten den Kontakt während des Studiums aufrechterhalten. In den vergangenen Monaten gingen sie längere Zeit getrennte Wege. Anja reiste mit dem Rucksack durch die Weltgeschichte und Lara schnupperte die trockene Luft in der familiären Buchhandlung. „Böse, quatsch! Ich bin viel zu happy Dich wieder bei mir zu haben.“ Glücklich umarmten die Freundinnen sich.
„Aber Du hättest ja wenigstens mal kurz anrufen können.“
„Das mit dem Anruf wäre zu auffällig gewesen.“ Anja wollte schon nachhaken, doch in dem Moment ging ihr ein Licht auf. „Nein, sag nichts. Du machst es noch immer? Ich dachte Du bist inzwischen erwachsen geworden.“
Kopfschüttelnd betrachtete Anja die glänzenden blauen Augen und die leicht geröteten Wangen ihrer Freundin.
„Nur noch in absoluten Ausnahmefällen! Und zufälligerweise … „
„ …war heute ein absoluter Ausnahmefall.“ beendete Anja den Satz.
„Genau!“
Anja dachte an den Tag zurück als die Freundin das ersten Mal von ihrem Schicksal erzählt hatte. Sie waren nach der Schule Schlittschuh laufen gegangen und Lara kreuzte die ganze Zeit auffällig die Wege eines älteren Jungen, der sie jedoch vollständig ignorierte. Nach dem wohl fünften Sturz vor seinen Füßen hatte Anja, die sich vernachlässigt fühlte, die Nase voll und wollte beleidigt abhauen. Da rückte Lara mit ihrem schicksalhaften Rot-Tick heraus. Ihre Eltern hatten sich am Roten Meer kennen gelernt, als einzigen Teilnehmer eines Ausfluges, der sich „Erlebnis rote Stunde“ nannte. Ihre Großeltern fanden sich während einer Rettungsaktion für eine rote Katze. Und scheinbar gab es in der Familiengeschichte für jede glückliche Ehe eine solche Erzählung, in der die Farbe rot eine Rolle spielte. Nun war es nicht weiter verwunderlich, dass Lara von der Annahme ausging ihre große Liebe müsste etwas mit der Farbe rot zu tun haben. Der Junge auf dem Eis hatte übrigens einen leuchtend roten Pullover an. Von diesem Tag an wurde es für die Mädchen eine vergnügliche Freizeit-beschäftigung, männliche Wesen zu verfolgen, die etwas in der Farbe rot trugen und wenn es nur ein rotes Buch war.
„Also, sag schon! Er hatte rote Haare, aber hoffentlich nicht so leuchtend rote wie ich oder er hatte einen roten Cowboyhut an?“
„Nein, nein! Du glaubst es nicht! Ich weiß ja noch nicht mal, ob es überhaupt ein Mann war. Das hoffte ich ja nur.“
Anja sah man die Verwirrung an.
„Ich habe nur eine knallrote Ente gesehen. Du weißt, mein absolutes Lieblingsauto. Oft gibt es die nicht mehr und dieses Exemplar war richtig gut in Schuss. Der Wagen stand vor diesem wahnsinnig schicken Bekleidungsgeschäft in der Bachstraße und da hab ich halt ein wenig gewartet. - Leider …“
Theatralisch faltete Anja die Hände vor der Brust.
„Ich fühle mich geschmeichelt. Wegen mir hast du Deinen Zukünftigen entwischen lassen.“ Lara lachte.
„Na ja, wenn er mein Schicksal ist, begegnen wir uns schon noch.“
Zwei Wochen später trafen Lara und Anja sich am frühen Nachmittag vor dem Unihochhaus, Teil eines riesigen Büro- komplexes. Dort im 14. Stock sollte eine Lesung abgehalten werden. Der Autor war relativ unbekannt und es handelte sich um Gedichte, deshalb fand die Veranstaltung in einem kleinen Rahmen statt. Lara sollte den Vortrag beurteilen und den Verfasser eventuell für eine Lesung in der elterlichen Buchhandlung verpflichten. Die beiden Freundinnen betraten die Eingangshalle und blieben vor den Aufzügen stehen. „Das ist doch wohl ein Scherz!“ An allen Aufzügen hing ein Schild: Zurzeit außer Betrieb. „Und jetzt?“ Anja zog Lara zum Treppenhaus. „Wir sind zum Glück früh genug hier. Auf geht’s.“ Im vierten Stock überholten sie zwei junge Männer die eine schwere Kiste schleppten und sich angeregt unterhielten. Die Vier lächelten sich zu und im nächsten Moment plumpste die Kiste mit einem lauten Knall auf den Boden. „Ja, ja, wenn man die Augen nicht bei sich behält.“ konnte Lara sich nicht
verkneifen, bückte sich jedoch sofort um die Bücher aufzuheben, die teilweise schon die Treppe hinunterrutschten. „Wieso, es hat sich doch gelohnt“ entgegnete der Dunkelhaarige und sein blonder Freund nickte grinsend. Da der Karton gerissen war, ließen die Freundinnen sich schnell überreden den Inhalt aufzuteilen und gemeinsam nach oben zu tragen. Witziger weise handelte es sich bei dem Buch um den Gedichtband des Autors zu dessen Lesung sie unterwegs waren und der dunkelhaarige Alex war der Verfasser höchstpersönlich. Viel zu schnell erreichten sie den 14. Stock. „Vielleicht könnten wir Euch gleich wieder beim Tragen helfen?“ Anja beeilte sich hinzuzufügen: „Ich meine, wenn nicht genug Bücher verkauft werden. - Was wir natürlich nicht hoffen, aber …“
„Sehr gerne! Und als Dankeschön laden wir Euch anschließen zum Essen ein.“ David blickte Anja in die Augen und Alex strahlte Lara an. Wiederstrebend trennten sie sich. Die beiden Frauen betraten den Lesungsraum und suchten sich in der Nähe des Rednerpultes einen Platz. Hektisch wurden dort die Bücher aufgebaut, die eben noch im Treppenhaus gelegen hatten.
Kaum waren sie entsprechend dekoriert erschienen die beiden charmanten Kartonträger und begaben sich nach vorne. David schaute lächelnd zu Anja hinüber, und diese wäre am liebsten in ihrem Sitz auf und ab gehüpft, so sehr flatterte ihr Magen. Lara schien es mit Alex genauso zu gehen. Alles war ganz wunderbar und übermütig stießen die Freundinnen sich an. Die Lesung begann und David klopfte an das Mikro. „Meine Damen und meine Herren, Herr Alexander Stübner wird ihnen heute einige seiner selbst verfassten Lieblingsgedichte vortragen und meine Wenigkeit, David Roth, werde Ihnen …“ die restliche Worte vernahm Anja nicht mehr, da sie ihre Freundin anstarrte, die bei dem Namen David Roth ruckartig ihren Kopf von Alex in Richtung David gedreht hatte. Sie sah förmlich die Gehirnzellen in Laras Kopf herumwirbeln. „Lara.“ Keine Reaktion. „Haaaallo Laarraa.“ Anjas Flüstern wurde energischer. Lara sah abwesend zu ihr hinüber und schüttelte leicht mit dem Kopf. Zwei Gedichte später, von denen beide Mädchen nicht viel mitbekamen, trug Alex ein romantisches Gedicht über ewige Liebe vor. Ein bisschen kitschig, trotzdem stiegen Anja die Tränen in die Augen. „Mensch Lara, das kann nicht Dein Ernst sein. Alex gefällt Dir doch viel besser.“ Lara sah das eigentlich genau so, aber eine gewisse Unsicherheit blieb trotzdem. Sie konnte nicht mehr still sitzen. Unter den flehenden Blicken ihrer Freundin und den erstaunten Augen von Alex und David verließ sie rasch den Raum. Mit einem entschuldigenden Murmeln an die restlichen Zuhörer, folgte Anja ihr. Lara stand am Treppenhausfenster und sah hinaus „Vielleicht habe ich mich sonst zu sehr auf Äußerlichkeiten festgelegt?!“ Lara lehnte ihren Kopf an die Fensterscheibe. „Vielleicht!“ seufzend legte Anja ihr den Arm um die Schultern. So standen sie einige Zeit und hingen ihren Gedanken nach. Plötzlich richtete Lara sich auf und schüttelte den Kopf. „Es ist doch wirklich verrückt, dass ich mich so von diesen Familiengeschichten beeinflussen lasse oder? – Jetzt stehen wir hier, haben zwei tolle Typen kennen gelernt und sollten glücklich sein und es genießen. Stattdessen überlege ich die ganze Zeit ob ich nicht besser mit David ausgehen sollte, weil dieser Roth heißt. Bescheuert!“
„Und was machen wir nun?“
„Nah, wir warten auf die Beiden, helfen ihnen die Bücher tragen und verbringen einen tollen Abend miteinander. Was daraus wird? -Abwarten!“
Anja lachte erleichtert und knuffte Lara in die Seite.
„Eine sehr gute Idee!“
Gesagt, getan. Die Freundinnen erklärten mit einer kleinen Notlüge warum sie die Lesung verlassen hatten und dann machten sich die Vier unter viel Gelächter auf den Weg nach unten. „Wir nehmen meinen Wagen, der ist bequemer.“ David öffnete die Haustür und zog seinen Autoschlüssel aus der Hosentasche. „O.K.! Ich bringe nur schnell die Bücher zu Roxanne.“
„Roxanne?“ Lara hob eine Augenbraue. Alex beeilte sich zu antworten. „Ja, das ist mein Auto. Ich liebe es heiß und innig und es ist im Moment die einzige Frau in meinem Leben.“
„Ich komme mit. Die Dame möchte ich mir mal ansehen.“
Alex und Lara bogen in eine kleine Straße ab und blieben vor einem Auto stehen. Lara konnte es kaum fassen, denn es war die knallrote Ente. Ihre restlichen Zweifel verflogen. Heute hatte ihr Schicksal sich echt Mühe gegeben, denn eine knallrote Ente stand in der Rangordnung weit über dem Namen Roth.