Traum vom Fliegen (überarbeitet)

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Heinz

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Sie konnte fliegen. Und sie genoss es, den kühlen Wind unter den Flügeln zu spüren. Unter ihr lag die Welt, wie sie sie noch nie gesehen hatte. Klar und deutlich sah sie die Wälder und Seen, Flüsse und Dörfer, die wie Spielzeug auf einem großen Plateau aussahen. Sie sah das Vieh auf der Weide schlafen und die Felder in ihren Mustern wie ein Spielbrett daliegen. Im Sturzflug schoss sie herab, während der Wind seine Faust gegen ihr Gesicht drückte. Dann, kurz vor dem Boden, breitete sie ihre Schwingen wieder etwas aus, und der Wind knallte mit einem Schlag gegen die Flügel. Pfeilschnell fegte sie im Gleitflug über den Boden, mit den Flügelspitzen die Halme der Gräser berührend, um ihre Gegenwart wahrzunehmen und sich daran zu erfreuen. Ein verschlafenes Kaninchen zuckte erschrocken zusammen, ohne zu ahnen, was da über es gekommen war. Nur wenige Lichter brannten in den Häusern des Dorfes, durch dessen Straße sie als schwarzer Schatten huschte. Ein Hund sah sie, schrak zusammen und jagte jaulend und mit eingezogenem Schwanz in einen Stall. Dann stieg sie wieder empor, bis zu den Wolken, die sie wie graue Inseln umgaben. Und als sie auch diese unter sich gelassen hatte, waren nur noch die glitzernden Sterne der mondlosen Nacht über ihr.

Laut nach Luft schnappend erwachte Antonija. Ihr Atem ging heftig, und ihr Blut jagte durch die Adern. Verwirrt schaute sie zu den Sternen hoch, die eben noch am Himmel ihre Bahn gezogen hatten. Aber es gab keine Sterne. Dann nahm sie die verlöschende Glut des Lagerfeuers war, und ihr wurde klar, dass sie geträumt hatte.
Was für ein seltsamer Traum. Er war wie die Erinnerung an eine tatsächliche Begebenheit, so real war er erschienen. Nachdenklich schloss sie wieder die Augen und lauschte auf den beruhigenden Atem ihrer schlafenden Gefährten. Kurz darauf hatte das Schattenreich sie zurück.
 



 
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