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Schlange
Gegeizt fragmentierte Labyrinthe, er wirft nur mit Splittern deiner Denkwelten, sie sollen Regeln zerschneiden, doch es ist das Bild, dem man folgen könnte. Zu oft, hat er sie laut und weit unter seine Füße zu stoßen versucht. Sie müßte sich die gestutzten Flügel wachsen lassen - zu seinem Hochmut, zu seinem selbstgestrickten Wolkenturm, mit den jammernden Beinkammern, in denen Einsamkeit und selbstgesprächiger Überdruß verstauben. Er soll daran ersticken, an seinem Eigenleben, in dem nur andere Wolkentürme gesehen werden, ohne Fenster für andere – und sie. Die er Wort für Wort in die Ecke gedrängt hat, zum schweigenden Bewundern, den Mund mit Worten gefesselt, die eigene Gedanken, Gefühle einsperren sollen, und doch nicht fest genug, für ihr Aufbegehren, ihre Einladung zu Nähe.
Nun ist sie es, die in seine erstaunte Tür die Schlüssel wirft. Sie hat seine Worte mit einem Schlüsselklirren auf den Wohnzimmertisch zerspringen lassen und dieses Leben in die Koffer gestopft. Entflohen in neue Zimmer, in die sie die Einsamkeit neben ihm mitgenommen hat, die sie nun in einem Grautuch ein-gewickelt absitzt. An die kahle Wand geheftete Blicke, die nichts von der Befreiung spüren, sondern sich mit Tränen um das Verlorene füllen, das sie zu dem Küchenabfall in die Tonne geworfen hat. Wände an denen die Eintönigkeit der Vormieter klebt, vergilbt, abgeblättert von den Fenstern, die sich hätten öffnen können, um vom Neuen den Mief vertreiben zu lassen. Blindfenster, durch die die Welt nur noch in Grautönen aus sich selbst heraus wahr-genommen wird. Diese Fremden haben ihr Leben, die alten Fenster in Hoffnung verpackt, und in die nächste Wohnung getragen. Eine Schlange von Einsamkeit, verlorenen Wünschen, Gefühlen, Begehren, sich durch die Stadt windend, wächst stetig in die aufgegebenen Einöden
Häuserfronten grau
- hinter den Fenstern
Zwischentonleben
Kontraste und Buntes
leuchten aus Medienkisten
hinter abgestumpften Augen
verzehren eingeimpfte
Wünsche
Gefühle
- unerreichbare
Lügen
in ihnen bleibt es
grau
Frühaufstehen, sie ist auf die Straße geflüchtet. Am Morgen schon grauverbrauchter Himmel, in dem die Tauben auf Straßenlampen den Autolärm verschlafen. Sie hastet an alltagsverdämmerten Gesichtern vorbei, verglaste Ladenstraße, die den Verkehr in die Schlucht zurückwirft. Rückzug in ein Bistro, in dem Kaffeedunst dem Fühlen auf die Sprünge helfen soll. Sie pickt aus den Stimmen, ertrinkt in Banalgesprächen, sie rauschen durch den Raum, geschlagene Zeit, in Leerhülsen verpackt, die unter den Tischen zwischen unruhig scharrenden Füßen knirschen.
Rückkehr in die eigenen Zimmer, in denen noch immer keine Worte wachsen wollen. Einrichten mit ans Fenster gerücktem Tisch, Computer und einem Stuhl. Auf der Fensterbank ein dicker Papierstapel, zum halten der Gedanken, Geschichten, des wieder Eigenen. Verwahren, was nicht fließen will, sich unter einer grauen Decke regt, aber die Schwere nicht abwerfen kann. Blick in den Hinterhof mit Baumkronen vor einem Stück Wolkenverhangen.
Innehalten unter dem Schwefelhimmel. Regenduft weht durch den Fensterspalt, löst die Gedanken einatmend, die ruhenden Finger von den Tasten, während die Augen sich an den im Wind schwankenden Bäumen schwindelig sehen. Vereinzelt nasse Fäden ziehen Bahnen durch den Scheibenstaub, eine gestreifte Amsel fliegt durch das Rechteck – zusammenfahrender Knall, der Himmel zerbricht und die Welt verschwimmt im Rauschen der Regenstäbe - aufatmen.
Es regnet noch, als sie wieder hinausgeht. Die gewaschene Welt tröpfelt langsam in sie hinein, schwemmt Schritt für Schritt die Farben frei. Über ihr fliegen Möwen um den Mittagsmond, Kleingärten fließen über Balkongitter, zwischen den Plastersteinen üppige Wildpflanzen, die gelbe Blüten gegen das Grau halten. Der Gipssatyr raunt vom Sims herunter einem Atlant zotige Geschichten ins Ohr, Durchgänge in alten Häuserfronten aus denen grüne Inselwelten mit schreienden Gummistiefelkindern in den Seitenblick wuchern - sie schlüpft . . .
Johanna Pless
8.7.2008
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Schlange
Gegeizt fragmentierte Labyrinthe, er wirft nur mit Splittern deiner Denkwelten, sie sollen Regeln zerschneiden, doch es ist das Bild, dem man folgen könnte. Zu oft, hat er sie laut und weit unter seine Füße zu stoßen versucht. Sie müßte sich die gestutzten Flügel wachsen lassen - zu seinem Hochmut, zu seinem selbstgestrickten Wolkenturm, mit den jammernden Beinkammern, in denen Einsamkeit und selbstgesprächiger Überdruß verstauben. Er soll daran ersticken, an seinem Eigenleben, in dem nur andere Wolkentürme gesehen werden, ohne Fenster für andere – und sie. Die er Wort für Wort in die Ecke gedrängt hat, zum schweigenden Bewundern, den Mund mit Worten gefesselt, die eigene Gedanken, Gefühle einsperren sollen, und doch nicht fest genug, für ihr Aufbegehren, ihre Einladung zu Nähe.
Nun ist sie es, die in seine erstaunte Tür die Schlüssel wirft. Sie hat seine Worte mit einem Schlüsselklirren auf den Wohnzimmertisch zerspringen lassen und dieses Leben in die Koffer gestopft. Entflohen in neue Zimmer, in die sie die Einsamkeit neben ihm mitgenommen hat, die sie nun in einem Grautuch ein-gewickelt absitzt. An die kahle Wand geheftete Blicke, die nichts von der Befreiung spüren, sondern sich mit Tränen um das Verlorene füllen, das sie zu dem Küchenabfall in die Tonne geworfen hat. Wände an denen die Eintönigkeit der Vormieter klebt, vergilbt, abgeblättert von den Fenstern, die sich hätten öffnen können, um vom Neuen den Mief vertreiben zu lassen. Blindfenster, durch die die Welt nur noch in Grautönen aus sich selbst heraus wahr-genommen wird. Diese Fremden haben ihr Leben, die alten Fenster in Hoffnung verpackt, und in die nächste Wohnung getragen. Eine Schlange von Einsamkeit, verlorenen Wünschen, Gefühlen, Begehren, sich durch die Stadt windend, wächst stetig in die aufgegebenen Einöden
Häuserfronten grau
- hinter den Fenstern
Zwischentonleben
Kontraste und Buntes
leuchten aus Medienkisten
hinter abgestumpften Augen
verzehren eingeimpfte
Wünsche
Gefühle
- unerreichbare
Lügen
in ihnen bleibt es
grau
Frühaufstehen, sie ist auf die Straße geflüchtet. Am Morgen schon grauverbrauchter Himmel, in dem die Tauben auf Straßenlampen den Autolärm verschlafen. Sie hastet an alltagsverdämmerten Gesichtern vorbei, verglaste Ladenstraße, die den Verkehr in die Schlucht zurückwirft. Rückzug in ein Bistro, in dem Kaffeedunst dem Fühlen auf die Sprünge helfen soll. Sie pickt aus den Stimmen, ertrinkt in Banalgesprächen, sie rauschen durch den Raum, geschlagene Zeit, in Leerhülsen verpackt, die unter den Tischen zwischen unruhig scharrenden Füßen knirschen.
Rückkehr in die eigenen Zimmer, in denen noch immer keine Worte wachsen wollen. Einrichten mit ans Fenster gerücktem Tisch, Computer und einem Stuhl. Auf der Fensterbank ein dicker Papierstapel, zum halten der Gedanken, Geschichten, des wieder Eigenen. Verwahren, was nicht fließen will, sich unter einer grauen Decke regt, aber die Schwere nicht abwerfen kann. Blick in den Hinterhof mit Baumkronen vor einem Stück Wolkenverhangen.
Innehalten unter dem Schwefelhimmel. Regenduft weht durch den Fensterspalt, löst die Gedanken einatmend, die ruhenden Finger von den Tasten, während die Augen sich an den im Wind schwankenden Bäumen schwindelig sehen. Vereinzelt nasse Fäden ziehen Bahnen durch den Scheibenstaub, eine gestreifte Amsel fliegt durch das Rechteck – zusammenfahrender Knall, der Himmel zerbricht und die Welt verschwimmt im Rauschen der Regenstäbe - aufatmen.
Es regnet noch, als sie wieder hinausgeht. Die gewaschene Welt tröpfelt langsam in sie hinein, schwemmt Schritt für Schritt die Farben frei. Über ihr fliegen Möwen um den Mittagsmond, Kleingärten fließen über Balkongitter, zwischen den Plastersteinen üppige Wildpflanzen, die gelbe Blüten gegen das Grau halten. Der Gipssatyr raunt vom Sims herunter einem Atlant zotige Geschichten ins Ohr, Durchgänge in alten Häuserfronten aus denen grüne Inselwelten mit schreienden Gummistiefelkindern in den Seitenblick wuchern - sie schlüpft . . .
Johanna Pless
8.7.2008
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