Sing weiter, mein Clown
Tränen liefen über seine geschminkte Haut und ließen graue Spuren zurück. Sein Clownslachen war noch als Schminkspur zu sehen, sinnverloren betonte es noch den schmalen Strich seiner jetzt gepressten Lippen. Die Augen blickten ohne Ausdruck auf den Schreibtisch vor ihn. Er saß in dem kleinen Zimmer im halbdunklen Schein einer Nachtischlampe, zurückgelehnt mit ausgestreckten Beinen, den Kopf zu einer Schulter geneigt, ohne äußere Bewegung. Schritte auf dem Gang und Stimmen bezeugten den Schichtwechsel, bald würden die Nachtschwestern ihre Runde machen. Direkt auf der Unterlage lag sein Stundennachweis und die Worte 15-19, Kinderstation füllten die Zeile aus, die er bis jetzt nicht abgezeichnet hatte.
"Machst du mir einen Tabaluga-Drachen?", fragte Kevin und strahlte ihn an, kicherte dabei über den aufgeblasenen Einweghandschuh, der sich als Hahnenkamm zwischen den wilden Haaren des Clowns aufbäumte. "Talabuga, Talabuga!", wiederholte der Clown flüsternd und entließ eifrig aber umständlich die Luft aus dem Handschuh. Nach steigender Atemnot und dramatischen Erstickungsszenen, wölbte sich der Handschuh schließlich als kleiner Drache vor Kevin auf. Nach einigen in Drachensprache gezischten Lauten und dem Austausch der letzten Abenteuer, wurde Kevin müde. Talabuga ans Gesicht geknautscht und den Daumen im Mund, schlief er ein. Der Clown dachte daran, dass auch Amelie einmal so sorglos eingeschlafen war.
Auf einem anderen Stockwerk wartete Amelie. "Clown", flüsterte sie, ohne den Trotz, der gut zu ihren fünf Jahren gepasst hätte. "Clown", flüsterte sie wieder, als er kam. Sie schloss die Augen und drehte ihm ihren Kopf zu. Der Clown stupste sie mit seiner roten Nase an, wie jedes Mal. Sie schaute auffordernd auf die Concertina und lächelte schwach. Und er sang. Seine Concertina quietschte dabei so fröhlich wie immer, sie verlachte die Monotonie der Apparate auf der Station. Amelie lächelte. Ihr Vater nickte ihm von der Tür aus zu, als er seinen Singsang mit einem schnaufenden Akkord beendete. Jetzt würde er gehen und so wie der Vater hoffen, dass alles gut gehen würde. "Herr ...", sagte Amelies Vater mit belegter Stimme, "...Clown, ich möchte mich bedanken für das Lied und alles ...", er kam nicht weiter, senkte plötzlich den Kopf und kniff die Augen zusammen, presste dabei mit Daumen und Zeigefinger seine Nasenwurzel. Er machte eine Bewegung, als wollte er sein Gesicht vom Krankenbett seiner Tochter abwenden. Der Clown trat auf ihn zu und verdeckte ihn, sodass sich das schüttere Haar des Mannes und die roten Hosenträger beinahe berührten.
Nicht der Anblick, wie sie im Krankenbett zur OP gefahren wurde, lähmte ihn. Auch nicht der leere Blick, mit dem ihr Vater ihn später ohne die Clownsnase nicht mehr erkannte. Er wollte noch singen und konnte es nicht, suchte nach dem Lied und verlor die Musik.
Tränen liefen über seine geschminkte Haut und ließen graue Spuren zurück. Sein Clownslachen war noch als Schminkspur zu sehen, sinnverloren betonte es noch den schmalen Strich seiner jetzt gepressten Lippen. Die Augen blickten ohne Ausdruck auf den Schreibtisch vor ihn. Er saß in dem kleinen Zimmer im halbdunklen Schein einer Nachtischlampe, zurückgelehnt mit ausgestreckten Beinen, den Kopf zu einer Schulter geneigt, ohne äußere Bewegung. Schritte auf dem Gang und Stimmen bezeugten den Schichtwechsel, bald würden die Nachtschwestern ihre Runde machen. Direkt auf der Unterlage lag sein Stundennachweis und die Worte 15-19, Kinderstation füllten die Zeile aus, die er bis jetzt nicht abgezeichnet hatte.
"Machst du mir einen Tabaluga-Drachen?", fragte Kevin und strahlte ihn an, kicherte dabei über den aufgeblasenen Einweghandschuh, der sich als Hahnenkamm zwischen den wilden Haaren des Clowns aufbäumte. "Talabuga, Talabuga!", wiederholte der Clown flüsternd und entließ eifrig aber umständlich die Luft aus dem Handschuh. Nach steigender Atemnot und dramatischen Erstickungsszenen, wölbte sich der Handschuh schließlich als kleiner Drache vor Kevin auf. Nach einigen in Drachensprache gezischten Lauten und dem Austausch der letzten Abenteuer, wurde Kevin müde. Talabuga ans Gesicht geknautscht und den Daumen im Mund, schlief er ein. Der Clown dachte daran, dass auch Amelie einmal so sorglos eingeschlafen war.
Auf einem anderen Stockwerk wartete Amelie. "Clown", flüsterte sie, ohne den Trotz, der gut zu ihren fünf Jahren gepasst hätte. "Clown", flüsterte sie wieder, als er kam. Sie schloss die Augen und drehte ihm ihren Kopf zu. Der Clown stupste sie mit seiner roten Nase an, wie jedes Mal. Sie schaute auffordernd auf die Concertina und lächelte schwach. Und er sang. Seine Concertina quietschte dabei so fröhlich wie immer, sie verlachte die Monotonie der Apparate auf der Station. Amelie lächelte. Ihr Vater nickte ihm von der Tür aus zu, als er seinen Singsang mit einem schnaufenden Akkord beendete. Jetzt würde er gehen und so wie der Vater hoffen, dass alles gut gehen würde. "Herr ...", sagte Amelies Vater mit belegter Stimme, "...Clown, ich möchte mich bedanken für das Lied und alles ...", er kam nicht weiter, senkte plötzlich den Kopf und kniff die Augen zusammen, presste dabei mit Daumen und Zeigefinger seine Nasenwurzel. Er machte eine Bewegung, als wollte er sein Gesicht vom Krankenbett seiner Tochter abwenden. Der Clown trat auf ihn zu und verdeckte ihn, sodass sich das schüttere Haar des Mannes und die roten Hosenträger beinahe berührten.
Nicht der Anblick, wie sie im Krankenbett zur OP gefahren wurde, lähmte ihn. Auch nicht der leere Blick, mit dem ihr Vater ihn später ohne die Clownsnase nicht mehr erkannte. Er wollte noch singen und konnte es nicht, suchte nach dem Lied und verlor die Musik.