Lb. Heidrun,
danke für Deine ausführliche Bearbeitung des Texts.
Wie angekündigt hier meine Stellungnahme.
Die Luft ist kalt, die Luft macht krank.
Gemüse ist verstrahlt.
Dem Menschen sei Lob, Preis und Dank:
Was hatte er geprahlt!
Was hatte er geprahlt? Eine gute Frage.
Der Mensch hatte allen erzählt, er hätte die Kerntechnik im Griff. Besonders intelligent war, daß er die Kühlpumpen in der Keller gepackt hat und die Dieseltanks gleich mit. Aber auch sonst prahlt der Herr Mensch ja gern (und Frau Menschin) auch. Aber wem sage ich das?
Es bleibt der blanke Kanten Brot.
Die Milch ist ungesund.
Auf Unglücksnot reimt sich jetzt Tod.
Er kommt oft ohne Grund.
Was bitte ist Unglücksnot? Die Steigerung von Not?
Nein, aber Unglück kann zu Not führen. Die schlimmste Not ist das Sterben, nicht wahr?
Es gibt den Einen, der noch lacht,
Verstanden hat er nichts.
Das Urteil ist längst ausgemacht:
Die Strafe des Verzichts.
Verzichtet kann nicht werden, weil der Mensch nun einmal essesn muss. Und wer hat ihn verurteilt? Der Liebe Gott? Oder doch er selber?
Verzichten wir etwa nicht, z.B. auf Kernkraftwerke? Die Betroffenen werden auf noch viel mehr verzichten müssen, auf ihre Heimat, ihre Arbeitsplätze und ihren Glauben an die Machbarkeit von Wohlstand durch Kernkraft. Evtl. sogar auf ihre Gesundheit.
Das Meer, es kommt, das Meer, es geht,
Die Erde hat gebebt.
Es gibt nicht viel, das widersteht.
Kaum wer, der überlebt.
Das lieber Walther, ist nun wirklich banal.
Ist es in der Tat. Manchmal sind die Gefahren banaler, als man denkt. Allerdings ist der Mensch als solcher ein Meister der Verdrängung. Könnte man das Banale hier nicht evtl. einfach "lapidar" oder nüchtern nennen, wie es die ganze Diktion des Gedichts ist, wenn man einmal nachliest? Der Alltag ist das Banalste und zugleich Lapidarste, das wir kennen. Hier sehen wir die Drohkulisse um ihn herum.
Man sagt, es träfe nicht mehr zu,
Dass diese Welt sich dreht.
Sie taumelt, kommt nicht mehr in Ruh,
Bis aller Schmerz vergeht.
Wer sagt, dass die Welt sich nicht mehr dreht? Ich zumindest habe das noch nie gehört ...
In der Tat taumelt die Welt gerade, in den Nachschwingungen dieses Maxierdbebens, wie das die Geologen nennen. Dies war ein Jahrtausendereignis. Der Tag ist kürzer geworden, die Erdachse hat sich verschoben.
Es ist damit zu rechnen, daß weitere Schläge dieser Art die betroffene Falte und ihre tektonische Nachbarschaft treffen können. Betrachtet man Erdzeiträume, könnte man das "Trudeln" nennen. Das Bild mag weit hergeholt klingen, soll aber die Bedrohung in Worte fassen.
Auch übertragen paßt das Bild. Die Erde dreht sich weiter, dieser Satz hat etwas Beruhigendes. Sich wieder in Ruhe und Sicherheit zu wiegen, wäre nun das Fatalste, was man tun könnte. Ist Dichtung nicht genau das, der verdichtete Schluß, die zugespitzte Konsequenz aus Erlebtem?
Die Sonne, die am Himmel thront,
Sie wirft ein fahles Licht.
Und wär die Erde unbewohnt,
Sie störte dieses nicht.
Diese Strophe finde ich - ebenso wie Oliver - gelungen.
Danke, daß wenigstens etwas "gut" ist an einem Text, der nichts "Gutes" zu sagen hat. Wobei auch diese Erkenntnis lapidar oder banal ist, je nach Betrachtungswinkel.
Den Rest geradezu peinlich (gemessen an deinen Fertigkeiten).- Auch formal und aufgrund der althergebrachten Reime erscheint mir der Text recht langweilig.
Hier wiederhole ich: Der Text mag abgestürzt und schlecht sein. Und daher Deine Diagnose treffend.
Textkritik, von der man lernen könnte, ist das Alles keine. Wobei ich deutlich mache, daß Deine Kommentar berechtigt ist, denn der Leser hat prinzipiell immer recht. Der, der veröffentlicht, muß akzeptieren, daß der Leser einen Text für mißlungen hält und dies auch deutlich sagt.
LG W.