melodramatische Tristesse
Hallo Rhea,
ich mag's schon! Dein Gedicht. Tristesse sowieso. Und Regen - nach diesem Sommer! Und Alter - tja, auch da arrangiert man sich.
Aber manches in dieser opulenten Tristesse wäre mir als Leser als Leser "abgespeckt" lieber.
Darf ich?
Bäume beugen sich
bereitwillig
seinem langen Atem
Das "bereitwillig" hört sich (Alliterations-)erzwungen an. Da Bäume sich fürgewöhnlich nach jedem Windstoß schnellstens wieder aufrichten, kann ich auch dem Eindruck eines bereitwilligen Beugens nicht folgen. Zudem ist dieser Satz bereits mit einem weiteren Adjektiv, dem "langen" (Atem) geschmückt.
Regentropfen rinnen
schlingernd
Das ist nun mein ganz persönliches Regentropfenrepertoire: "rinnen" - darunter sehe ich Regentropfen in langen, geraden Bahnen die Scheiben entlang ziehen. Ich verstehe schon, Du meinst ihr Abwärtsgleiten unter Windböen, im Lauf gestört und umgelenkt. Mmh. Da weiß ich auch kein Wort. Also lass ich sie notgedrungen - schlingernd laufen.
Die nächste Strophe ist meine liebste! Außer: der ersten Zeile. "Seufzen" und dann noch der "Entsagenden" - das ist für mich wirklich melodramatisch, das ist mir zu "dick". Und eine Herbsttristesse, die scheint mir doch eher leise und grau und melancholisch zu kommen.
Für mich könnte das Gedicht mit der "Herbstmelancholie" enden.
Denn die letzte Strophe, ... beginnt für mich unpräzise.
Die Dichte ihres Dichtens
löst sich leise
nieselnd
auf -
in nebliges Nichts.
Dicht - setzen wir Worte, Sprache, sind Gedanken, wird ein Text, ein Gedicht. Aber das Dichten an sich? Das sucht Wege dorthin - ist es aber meines erachtens nicht selbst.
Und auch dann folgend hat die Strophe für mich zu viele Verstärkungen. "leise nieselnd" - mir würde "nieselnd" reichen, das ist als Form des Regens per se leise.
"in nebliges Nichts" - mir würde entweder "in Nebel" oder "in Nichts" langen.
Aber das alles ist natürlich - Stilfrage, Geschmackssache.
Grüße vom Jongleur