schräge lagen

Perry

Mitglied
schräge lagen

als sich die erde von der sonne wegneigte wurden
auch die wetterbedingungen extremer und wir
begannen abwechselnd zu frieren und zu schwitzen

doch nach jedem gewitter klart die sicht wieder auf
die öchslegrade im prallsaft des rieslings steigen und
alle freuen sich ins grün der rebaugen zu schauen

der abtrieb ist bei schräglage größer als die haftkraft
du sagst physik sei nichts für dich setzt aber doch
die fingernägel ein wenn du abzurutschen drohst
 

sufnus

Mitglied
Hi Perry!
Ein Gedicht, welches einen wahrlich großen Bogen nimmt: Von der Himmelsmechanik, zu einer klassischen Rieslinghanglage und weiter zu einem lyrischen Du, welches die Physik der schiefen Ebene offenkundig in existentielle Nöte gebracht hat. Solch ein Gedicht über die atronomischen Grundlagen unseres Weltklimas und über den Weinanbau, vermutlich in unseren Landen (wg. der Erwähnung der Öchslegrade), das kann man kaum lesen, ohne an Klimawandel oder die Ahrflut zu denken. Du erwähnst diese Assoziationsebenen aber mit keinem Wort. Das ist ein perfektes Beispiel für die wohltuende Kunst des weglassens!
Sehr gerne gelesen!
LG!
S.
 

Perry

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Hall sufnus,
freut mich, dass Dich die Wortbilder ansprechen konnten.
Um den Klimawandel ging es mir vordergründig gar nicht so sehr.
Wie der Titel schon andeutet sind es mehr die "schrägen lagen" im Leben, die hier reflektiert werden.
Wobei hier immer auch die guten/schönen wie auch die Nachteile angesprochen werden.
In der 1. Strophe sind es die Jahreszeiten mit ihren Temperaturschwankenungen denen wir ausgesetzt sind, die aber auch erst das Leben in seiner Vielfältigkeit ermöglichen.
In der 2. Strophe steht die Mühe aber auch die süße Frucht von landwirtschaftlichen Hanglangen im Blickpunkt.
In der 3. Strophe habe ich versucht den Bogen von den Rebaugen ins Erotische zu spannen,
wobei es sich bei den "existenziellen Nöten" des LD eher um eine stellungsabhängige Leidenschaft handelt. ;)
Letztlich bleibt die Deutung der Wortbilder aber den Lesern überlassen, wie Du es in deinem Komm mit "der Kunst des Weglassens" treffend beschrieben hast.
Danke für deine interessante Interpretation und LG
Manfred
 

sufnus

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Hi Perry!
Hab Deine Zeilen gerade nochmal wiedergelesen und bin weiterhin äußerst erfreut. :)
Mit meinem Hinweis auf den Klimawandel wollt ich übrigens gar nicht bis in den Bereich des Interpretierens vorstoßen, dass es Dir um dieses Thema nicht primär ging, glaub ich gerne. Es klang bei mir auch nur ganz leise aus dem Halbdunkel der freien Assoziationsräume an.
Die erotische Komponente habe ich allerdings tatsächlich nicht herausgelesen. Das Buzzword sind hier wahrscheinlich in erster Linie die Fingernägel und der Gedanke an verschönerte Keratinplatten (ob nun in wohlgepflegtem natürlichem Look oder mehr oder weniger dramatisch in Szene gesetzt) ist sicher für viele Zeitgenossen ein gedankliches Einfallstor für verschiedenartige körperliche Freuden. Ich persönlich bin jetzt nicht so der Nagelfetischist, deshalb hats wahrscheinlich bei mir nicht Klick gemacht und mir ist diese Bedeutungsebene glatt entgangen. Immerhin... dank Deiner Erklärungen hab ich jetzt doch ein ergiebiges Kopfkino. :)
LG und alles Gute fürs Neue Jahr! :)
S.
 

Perry

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Hallo sufnus,
ja der Fanatsie sind keine Grenzen gesetzt, auch wenn es mir weniger um die Nagelpflege als um ihre Kratzspuren ging, die sie manchmal auf meinem Rücken hinterlassen.;)
LG und ein inspiriertes neues Jahr!
Manfred
 



 
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