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Spiralschalen
Meine Füße folgen den Augen über das wellengerippte Seeland. Im Graubraunsand schimmert eine perlmuttene Schneckenschale, zerbrochen. Ich hebe sie auf, lasse mich von den Windungen in zurückliegende Zeiten gedankend entführen. Finde vor und zurück die Unendlichkeit, verschlungen darin das Leben, deren Spiralen auch mich entworfen - belebt und wieder fortgeweht mit einem Blinzeln der Zeit. Sehe die Ahnen der Schalen. Sie verbrachten ihr Leben in Röhren, wurden von einer kleinen Ewigkeit aufgedreht, verkammert, um den Atem des Meeres zu sammeln und schwebend zu flüchten, vor den Feinden mit mächtigen Scheren. Längst sind die von den Zeitgezeiten zerrieben oder zu Stein im gehobenen Meergrund geworden. Doch die Kalksammler sind dem Großen Tod entschwommen, haben einen ihrer Äste von den schützenden Hüllen befreit, um nun mit saugenden Armen, mimikrierend an den Felsen geschmiegt – auf Beute zu lauern.
Was bleibt von mir zurück, außer einem Lächeln, daß ich in andere Herzen gelegt? Eine Erinnerung, verschwommen durch Gefühlfilter, die Bilder schaffen, die nie das zeigen, was wirklich war. Ich werde wieder zu Erde, die nichts ist, als zermahlenes Gestein, einst tief aus dem Kern als rotglühender Feuerfluß hervorgebrochen. Aus der sich das Leben nährt, indem sich Wässriges mit Festem bindet - und die Schneckenhäuser sich winden läßt.
Zu plötzlich holen mich die Gezeiten kalt zurück. Mit nassen Flutfüßen laufe ich in die Dünen, die Schale noch in der Hand, um den Hals - Gedanken von der Zeit.
Johanna Pless
4.2008
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Spiralschalen
Meine Füße folgen den Augen über das wellengerippte Seeland. Im Graubraunsand schimmert eine perlmuttene Schneckenschale, zerbrochen. Ich hebe sie auf, lasse mich von den Windungen in zurückliegende Zeiten gedankend entführen. Finde vor und zurück die Unendlichkeit, verschlungen darin das Leben, deren Spiralen auch mich entworfen - belebt und wieder fortgeweht mit einem Blinzeln der Zeit. Sehe die Ahnen der Schalen. Sie verbrachten ihr Leben in Röhren, wurden von einer kleinen Ewigkeit aufgedreht, verkammert, um den Atem des Meeres zu sammeln und schwebend zu flüchten, vor den Feinden mit mächtigen Scheren. Längst sind die von den Zeitgezeiten zerrieben oder zu Stein im gehobenen Meergrund geworden. Doch die Kalksammler sind dem Großen Tod entschwommen, haben einen ihrer Äste von den schützenden Hüllen befreit, um nun mit saugenden Armen, mimikrierend an den Felsen geschmiegt – auf Beute zu lauern.
Was bleibt von mir zurück, außer einem Lächeln, daß ich in andere Herzen gelegt? Eine Erinnerung, verschwommen durch Gefühlfilter, die Bilder schaffen, die nie das zeigen, was wirklich war. Ich werde wieder zu Erde, die nichts ist, als zermahlenes Gestein, einst tief aus dem Kern als rotglühender Feuerfluß hervorgebrochen. Aus der sich das Leben nährt, indem sich Wässriges mit Festem bindet - und die Schneckenhäuser sich winden läßt.
Zu plötzlich holen mich die Gezeiten kalt zurück. Mit nassen Flutfüßen laufe ich in die Dünen, die Schale noch in der Hand, um den Hals - Gedanken von der Zeit.
Johanna Pless
4.2008
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