maerchenhexe
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Sie hat die Welt umarmt
Da steht sie nun, diese schöne junge Frau, inmitten des geregelten Chaos von Ballonseide und Sprunganzügen, meine Tochter. Sie auf der einen, ich auf der anderen Seite der Absperrung. Sie bindet ihre braunen Haare zum Zopf, lacht, gestikuliert, sprühende Leuchtfeuer in den Augen. Die Geräuschkulisse ist zu laut, ich kann nicht verstehen, was sie ruft.
Der Tandemmaster begrüßt sie, passt ihr einen Anzug an und gibt ihr Anweisungen für den Sprung. Während sie ein paar Trockenübungen absolviert, signalisiert mein Magen dem restlichen Körper ‚dir wird schlecht’. Für einen Moment suche ich Blickkontakt zum Verursacher meiner Aufregung; Chriss, Kathrins Lebensgefährte ist jetzt selbst blass um die Nase. Er hat ihr den Sprung geschenkt, hoffentlich ist ihm ebenso übel wie mir!
Ich nehme den Tandemmaster unter die Lupe. Durchtrainierte, geschätzte 85 Kilogramm, Anfang Vierzig, strahlt Ruhe und Sicherheit aus. Meine Magennerven beruhigen sich etwas. ‚Der war bestimmt Fallschirmspringer bei der Bundeswehr’, sagt mein Mann; auch seine Stimme klingt etwas belegt.
Kathrin läuft nah an den Absperrzaun heran. ‚Günther schnallt mir gleich das Tandemgeschirr um, dann geht’s los. Unser Schirm ist lila und gelb. Mama, ich kann es nicht abwarten!’ Weg ist sie wieder.
‚Meine Schwester springt freiwillig aus 4ooo Meter Höhe, die hat doch ‚nen Schatten’, gibt unser Ältester von sich. Übersetzt bedeutet das höchste Aufregungsstufe bei Stephan.
Aufheulende Motoren übertönen plötzlich alle anderen Geräusche. Kathrin und Günther verschwinden im Bauch dieses, wenig vertrauenerweckenden Kerosinfressers, zusammen mit weiteren vier Paaren und zwei Einzelspringern. Einer wird Kathrins Sprung filmen.
‚Es ist noch nie etwas dabei passiert’, ich habe mich vorher genau erkundigt’, sagt Chriss, der nun neben mir steht.
Die können mir jetzt alle erzählen, was sie wollen, mein Magen fährt wieder Achterbahn, mein Herz startet einen Dauertrommelwirbel gegen meine Rippen und klopft selbst in meinem Hals an. Wie hypnotisiert blicke ich diesem immer kleiner werdenden Flugzeug nach, das sich in den Himmel schraubt und dann in der Wolkendecke verschwindet. Es wird ungefähr eine Viertelstunde brauchen, um die Absprunghöhe zu erreichen.
Zeit genug für uns, um zum Landeplatz für die Springer zu laufen.
Eine Wiese, durch rotes Absperrband eingezäunt. Fünf Minuten stehen wir schon hier, suchen den Himmel mit unseren Augen ab - Chriss hat ein Fernglas - als ein knatternder schwarzer Punkt im Blau auftaucht. Und dann Pünktchen, Mückenstiche vor dem Wolkenweiß, die auf die Erde zurasen. Mein Gott! Wann machen die denn die verdammten Schirme auf? Ich hab das wohl nicht nur gedacht, denn mein Mann nimmt meine Hand und beruhigt mich. ‚Schatz, die wissen genau, was sie tun. Die kennen ihr Handwerk.’
Endlich werden aus den Mückenstichen große, bunte Schmetterlinge! Gelb, orange, rot und blau trudeln sie dahin. Da, der lila Schirm mit den gelben Streifen. Kathrin! Ich habe Chriss längst das Fernglas weggenommen, kann sie erkennen, sie hängt unter ihrem Tandemmaster, als hätte sie nie etwas anderes getan. Sie gleiten, taumeln, drehen sich, fliegen eine Figur, die einer Acht gleicht. Für einen Augenblick meine ich, ihr Glück zu spüren.
Sacht schwebt ein Schirm nach dem anderen zu Boden. Günther und Kathrin landen als dritte. Meine Tochter jubelt und winkt. Adrenalin pur steht in ihr Gesicht geschrieben.
Als wir uns im Besucherbereich wiedertreffen, fliegt sie mir in die Arme. ‚Mama, ich habe die Welt umarmt.’ Ich kann nichts sagen, halte sie einfach fest. Mein Mann zieht sie zu sich herüber, fasst sie bei den Schultern. ‚Du bist verrückt’, sagt er, und das leichte Beben in seiner Stimme verrät mehr, als er will.
Kathrin ruft lachend: ‚Das war megamäßig obergeil!’
Und spart seit einer Woche alles, was sie übrig hat, für den nächsten Sprung!
Da steht sie nun, diese schöne junge Frau, inmitten des geregelten Chaos von Ballonseide und Sprunganzügen, meine Tochter. Sie auf der einen, ich auf der anderen Seite der Absperrung. Sie bindet ihre braunen Haare zum Zopf, lacht, gestikuliert, sprühende Leuchtfeuer in den Augen. Die Geräuschkulisse ist zu laut, ich kann nicht verstehen, was sie ruft.
Der Tandemmaster begrüßt sie, passt ihr einen Anzug an und gibt ihr Anweisungen für den Sprung. Während sie ein paar Trockenübungen absolviert, signalisiert mein Magen dem restlichen Körper ‚dir wird schlecht’. Für einen Moment suche ich Blickkontakt zum Verursacher meiner Aufregung; Chriss, Kathrins Lebensgefährte ist jetzt selbst blass um die Nase. Er hat ihr den Sprung geschenkt, hoffentlich ist ihm ebenso übel wie mir!
Ich nehme den Tandemmaster unter die Lupe. Durchtrainierte, geschätzte 85 Kilogramm, Anfang Vierzig, strahlt Ruhe und Sicherheit aus. Meine Magennerven beruhigen sich etwas. ‚Der war bestimmt Fallschirmspringer bei der Bundeswehr’, sagt mein Mann; auch seine Stimme klingt etwas belegt.
Kathrin läuft nah an den Absperrzaun heran. ‚Günther schnallt mir gleich das Tandemgeschirr um, dann geht’s los. Unser Schirm ist lila und gelb. Mama, ich kann es nicht abwarten!’ Weg ist sie wieder.
‚Meine Schwester springt freiwillig aus 4ooo Meter Höhe, die hat doch ‚nen Schatten’, gibt unser Ältester von sich. Übersetzt bedeutet das höchste Aufregungsstufe bei Stephan.
Aufheulende Motoren übertönen plötzlich alle anderen Geräusche. Kathrin und Günther verschwinden im Bauch dieses, wenig vertrauenerweckenden Kerosinfressers, zusammen mit weiteren vier Paaren und zwei Einzelspringern. Einer wird Kathrins Sprung filmen.
‚Es ist noch nie etwas dabei passiert’, ich habe mich vorher genau erkundigt’, sagt Chriss, der nun neben mir steht.
Die können mir jetzt alle erzählen, was sie wollen, mein Magen fährt wieder Achterbahn, mein Herz startet einen Dauertrommelwirbel gegen meine Rippen und klopft selbst in meinem Hals an. Wie hypnotisiert blicke ich diesem immer kleiner werdenden Flugzeug nach, das sich in den Himmel schraubt und dann in der Wolkendecke verschwindet. Es wird ungefähr eine Viertelstunde brauchen, um die Absprunghöhe zu erreichen.
Zeit genug für uns, um zum Landeplatz für die Springer zu laufen.
Eine Wiese, durch rotes Absperrband eingezäunt. Fünf Minuten stehen wir schon hier, suchen den Himmel mit unseren Augen ab - Chriss hat ein Fernglas - als ein knatternder schwarzer Punkt im Blau auftaucht. Und dann Pünktchen, Mückenstiche vor dem Wolkenweiß, die auf die Erde zurasen. Mein Gott! Wann machen die denn die verdammten Schirme auf? Ich hab das wohl nicht nur gedacht, denn mein Mann nimmt meine Hand und beruhigt mich. ‚Schatz, die wissen genau, was sie tun. Die kennen ihr Handwerk.’
Endlich werden aus den Mückenstichen große, bunte Schmetterlinge! Gelb, orange, rot und blau trudeln sie dahin. Da, der lila Schirm mit den gelben Streifen. Kathrin! Ich habe Chriss längst das Fernglas weggenommen, kann sie erkennen, sie hängt unter ihrem Tandemmaster, als hätte sie nie etwas anderes getan. Sie gleiten, taumeln, drehen sich, fliegen eine Figur, die einer Acht gleicht. Für einen Augenblick meine ich, ihr Glück zu spüren.
Sacht schwebt ein Schirm nach dem anderen zu Boden. Günther und Kathrin landen als dritte. Meine Tochter jubelt und winkt. Adrenalin pur steht in ihr Gesicht geschrieben.
Als wir uns im Besucherbereich wiedertreffen, fliegt sie mir in die Arme. ‚Mama, ich habe die Welt umarmt.’ Ich kann nichts sagen, halte sie einfach fest. Mein Mann zieht sie zu sich herüber, fasst sie bei den Schultern. ‚Du bist verrückt’, sagt er, und das leichte Beben in seiner Stimme verrät mehr, als er will.
Kathrin ruft lachend: ‚Das war megamäßig obergeil!’
Und spart seit einer Woche alles, was sie übrig hat, für den nächsten Sprung!