Tante Hildes Papagei
Jahrelang lebte ich alleine in meiner kleinen Mansardenwohnung und nie hatte ich das Gefühl, dass mir etwas fehlte, schon gar nicht ein Haustier. Doch als dann plötzlich meine Tante Hilde starb, wurde ich an ein Versprechen erinnert, welches ich vor vielen Jahren gegeben hatte. Mit einem Mal war ich Besitzer eines Papageis!
Lore hieß der Vogel, den ich bis dahin nur einige Mal bei meinen seltenen Besuchen gesehen hatte. Mein ganzes Wissen über seine Haltung beschränke sich zu diesem Zeitpunkt darauf, dass man ihr besser nicht zu nahe kam, wenn man alle seine Finger noch heil und gesund brauchte. Doch ich hatte Tante Hilde nun einmal versprochen für den Vogel zu sorgen, wenn sie nicht mehr da sein sollte, und solche Versprechen muss man halten.
Am ersten Tag verhielt Lore sich noch ausgesprochen ruhig. Sie saß verloren auf ihrer Stange, beachtete ihr Futter nicht und gab nur manchmal ein heiseres Seufzen von sich. Insgeheim war ich erleichtert, doch meine Illusion von einem ruhigen Zusammenleben währte nur diesen einen Tag lang.
Schon am nächsten Morgen begriff ich, dass nun Lore die Führung in meinem Haushalt übernommen hatte. Sobald der Morgen graute wurde ich von ihrem ohrenbetäubenden Gekreische geweckt. Die ersten Wochen glaubte ich noch, ihr das abgewöhnen zu können. Ich zog alle Vorhänge zu, hing ein dunkles Tuch über ihren Käfig, ja ich stellte sogar die Uhren in ihrer Nähe zurück. Doch all das half nichts!
Sie beruhigte sich erst, wenn ich noch halb im Schlaf und vom Schreck betäubt ins Zimmer taumelte. Dann wurde sie ruhig und amte das sanfte Gurren einer Taube nach.
Überhaupt war Lore ein Genie im Nachahmen von Geräuschen. Einmal, als ich ihr eine Standpauke halten wollte, wurde ich laufend vom Klingeln des Telefons gestört. Erst beim vierten Mal, immer wieder klang mir das Freizeichen in den Ohren, begriff ich, wer der Anrufer wirklich war.
Es bereitete Lore keinerlei Mühe das Telefon täuschend ähnlich nachzuahmen, auch Hundegebell und das Geräusch eines Staubsaugers gehörten zu ihrem vielseitigen Repertoire.
Bald hatte Lore mich soweit, dass ich sie überall in der Wohnung mitnahm. Sie saß morgens auf meiner Stuhllehne und schaute mir beim Frühstücken zu. Wenn ich kochte, wollte sie in der Küche sein, und auch Fernsehen schien ihr Spaß zu bereiten. Vergaß ich sie einmal, erinnerte mich ihr durchdringendes Geschrei schnell an meine Pflichten.
Kam ich abends nach Hause, erwartete sie mich schon.. Sie schlug mit den Flügeln und rannte auf ihrer Stange entlang. Erst, wenn ich sie begrüßt hatte und sie auf meiner Schulter sitzen durfte, beruhigte sie sich und begann an meinem Ohr herum zu knabbern.
So gewöhnte ich mich allmählich an Lores Gegenwart. Allerdings vermieden es bald die meisten meiner Freude mich in meiner Wohnung zu besuchen. Seit Lore sie mit leeren Erdnussschalen beworfen und bewiesen hatte, dass sie außer etlichen Geräuschen auch ein beachtliches Maß an Schimpfwörtern beherrschte, sahen sie mich etwas seltsam an.
Darum fällt es sicher nicht schwer zu verstehen, warum ich all meine Überredungskünste brauchte, um eine Freundin dazu zu bewegen ein paar Tage auf Lore aufzupassen. Ich musste aus beruflichen Gründen verreisen und dies schien mir die beste Lösung. Marina war eine echte Tierfreundin, und so fuhr ich, nach etlichen gutgemeinten Ratschlägen, mit ruhigem Gewissen fort.
Es war geradezu paradiesisch. Ich erwachte morgens von dem sanften Läuten eines unaufdringlichen Weckers, konnte in aller Ruhe und ohne Störungen frühstücken, niemand biss oder krächzte mir ins Ohr. Und doch – mir fehlte irgendetwas!
Ich war regelrecht erleichtert, als das Seminar zu Ende ging, und ich nach Hause fahren konnte. Meine Freundin drückte mir nur wortlos meine Wohnungsschlüssel in die Hand. Ich sah noch die Pflaster auf ihrer Nase und um ihre Finger, dann rauschte sie auch schon davon.
Das alles ist nun schon drei Jahre her. Ich weiß längst, was ich damals vermisste, und es erstaunt mich gar nicht mehr, dass Lore sich so schnell in mein Herz geschlichen hat.
Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt den Tag früh zu beginnen. Manchmal klingt Lores Geschrei fast schon melodisch. Ich glaube nicht, dass Tante Hilde jemals geahnt hat, wie innig die Freundschaft zwischen ihrem Papagei und mir werden würde, doch sie wäre wohl sicher sehr froh darüber. Da bin ich mir sicher.
Jahrelang lebte ich alleine in meiner kleinen Mansardenwohnung und nie hatte ich das Gefühl, dass mir etwas fehlte, schon gar nicht ein Haustier. Doch als dann plötzlich meine Tante Hilde starb, wurde ich an ein Versprechen erinnert, welches ich vor vielen Jahren gegeben hatte. Mit einem Mal war ich Besitzer eines Papageis!
Lore hieß der Vogel, den ich bis dahin nur einige Mal bei meinen seltenen Besuchen gesehen hatte. Mein ganzes Wissen über seine Haltung beschränke sich zu diesem Zeitpunkt darauf, dass man ihr besser nicht zu nahe kam, wenn man alle seine Finger noch heil und gesund brauchte. Doch ich hatte Tante Hilde nun einmal versprochen für den Vogel zu sorgen, wenn sie nicht mehr da sein sollte, und solche Versprechen muss man halten.
Am ersten Tag verhielt Lore sich noch ausgesprochen ruhig. Sie saß verloren auf ihrer Stange, beachtete ihr Futter nicht und gab nur manchmal ein heiseres Seufzen von sich. Insgeheim war ich erleichtert, doch meine Illusion von einem ruhigen Zusammenleben währte nur diesen einen Tag lang.
Schon am nächsten Morgen begriff ich, dass nun Lore die Führung in meinem Haushalt übernommen hatte. Sobald der Morgen graute wurde ich von ihrem ohrenbetäubenden Gekreische geweckt. Die ersten Wochen glaubte ich noch, ihr das abgewöhnen zu können. Ich zog alle Vorhänge zu, hing ein dunkles Tuch über ihren Käfig, ja ich stellte sogar die Uhren in ihrer Nähe zurück. Doch all das half nichts!
Sie beruhigte sich erst, wenn ich noch halb im Schlaf und vom Schreck betäubt ins Zimmer taumelte. Dann wurde sie ruhig und amte das sanfte Gurren einer Taube nach.
Überhaupt war Lore ein Genie im Nachahmen von Geräuschen. Einmal, als ich ihr eine Standpauke halten wollte, wurde ich laufend vom Klingeln des Telefons gestört. Erst beim vierten Mal, immer wieder klang mir das Freizeichen in den Ohren, begriff ich, wer der Anrufer wirklich war.
Es bereitete Lore keinerlei Mühe das Telefon täuschend ähnlich nachzuahmen, auch Hundegebell und das Geräusch eines Staubsaugers gehörten zu ihrem vielseitigen Repertoire.
Bald hatte Lore mich soweit, dass ich sie überall in der Wohnung mitnahm. Sie saß morgens auf meiner Stuhllehne und schaute mir beim Frühstücken zu. Wenn ich kochte, wollte sie in der Küche sein, und auch Fernsehen schien ihr Spaß zu bereiten. Vergaß ich sie einmal, erinnerte mich ihr durchdringendes Geschrei schnell an meine Pflichten.
Kam ich abends nach Hause, erwartete sie mich schon.. Sie schlug mit den Flügeln und rannte auf ihrer Stange entlang. Erst, wenn ich sie begrüßt hatte und sie auf meiner Schulter sitzen durfte, beruhigte sie sich und begann an meinem Ohr herum zu knabbern.
So gewöhnte ich mich allmählich an Lores Gegenwart. Allerdings vermieden es bald die meisten meiner Freude mich in meiner Wohnung zu besuchen. Seit Lore sie mit leeren Erdnussschalen beworfen und bewiesen hatte, dass sie außer etlichen Geräuschen auch ein beachtliches Maß an Schimpfwörtern beherrschte, sahen sie mich etwas seltsam an.
Darum fällt es sicher nicht schwer zu verstehen, warum ich all meine Überredungskünste brauchte, um eine Freundin dazu zu bewegen ein paar Tage auf Lore aufzupassen. Ich musste aus beruflichen Gründen verreisen und dies schien mir die beste Lösung. Marina war eine echte Tierfreundin, und so fuhr ich, nach etlichen gutgemeinten Ratschlägen, mit ruhigem Gewissen fort.
Es war geradezu paradiesisch. Ich erwachte morgens von dem sanften Läuten eines unaufdringlichen Weckers, konnte in aller Ruhe und ohne Störungen frühstücken, niemand biss oder krächzte mir ins Ohr. Und doch – mir fehlte irgendetwas!
Ich war regelrecht erleichtert, als das Seminar zu Ende ging, und ich nach Hause fahren konnte. Meine Freundin drückte mir nur wortlos meine Wohnungsschlüssel in die Hand. Ich sah noch die Pflaster auf ihrer Nase und um ihre Finger, dann rauschte sie auch schon davon.
Das alles ist nun schon drei Jahre her. Ich weiß längst, was ich damals vermisste, und es erstaunt mich gar nicht mehr, dass Lore sich so schnell in mein Herz geschlichen hat.
Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt den Tag früh zu beginnen. Manchmal klingt Lores Geschrei fast schon melodisch. Ich glaube nicht, dass Tante Hilde jemals geahnt hat, wie innig die Freundschaft zwischen ihrem Papagei und mir werden würde, doch sie wäre wohl sicher sehr froh darüber. Da bin ich mir sicher.