Häh? Ich fürchte, ich kann dir nicht folgen, lap.
"Nurmehr" ist nicht umgangssprachlich, sondern falsch geschrieben.
"Nur mehr" ist korrektes Deutsch.
"Nunmehr" bedeutet ganz etwas anderes.
"Jetzt nunmehr" wäre eine Verdoppelung, da diese beiden Wörter in etwa dasselbe bedeuten.
Von "eine radikale Radierung zu sein" ist nirgendwo die Rede, das hast du vielleicht irrtümlich so gelesen.
A. schrieb (ursprünglich):
...
wünschte
ich jetzt
nur mehr
eine radikale Radierung
hinterließe
nichts
als den Punkt
der ich bin
Da A. - mit Ausnahme des Doppelpunkts am Ende der ersten Strophe - insgesamt auf Interpunktion verzichtet, wäre ein Komma nicht angebracht.
Außerdem entsteht ohne das Komma gewissermaßen ein Doppelsinn:
"... wünschte ich jetzt nur mehr eine radikale Radierung"
bzw. - wie man dann eben weiter liest:
"... wünschte ich jetzt nur mehr[,] eine radikale Radierung hinterließe nichts als ..."
Bedeutung (so wie ich sie verstehe): Ich wünschte, falls ich einen Bleistiftstrich als Spur in der Zeit hinterlassen hätte, jetzt nichts weiter als dies: Dass dieser Bleistiftstrich radikal ausradiert werden möge, so dass nichts von meiner Spur übrig bliebe, sondern nur der Punkt, der ich [hier und heute] bin.
Das mag man nun so interpretieren, dass das lyrische Ich seine Vergangenheit auszulöschen wünscht, oder - ganz Bescheidenheit - den bleibenden Eindruck, den er/sie in der Welt hinterlassen hat. Vielleicht gibt es noch andere Möglichkeiten der Interpretation.
Beim Zeichenverfahren der Radierung werden Linien in Metallplatten geätzt. Vielleicht war diese Assoziation beabsichtigt. Ätzen ist ja wohl um einiges "radikaler" als das sanfte Entfernen eines weichen Bleistiftstriches mit einem ebenso weichen Radiergummi. Okay, zugegeben, das wirkt etwas irritierend, da bei einer Radierung ja gerade Linien erzeugt und nicht entfernt werden ... hm. Ich finde aber, dass der Sinn dennoch vollkommen verständlich bleibt.
Bei der radikalen Aus-"Radierung" eines Bleistiftstriches denke ich an diese blauroten Tintenradierer und an das wütende, papierzerstörernde Radieren eines Kindes oder vielleicht eines cholerisch veranlagten Künstlers, der sich über seine Fehler ärgert ...
Mel